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Pomorze "Land am Meer" - so nannten slawische Siedler im 9. Jahrhundert diese Gegend. Im Hinterland Moränen, dazwischen eingestreut malerisch sich verzweigende Seenlandschaften und Urstromtäler. Weite Kornfelder und Kartoffeläcker, zerteilt von schönen, ausgedehnte Alleen, die bis zum Horizont reichen, ein Landstrich, der eigentlich Gelassenheit und Ruhe ausstrahlt. Heute herrschen in weiten Teilen Arbeits- und Perspektivlosigkeit. Menschen und Landschaft, Erzählungen und Lebensgeschichten in bester "Koeppscher" Manier - manchmal skurril, bisweilen melancholisch und immer mit Gespür für das…mehr

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Produktbeschreibung
Pomorze "Land am Meer" - so nannten slawische Siedler im 9. Jahrhundert diese Gegend. Im Hinterland Moränen, dazwischen eingestreut malerisch sich verzweigende Seenlandschaften und Urstromtäler. Weite Kornfelder und Kartoffeläcker, zerteilt von schönen, ausgedehnte Alleen, die bis zum Horizont reichen, ein Landstrich, der eigentlich Gelassenheit und Ruhe ausstrahlt. Heute herrschen in weiten Teilen Arbeits- und Perspektivlosigkeit. Menschen und Landschaft, Erzählungen und Lebensgeschichten in bester "Koeppscher" Manier - manchmal skurril, bisweilen melancholisch und immer mit Gespür für das Nicht-Gesagte.

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Booklet mit Hintergrundinformationen zum Film und Regisseur - Kinotrailer
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.06.2007

Ein Blick durch Baumalleen in die Welt von gestern
Ostwärts reisen: Volker-Koepp-Kollektion auf DVD

Volker Koepp Kollektion.

Salzgeber Medien. 6 DVDs. 700 Minuten. OmU. Extras: Ausführliche Booklets, Informationen zum Regisseur, Trailer.

Nach Osten, immer nach Osten zieht es Volker Koepp, seitdem die deutsche Wiedervereinigung das Kapitel Wittstock, mit dem der Defa-Dokumentarfilmer auch im Westen bekannt wurde, und das weniger umfangreiche um ein Ziegeleiwerk im brandenburgischen Zehdenick zum Abschluss brachte. Schon 1995 aber konnte er sich die alte Sehnsucht nach dem "Schattenland Sarmatien", wie es der Dichter Johannes Bobrowski wortmächtig aufbewahrt hatte, dem einstigen Ostpreußen, erfüllen. "Kalte Heimat" wurde mit zweiundeinhalb Stunden Dauer Koepps bislang längster, sein bester Film.

Die Kollektion der Edition Salzgeber setzt erst mit Koepps ebenso berühmt gewordenem Werk "Herr Zwilling und Frau Zuckermann" aus dem Jahr 1999 ein. Am liebsten würde er nur an Orten drehen, wo "immer auch die Ostsee in der Nähe ist", bekennt der Regisseur im Werkstattgespräch mit Rainer Rother. Aber das Baltische Meer liegt von Czernowitz, heute Tschernowzy, weit entfernt, und Koepp irrt, wenn er sich auf den gemeinsamen Längengrad mit Masuren beruft. Der Film weicht auch sonst von vielem Gewohnten ab: keine Baumalleen, in denen sich der Kamerablick verliert, keine Sonnenuntergänge oder sich türmende Wolken über der See, dafür ein von Nebel eingehüllter großer jüdischer Friedhof, Straßen, Wohnräume und lange Gespräche am Kachelofen. Dieses Abweichen von einer vertrauten Route bescherte der deutschen Dokumentarfilmgeschichte einen Glücksfall.

Rosa Roth-Zuckermann und Mathias Zwilling, Vertreter zweier Generationen, die der Holocaust im einst mehrheitlich jüdisch bewohnten Czernowitz fast ausgelöscht hat, fassen Vertrauen zum Regisseur und seinem kleinen Team. Bei wechselnder Gelegenheit erzählen sie aus ihrem Leben: wie Frau Zuckermann als junges Mädchen dem Tod im Lager in Transnistrien entrann, wie der halbwüchsige Herr Zwilling von der Deportation mit knapper Not verschont blieb - und wie sie, neunzigjährig die Ältere, über sechzig der Jüngere, heute leben, die eine mit einem heiteren Lächeln um die Augen, der andere mit bitterem Seufzen auf den Lippen. Um die Hauptpersonen herum steckt der Film Konturen des neuen jüdischen Lebens in Czernowitz ab, das für die meisten lediglich eine Zwischenstation auf dem Weg nach Israel oder Amerika ist. Der Alltag der ukrainischen Stadt bleibt weitgehend außen vor: Alltag ist nie Koepps Thema gewesen, sondern bestenfalls der Rahmen, durch den man hindurchmuss, um zum Eigentlichen zu gelangen.

Beim spaßversessenen Publikum der Berlinale löste der Film seinerzeit Heiterkeit aus. Der ganz und gar nicht lustige Hintergrund dieser Biographien mochte manchem erst später klargeworden sein. Andererseits war es nie Koepps Bestreben, Erschütterung zu verbreiten und den Zuschauer moralischer Zerknirschung auszusetzen. Ihn interessieren Leute, die in Leid und Not ihr Dasein mutig gestalten. Manches schöne alte Lied wird in seinen Filmen gesungen, ein Klagelied nie.

Nachdem so viel gesprochen worden war in Czernowitz, wollte sich der eher wortkarge, 1944 in Stettin gebürtige, in Dresden aufgewachsene, in Potsdam zur Filmhochschule gegangene Regisseur einen Versuch ohne Worte gönnen. Aber allein mit schwelgenden Bildern konnte die Huldigung an die zweigeteilte Kurische Nehrung nicht gelingen. Eine der Aussiedlung entgangene Deutsche im litauischen Nida (Nidden), ein Filmvorführer im russischen Rybatschi (Rossitten) treten vor die schon von Wilhelm von Humboldt gepriesene Landschaft der Wanderdünen. "Kurische Nehrung", 2001 aufgeführt, ist ein Musterbeispiel dafür, wie Koepp und sein ständiger Kameramann Thomas Plenert dem Schema des Kulturfilms entgehen. Sie nehmen nur das auf, was beide, Regisseur und Kameramann, selbst berührt. Auf diese Weise mögen manche Informationen über Ort und Zeit fehlen. Umso mehr wecken die Filme den Sinn für eine in Jahrhunderten gestaltete Landschaft. Mit gutem Grund darf man Koepp einen Romantiker nennen, der das Vergängliche würdigt, aber immer ein Licht in der Ferne sieht oder sucht.

"Die schönsten Zeiten waren damals", sagt die in Nidden heimisch gebliebene Deutsche, als sie auf ihr Leben zurückblickt. Der Satz könnte als Motto über den meisten Arbeiten von Volker Koepp stehen, auch über "Uckermark", dem dritten Teil dieser Kollektion. Doch hier, bei der Besichtigung der von Entvölkerung bedrohten Region nördlich Berlins, können die Personen weder die Vergangenheit loslassen noch heiteren Sinns in die ihnen verbleibende Lebenszeit blicken: nicht zwei bei der Zwangskollektivierung Anfang der sechziger Jahre und bei der Liquidation der Genossenschaft 1991 noch einmal um ihren Besitz gebrachte Bauern, nicht der von Theater und Film bekannte Schauspieler Fritz Marquardt, der sich in einem Bauernhaus ein Refugium für alte Tage schuf und, ganz im Sinne seines toten Freundes Heiner Müller, die Gegenwart eine "Zeit der Restauration" nennt, und nicht die neuen Bewohner des dringend renovierungsbedürftigen Herrenhauses, Nachfahren der 1945 vertriebenen Besitzer. Schon erstrahlen Teile des Schlösschens in neuem Glanz, und der Regisseur lässt sich die Kaffeerunde mit den neuen Herren und den Nachfahren der Bediensteten wohl bekommen. Aber seine tiefere Sympathie gilt wie in Wittstocker Zeiten denen, die nie im Licht standen oder stehen werden. Als anregender Cicerone dient ihm der vielbeschäftigte Adolf Heinrich von Arnim, der allen gut zuredet und von allen geschätzt wird. Einst nannten die weitverzweigten Arnimfamilien die halbe Uckermark ihr Eigen. Mit welchem Erfolg der Adel in die veränderte Landschaft zurückkehrt, muss der Film offenlassen.

Die drei anderen Filme der Kollektion kehren zu vertrauten Schauplätzen zurück oder ergänzen früher schon Gezeigtes und Gesagtes. "Dieses Jahr in Czernowitz" setzt noch einmal, nun in Begleitung in Amerika oder in Westeuropa heimisch gewordener "Czernowitzer", die seit langem rumänisch geprägte Stadt ins Bild. Zum Gefolge gehört auch der Schauspieler Harvey Keitel, dessen Mutter aus der Bukowina nach New York auswanderte. Das über zwei Stunden lange Werk zerflattert in disparate Teile, die Stimme eines am Ort gebliebenen gealterten Schauspielers bleibt als wehmütiger Abschied lange im Ohr.

"Pommernland" und "Schattenland - Reise nach Masuren", beide von 2005, wirken wie Fortsetzungen der in "Uckermark" begonnenen sozialen Umschau. "Pommernland" zeigt mit viel Sympathie, wie ein junges polnisches Paar ein seit 1945 verfallendes Gut neu bewirtschaftet. Im Umkreis ist die Arbeitslosigkeit hoch, die Zukunft dunkel. Hoffnung und Betrübnis, die Pole aller Filme von Koepp, halten einander auch in "Schattenland" die Waage. Polens Beitritt zur EU bedeutet für die Fischer und kleine Landwirte Masurens sinkende Fang- und Agrarpreise. Die Jugend zieht gen Westen, die Alten bleiben zurück. Allein als Ferienparadies für gestresste Warschauer scheint das Seenland eine Zukunft zu haben. Viele, zu viele Blicke in alte Alleen, die in ein besseres Gestern zu führen scheinen, Sonnenuntergänge überm Waldrand und Abendstimmungen am weiten Himmel müssen hier die deprimierenden Fakten auffangen.

Trotzdem ist "Schattenland", wie alle Filme Koepps, sorgfältig gearbeitet. Meisterhaft rückt er ins Bild, wie Winter, Frühling und Sommer die Landschaft verändern. Lieber weicht der Regisseur den Städten aus, die es auch im früheren südlichen Ostpreußen gibt, als auf einen schönen Feldrain oder ein Storchennest zu verzichten. Jeder Film von Volker Koepp entfaltet, für sich gesehen und bedacht, seine eigene Stimmung und Wirkung, und immer ist dabei eine Entdeckung zu erwarten.

HANS-JÖRG ROTHER

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