
Julia Shaw
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Das trügerische Gedächtnis (MP3-Download)
Wie unser Gehirn Erinnerungen fälscht Ungekürzte Lesung. 543 Min.
Sprecher: Schmid, Rike
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In der Erinnerungsfalle: Die Verhaltenspsychologin und Erinnerungsforscherin Julia Shaw zeigt, warum wir uns auf unser Gedächtnis nicht verlassen können. Wir sind die Summe unserer Erinnerungen. Stimmen diese aber auch? Haben prägende Ereignisse unserer Kindheit überhaupt so stattgefunden? Identität ist ein kunstvoll gewebter Teppich aus Erinnerungsfragmenten. Die Rechtspsychologin Julia Shaw erklärt, warum dem Gehirn dabei ständig Fehler unterlaufen. Und das Tappen in die Erinnerungsfalle hat Konsequenzen: Wir können uns auf unser Gedächtnis nicht verlassen. Auf der Grundlage neueste...
In der Erinnerungsfalle: Die Verhaltenspsychologin und Erinnerungsforscherin Julia Shaw zeigt, warum wir uns auf unser Gedächtnis nicht verlassen können. Wir sind die Summe unserer Erinnerungen. Stimmen diese aber auch? Haben prägende Ereignisse unserer Kindheit überhaupt so stattgefunden? Identität ist ein kunstvoll gewebter Teppich aus Erinnerungsfragmenten. Die Rechtspsychologin Julia Shaw erklärt, warum dem Gehirn dabei ständig Fehler unterlaufen. Und das Tappen in die Erinnerungsfalle hat Konsequenzen: Wir können uns auf unser Gedächtnis nicht verlassen. Auf der Grundlage neuester Erkenntnisse von Neurowissenschaft und Psychologie sowie ihrer eigenen bahnbrechenden Forschung zeigt Shaw, welchen Erinnerungen wir trauen können und welchen nicht. Ein verblüffender Einblick in die wahnwitzigen Mechanismen des menschlichen Gehirns.
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JULIA SHAW, 1987 in Köln geboren und in Kanada aufgewachsen, ist Bestsellerautorin, internationale Referentin und forscht als promovierte Rechtspsychologin am University College London. Jüngst absolvierte sie den Masterstudiengang Queer History am Goldsmiths College, London. Ihr Buch Das trügerische Gedächtnis wurde 2016 international zum Bestseller und erschien in zwanzig Ländern, 2018 folgte Böse. Die Psychologie unserer Abgründe.
Produktdetails
- Verlag: Buß und Thielen GbR
- Gesamtlaufzeit: 543 Min.
- Erscheinungstermin: 26. September 2016
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 4251234318416
- Artikelnr.: 45789318
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Tobias Sedlmaier zieht viel Interessantes aus diesem Buch der britischen Rechtspsychologin Julia Shaw über das Gedächtnis, vor allem jedoch wie unvollkommen das menschliche Erinnerungsvermögen funktioniert, um nicht zu sagen, wie absolut unzuverlässig. Er lernt auch, dass hypnotische Verstärkung genauso Humbug ist wie vermeintliche Erinnerungen an die eigene Geburt. Sedlmaier sagt nichts darüber, ob das Vergessen nun ein Problem ist und wenn ja, wann oder warum. Ungemütlich findet er allerdings Shaws Hinweis, dass nicht nur wir selbst, sondern auch andere unser Gedächtnis - ganz wie einen Wikipedia-Artikel - umschreiben können.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Unsere Erinnerungen spielen nach ihren eigenen Regeln
Was sich heute über das Gedächtnis sagen lässt: Julia Shaw und Douwe Draaisma denken mit unterschiedlichen Ansätzen über das einfallsreiche Gehirn nach.
Von Manuela Lenzen
Das menschliche Gehirn ist nicht dazu da, dass wir objektive Wahrheiten erkennen, sondern zum Handeln in der Welt. Wer sich beim Lesen zweier neuer Bücher über das Gedächtnis hin und wieder an diese Einsicht der Evolutionsforscher erinnert, wird sich vielleicht weniger wundern. Denn wieder einmal erweist sich das Gehirn als ein großer Fabulierkünstler. Aus dem, was es weiß, dem, was es erwartet, und dem, was die Sinnesorgane vermelden, macht es etwas, was für uns einen Sinn hat. Das
Was sich heute über das Gedächtnis sagen lässt: Julia Shaw und Douwe Draaisma denken mit unterschiedlichen Ansätzen über das einfallsreiche Gehirn nach.
Von Manuela Lenzen
Das menschliche Gehirn ist nicht dazu da, dass wir objektive Wahrheiten erkennen, sondern zum Handeln in der Welt. Wer sich beim Lesen zweier neuer Bücher über das Gedächtnis hin und wieder an diese Einsicht der Evolutionsforscher erinnert, wird sich vielleicht weniger wundern. Denn wieder einmal erweist sich das Gehirn als ein großer Fabulierkünstler. Aus dem, was es weiß, dem, was es erwartet, und dem, was die Sinnesorgane vermelden, macht es etwas, was für uns einen Sinn hat. Das
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gilt auch für unsere Erinnerungen. Beide Bücher zeigen einmal mehr, dass unser Gedächtnis alles andere ist als ein sorgfältig verschlagwortetes Fotoarchiv: Es ist ein lebendiges System, das wichtig von unwichtig unterscheidet, das vergisst und das, was es behält, im Lichte neuer Erfahrungen immer wieder revidiert und umbaut. Diese Einsicht hat ganz konkrete Folgen für unser Selbst- und unser Weltbild.
Die Londoner Rechtspsychologin Julia Shaw muss als Gutachterin immer wieder entscheiden, was von Zeugenaussagen zu halten ist. Ihr Problem dabei sind weniger die dreisten Lügen als Erinnerungen, die nach bestem Wissen und Gewissen berichtet werden und die dummerweise dennoch völlig falsch sein können, selbst wenn sie lebhaft und detailliert geschildert werden. Von den neurologischen Grundlagen der Erinnerung über die verschiedenen Arten von Gedächtnis und ungewöhnliche Phänomene wie Flashbacks und Menschen, die nicht vergessen können, führt sie den Leser unterhaltsam und mit leichter Feder durch die moderne Gedächtnisforschung.
Dabei findet der Leser einiges Bekannte, vom Gorilla, der unbemerkt von den Versuchspersonen, die sich auf anderes konzentrieren, durchs Bild läuft, bis zur Bestätigung, dass man sich an die früheste Kindheit wirklich nicht erinnern kann. Vor allem aber ist man beim Lesen hin- und hergerissen zwischen der Bewunderung für das Gedächtnis, das aus der Vielfalt dessen, was es speichern könnte, gezielt auswählt, dem Einfallsreichtum der Forscher, dieser Leistung auch bei Säuglingen und sogar Hummeln immer genauer auf die Spur zu kommen, und wachsendem Unbehagen ob der Unzuverlässigkeit und Manipulierbarkeit unserer Erinnerungen. Sie könne dem Gegenüber allein durch ein paar freundlich geführte Interviews falsche Erinnerungen einpflanzen, die diesem dann genauso sicher erscheinen wie seine anderen Erinnerungen, versichert die Autorin. In einer Studie, die sie zitiert, legten Forscher ihren Probanden Fotos früherer Klassenkameraden vor und baten sie, sich an ein Ereignis auf einer Klassenfahrt zu erinnern, das die Forscher sich nur ausgedacht hatten. 78,2 Prozent beschrieben tatsächlich Erinnerungen an dieses Ereignis.
Shaw erklärt, wie das Gedächtnis die Wahrnehmung der Gegenwart prägt, wie es uns manchmal vorgaukelt, wir hätten eine Person schon einmal getroffen oder einen Ort schon einmal besucht. Nebenbei deckt sie zahlreiche Mythen auf, wie das Lernen im Schlaf oder Erinnerung unter Hypnose. Alles Humbug, versichert Shaw, ohne Aufmerksamkeit geht in Sachen Erinnern gar nichts.
Besorgniserregender sind die Ergebnisse der Gedächtnisforschung freilich, wenn es statt um individuelle Irritationen um Shaws eigenen Forschungsbereich, die Rechtspsychologie, geht: Die Autorin zitiert Studien, denen zufolge es für einen Polizisten alles andere als einfach zu entscheiden ist, ob eine Person, die ihm einen Personalausweis hinhält, wirklich die Person auf dem Foto ist. Und noch viel schlechter seien Menschen darin, einen Straftäter wiederzuerkennen oder den genauen Ablauf eines Ereignisses wiederzugeben.
Und was folgt daraus? Hier neigt Shaw ein wenig zur Dramatik: Ob man überhaupt noch glücklich sein könne, wenn man wisse, dass alle Erinnerungen auch falsch sein könnten, habe sie eine Studentin gefragt. Das könne man durchaus, versichert die Autorin und empfiehlt, sich neben dem Meta-Gedächtnis, in dem wir speichern, wie sicher wir uns unserer Erinnerungen sind, ein Meta-Meta-Gedächtnis anzulegen: Darin könnten wir unser Wissen über das Gedächtnis speichern. So könnten wir lernen, kritischer mit Informationen und zugleich nachsichtiger mit unseren Mitmenschen und ihren unvollkommenen Erinnerungen umzugehen.
Was unser Gedächtnis trotz allem stabilisiert, ist, Erinnerungen mit denen anderer Menschen abzugleichen. Diesen Punkt betont der Psychologiehistoriker und Gedächtnisforscher Douwe Draaisma, der bereits zahlreiche Bücher über Gehirn, Gedächtnis und Träume vorgelegt hat. In seinem neuen Werk handelt er weniger von den Mechanismen des Erinnerns, sondern erzählt anhand ganz unterschiedlicher Phänomene vom Eigenleben der Erinnerungen. Er berichtet von der seltsamen Metamorphose, die Texte durchlaufen können, wenn man sie nach Jahren wieder liest. Und versucht - leider etwas länglich - die Wahrheit über die Geschichte des "Unabombers" Theodore Kaczynski aus sieben verschiedenen Perspektiven zu rekonstruieren. Am Ende des Unterfangens schreibt Draaisma das Wörtchen "Fakten" nur noch in Anführungsstrichen. Denn strittig sei bei der Bewertung des Falls gerade, was als Tatsache zu gelten habe. Und das hänge wiederum ab von der Geschichte, in der sie vorkomme. Draaisma betont auch den Doppelcharakter der Erinnerungen: So leicht sie uns in die Irre führen können, so wichtig sind sie für unser Selbstbild und so hart kann uns die Einsicht treffen, fest von einer falschen Geschichte überzeugt gewesen zu sein.
Beide Autoren betonen: Obwohl die Forscher heute viel mehr über das Gedächtnis wissen als früher, gibt es nach wie vor nur wenige Möglichkeiten, in seine Prozesse einzugreifen. Aktuelle Studien über Möglichkeiten, die Ausbildung von Erinnerungen mit Medikamenten oder Elektrostimulation zu dämpfen, befinden sich allenfalls im Anfangsstadium. Das ist, wie Draaisma erklärt, auch kein Wunder: Erinnerungen seien eben keine Datenpakete, die irgendwo wohlverpackt lagern, sondern mit Bildern, Geräuschen, Gerüchen und Emotionen vielfältig vernetzt. Wollte man sie manipulieren, wo sollte man anfangen? Wenn es eine Pille gäbe, die Erinnerungen löschen kann, würden Sie sie nehmen? Und wofür?, fragt Draaisma. Und wie würden Sie entscheiden, wenn es eine Pille gäbe, mit der Sie Erinnerungen an sich selbst aus dem Gedächtnis anderer löschen könnten?
Wer einen breiten Einstieg in die Gedächtnisforschung sucht, sollte zu dem Buch von Shaw greifen. Wer anhand der Erkenntnisse über die Erinnerung über die Natur des Menschen nachdenken möchte, wird in beiden Bänden fündig.
Douwe Draaisma: "Halbe Wahrheiten". Vom seltsamen Eigenleben unserer Erinnerungen.
Aus dem Niederländischen von Verena Kiefer. Galiani Verlag, Berlin 2016. 247 S., geb., 16,99 [Euro].
Julia Shaw: "Das trügerische Gedächtnis". Wie unser Gehirn Erinnerungen fälscht.
Aus dem Englischen von Christa Broermann. Carl Hanser Verlag, München 2016. 302 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Londoner Rechtspsychologin Julia Shaw muss als Gutachterin immer wieder entscheiden, was von Zeugenaussagen zu halten ist. Ihr Problem dabei sind weniger die dreisten Lügen als Erinnerungen, die nach bestem Wissen und Gewissen berichtet werden und die dummerweise dennoch völlig falsch sein können, selbst wenn sie lebhaft und detailliert geschildert werden. Von den neurologischen Grundlagen der Erinnerung über die verschiedenen Arten von Gedächtnis und ungewöhnliche Phänomene wie Flashbacks und Menschen, die nicht vergessen können, führt sie den Leser unterhaltsam und mit leichter Feder durch die moderne Gedächtnisforschung.
Dabei findet der Leser einiges Bekannte, vom Gorilla, der unbemerkt von den Versuchspersonen, die sich auf anderes konzentrieren, durchs Bild läuft, bis zur Bestätigung, dass man sich an die früheste Kindheit wirklich nicht erinnern kann. Vor allem aber ist man beim Lesen hin- und hergerissen zwischen der Bewunderung für das Gedächtnis, das aus der Vielfalt dessen, was es speichern könnte, gezielt auswählt, dem Einfallsreichtum der Forscher, dieser Leistung auch bei Säuglingen und sogar Hummeln immer genauer auf die Spur zu kommen, und wachsendem Unbehagen ob der Unzuverlässigkeit und Manipulierbarkeit unserer Erinnerungen. Sie könne dem Gegenüber allein durch ein paar freundlich geführte Interviews falsche Erinnerungen einpflanzen, die diesem dann genauso sicher erscheinen wie seine anderen Erinnerungen, versichert die Autorin. In einer Studie, die sie zitiert, legten Forscher ihren Probanden Fotos früherer Klassenkameraden vor und baten sie, sich an ein Ereignis auf einer Klassenfahrt zu erinnern, das die Forscher sich nur ausgedacht hatten. 78,2 Prozent beschrieben tatsächlich Erinnerungen an dieses Ereignis.
Shaw erklärt, wie das Gedächtnis die Wahrnehmung der Gegenwart prägt, wie es uns manchmal vorgaukelt, wir hätten eine Person schon einmal getroffen oder einen Ort schon einmal besucht. Nebenbei deckt sie zahlreiche Mythen auf, wie das Lernen im Schlaf oder Erinnerung unter Hypnose. Alles Humbug, versichert Shaw, ohne Aufmerksamkeit geht in Sachen Erinnern gar nichts.
Besorgniserregender sind die Ergebnisse der Gedächtnisforschung freilich, wenn es statt um individuelle Irritationen um Shaws eigenen Forschungsbereich, die Rechtspsychologie, geht: Die Autorin zitiert Studien, denen zufolge es für einen Polizisten alles andere als einfach zu entscheiden ist, ob eine Person, die ihm einen Personalausweis hinhält, wirklich die Person auf dem Foto ist. Und noch viel schlechter seien Menschen darin, einen Straftäter wiederzuerkennen oder den genauen Ablauf eines Ereignisses wiederzugeben.
Und was folgt daraus? Hier neigt Shaw ein wenig zur Dramatik: Ob man überhaupt noch glücklich sein könne, wenn man wisse, dass alle Erinnerungen auch falsch sein könnten, habe sie eine Studentin gefragt. Das könne man durchaus, versichert die Autorin und empfiehlt, sich neben dem Meta-Gedächtnis, in dem wir speichern, wie sicher wir uns unserer Erinnerungen sind, ein Meta-Meta-Gedächtnis anzulegen: Darin könnten wir unser Wissen über das Gedächtnis speichern. So könnten wir lernen, kritischer mit Informationen und zugleich nachsichtiger mit unseren Mitmenschen und ihren unvollkommenen Erinnerungen umzugehen.
Was unser Gedächtnis trotz allem stabilisiert, ist, Erinnerungen mit denen anderer Menschen abzugleichen. Diesen Punkt betont der Psychologiehistoriker und Gedächtnisforscher Douwe Draaisma, der bereits zahlreiche Bücher über Gehirn, Gedächtnis und Träume vorgelegt hat. In seinem neuen Werk handelt er weniger von den Mechanismen des Erinnerns, sondern erzählt anhand ganz unterschiedlicher Phänomene vom Eigenleben der Erinnerungen. Er berichtet von der seltsamen Metamorphose, die Texte durchlaufen können, wenn man sie nach Jahren wieder liest. Und versucht - leider etwas länglich - die Wahrheit über die Geschichte des "Unabombers" Theodore Kaczynski aus sieben verschiedenen Perspektiven zu rekonstruieren. Am Ende des Unterfangens schreibt Draaisma das Wörtchen "Fakten" nur noch in Anführungsstrichen. Denn strittig sei bei der Bewertung des Falls gerade, was als Tatsache zu gelten habe. Und das hänge wiederum ab von der Geschichte, in der sie vorkomme. Draaisma betont auch den Doppelcharakter der Erinnerungen: So leicht sie uns in die Irre führen können, so wichtig sind sie für unser Selbstbild und so hart kann uns die Einsicht treffen, fest von einer falschen Geschichte überzeugt gewesen zu sein.
Beide Autoren betonen: Obwohl die Forscher heute viel mehr über das Gedächtnis wissen als früher, gibt es nach wie vor nur wenige Möglichkeiten, in seine Prozesse einzugreifen. Aktuelle Studien über Möglichkeiten, die Ausbildung von Erinnerungen mit Medikamenten oder Elektrostimulation zu dämpfen, befinden sich allenfalls im Anfangsstadium. Das ist, wie Draaisma erklärt, auch kein Wunder: Erinnerungen seien eben keine Datenpakete, die irgendwo wohlverpackt lagern, sondern mit Bildern, Geräuschen, Gerüchen und Emotionen vielfältig vernetzt. Wollte man sie manipulieren, wo sollte man anfangen? Wenn es eine Pille gäbe, die Erinnerungen löschen kann, würden Sie sie nehmen? Und wofür?, fragt Draaisma. Und wie würden Sie entscheiden, wenn es eine Pille gäbe, mit der Sie Erinnerungen an sich selbst aus dem Gedächtnis anderer löschen könnten?
Wer einen breiten Einstieg in die Gedächtnisforschung sucht, sollte zu dem Buch von Shaw greifen. Wer anhand der Erkenntnisse über die Erinnerung über die Natur des Menschen nachdenken möchte, wird in beiden Bänden fündig.
Douwe Draaisma: "Halbe Wahrheiten". Vom seltsamen Eigenleben unserer Erinnerungen.
Aus dem Niederländischen von Verena Kiefer. Galiani Verlag, Berlin 2016. 247 S., geb., 16,99 [Euro].
Julia Shaw: "Das trügerische Gedächtnis". Wie unser Gehirn Erinnerungen fälscht.
Aus dem Englischen von Christa Broermann. Carl Hanser Verlag, München 2016. 302 S., geb., 22,- [Euro].
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"Julia Shaw möchte Irrtümer aus der Welt schaffen. Das tut sie in erfrischendem Ton, mit präziser Sprache und vor allem, indem sie einen Überblick über die aktuellen Studien gibt." Ilona Jerger, Psychologie Heute, 04/2017 "Die Rechtspsychologin Julia Shaw gibt nicht nur sehr kundig und anschaulich Einblick in die neueste Hirnforschung, sondern kann sich auch auf eigene Versuchsanordnungen berufen. ... Ein eindrucksvolles Buch." Angela Gutzeit, NZZ Bücher am Sonntag, 29.01.17 "Allein das zu lesen, ist spannend. Aber in ihrem Buch geht es um mehr: um Lernstrategien, Hypnose, digitale Amnesie, den Schlaf, um Denkverzerrungen und wie all das auf das Gedächtnis einwirkt. All das ist gut erklärt und mit vielen Beispielen aus dem Alltag und aus
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spektakulären Prozessen versehen." Volker Wildermuth, Deutschlandradio Kultur, 09.12.16 "Von den neurologischen Grundlagen der Erinnerung über die verschiedenen Arten von Gedächtnis und ungewöhnliche Phänomene wie Flashbacks führt Julia Shaw den Leser unterhaltsam und mit leichter Feder durch die moderne Gedächtnisforschung. (...) Wer einen breiten Einstieg in die Gedächtnisforschung sucht, sollte zu diesem Buch greifen." Manuela Lenzen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.11.16 "... ein spannendes, witziges und lehrreiches Buch, das Pflichtlektüre sein sollte für Journalisten, Polizisten, Staatsanwälte, Richter und alle anderen, die mit eigenen und fremden Erinnerungen arbeiten müssen." Stefan Weigel, Rheinische Post Online, 12.10.16 "Ein tolles Buch. (...) Julia Shaw erklärt darin spannend, verständlich und oft witzig, warum unser Gehirn gar nicht anders kann, als vieles wieder zu vergessen." Sven Stillich, Zeit Wissen, Oktober/November 2016 "Ein Buch, das zutiefst verstörend unsere Erinnerungswelten in Frage stellt." Eduard Erne, SRF "Kulturplatz", 12.10.16 "Ein höchst aktuelles und sehr brisantes Thema. (...) Sehr spannend: Fast eine Bedienungsanleitung für Psychotherapie." Markus Lanz, ZDF, 29.09.16 "Kaum zu glauben und ziemlich unheimlich, wie manipulierbar unser Gedächtnis sein soll." WDR "Westart", 26.09.16 "Für ihr Buch gebührt Shaw ein großes Kompliment. Sie hat ein weites Feld umfassend dargestellt und dies auf eine spannende, verständliche Art und Weise, obwohl manche Inhalte höchst verzwickt sind. (...) Julia Shaw zeigt höchst anschaulich, warum das Gedächtnis uns täuschen kann. (...) Nach der Lektüre ist klar, dass man sich auf angeblich sichere Erinnerungen nicht verlassen sollte - weder bei sich noch bei anderen." Gert Scobel, Philosophie Magazin, Oktober/November 2016 "Ein glänzend geschriebenes Buch, das den Leser dazu bringt, über das eigene Leben ganz neu nachzudenken." P.M. Magazin, Dezember 2016
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Broschiertes Buch
Wir sind die Summe unserer Erinnerungen. Aber inwieweit stimmen diese überhaupt? Und wie weit kann unser „Erinnern“ zurückgehen? Kann man sich an seine eigene Geburt zurück erinnern? Da gibt es jede Menge Fragen dieses Thema betreffend.
Wir definieren uns über unser …
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Wir sind die Summe unserer Erinnerungen. Aber inwieweit stimmen diese überhaupt? Und wie weit kann unser „Erinnern“ zurückgehen? Kann man sich an seine eigene Geburt zurück erinnern? Da gibt es jede Menge Fragen dieses Thema betreffend.
Wir definieren uns über unser Geschlecht, das Alter, den Beruf, unseren Stand … aber unsere eigentliche Definition liegt doch in unseren Erfahrungen. Erinnerungen helfen uns dabei, unser Leben besser zu verstehen.
Julia Shaw gibt in ihrem Buch in zehn Kapiteln einen anschaulichen Überblick über Studien und Experimente. Durch welche Mechanismen sich Erinnerungen verfälschen lassen und warum wir uns auf unser Gedächtnis nicht hundertprozentig verlassen können. Es lässt mich – als Laien - staunen, wie unzuverlässig das menschliche Erinnerungsvermögen in Wirklichkeit ist. Aber wie wirklich ist diese Wirklichkeit? Ich tauche tief in dieses Buch ein und beginne über mein eigenes Leben ganz neu nachzudenken.
Das Buch ist in einer verständlichen Sprache für den interessierten Laien geschrieben - aber es könnte auch für Polizisten, Journalisten oder Staatsanwälte interessant sein. In zahlreichen Fußnoten kann man noch tiefer in verschiedene Themen eintauchen und weiter verfolgen.
Ein großer Kritikpunkt ist für mich allerdings die Gestaltung und Verarbeitung des Buches. Für eine gute Lesbarkeit könnte die Schrift ein Punkt größer sein und der Bundsteg etwas breiter. Das Lesen in der Buchmitte ist sehr anstrengend. Es ist auch nicht möglich, das Buch aufgeschlagen liegen zu lassen (widerspenstig macht es macht sich sofort selbständig und schließt sich). Schade für den interessanten Inhalt - Umschlag und Inhalt korrespondieren nicht wirklich.
Fazit: Nicht wir machen Erfahrungen, sondern die Erfahrungen machen uns.
3 Sterne
PS: Sehr interessant finde ich den Hinweis am Ende des Buches auf ein anders Buch: „Irren ist nützlich“.
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Broschiertes Buch
Gleich im ersten Kapitel räumt Rechtspsychologin Julia Shaw mit verbreiteten Vorstellungen über Gedächtnisleistungen auf, die aus neurobiologischer Sicht unmöglich sind. Dazu zählen frühkindliche Erinnerungen sowie Erinnerungen an die eigene Geburt oder an die Zeit …
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Gleich im ersten Kapitel räumt Rechtspsychologin Julia Shaw mit verbreiteten Vorstellungen über Gedächtnisleistungen auf, die aus neurobiologischer Sicht unmöglich sind. Dazu zählen frühkindliche Erinnerungen sowie Erinnerungen an die eigene Geburt oder an die Zeit davor. Die strukturelle Entwicklung des Babygehirns, der Mangel an Organisation und die fehlende Sprache verhindern, dass bewusste Erinnerungen entstehen können. (34)
Die Autorin erläutert bildhaft die Physiologie des Gehirns, dessen Formbarkeit und Anpassungsfähigkeit für eine Welt der Unsicherheit und Entscheidungsfähigkeit geschaffen wurde. Dafür werden Erinnerungsfehler als Nebenprodukt in Kauf genommen. Der Fokus liegt auf diesen Schwächen des Gehirns, die einem selbst nicht bewusst sind, sondern erst durch empirische Untersuchungen zutage treten. Betroffen von diesem Phänomen sind auch sog. Gedächtnisgenies. (105)
Erinnerungen bilden wir nicht im Schlaf, sondern nur wenn wir aufmerksam sind. Schlaf dient im Gegenteil dazu, einer Reizüberflutung entgegen zu wirken, die zu einer Schädigung der Nervenzellen führen kann. (140) Da für die Erzeugung von Erinnerungen Aufmerksamkeit erforderlich ist, hält die Autorin auch intelligenzfördernde Babyvideos, Hypnose oder sublime Botschaften im Hinblick auf Beeinflussungen für Fiktionen. (156) Dabei beruft sie sich auf zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen.
Die Autorin muss als Kriminalpsychologin Expertengutachten erstellen. Sie bedauert, dass Polizei und Justiz zu wenig über Erinnerungsprobleme und Wahrnehmungsverzerrungen wissen. Aufgrund mangelhafter Selbsteinschätzung gab es und gibt es zahlreiche Justizirrtümer. Zum Thema hat sich bereits Thomas Fischer in "Im Recht" ausführlich geäußert, der Zeugenaussagen kritisch sieht und eine Lanze bricht für Indizienprozesse. Aus psychologischer Sicht sind seine Bedenken gerechtfertigt.
Menschen können suggestiv falsche Erinnerungen eingepflanzt werden. Hierzu gibt es zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen. Erinnerungen an emotionsgeladene Ereignisse können fehlerhaft sein, mit manchmal schrecklichen Folgen für Betroffene. "Das trügerische Gedächtnis" richtet sich gegen die Selbstüberschätzung des Menschen. Julia Shaw beweist mit ihrer kritischen Haltung Bodenhaftung. Die Begründungen könnten mehr in die Tiefe gehen, dennoch handelt es sich um ein wichtiges Aufklärungsbuch.
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