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Dort an sarmatischen Ufern: Die Memel fällt durch ein Delta ins Kurische Haff. Vom Meer, der Ostsee, ist das Haff durch die Kurische Nehrung getrennt. Diese wundersame Landzunge ist 100 Kilometer lang und oft nur ein paar hundert Meter breit. Der Himmel wölbt sich hoch, zwischen Kiefern und Birken hat der Wind riesige Wanderdünen vor sich hergeschoben. Der Sand hat manche Orte verschluckt, erst seit etwas mehr als hundert Jahren stehen die Dünen durch Bepflanzung. Besiedlung durch Kuren und Deutsche. Nach dem Ersten Weltkrieg wird der nördliche Teil der Kurischen Nehrung litauisch und nach dem…mehr

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Produktbeschreibung
Dort an sarmatischen Ufern: Die Memel fällt durch ein Delta ins Kurische Haff. Vom Meer, der Ostsee, ist das Haff durch die Kurische Nehrung getrennt. Diese wundersame Landzunge ist 100 Kilometer lang und oft nur ein paar hundert Meter breit. Der Himmel wölbt sich hoch, zwischen Kiefern und Birken hat der Wind riesige Wanderdünen vor sich hergeschoben. Der Sand hat manche Orte verschluckt, erst seit etwas mehr als hundert Jahren stehen die Dünen durch Bepflanzung. Besiedlung durch Kuren und Deutsche. Nach dem Ersten Weltkrieg wird der nördliche Teil der Kurischen Nehrung litauisch und nach dem Zweiten Weltkrieg der südliche Teil russich. Auch die neu angesiedelten Menschen leben meist vom Fischfang. Und jedes Jahr wieder gibt es die großen Vogelzüge über die Nehrung. Die Orte des Films heißen Rybatschi (Rossitten) und Nida (Nidden). Dort leben heute vor allem Russen und Litauer, ein paar Deutsch sind im litauischen Teil der Nehrung geblieben.

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Booklet mit Interview und Hintergrundinformationen - Kinotrailer
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.07.2001

Am gedeckten Tisch
Armeleutegegend, Naturschönheit: Ein Dokumentarfilm über die "Kurische Nehrung"

Warum ein Dokumentarfilm über die schmale, hundert Kilometer lange Halbinsel vor der Mündung der Memel in die Ostsee - das baltische Meer, wie die Russen sagen? Seitdem die östliche Hälfte 1924 an Litauen, die westliche 1945 an die Sowjetunion fiel, kennen in Deutschland nur noch ältere Heimatvertriebene den einst von Wilhelm von Humboldt gepriesenen Landstrich mit seinen Eichenwäldern und Wanderdünen aus eigenem Erleben. Die Künstlerkolonie von Nidden, einst überschwenglich das Worpswede des Ostens genannt, erstand bislang nicht wieder, und kein Nobelpreisträger baute sich hier im Gefolge Thomas Manns ein Sommerhaus.

Volker Koepp kennt die Kurische Nehrung, zumindest ihren litauischen Teil, seit dreißig Jahren. Als er 1995/96 das nördliche Ostpreußen ("Kalte Heimat", "Fremde Ufer") wiederentdeckte, reservierte er sich die schöne Gegend für ein eigenständiges Werk. Nachdem "Herr Zwilling und Frau Zuckermann", der wohl erfolgreichste neue deutsche Dokumentarfilm, entstanden war, kamen er und sein Kameramann Thomas Plenert auf das Vorhaben zurück. Es entstand eine einzigartige Huldigung an eine Landschaft, in die sich ein Reisender, insbesondere ein historisch interessierter, leicht vernarren kann. Zierlichkeit prägt die Szenen aus dem russischen wie aus dem besser gepflegten litauischen Teil, und wie wichtig dem Regisseur das Rauschen von Wäldern und Wellen, der Blick auf sonnige Waldwege und sumpfige Niederungen war, zeigt sich schon darin, daß er die Gespräche mit Alt- und Neueinwohnern auffällig oft durch Landschaftsbilder unterbricht.

Ein Dokumentarfilm steht und fällt mit den Menschen, die er entdeckt und zum Reden bringt. Renate, nur wenig älter als Koepp, begegnete er am letzten Tag seiner Recherchen in Nida, wie Nidden heute heißt. Ihre Geschichte gibt dem Film Gewicht, auch wenn sie keine zweite Frau Zuckermann werden konnte. Der Krieg hat Renate zur Waise gemacht. Die kurische Mutter starb 1945, der deutsche Vater geriet in amerikanische Gefangenschaft. Danach blieb er im Westen. Vom Großvater mal bei dieser, mal bei jener Familie untergebracht, lernte Renate mit ihren noch jüngeren Geschwistern, was es heißt, das Brot der Mildtätigkeit zu essen - und dies als offiziell nicht mehr gelittene Deutsche. Erst nach drei Jahrzehnten durfte sie den Vater besuchen, der sich mit der Bemerkung, Renates Rückfahrkarte kaufen zu müssen, ihr Begrüßungsgeld in die eigene Tasche steckte. "Ein bitterer Mann, ein harter Mann", schließt die Frau das ungute Kapitel.

Man könnte Renates Geschichte als einen Abgesang auf die deutsche Kultur in dieser Region auffassen, doch so ist es nicht gemeint. Andächtig folgt die Kamera Renate auf dem Weg zu den deutschen Gräbern auf dem Friedhof von Nida, und wenn die Frau später mit ihrem Mann, einem russischen Seemann, am gedeckten Abendbrottisch sitzt - der Regisseur liebte schon immer Küchen- und Essenszenen -, scheint kein Gran Leid mehr auf ihrer geplagten Seele zu liegen. So geht es erst recht mit den Kontrastfiguren im russischen Rybatschi, dem früheren Rossitten: einer Fischerfamilie, die sich ihres jungen Eheglücks freut, und einem arbeitslos gewordenen Filmvorführer, dessen trauriger Blick zu Herzen geht. Die Männer und Frauen aber, die an der 1901 von der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft gegründeten Vogelwarte die Arbeit der Vorgänger fortsetzten, haben weder Stimme noch Schicksal.

Mehr denn je gibt sich der Regisseur mit diesem Film als Optimist. Er will zeigen, daß man auch auf fremden oder fremdgewordenen Ufern heimisch werden kann. So wie die Sprachbrocken in Renates Bericht durcheinanderwirbeln, so mischen sich in den Dörfern der Nehrung die Nationen der einstigen Sowjetunion. Einen Brückenschlag über die russisch-litauische Grenze würde der Film wohl gern andeuten, aber dafür zeigt kein Protagonist Interesse. Eine litauische Kunststudentin, die in Nida ihr Praktikum absolviert, findet den Schlagbaum eher gut.

Wie schwer es für einen Dokumentarfilm ist, Geschichte einzubeziehen, wenn sie nicht zur Erfahrung der Personen gehört, beweist die etwas umständlich ausgefallene Demonstration des Krähenfangens. Einst mußten diese Vögel die magere Küche von Litauern und Kuren aufbessern, und wehe, sie besaßen dafür keine Erlaubnis. Es war eine Armeleutegegend. Erst romantisch gesinnte, keiner Not ausgesetzte Gemüter sahen in der Kurischen Nehrung ein Refugium der Schönheit. Diesen Traum zu neuem Leben erweckt zu haben, ohne ihn durch den Kontrapunkt der wirklichen Geschichte allzusehr zum Beben zu bringen, macht Qualität und Grenze dieses eigentümlich verzaubernden Films aus.

HANS-JÖRG ROTHER.

Mit der Premiere von "Kurische Nehrung" am 1. August im Filmkunsthaus Babylon beginnt im gleichen Kino eine Restrospektive von Filmen Volker Koepps.

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