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»Der Zufall hat es gewollt, daß ich in drei Weltteilen den Ereignissen nahe genug gestanden habe, um beobachten zu können, wie Geschichte gemacht wird.« Moritz Julius Bonn war ein Wanderer zwischen den Welten und avancierte zu einem der interessantesten Intellektuellen der 1920/30er Jahre. Er entstammte einer bedeutenden Frankfurter Bankiersfamilie und repräsentierte das aufgeklärt-säkularisierte jüdische Bürgertum während seiner Blütezeit. Max Weber hielt ihn für den brillantesten Wirtschaftswissenschaftler seiner Generation; Carl Schmitt blieb dem bewunderten Mentor in Hassliebe verbunden;…mehr

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Produktbeschreibung
»Der Zufall hat es gewollt, daß ich in drei Weltteilen den Ereignissen nahe genug gestanden habe, um beobachten zu können, wie Geschichte gemacht wird.« Moritz Julius Bonn war ein Wanderer zwischen den Welten und avancierte zu einem der interessantesten Intellektuellen der 1920/30er Jahre. Er entstammte einer bedeutenden Frankfurter Bankiersfamilie und repräsentierte das aufgeklärt-säkularisierte jüdische Bürgertum während seiner Blütezeit. Max Weber hielt ihn für den brillantesten Wirtschaftswissenschaftler seiner Generation; Carl Schmitt blieb dem bewunderten Mentor in Hassliebe verbunden; Thomas Mann und Theodor Heuss suchten seinen Rat; John Maynard Keynes schätzte seinen deutschen Kollegen. Die 1948 erstmals in englischer, 1953 in deutscher Fassung erschienenen Memoiren gelten als Geheimtipp. Sie zeichnen das Bild eines Kosmopoliten, der couragiert Epochenschwellen und zivilisatorische Grenzen überschritt, mit den Größen seiner Zeit in Politik, Gesellschaft und Wissenschaft verkehrte und sich im »Zeitalter der Extreme« als Streiter für Freiheit und Vernunft einsetzte. In diesen Erinnerungen wird eine vergangene Welt lebendig - aus der Perspektive eines liberalen Skeptikers, dessen Ironiefähigkeit und stilistische Leichtigkeit ein Lektürevergnügen sind.

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.

Autorenporträt
Moritz Julius Bonn (1873-1965) war ein deutscher Nationalökonom, Professor an den Handelshochschulen in München und Berlin, die er zeitweise als Direktor leitete. Er bekleidete Gastprofessuren in den USA und in Großbritannien. Der Öffentlichkeit bekannt wurde er als Kritiker wilhelminischer Kolonialpolitik. Er gehörte zur deutschen Delegation in Versailles, fungierte in der Weimarer Republik als Berater zahlreicher Reichsregierungen und war regelmäßiger Beiträger der großen liberalen Tageszeitungen. Als Pionier der Totalitarismusforschung diagnostizierte er 1925 die »Krisis der europäischen Demokratie«. 1933 emigrierte er über Österreich ins Vereinigte Königreich. Nach Deutschland kehrte er nach dem Zweiten Weltkrieg nur besuchsweise zurück. Jens Hacke (Jg. 1973) ist Historiker und Politikwissenschaftler. Veröffentlichungen u. a. »Existenzkrise der Demokratie. Zur politischen Theorie des Liberalismus in der Zwischenkriegszeit«, Berlin 2018 (3. Aufl.), »Liberale Demokratie in schwierigen Zeiten. Weimar und die Gegenwart«, Hamburg 2021.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.06.2023

Hätte nur jemand auf ihn gehört
Hellsichtiger Theoretiker und Politikberater zwischen Kaiserreich und Nazi-Diktatur: Zum 150. Geburtstag von Moritz Julius Bonn
Der Ökonom und Staatstheoretiker Moritz Julius Bonn, der am 28. Juni vor 150 Jahren in Frankfurt am Main zur Welt kam (und 1965 in London gestorben ist), war eine der brillantesten Gestalten der wahrlich nicht an Begabungen armen Epoche zwischen Kaiserreich und nationalsozialistischer Diktatur. Er war Schüler der Besten seines Faches, Gustav Schmoller, Lujo Brentano und Max Weber.
Schon als Student und junger Wissenschaftler war er weit gereist, bis nach Afrika. Er kannte sich in Italien aus und lernte dort seine englische Frau kennen. 1914 kam er als Gastprofessor in die USA – erst deren Kriegseintritt 1917 beendete das Kapitel, das ihn nach seiner Rückkehr zu einem gefragten Experten machte und damit seine politische Laufbahn eröffnete.
1919 war er Teil der deutschen Delegation in Versailles, später als Berater Mitglied der Reparationskommissionen, die die deutschen Kriegsschulden mit den Alliierten festlegen sollten. 1922 reiste er als Berater des Reichskanzlers Wirth mit zur Konferenz von Genua, an deren Rand der berüchtigte Vertrag von Rapallo zwischen Deutschland und der Sowjetunion geschlossen wurde. Bonn hielt ihn für einen schweren Fehler, weil er das Vertrauen der Alliierten in Deutschland ruinierte.
Auch bei der Beendigung der Inflation von 1923 half Bonn der ökonomischen Ahnungslosigkeit der damaligen Reichsregierungen auf. Außerdem war er Gründer und Direktor neuer Handelshochschulen in München und Berlin – ein moderner Hochschultyp, der mit der „London School of Economics“ wetteiferte, an der Bonn vor dem Ersten Weltkrieg studiert hatte.
Das biographische Karteiblatt könnte noch lange weitergehen, und dabei wären all die informellen Kontakte Bonns zu den damals Regierenden, zu Diplomaten, Monarchen, Kanzlern und Industriebossen noch nicht erwähnt, und auch nicht der Umstand, dass er einer der Entdecker des später berüchtigten Staatsrechtlers Carl Schmitt war. Bonn war zwischen 1917 und 1933 an kaum einem historischen Vorgang in Deutschland nicht wenigstens als Augenzeuge, oft als Mithandelnder im Hintergrund präsent.
Warum kennt ihn dann kaum noch jemand? Bonn war Jude, aus alter, wohlhabender Frankfurter Familie, er musste 1933 emigrieren und kehrte nicht nach Deutschland zurück. Und bei all seiner Umtriebigkeit hat er neben seinen unzähligen publizistischen Zeitdiagnosen nicht das eine große wissenschaftliche Werk verfasst, das dauernden Nachruhm sichert. Dabei ist alles, was Bonn schrieb, überaus hellsichtig. So erkannte er sehr früh die Bedeutung und Sprengkraft des italienischen Faschismus und der mit ihm aufkommenden Krise der Demokratie. Es ist vor allem dem Politikwissenschaftler und Ideenhistoriker Jens Hacke, einem besonders elegant schreibenden Vertreter seiner Zunft, zu danken, dass Bonns Zeitdiagnosen allmählich wieder ins Bewusstsein kommen.
Dass Bonns Nachruhm unverdient schwächelt, hat zudem, so Hacke, auch damit zu tun, dass er ein überzeugter Liberaler war, ein stolzer Republikaner und ein freier, furchtloser, dabei geschmeidiger Bürger, der die parlamentarische Demokratie liebte, erklärte und vorlebte – ein in Deutschland seltener Typus. Bonn war überzeugter, aber unaufgeregter Antimarxist, zugleich völlig unbeeindruckt von nationalen Kränkungsgefühlen, Gegner des Nationalsozialismus vom ersten Moment an. Diesen ersten Moment erlebte er im München der frühen Zwanzigerjahre als Augenzeuge mit. Solche Erfahrungen lehrten ihn, dass Demokratie „wehrhaft“, antitotalitär sein muss, wie man später sagte. Hätte man auf Bonn gehört, wäre Hitler nicht an die Macht gekommen.
Ebenso weitsichtig war seine Kritik an einem sozial bedenkenlosen, zu Monopolen neigenden Kapitalismus. Dass die Inflation von 1923 zu einem guten Teil nicht nur illusionärem Nationalismus, sondern auch industrieller Geschäftemacherei geschuldet war, analysierte er so klar wie zunächst folgenlos. Man muss heute an den wilden Kapitalismus im nachsowjetischen Russland denken, mit vergleichbaren Folgen. „Freiheit“, das liberale Mantra, hatte bei Bonn eine soziale Dimension, die der heutigen FDP wieder gut zu Gesicht stünde.
Nun hat Jens Hacke Bonns Memoiren, die 1953 in deutscher Sprache erschienen und seither nicht mehr aufgelegt wurden, mit einem kundigen Nachwort neu herausgebracht. Man kann nur staunen über einen Schriftsteller, dem nicht nur wissenschaftliches Denken, sondern auch ein kühler, präzise beobachtender, ironisch notierender Stil zu Gebote stand. Diese Memoiren gehören zum Genre der durch Augenzeugenschaft und Mitdenken beglaubigten Historiographie, nicht der psychologischen Selbsterforschung. Hier schreibt ein Weltmann, der sich nichts vormachen ließ, der sich übrigens auch nicht in irgendwelchen Nostalgien, dieser bürgerlichen Schwäche, ergeht. Der als Jude einer Minderheit, die auch in der Mehrheitsdemokratie auf Schutz und Rechte angewiesen blieb, angehörende Bonn bewahrte sich einen illusionsfreien Blick. Seine Memoiren verwandeln ihn in Sprachkunst.
Zuweilen wird Bonn sarkastisch-aphoristisch, wenn er etwa im Rückblick auf die Karriere Carl Schmitts, der zum „Kronjuristen des Dritten Reiches“ avancierte, sagt: „Ihn reut der Misserfolg der Untaten, deren Begehung er unterstützt hat, nicht die Untat selbst.“ Und wie großartig ist Bonns Porträt des Feldmarschalls Ludendorff, den er als Zeugen in einem Reichstagsausschuss zum Kriegsende 1918 erlebte: „Der Feldmarschall war in Uniform, einer wuchtigen Bildsäule gleichend; grau im Gesicht und an Gestalt, hätte er das in Stein gehauene, menschgewordene Götzenbild irgendeines heidnischen Stammes sein können. Er bewegte sich steif, mit schweren Schritten, wie ein Roboter. (...). Sein Gesicht war traurig, nicht ungütig, aber beinahe ausdruckslos; die Augen sehr müde, glanzlos und fast wie tot. Er wirkte wie ein lebender Leichnam, dessen Glieder sich noch bewegen, dessen Seele aber längst vertrocknet ist.“ Und dieser Erstorbene setzte dann, ohne dass der Ausschuss ihn durch Nachfragen daran hinderte, die verhängnisvolle Legende vom Dolchstoß der revolutionären Heimat, die der kämpfenden Truppe an der Front den Sieg geraubt habe, in die Welt. Bonn referiert den Gang der Sitzung voller Entsetzen. Es war einer der Momente, die der Weimarer Republik von Anfang an den Atem abdrückten.
Das Buch ist voller solcher Glanzstücke von Beobachtung, Witz und Schaudern. Viele der Kommentare zu den damaligen Zeitfragen und politischen Problemen bedürften einer genaueren Kommentierung als ein reiner Reprint sie leisten kann. Wer liest, wird Lust aufs Weiterfragen bekommen. Auf jeden Fall entdeckt er einen politischen Schriftsteller, wie Deutschland nur wenige hatte.
GUSTAV SEIBT
Kühl, präzise, ironisch:
Politische Schriftsteller wie ihn
hatte Deutschland wenige
Moritz Julius Bonn: So macht man Geschichte. Bilanz eines Lebens. Mit einem Nachwort von Jens Hacke. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2023.
434 Seiten, 34 Euro.
1933 musste Bonn als Jude aus Deutschland emigrieren.
Foto:  Bundesarchiv
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Werner Plumpe schätzt die Memorien des liberalen Ökonomen Moritz Julius Bonn gerade wegen ihrer unveränderten Form. Der Nachdruck des Textes von 1953 zeigt laut Plumpe Bonns "klare Sicht" als Zeitgenosse der Weimarer Zeit - auf seine politisch aktiven Zeitgenossen, die Kolonialpolitik vor 1914, auf das deutsche Hochschulwesen, die internationale Wirtschaftsordnung und vieles mehr. Dass der Autor sich sowohl als Akteur als auch als scharfer Beobachter präsentiert, macht für den Rezensenten einen besonderen Reiz des Bandes aus. Ebenso goutiert Plumpe, dass Bonn keine historischen Urteile anstrebt, sondern Stellungnahmen, mal als Experte, mal als Außenseiter. Jens Hackes Nachwort findet der Rezensent "einfühlsam".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.11.2023

An seinen liberalen Überzeugungen hielt er auch gegen Widerstand fest
Einflussreicher Publizist und Freund der konstitutionellen britischen Monarchie: Die Memoiren des Ökonomen Moritz Julius Bonn liegen in einer neuen Ausgabe vor

Dass Moritz Julius Bonn, Jahrgang 1873, vergessen wäre, wird man nicht behaupten wollen. Vor allem wegen der Studien von Jens Hacke hat der 1965 in London verstorbene liberale Ökonom heute ein posthumes Renommee erlangt, das ihm als einem der wenigen maßgeblichen liberalen Denker der Weimarer Zeit auch in der Tat zukommt. Das hat wohl auch die Neuauflage seiner Memoiren begründet. Gegenüber der Erstauflage von 1953, als das Werk unter dem Titel "So macht man Geschichte. Bilanz eines Lebens" erschien (eine erste englische Version unter dem Titel "Wandering Scholar" stammt aus dem Jahre 1948), gibt es keine Veränderungen. Es handelt sich also um einen Nachdruck und nicht um eine historisch-kritische Rekonstruktion des Textes.

Darin besteht bei allen Bedenken, die man angesichts der Tatsache, dass viele im Buch angesprochenen Ereignisse dem heutigen Leser kaum vertraut sind, durchaus haben kann, gerade dessen Faszinationskraft. Es sind die Memoiren eines klugen, welterfahrenen Zeitgenossen, der bis zur Machtergreifung Hitlers die Weimarer Zeit von prominenter Position aus nicht nur beobachtete, sondern in wichtigen Phasen aktiv begleitete. Auch danach, im britischen und amerikanischen Exil, blieb er ein kritischer Beobachter.

Ein besonderer Reiz liegt in der freien Sicht auf die zeitgenössischen Akteure und der Bereitschaft, diese in aller Schärfe zu porträtieren. Der Leser erfährt erhellende Details über die Kolonialpolitik der Zeit vor 1914, das seinerzeitige deutsche Hochschulwesen, die Stimmung in den USA bis 1917, die Friedens- und Reparationsverhandlungen nach dem Krieg, die innenpolitischen Spannungen in Deutschland zwischen Revolution und Republik bis hin zur Rekonstruktion der internationalen Wirtschafts- und Währungsordnung der späten Zwanzigerjahre, die Weltwirtschaftskrise sowie die Appeasement-Politik der Dreißigerjahre und den Aufstieg der USA zur ersten Weltmacht.

Zudem gibt es manches nachzulesen über die Bedeutung, die Charakteristika, insbesondere aber auch die Schwächen der beteiligten politischen Protagonisten, die, so zumindest die Überzeugung Bonns, für das, was er "Geschichte machen" nennt, von Relevanz waren. Dass er den Politikern, mit denen er zu tun hatte, viel Respekt entgegenbrachte, kann man nicht sagen. Seine Urteile sind nicht diplomatisch, gelegentlich von fast peinlicher Genauigkeit.

Aber er versagt ihnen dort, wo es begründet möglich ist, auch nicht die Anerkennung. Es sind folgerichtig keine historischen Urteile, sondern Stellungnahmen eines Menschen, der sich mit seinen liberalen Überzeugungen notgedrungen in einer Außenseiterrolle befand. Und gerade das begründet ihren Wert.

Bonn konnte die Position eines Beobachters in prominenter Stellung auch deshalb so virtuos spielen, weil er nicht nur durch das mütterliche Erbe wirtschaftlich unabhängig war. Er wuchs auch auf als Mitglied eines Frankfurter "Clans" einflussreicher Bankiers und Finanzleute, der enge Verbindungen vor allem in die USA und nach Großbritannien unterhielt, in der für das Frankfurt der Jahre vor 1914 typischen liberalen und tendenziell weltoffenen Atmosphäre. Bankier wurde er nicht; nach einigen Wanderjahren zu verschiedenen Universitäten fand er in Lujo Brentano in München einen perfekten Mentor, dessen akademische Biographie er fast kopierte.

Nach einer Dissertation über die Preisbewegungen in Spanien im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert wandte sich Bonn ganz in der Tradition Brentanos den Britischen Inseln zu, wo er sich mit der "irischen Kolonialfrage" befasste, die auch das Thema seiner Habilitation wurde. In Großbritannien fand Bonn rasch Anschluss, hier heiratete er auch. Nach längeren Aufenthalten in Südafrika und der seinerzeitigen deutschen Kolonie Südwestafrika war Bonn 1912, wohl unter Beteiligung Brentanos, an der Eröffnung der Handelshochschule München beteiligt, wo er nicht nur eine Professur erhielt, sondern die er in der Phase von Revolution und Räterepublik auch als Rektor leitete.

Ganz ähnlich wie bei Brentano war mit der Habilitation allerdings die eigentliche wissenschaftliche Karriere beendet; er schrieb danach viel und wurde ein einflussreicher Publizist. Aber wie bei seinem verehrten Lehrer ging es vor allem um Interventionen in die Debatten der Zeit, in denen Bonn eine starke, international wirksame Stimme besaß.

Da er die ersten Kriegsjahre (bis 1917) in den Vereinigten Staaten verbrachte, geriet er fast automatisch in eine Art beratende Funktion gegenüber deutschen politischen Institutionen. Versuchte er dabei zunächst zu einem realistischen Bild Amerikas in Deutschland beizutragen und zugleich die USA von einem Kriegseintritt gegen Deutschland abzuhalten, blieb er im revolutionären München der nüchterne Beobachter, auf den Revolution und Räterepublik keinen großen Eindruck machten. Er begrüßte die Republik ohne Überschwang; im Herzen liebäugelte er wohl mit der konstitutionellen britischen Monarchie.

In den Friedens- und Reparationsverhandlungen, an denen er wiederholt als ökonomischer Experte im Auftrag der Reichsregierung teilnahm, war er eine wichtige liberale Stimme, doch konnte er sich mit seiner auf Ausgleich nach Westen orientierten Vorstellung unter anderem gegen Hugo Stinnes nicht durchsetzen. Diese Position eines Beraters, der vor allem beobachtet, blieb ihm danach erhalten, ja sie wurde Anfang der Zwanzigerjahre durch seinen Ruf an die Berliner Handelshochschule und die Übernahme des dortigen Rektorats 1931 noch prominenter. Er kannte den Berliner Politikbetrieb und dessen Protagonisten genau; seine Urteile zu den Reichskanzlern der späten Republik werden von dieser intimen Kenntnis getragen. Seine liberalen Überzeugungen ließen ihn das Krisengeschehen und die Krisenpolitik in der Weltwirtschaftskrise völlig realistisch beurteilen.

Im Gegensatz zur Nachwelt, die an Verdammungsurteilen überquoll, sah Bonn klar die logische Zwangsläufigkeit der Politik Brünings, den er auch persönlich positiv beurteilte, wohingegen ihm Papen und Schleicher und die Kreise um Hindenburg, deren katastrophale Politik er unmittelbar begriff, wenig Respekt abgewannen. Mit dem Naziregime war für Bonn kein Platz mehr in Deutschland. Über Österreich emigrierte er schließlich nach Großbritannien. Den Weltkrieg erlebte er in den USA; ein zunächst befristeter Vortragsaufenthalt dort dehnte sich schließlich auf mehr als sechs Jahre aus, bevor Bonn nach London zurückkehrte.

Bonn trat nach 1945 zwar noch gelegentlich in der Bundesrepublik auf. An eine Rückkehr dachte er allerdings nicht, denn das Deutschland, das ihm einmal Heimat gewesen war, gab es nicht mehr. Die wirtschaftliche Zukunft des Landes sah er positiv; von den politischen Qualitäten seiner Führungsgruppen hielt er auch in den Fünfzigerjahren nicht viel.

Die Neuausgabe dieser Memoiren, denen Jens Hacke ein einfühlsames Nachwort gewidmet hat, erinnert an einen streitbaren Kopf, der heute gerne vereinnahmt wird. Aber Vorsicht: Allein der Gegensatz zu Hitler macht aus Bonn keinen Verbündeten unserer Gegenwart, die er als liberaler Ökonom mit deutlichen Worten gegeißelt hätte. Seine liberalen Überzeugungen gab er auch gegen Widerstand nicht auf. Die Attitüde des Nichtangepassten, die Bonn pflegte, war sicher auch eine Charakterfrage; vor allem aber war sie Ausdruck einer Grundhaltung pragmatischer Vernunft, mit der man in Deutschland wohl leicht einsam sein konnte. WERNER PLUMPE

Moritz Julius Bonn: "So macht man Geschichte?". Bilanz eines Lebens.

Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2023. 434 S., geb., 34,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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