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Technische Angaben: Bildformat: 1:1.85 (16:9) Sprachen / Tonformat: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1) Ländercode: 2
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Statements von Schauspielern und Regisseur (deutsche Untertitel wahlweise) - Featurette - B-Roll

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Produktbeschreibung
Technische Angaben:
Bildformat: 1:1.85 (16:9)
Sprachen / Tonformat: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)
Ländercode: 2

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DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Statements von Schauspielern und Regisseur (deutsche Untertitel wahlweise) - Featurette - B-Roll
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.05.1996

Sich selbst schlucken hören
"Leaving Las Vegas": Mike Figgis inszeniert fürs Kino die Spielermetropole neu

Als er die Augen aufschlägt und vom Licht geblendet wird, wirkt er wie ein Nachtschattengewächs in der prallen Sonne. Ben Sanderson (Nicolas Cage), ein gescheiterter Drehbuchautor, wacht auf und blickt in das Gesicht eines gefallenen Engels, der an seinem Bett gewacht hat. Die Prostituierte Sera (Elisabeth Shue) gibt ihm auf jenem Weg Geleit, der für jeden Trinker der schwerste ist: aus der Nacht in den Tag. Ben ist so bleich, als habe die Dunkelheit Jahre gedauert. Er hat keine Ringe, sondern Trauerränder unter den Augen. Auch wenn ein Lächeln sein Gesicht für einen kurzen Moment von innen erhellt, spüren wir doch: Dieser Mann läßt den nächtlichen Schlaf hinter sich, um dem ewigen Schlaf entgegenzugehen.

Ben ist von Hollywood nach Las Vegas gefahren, um sich dort zu Tode zu trinken. Sein restliches Vermögen hat er in Rationen für die tägliche Dosis Alkohol eingeteilt. Auf den Straßen der Stadt, wo Sera ihren Körper zu Markte trägt, treffen sie aufeinander - wie zwei Planeten, deren Umlaufbahnen sich kreuzen. Eine tiefe, verzweifelte Liebe entsteht und vergeht. Denn auch Sera kann Ben nicht vor dem Untergang bewahren. Sie kann ihm nur helfen, in Würde zu sterben. Das Spielerparadies, so scheint es, ist das einzige Paradies, aus dem es für die Vertriebenen kein Entrinnen gibt.

"Ich war vor der Arbeit an diesem Film noch nie in Las Vegas gewesen", erzählt der Regisseur Mike Figgis im Gespräch mit dieser Zeitung, "und es gefiel mir nicht. Ich fand dort keines der romantischen Klischees wieder. Da wir nur drei Nächte auf den Straßen gedreht haben, fand dieser unverstellte Blick, glaube ich, ganz direkt im Film Ausdruck." Viele Einstellungen haben Figgis und sein Kameramann Declan Quinn mit extrem langen Brennweiten fotografiert und den Bildern damit die Tiefe genommen. Für die Bewohner dieser Welt gibt es kaum Lebens-Raum, und wenn sie sich einmal in Bewegung setzen, scheinen sie nicht von der Stelle zu kommen. "Oft haben wir heimlich gedreht. Wir konnten keine Scheinwerfer aufstellen und mußten deshalb die Blende weit öffnen. Die flachen Bilder haben also einen technischen Grund, aber einen ästhetischen Zweck: Sie isolieren die Figuren von der Umgebung und heben ihre Einsamkeit hervor."

In vielen Einstellungen wahrt Figgis zu den Figuren eine Distanz, die ihrer Intimsphäre Respekt zollt. Als Ben am Spieltisch plötzlich einen Wutanfall hat und wie wild um sich schlägt, verharrt die Kamera taktvoll in der Position des Beobachters, der einem Menschen in dem Moment, als er die Fassung verliert, nicht zu nahe treten will. Als Ben in einer späteren Szene nachts zum Kühlschrank kriecht und fiebrig Orangensaft mit Alkohol streckt, scheint ihn die Kamera dagegen fast zu berühren. Doch unmittelbar danach folgt ein Schnitt in eine Totale, und nun sehen wir aus einigen Metern Entfernung und durch den Rahmen einer Tür, wie Sera den zitternden Ben im Bett umarmt und wieder beruhigt: Jäh springt die Kamera zurück, als fürchte sie, Ben zu sehr auf den Leib gerückt zu sein.

Mit bewundernswerter Leichtigkeit schaffen Figgis und sein Cutter John Smith die Übergänge zu jenen Sequenzen, in denen der Bilderfluß dem Bewußtseinsstrom der Figuren folgt, mit all seinen Schnellen, Strudeln und stillen Buchten. Da erkundet der Film "Leaving Las Vegas" Innenwelten. Wenn Ben von Los Angeles nach Las Vegas fährt, wird auch das Schnitt-Tempo enorm beschleunigt; Vergangenheit und Gegenwart vermischen sich, bis sie - wie die Ingredienzien eines Drinks - nicht mehr zu trennen sind. Und wenn sich Ben bis zur Besinnungslosigkeit betrinkt, während er einer Nachtclubtänzerin beim Striptease zusieht, geraten auch die Bilder in den Taumel des Deliriums. Kurz bevor Ben zusammenbricht, erstirbt der Ton.

"Der Ton war für mich einer der Hauptgründe, Filmemacher zu werden", gesteht Figgis. "In den meisten Hollywood-Produktionen wird er sehr konventionell eingesetzt. Ich wollte jedoch Momente einer ganz eigenartigen Stille, die man im wirklichen Leben nicht allein mit den Ohren wahrnimmt, sondern auch mit unserem inneren Sensorium." Diese Stille läßt die aggressive Geräuschkulisse der Stadt Las Vegas, die ertönt, sobald jemand aus dem Auto steigt oder die Tür des Motelzimmers öffnet, um so stärker hervortreten. "Wir haben viel experimentiert. Wenn die Getränke auf Eis gegossen werden, soll man kristallklar hören, wie es knackt und bricht. Wie haben dabei Techniken verwandt, die meist nur bei Werbefilmen zum Einsatz kommen. Wenn Nicolas Cage trinkt, soll man das Gefühl haben, sich selbst schlucken zu hören."

Doch die Technik steht den Schauspielern nie im Weg. Im Gegenteil, sie ebnet ihn und tritt dann im entscheidenden Moment zur Seite. Ganz ruhig und einfach aufgelöst ist jene Szene, in der Ben von Sera ein Geschenk erhält. Vorsichtig packt er es aus, und zum Vorschein kommt: ein Flachmann. Er streicht über das Metall, als hätte er noch nie etwas Kostbareres in Händen gehalten. Seras Blick ist freudig und verzweifelt zugleich. Indem sie Ben zu verstehen gibt, daß sie ihn nimmt, wie er ist, fügt sie sich in das Geschick: Das Geschenk kommt von Herzen und bringt Ben den Tod. In diesem Moment spürt man die ganze Tragik dieser Beziehung wie einen stechenden Schmerz. LARS-OLAV BEIER

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