Heinrich Steinfest
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Der Allesforscher (MP3-Download)
Roman Gekürzte Lesung. 478 Min.
Sprecher: Boysen, Markus
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Sixten Brauns Managerleben implodiert, als in Taiwan ein Wal explodiert und Sixten von irgendeinem Teil des Wal-Innenlebens k. o. geschlagen wird. Kaum aus dem Krankenhaus entlassen, stürzt er mit dem nächstbesten Flugzeug ab – und überlebt abermals. Doch nicht ohne zwischendurch die große Liebe erlebt zu haben. Und so kommt er Jahre später – Sixten hat sich längst vom Manager zum Bademeister gewandelt – zu einem Kind, das auf gar keinen Fall sein eigenes sein kann, es dann aber plötzlich ist: ein frisch verwaister Junge namens Simon, der sich als ungewöhnlich talentiert erweist....
Sixten Brauns Managerleben implodiert, als in Taiwan ein Wal explodiert und Sixten von irgendeinem Teil des Wal-Innenlebens k. o. geschlagen wird. Kaum aus dem Krankenhaus entlassen, stürzt er mit dem nächstbesten Flugzeug ab – und überlebt abermals. Doch nicht ohne zwischendurch die große Liebe erlebt zu haben. Und so kommt er Jahre später – Sixten hat sich längst vom Manager zum Bademeister gewandelt – zu einem Kind, das auf gar keinen Fall sein eigenes sein kann, es dann aber plötzlich ist: ein frisch verwaister Junge namens Simon, der sich als ungewöhnlich talentiert erweist. "Markus Boysens Stimme ist ein feiner Klangteppich. Nicht zu hart und nicht zu weich. Einer, auf den man sich bequem hinlegen, die Augen schließen und zuhören kann. Eine Stimme, die einen im wahrsten Sinne trägt." Heinrich Steinfest
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Heinrich Steinfest wurde 1961 geboren. Albury, Wien, Stuttgart – das sind die Lebensstationen des erklärten Nesthockers und preisgekrönten Autors, welcher den einarmigen Detektiv Cheng erfand. Er wurde mehrfach mit dem Deutschen Krimi Preis ausgezeichnet, erhielt 2009 den Stuttgarter Krimipreis und den Heimito-von-Doderer-Literaturpreis. Bereits zweimal wurde Heinrich Steinfest für den Deutschen Buchpreis nominiert: 2006 mit »Ein dickes Fell«; 2014 stand er mit »Der Allesforscher« auf der Shortlist. 2016 erhielt er den Bayerischen Buchpreis für »Das Leben und Sterben der Flugzeuge«, 2018 wurde »Die Büglerin« für den Österreichischen Buchpreis nominiert.
© Bernhard Adam
Produktdetails
- Verlag: OSTERWOLDaudio
- Erscheinungstermin: 10. März 2014
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783844909913
- Artikelnr.: 40482192
»Neben aller schelmenhaften Komik erweist sich Heinrich Steinfest als sehr scharfsinnig in seiner Art die Welt zu erzählen - denn das tut er, auf eine an Murakami erinnernde Weise. Ein herausragendes Buch, in dem man sich so wohl fühlt, dass man sich fast wünscht, es möge niemals enden.« L'Indépendant (FR) 20150511
Wale platzen in der Stadt
Selja Ahava und Heinrich Steinfest feiern das Leben
Die Wahrscheinlichkeit, in der Stadt einem Wal zu begegnen, ist fern norwegischer Kühltheken nicht sonderlich groß. Strenggenommen ist sie sogar kleiner als die Wahrscheinlichkeit, in wenigen Wochen auf zwei Bücher zu stoßen, in deren Schlüsselszenen ein Wal in die Stadt kommt. Beide erinnern zudem in arbeitsseligen Zeiten an das Glück, sich mit Kindern umgeben zu dürfen. Im Zentrum von Selja Ahavas originellem, aber etwas arg mädchenhaft-poetisch erzähltem Roman steht die verwirrte Anna. Sie lebt in einem Heim "voller alter Frauen", "aus deren Geschichten keiner schlau" wird, und begegnet ihrem Schöpfer, einem Gott auf Strümpfen und mit
Selja Ahava und Heinrich Steinfest feiern das Leben
Die Wahrscheinlichkeit, in der Stadt einem Wal zu begegnen, ist fern norwegischer Kühltheken nicht sonderlich groß. Strenggenommen ist sie sogar kleiner als die Wahrscheinlichkeit, in wenigen Wochen auf zwei Bücher zu stoßen, in deren Schlüsselszenen ein Wal in die Stadt kommt. Beide erinnern zudem in arbeitsseligen Zeiten an das Glück, sich mit Kindern umgeben zu dürfen. Im Zentrum von Selja Ahavas originellem, aber etwas arg mädchenhaft-poetisch erzähltem Roman steht die verwirrte Anna. Sie lebt in einem Heim "voller alter Frauen", "aus deren Geschichten keiner schlau" wird, und begegnet ihrem Schöpfer, einem Gott auf Strümpfen und mit
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Kippen im Umhang.
Anna geht mehr durch den Kopf, als sie in den Listen ihres Notizbuchs zu sortieren vermag: die Vierzigjährige, die tot im Schnee lag, doch wie eine in Embyrohaltung Schlafende schien; die Insel mit der Erle, die nach Jahrzehnten plötzlich einzuknicken beschloss; das Leben mit dem Dokumentarfilmer Antti, der sich (wie Eva Hornung in "Dog Boy") für einen russischen Hundejungen interessierte und früh starb. "So viele Menschen, die gar keine Kinder wollen und doch welche bekommen", sagte sie einmal zu ihm, "wieso kriegen wir nicht wenigstens eines?" Anttis Antwort: "Tja." Und da saß Anna dann, "auf einer Veranda im August, die neununddreißigjährige Anna, jeden Abend einen Tag älter".
Das ist der entscheidende Part einer Erzählung, die so fragmentiert daherkommt wie Annas Gedächtnis und immer trauriger wird, ohne dabei schwermütig zu werden. Je weiter die 45 kleinen, mit spitzem Bleistift gezeichneten Kapitel fortschreiten, umso erschrockener merken wir: Annas Gehirn zerfraß der Gedanke an die Kinder, die sie niemals bekam. Die sechs Knirpse, die im Schrank leben und mit Anna durch London ziehen, gibt es allein in ihrem Kopf. Selja Ahavas Roman ist damit nicht nur Protokoll einer fortschreitenden Demenz, bei der die Leere wie zum Trost von phantastischen Einfällen geflutet wird, nicht bloß Liebesgeschichte: "Am schwersten war die Art, wie Antti in Anna starb." Er lässt sich als alarmgelbes Post-it für die Debatte um die modernen Lebensentwürfe verstehen. Erklärt sich doch Anna zur Seelenverwandten des Wals, der aus unerklärlichen Gründen vom natürlichen Weg abkam und in die Themse geriet, ohne dass ihm wieder jemand zurück ins Meer helfen könnte.
Den Wal in London gab es dabei wirklich. Das gilt auch für den Speckriesen, der im Januar 2004 an der Küste Taiwans verendete, auf einen Laster geladen wurde und unappetitlich in der Stadt explodierte. Dem Jungmanager Sixten Braun, dem das Walgedärm ins Gesicht klatscht, verhilft das Blutbad in Heinrich Steinfests Roman "Der Allesforscher" zu erinnerungswürdigem Sex mit einer Ärztin aus Deutschland. Was wiederum einen Flugzeugabsturz, eine leidenschaftslose Ehe in Köln und einen Jobwechsel später (die "zum Businessman verwandelte Lackdose" wird Bademeister, weil Sixten mit Menschen statt Gespenstern arbeiten will) dazu führt, dass Sixten ein kleiner Kerl vorgestellt wird. Er ist sieben und spricht eine Sprache, die kein Dolmetscher der Welt zu verstehen vermag.
Simon ist nicht Sixtens Sohn; die Augenform deutet eher auf einen Asiaten als Vater. Aber er bewegt Sixten, wie er so dasteht und dreinschaut, und eine Erinnerung an Simons Mutter, die Hirnforscherin, eine Art Aufforderung zum Liebesbeweis in Abwesenheit, ist das Rätselkind auch. Also wird der Gedanke, Kinder könnten einen "in die Klapsmühle befördern", beiseitegeschoben und das Kind adoptiert. Und Simon bedankt sich, indem er Sixten bereichert: "Sein Lächeln war eine kleine, feine Schlagzeile, etwas wie: Sparzinsen steigen wieder."
Heinrich Steinfest, geschätzt als Autor abgedrehter Krimigrotesken, erzählt hier eine befreiende Geschichte, in der ein Mann das Leben zu umarmen lernt und sich alles fügt wie nach einem göttlichen Plan - derart turboplaudernd, übersprudelnd und liebevoll, dass man sie gar nicht aus der Hand legen mag. In der Sprache mag es hier und da Unwuchten geben, weil Steinfest recht mündlich erzählt. Aber auch das gehört zum unangreifbaren Reiz eines Buches, das den Flachwitz nicht scheut und doch entwaffnend klug und wach ist und einfach losfegt. Bis wir eine Familiengeschichte kennen, in der neben dem autistischen "Allesforscher" Simon auch KAI-G7@ ihren Platz hat, eine Gesichtscreme, die kinderlose Frauen plötzlich Kinder kriegen lässt. Sie ist überflüssig, wo es lichte Bücher über das Geschenk des Lebens gibt wie dieses.
MATTHIAS HANNEMANN
Heinrich Steinfest: "Der Allesforscher". Roman. Piper Verlag, München 2014. 398 S., geb., 19,99 [Euro].
Selja Ahava: "Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm". Roman. Aus dem Finnischen von Stefan Moster. Mareverlag, Hamburg 2014. 224 S., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Anna geht mehr durch den Kopf, als sie in den Listen ihres Notizbuchs zu sortieren vermag: die Vierzigjährige, die tot im Schnee lag, doch wie eine in Embyrohaltung Schlafende schien; die Insel mit der Erle, die nach Jahrzehnten plötzlich einzuknicken beschloss; das Leben mit dem Dokumentarfilmer Antti, der sich (wie Eva Hornung in "Dog Boy") für einen russischen Hundejungen interessierte und früh starb. "So viele Menschen, die gar keine Kinder wollen und doch welche bekommen", sagte sie einmal zu ihm, "wieso kriegen wir nicht wenigstens eines?" Anttis Antwort: "Tja." Und da saß Anna dann, "auf einer Veranda im August, die neununddreißigjährige Anna, jeden Abend einen Tag älter".
Das ist der entscheidende Part einer Erzählung, die so fragmentiert daherkommt wie Annas Gedächtnis und immer trauriger wird, ohne dabei schwermütig zu werden. Je weiter die 45 kleinen, mit spitzem Bleistift gezeichneten Kapitel fortschreiten, umso erschrockener merken wir: Annas Gehirn zerfraß der Gedanke an die Kinder, die sie niemals bekam. Die sechs Knirpse, die im Schrank leben und mit Anna durch London ziehen, gibt es allein in ihrem Kopf. Selja Ahavas Roman ist damit nicht nur Protokoll einer fortschreitenden Demenz, bei der die Leere wie zum Trost von phantastischen Einfällen geflutet wird, nicht bloß Liebesgeschichte: "Am schwersten war die Art, wie Antti in Anna starb." Er lässt sich als alarmgelbes Post-it für die Debatte um die modernen Lebensentwürfe verstehen. Erklärt sich doch Anna zur Seelenverwandten des Wals, der aus unerklärlichen Gründen vom natürlichen Weg abkam und in die Themse geriet, ohne dass ihm wieder jemand zurück ins Meer helfen könnte.
Den Wal in London gab es dabei wirklich. Das gilt auch für den Speckriesen, der im Januar 2004 an der Küste Taiwans verendete, auf einen Laster geladen wurde und unappetitlich in der Stadt explodierte. Dem Jungmanager Sixten Braun, dem das Walgedärm ins Gesicht klatscht, verhilft das Blutbad in Heinrich Steinfests Roman "Der Allesforscher" zu erinnerungswürdigem Sex mit einer Ärztin aus Deutschland. Was wiederum einen Flugzeugabsturz, eine leidenschaftslose Ehe in Köln und einen Jobwechsel später (die "zum Businessman verwandelte Lackdose" wird Bademeister, weil Sixten mit Menschen statt Gespenstern arbeiten will) dazu führt, dass Sixten ein kleiner Kerl vorgestellt wird. Er ist sieben und spricht eine Sprache, die kein Dolmetscher der Welt zu verstehen vermag.
Simon ist nicht Sixtens Sohn; die Augenform deutet eher auf einen Asiaten als Vater. Aber er bewegt Sixten, wie er so dasteht und dreinschaut, und eine Erinnerung an Simons Mutter, die Hirnforscherin, eine Art Aufforderung zum Liebesbeweis in Abwesenheit, ist das Rätselkind auch. Also wird der Gedanke, Kinder könnten einen "in die Klapsmühle befördern", beiseitegeschoben und das Kind adoptiert. Und Simon bedankt sich, indem er Sixten bereichert: "Sein Lächeln war eine kleine, feine Schlagzeile, etwas wie: Sparzinsen steigen wieder."
Heinrich Steinfest, geschätzt als Autor abgedrehter Krimigrotesken, erzählt hier eine befreiende Geschichte, in der ein Mann das Leben zu umarmen lernt und sich alles fügt wie nach einem göttlichen Plan - derart turboplaudernd, übersprudelnd und liebevoll, dass man sie gar nicht aus der Hand legen mag. In der Sprache mag es hier und da Unwuchten geben, weil Steinfest recht mündlich erzählt. Aber auch das gehört zum unangreifbaren Reiz eines Buches, das den Flachwitz nicht scheut und doch entwaffnend klug und wach ist und einfach losfegt. Bis wir eine Familiengeschichte kennen, in der neben dem autistischen "Allesforscher" Simon auch KAI-G7@ ihren Platz hat, eine Gesichtscreme, die kinderlose Frauen plötzlich Kinder kriegen lässt. Sie ist überflüssig, wo es lichte Bücher über das Geschenk des Lebens gibt wie dieses.
MATTHIAS HANNEMANN
Heinrich Steinfest: "Der Allesforscher". Roman. Piper Verlag, München 2014. 398 S., geb., 19,99 [Euro].
Selja Ahava: "Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm". Roman. Aus dem Finnischen von Stefan Moster. Mareverlag, Hamburg 2014. 224 S., geb., 20,- [Euro].
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Lust auf eine außergewöhnliche Lektüre? Dann empfehle ich den neuen Roman „Der Allesforscher“ von Heinrich Steinfest: Sixten Braun ist noch ein erfolgreicher Manager, als ihm bei einer Geschäftsreise in Taiwan ein Unglück zustößt, das die …
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Lust auf eine außergewöhnliche Lektüre? Dann empfehle ich den neuen Roman „Der Allesforscher“ von Heinrich Steinfest: Sixten Braun ist noch ein erfolgreicher Manager, als ihm bei einer Geschäftsreise in Taiwan ein Unglück zustößt, das die nachfolgenden Ereignisse in Gang setzt. Ihn treffen die Innereien eines explodierenden Pottwals, woraufhin er ins Koma fällt. Damit aber nicht genug, denn als er nach seinem Kurzaufenthalt in einem Krankenhaus, bei dem er seine große Liebe kennenlernt, die Weiterreise mit einem Flugzeug antritt, stürzt dieses über dem Ozean ab. Aber Sixten überlebt auch das und wird gerettet.
Die Jahre gehen ins Land, es folgt eine Heirat, ein neuer Job, dann die Scheidung, der Umzug, aber er wird immer unzufriedener, bis er beschließt, seinem Leben eine neue Richtung zu geben und etwas völlig Neues zu wagen. Und so wird er schließlich auf dem zweiten Bildungsweg zum Bademeister.
Dann tritt überraschenderweise ein kleiner Waisenjunge in sein Leben, Simon, für den Sixten die Verantwortung übernimmt, obwohl es außer Frage steht, dass dieser sein Kind ist. Simon ist ein ungewöhnliches Kind, der seine eigene Sprache spricht und alle Disziplinen bis zur Perfektion beherrscht – ein Universalgenie sozusagen, ein wahrer „Allesforscher“, der mit seinen besonderen Fähigkeiten einen gravierenden Einfluss auf Sixten Brauns Leben hat.
Dass der Autor Lust am Fabulieren hat, merkt man jeder Zeile dieses skurrilen Romans an, der weit mehr als eine ungewöhnliche Vater-Sohn-Beziehung zum Thema hat. Den Geschichten des genialen John Irving vergleichbar, feuert Heinrich Steinfest ein wahres Feuerwerk von irrwitzigen Einfällen ab, die diesem Buch immer wieder eine andere Richtung geben und den Leser ungläubig und staunend die Seiten umblättern lassen - manchmal total absurd, dann wieder geheimnisvoll und fast schon auf einer anderen Wahrnehmungsebene, betrachtet und beschreibt der Autor Ereignisse, die mit Sicherheit keinem seiner Leser je widerfahren werden.
Steinfest ist ein wunderbarer Geschichtenerzähler, der mit Witz und sprachlich auf höchstem Niveau die Leser seines neuesten Romans zu unterhalten versteht. Großartig!
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Weniger wäre mehr gewesen
Surreales in Prosa zu übertragen scheint das spezielle Anliegen von Heinrich Steinfest zu sein, dessen Roman «Der Allesforscher» es unter die Finalisten des Buchpreises 2014 geschafft hat. Im Vergleich zu den fünf anderen Werken der Endrunde …
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Weniger wäre mehr gewesen
Surreales in Prosa zu übertragen scheint das spezielle Anliegen von Heinrich Steinfest zu sein, dessen Roman «Der Allesforscher» es unter die Finalisten des Buchpreises 2014 geschafft hat. Im Vergleich zu den fünf anderen Werken der Endrunde von Sujet und Stil her eine saloppe, populistische Prosa, die sich beim Leser anbiedert gleich von den ersten Zeilen an, und die ihn dann nicht mehr loslässt bis zum Epilog. Wen wundert’s auch bei einem Autor, der viele erfolgreiche Krimis geschrieben hat! Im Unterschied zum magischen Realismus als literarischer Form allerdings sprechen bei Steinfest keine Tiere, sie explodieren allenfalls wie der Pottwal gleich zu Beginn. Die Handlung bleibt durchweg realistisch, im Bereich des Möglichen also, Überirdisches ist in diverse Traumsequenzen ausgelagert, die gegen Ende des Buches dann einen ziemlich breiten Raum einnehmen.
Sixten Braun, der Held der Erzählung, erfolgreicher IT-Manager auf Geschäftsreise, wird nach einem aberwitzigen Unfall auf Taiwan von Dr. Lana Senft behandelt, man kommt sich auch privat näher. Auf dem Rückflug von Japan stürzt seine Maschine ab, er überlebt, kehrt nach Deutschland zurück, heiratet seine Verlobte und tritt in deren Vaters Firma ein, wird aber schon zwei Jahre später wieder geschieden. Er sattelt beruflich um und wird Bademeister. Eines Tages erreicht ihn ein Anruf der taiwanesischen Vertretung, er erfährt, dass Lana gestorben ist und einen Sohn hinterlassen hat, dessen Vater er vermutlich sei. Der siebenjährige Junge hat zwar unverkennbar chinesisches Aussehen, er adoptiert ihn trotzdem. Simon ist autistisch, ist einerseits ein hervorragender Kletterer und ebenso guter Zeichner, spricht aber in einer von niemandem verstandenen Sprache und ist auch nicht in der Lage, neue Wörter zu lernen, die Kommunikation mit ihm bleibt auf Gesten beschränkt. Kerstin, die Angestellte in der Vertretung Taiwans, und Sixten beginnen schon bald eine Beziehung, sie zieht bei ihm ein und kümmert sich ebenfalls um Simon.
In einem eingeschobenen Nebenstrang wird die Geschichte des Chinesen Auden Cheng erzählt, einem erfolgreichen Hersteller exklusiver Kosmetikprodukte, der sich mannhaft gegen mafiöse Übernahmeversuche großer Konzerne wehrt, nach einem bewaffneten Überfall aber plötzlich die Gefahr sehr ernst nimmt und abtaucht, eine neue Identität annimmt und alle Spuren hinter sich verwischt. Er hatte längere Zeit ein Verhältnis mit der Ärztin Lana, bis Sixten auftauchte. Beim Showdown in der Bergwelt Tirols, bei einem gemeinsamen Ausflug zu dem Gipfel, an dem Sixtens Schwester beim Bergsteigen ihr Leben verlor, treffen die beiden Liebhaber Lanas schließlich aufeinander, ohne voneinander zu wissen, und der Autor belässt es auch dabei.
Logik ist kein Kriterium, das Steinfest bremst in seiner im freundschaftlichen Plauderton erzählten, sprachlich verspielten Geschichte mit ihren geradezu hanebüchenen Wendungen. Er reiht slapstickartig groteske Bilder aneinander, erfindet immer irrwitzigere Szenerien, all das garniert mit wohlfeiler Alltagsphilosophie, die nicht selten ins Banale abgleitet. Eine unkonventionelle Sicht auf die Welt und ihre scheinbaren Realitäten ist prinzipiell ja durchaus bereichernd und wird von mir als Leser auch freudig goutiert, erscheint hier aber allzu aberwitzig konstruiert. Dieses literarische Konstrukt erreicht seinen peinlichen Höhepunkt in den unsäglichen Traumgeschichten, die mich ebenso gestört haben wie der hymnische Alpinismus am Ende der Geschichte. Mit seinem fast lakonischen Duktus ist dem Autor der ambitionierte Versuch, von ihm erdachte extreme Situationen und seltsam skurrile Figuren in einen realistisch erzählten Plot einzubauen, grandios danebengelungen. Das nervt regelrecht mit zunehmender Lesezeit, weniger wäre hier wirklich mehr gewesen, schade eigentlich!
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