Clemens J. Setz
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Monde vor der Landung (eBook, ePUB)
Roman Ein faszinierender, unorthodoxer Blick auf Querdenkertum und alternative Wahrheiten Österreichischer Buchpreis 2023
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Worms, Anfang der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Peter Bender, ehemals Fliegerleutnant des Deutschen Heeres, macht sich als Gründer einer neuen Religionsgemeinschaft und mit der Proklamation der sogenannten Hohlwelt-Theorie einen Namen: Die Menschheit lebe nicht auf, sondern in einer Kugel, außerhalb derselben existiere nichts. Benders Gemeinde bleibt überschaubar, dennoch wird er wegen der Verbreitung aufwieglerischer und gotteslästerlicher Flugschriften zu einer mehrmonatigen Kerkerhaft verurteilt. Als sich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten herumspricht, dass se...
Worms, Anfang der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Peter Bender, ehemals Fliegerleutnant des Deutschen Heeres, macht sich als Gründer einer neuen Religionsgemeinschaft und mit der Proklamation der sogenannten Hohlwelt-Theorie einen Namen: Die Menschheit lebe nicht auf, sondern in einer Kugel, außerhalb derselben existiere nichts. Benders Gemeinde bleibt überschaubar, dennoch wird er wegen der Verbreitung aufwieglerischer und gotteslästerlicher Flugschriften zu einer mehrmonatigen Kerkerhaft verurteilt. Als sich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten herumspricht, dass seine Frau Jüdin ist, wenden sich selbst seine engsten Gefolgsleute von ihm ab. Die Benders verarmen, die Repressionen besonders gegen seine Frau werden bald unerträglich.
Bestürzend aktuell, von unüberbietbarer sprachlicher und gedanklicher Originalität: Dieser Roman erzählt von Querdenkertum und alternativen Wahrheiten und rekonstruiert eine so bewegende wie verstörende Lebensgeschichte.
Bestürzend aktuell, von unüberbietbarer sprachlicher und gedanklicher Originalität: Dieser Roman erzählt von Querdenkertum und alternativen Wahrheiten und rekonstruiert eine so bewegende wie verstörende Lebensgeschichte.
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Clemens J. Setz wurde 1982 in Graz geboren, wo er Mathematik und Germanistik studierte. Heute lebt er mit seiner Frau und seiner Tochter als Übersetzer und freier Schriftsteller in Wien. 2011 wurde er für seinen Erzählband Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. Sein Roman Indigo stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2012 und wurde mit dem Literaturpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft 2013 prämiert. 2014 erschien sein erster Gedichtband Die Vogelstraußtrompete. Für seinen Roman Die Stunde zwischen Frau und Gitarre erhielt Setz den Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2015. Mit drei seiner Stücke war Setz bei den Mülheimer Theatertagen eingeladen. Zuletzt 2023 mit Der Triumph der Waldrebe in Europa. Zuletzt wurde er mit dem Georg-Büchner-Preis 2021 und dem Österreichischen Buchpreis 2023 geehrt.

© Paul Schirnhofer / Suhrkamp Verlag
Produktdetails
- Verlag: Suhrkamp Verlag
- Seitenzahl: 519
- Erscheinungstermin: 13. Februar 2023
- Deutsch
- ISBN-13: 9783518775523
- Artikelnr.: 66051959
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Clemens J. Setz schenkt uns einen "monumentalen" Roman mit deutlichem Bezug zur Gegenwart, aber ohne den "diskurstheoretischen Überbau" des jüngsten Zeh-Romans, freut sich Rezensent Florian Eichel. Setz hat gründlich recherchiert, (sogar eine Rechercheagentur beauftragt, die gleiche wie Juli Zeh und Simon Urban, erfahren wir), seinen Roman mit Faksimiles der originalen Dokumente angereichert, um die Geschichte von Peter Bender zu erzählen, der seine Kameraden im Ersten Weltkrieg noch mit Anekdoten aus dem Weltall belustigte, sich bald aber in der Verschwörungstheorie der Hohlwelttheorie verirrte. Selbst den Holocaustdeportationen begegnet Bender zunächst noch mit "Humor" - bis er, als geisteskrank geltend, ebenso wie seine jüdische Frau Charlotte ins KZ deportiert und dort umgebracht wird. Dass Setz seinen Helden bei aller Lächerlichkeit durchaus würdevoll zeichnet, rechnet ihm Eichel hoch an. Vor allem aber verdankt er dem Roman die Erkenntnis, dass nicht zwingend von den "Irrenden" eine Gefahr ausgeht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Wie steht Wahn zum Wahn?
Psychologie des Phantastischen: "Monde vor der Landung", der neue Roman von Clemens J. Setz, erzählt von einem überzeugten Anhänger der Hohlerde-Theorie im "Dritten Reich".
Man spricht so leichtfertig davon, dass einem der Boden unter den Füßen weggezogen wird, doch was Peter Bender für wahr hielt, ging in seinen Konsequenzen noch viel weiter. Als Anhänger der von dem Amerikaner John Cleves Symmes im frühen neunzehnten Jahrhundert begründeten Hohlerde-Theorie wollte der 1893 im rheinhessischen Bechtheim geborene Bender die Menschen nicht nur davon überzeugen, dass sie gar nicht auf der Außenseite der Erdkugel leben, sondern auf deren Innenseite. Er wollte ihnen auch die Vorstellung vom
Psychologie des Phantastischen: "Monde vor der Landung", der neue Roman von Clemens J. Setz, erzählt von einem überzeugten Anhänger der Hohlerde-Theorie im "Dritten Reich".
Man spricht so leichtfertig davon, dass einem der Boden unter den Füßen weggezogen wird, doch was Peter Bender für wahr hielt, ging in seinen Konsequenzen noch viel weiter. Als Anhänger der von dem Amerikaner John Cleves Symmes im frühen neunzehnten Jahrhundert begründeten Hohlerde-Theorie wollte der 1893 im rheinhessischen Bechtheim geborene Bender die Menschen nicht nur davon überzeugen, dass sie gar nicht auf der Außenseite der Erdkugel leben, sondern auf deren Innenseite. Er wollte ihnen auch die Vorstellung vom
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Himmel nehmen. Denn da man sich ja nicht auf, sondern in einer Kugel aufhält, ist man nicht vom Himmel umgeben, sondern dessen Wahrnehmung verdankt sich einer Art in der Hohlkugel schwebendem Miasma, das auch Sonne, Mond und Sterne enthält. Und läge es nicht im Weg - das ist doch einmal konsequentes Querdenken! -, dann könnten wir von Deutschland aus direkt hinüber nach Amerika auf dem gegenüberliegenden Erdschalensegment blicken.
So etwas können Menschen sich offenbar ausdenken, aber kann man sich solche Menschen ausdenken? Clemens J. Setz tut es in seinem heute erscheinenden neuen Roman "Monde vor der Landung", dem ersten seit der Zuerkennung des Büchnerpreises an den gerade vierzigjährigen österreichischen Schriftsteller. Wobei es diesen Peter Bender ebenso gegeben hat wie John Cleves Symmes, nur weiß man wenig über sie, weil sie denn doch nur von ein paar Dutzend Menschen ernst genommen wurden. Immerhin haben die dafür gesorgt, dass Zeugnisse des Wirkens und der Wirkung der Hohlerde-Propagandisten aufbewahrt wurden, und so gibt es in Florida das Archiv der ehemaligen Koresh-Gemeinde ("Koresh" nannte sich ein weiterer Hohlerde-Gläubiger), in dem auch Archivalien von und zu Peter Bender überlebt haben. Der ist ein Opfer der Nationalsozialisten geworden und 1944 im Konzentrationslager Mauthausen gestorben. Denn Wahn und Wahn gesellt sich nicht gern.
Außer in den Büchern von Setz, der ein großes Herz für Phantasten hat, ein kluges Hirn beim Überdenken von Phantastischem und eine sichere Hand bei der daraus resultierenden Ausgestaltung von Phantasien. Der Peter Bender des Romans ist eng an den Quellen orientiert (Setz gibt einige Dokumente im Buch als Abbildungen bei) und doch ganz eigene Schöpfung des Autors. Wir begleiten Benders Leben in drei Buchteilen mit insgesamt mehr als fünfzig meist sehr kurzen Kapiteln von 1920 an, als der überzeugte Hohlerdling in der französischen Besatzungszone erstmals mit dem Gesetz in Konflikt kommt. Und mit seinen Landsleuten, denn wie wäre es in einem nach dem Ersten Weltkrieg aller weltlichen Sicherheiten beraubten Deutschland auch akzeptabel gewesen, dass ein ehemaliger Kampfpilot die Existenz des Himmels, wie wir ihn zu kennen glauben und er ihn doch selbst durchflogen hat, nun auch noch infrage stellt? Bender muss zum ersten Mal in Haft.
Vierzehn Kapitel lang wechselt Setz erst einmal zwischen der erzählten Gegenwart seines Peter Bender und dessen Vergangenheit hin und her. Das Trauma des Kriegs (und eines Absturzes) wird zur Erklärung der Suche nach einem neuen Selbstverständnis, und mit der jüdischen Krankenschwester Charlotte Asch, die ihn im Lazarett gesund pflegt, tritt eine Frau in Benders Leben, die ihm sogar in seine Hohlerden-Gedankenwelt folgt. Dieses Vertrauen dankt ihr Bender nicht mit ehelicher Treue. Zwar deklariert er sich und Charlotte zum "Priesterpaar" der von ihm als Vernunftreligion proklamierten Lebensanschauung, doch sich selbst gestattet er Liebesmessdienerinnen. Dieser Mann ist ja auch vielfach überqualifiziert: "Weltkrieg. Pilot. Eisernes Kreuz. Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrats. Schriftsteller. Bund rheinischer Dichter. Währungstheorie. Mathematik. Weltbildstudien. Priesterpaar. Stifter der Wormser Menschheitsreligion." Da bleibt den Damen nur das Staunen: "Es war beinahe ein Gedicht." Die derart für Überzeugung und Bett Gewonnenen werden dann in Benders Korrespondenz mit amerikanischen Gleichgesinnten zu frisch rekrutierten Gemeindemitgliedern aufgehübscht, sodass der Neid bei den Ursprungsvertretern der Hohlerde-Theorie groß ist.
Wäre die Geschichte des wahren Peter Bender und die Gegenwart eines von sich überzeugten Querdenkertums nicht so traurig, taugte der Stoff zum großen Schelmenroman. Doch das ist "Monde vor der Landung" nicht. Es ist - darin Raphaela Edelbauers gerade erschienenem "Die Inkommensurablen" ähnlich (F.A.Z. vom 3. Februar) - der Versuch einer Vergegenwärtigung des Historienromans durch die Überführung in eine Psychologie des Phantastischen. Was Edelbauer dabei stilistisch und formal für uns interessant zu machen versucht, geht Setz auf der inhaltlichen Ebene an. Der Erzählfokus auf Peter Bender entspricht einer Erzählperspektive aus diesem heraus (die jedoch ein paarmal aus Motivationen gebrochen wird, die außerhalb der Figur liegen - das ist eine Schwächung des Romans), und Zweifel an seiner Weltsicht ist somit nicht die Sache von "Monde vor der Landung". Das Buch nimmt seinen Protagonisten ernst, während es in Edelbauers Roman dank seiner personalen Dreierkonstellation ein Korrektiv zur Hauptfigur gibt.
Man mag gerade in der Verweigerung einer ironischen Haltung zu Peter Bender den kritischen Kommentar von Clemens J. Setz vermuten: Wer Irrwitz ohne Ironie referiert, hat Aussicht, dessen Vertreter mit den eigenen Waffen zu schlagen - sofern man den Anspruch einer "Vernunftreligion" glaubhaft findet. Doch Setz' Buch verharrt in staunendem Zeigegestus: Was für eine Figur ist dieser Peter Bender, was ein Wahn! Wir haben seit Daniel Kehlmanns "Vermessung der Welt" viele historisierende Romane gelesen. Die guten darunter waren die ironisch-mitteilsamen: die von Kehlmann selbst, die von Christine Wunnicke, auch der von Raphaela Edelbauer. "Monde vor der Landung" ist zu ernsthaft-mitfühlsam, um gut zu sein. ANDREAS PLATTHAUS
Clemens J. Setz:
"Monde vor der Landung". Roman.
Suhrkamp Verlag, Berlin 2023. 525 S., Abb., geb., 26,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
So etwas können Menschen sich offenbar ausdenken, aber kann man sich solche Menschen ausdenken? Clemens J. Setz tut es in seinem heute erscheinenden neuen Roman "Monde vor der Landung", dem ersten seit der Zuerkennung des Büchnerpreises an den gerade vierzigjährigen österreichischen Schriftsteller. Wobei es diesen Peter Bender ebenso gegeben hat wie John Cleves Symmes, nur weiß man wenig über sie, weil sie denn doch nur von ein paar Dutzend Menschen ernst genommen wurden. Immerhin haben die dafür gesorgt, dass Zeugnisse des Wirkens und der Wirkung der Hohlerde-Propagandisten aufbewahrt wurden, und so gibt es in Florida das Archiv der ehemaligen Koresh-Gemeinde ("Koresh" nannte sich ein weiterer Hohlerde-Gläubiger), in dem auch Archivalien von und zu Peter Bender überlebt haben. Der ist ein Opfer der Nationalsozialisten geworden und 1944 im Konzentrationslager Mauthausen gestorben. Denn Wahn und Wahn gesellt sich nicht gern.
Außer in den Büchern von Setz, der ein großes Herz für Phantasten hat, ein kluges Hirn beim Überdenken von Phantastischem und eine sichere Hand bei der daraus resultierenden Ausgestaltung von Phantasien. Der Peter Bender des Romans ist eng an den Quellen orientiert (Setz gibt einige Dokumente im Buch als Abbildungen bei) und doch ganz eigene Schöpfung des Autors. Wir begleiten Benders Leben in drei Buchteilen mit insgesamt mehr als fünfzig meist sehr kurzen Kapiteln von 1920 an, als der überzeugte Hohlerdling in der französischen Besatzungszone erstmals mit dem Gesetz in Konflikt kommt. Und mit seinen Landsleuten, denn wie wäre es in einem nach dem Ersten Weltkrieg aller weltlichen Sicherheiten beraubten Deutschland auch akzeptabel gewesen, dass ein ehemaliger Kampfpilot die Existenz des Himmels, wie wir ihn zu kennen glauben und er ihn doch selbst durchflogen hat, nun auch noch infrage stellt? Bender muss zum ersten Mal in Haft.
Vierzehn Kapitel lang wechselt Setz erst einmal zwischen der erzählten Gegenwart seines Peter Bender und dessen Vergangenheit hin und her. Das Trauma des Kriegs (und eines Absturzes) wird zur Erklärung der Suche nach einem neuen Selbstverständnis, und mit der jüdischen Krankenschwester Charlotte Asch, die ihn im Lazarett gesund pflegt, tritt eine Frau in Benders Leben, die ihm sogar in seine Hohlerden-Gedankenwelt folgt. Dieses Vertrauen dankt ihr Bender nicht mit ehelicher Treue. Zwar deklariert er sich und Charlotte zum "Priesterpaar" der von ihm als Vernunftreligion proklamierten Lebensanschauung, doch sich selbst gestattet er Liebesmessdienerinnen. Dieser Mann ist ja auch vielfach überqualifiziert: "Weltkrieg. Pilot. Eisernes Kreuz. Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrats. Schriftsteller. Bund rheinischer Dichter. Währungstheorie. Mathematik. Weltbildstudien. Priesterpaar. Stifter der Wormser Menschheitsreligion." Da bleibt den Damen nur das Staunen: "Es war beinahe ein Gedicht." Die derart für Überzeugung und Bett Gewonnenen werden dann in Benders Korrespondenz mit amerikanischen Gleichgesinnten zu frisch rekrutierten Gemeindemitgliedern aufgehübscht, sodass der Neid bei den Ursprungsvertretern der Hohlerde-Theorie groß ist.
Wäre die Geschichte des wahren Peter Bender und die Gegenwart eines von sich überzeugten Querdenkertums nicht so traurig, taugte der Stoff zum großen Schelmenroman. Doch das ist "Monde vor der Landung" nicht. Es ist - darin Raphaela Edelbauers gerade erschienenem "Die Inkommensurablen" ähnlich (F.A.Z. vom 3. Februar) - der Versuch einer Vergegenwärtigung des Historienromans durch die Überführung in eine Psychologie des Phantastischen. Was Edelbauer dabei stilistisch und formal für uns interessant zu machen versucht, geht Setz auf der inhaltlichen Ebene an. Der Erzählfokus auf Peter Bender entspricht einer Erzählperspektive aus diesem heraus (die jedoch ein paarmal aus Motivationen gebrochen wird, die außerhalb der Figur liegen - das ist eine Schwächung des Romans), und Zweifel an seiner Weltsicht ist somit nicht die Sache von "Monde vor der Landung". Das Buch nimmt seinen Protagonisten ernst, während es in Edelbauers Roman dank seiner personalen Dreierkonstellation ein Korrektiv zur Hauptfigur gibt.
Man mag gerade in der Verweigerung einer ironischen Haltung zu Peter Bender den kritischen Kommentar von Clemens J. Setz vermuten: Wer Irrwitz ohne Ironie referiert, hat Aussicht, dessen Vertreter mit den eigenen Waffen zu schlagen - sofern man den Anspruch einer "Vernunftreligion" glaubhaft findet. Doch Setz' Buch verharrt in staunendem Zeigegestus: Was für eine Figur ist dieser Peter Bender, was ein Wahn! Wir haben seit Daniel Kehlmanns "Vermessung der Welt" viele historisierende Romane gelesen. Die guten darunter waren die ironisch-mitteilsamen: die von Kehlmann selbst, die von Christine Wunnicke, auch der von Raphaela Edelbauer. "Monde vor der Landung" ist zu ernsthaft-mitfühlsam, um gut zu sein. ANDREAS PLATTHAUS
Clemens J. Setz:
"Monde vor der Landung". Roman.
Suhrkamp Verlag, Berlin 2023. 525 S., Abb., geb., 26,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Die kulturell, historisch und sprachlich ausgesprochen sensible Erzählinstanz ergreift niemals Partei und legt kein Urteil nahe. Auf diese Weise können Leser:innen ihren eigenen Zugang in die komplexe Thematik entwickeln und das soziale Abtriften eines trotz allem einnehmenden Menschen 'von Innen' erleben.« Jury des Österreichischen Buchpreises 2023 20231010
Kontextlos Komplex
Peter Bender lebt Anfang des 20. Jahrhunderts in Worms und ist Gründer einer Religionsgemeinschaft. Er glaubt, dass die Menschen nicht auf der Erde, sondern in einer Hohlkugel leben.
Die Geschichte scheint sehr gut recherchiert und punktet durch Quellenverweise und Fotos. …
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Kontextlos Komplex
Peter Bender lebt Anfang des 20. Jahrhunderts in Worms und ist Gründer einer Religionsgemeinschaft. Er glaubt, dass die Menschen nicht auf der Erde, sondern in einer Hohlkugel leben.
Die Geschichte scheint sehr gut recherchiert und punktet durch Quellenverweise und Fotos.
Anfangs hat mich das Buch sehr verwirrt. Ich war mir oft nicht sicher, ob ich mir manche Dinge wörtlich vorstellen, oder als Metapher verstehen soll. Es wirkt einiges sehr skurril.
Der Protagonist war nicht wirklich sympathisch und das frauenfeindliche Gedankengut dieser Zeit hat es mir manchmal schwer gemacht, weiterzulesen.
Rückblickend gesehen ist die Perspektive des Protagonisten aber sehr gut rübergekommen und im Nachhinein machen die viele Fragezeichen, die ich während des Lesens hatte, durchaus Sinn.
Inhaltlich hat das Buch einige Längen, aber sprachlich hat es mir außergewöhnlich gut gefallen.
Obwohl die Geschichte in der Vergangenheit spielt, hatte ich schon fast das Gefühl in einer dystopischen Zukunft gelandet zu sein. Die Geschichte wirkt sehr losgelöst von Gesellschaftspolitik und wird mit einem Tunnelblick erzählt, der keinen Platz für Kontext liefert.
Die wahre Heldin ist für mich die Frau des Protagonisten, die als Jüdin in dieser Zeit eine ganz andere Sichtweise auf die Welt hat. Ich fand es sehr befremdlich, wie jüdisch sein in Nazideutschland schon fast ignoriert wurde und wie der Fokus der Aufmerksamkeit auf einer skurrilen Religion lag.
Monde vor der Landung ist ein spannendes Buch, bei dem man aber viele Pausen braucht, selbst mitdenken und einiges googeln muss.
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Broschiertes Buch
Hohlwelt und Hohlkopf
Der durch sein Faible für das Abwegige bekannte Büchner-Preisträger Clemens J. Setz schildert in seinem neuen Roman «Monde vor der Landung» das Leben des Querdenkers Peter Bender, dessen abstruse Theorien in der «Hohlwelt-Theorie» …
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Hohlwelt und Hohlkopf
Der durch sein Faible für das Abwegige bekannte Büchner-Preisträger Clemens J. Setz schildert in seinem neuen Roman «Monde vor der Landung» das Leben des Querdenkers Peter Bender, dessen abstruse Theorien in der «Hohlwelt-Theorie» gipfeln. Der 1893 geborene Schriftsteller, Vortragsredner und Religionsgründer war im Ersten Weltkrieg an der Ostfront, wurde verletzt, heiratete eine Krankenschwester und zog mit ihr nach Worms. Lange bevor Donald Trump den sich selbst widersprechenden Begriff der «alternativen Fakten» in sein absurdes Vokabular eingeführt hat, ist der verquere Held dieses Romans jemand, der in seiner Blase lebt und für keinerlei wissenschaftliche Fakten empfänglich ist. Er ist einer, der sich rühmt, Kant widerlegt zu haben, ist selbst aber gegen jede Vernunft immun, bleibt geistig unrettbar in seinem Kokon gefangen. Mit Hohlwelt und Hohlkopf bringt man es auf den Punkt!
Peter Benden fühlt sich als Schriftsteller, sein einziger Roman, «Karl Tormann – Ein rheinischer Mensch unserer Zeit», wurde aber kaum verkauft, und seither beschränkt sich sein literarisches Tun auf Flugblätter. Außerdem unterhält er eine lebhafte Korrespondenz mit den wenigen Mitstreitern, die es für die «Hohlwelt-Theorie» gibt, über die er in seinen Vorträgen spricht. Sie basiert auf der Gedankenwelt von Cyrus Reed Teed, der sich «Koresh» Teed nannte, dem Gründer der «Koreshan Unity», einer in Florida ansässigen, religiösen Sekte, zu der Bender einen regen Briefkontakt pflegt. Deren zu Lebzeiten von Koresh etwa 4000 Anhänger waren überzeugt, die Welt ist nicht eine Kugel, «auf» der wir leben, sondern eine, «in» der wir leben. Sie sei auf der Innenwand bevölkert, und alle Himmelskörper, die wir sehen, seien in der Mitte platziert. Man würde viel Zeit und Geld sparen können, wenn man irgendwann quer durch die Hohlwelt reist und nicht den Umweg an der Außenhaut entlang nehmen muss. Folglich gründet Bender mit zwei Mitstreitern schon mal die «Wormser kosmologische Vertikalreise-Gesellschaft».
Er ist auch politisch aktiv und beteiligt sich 1918 an der Gründung des «Wormser Arbeiter- und Soldatenrats». Ein Jahr später gründet er die Religions-Gemeinschaft «Wormser Menschengemeinde», wird wegen Gotteslästerung angezeigt und zu sechs Wochen Gefängnis verurteilt, später landet er sogar für kurze Zeit im Irrenhaus. Mit einer abstrusen, durch ein Kreuz symbolisierten «Doppel-Paar-Theorie» handelt er sich auch noch eine Klage wegen Verbreitung unzüchtiger Schriften ein. ‹Eigene Gedanken wagen› ist Peter Benders Credo, schon beim Militär hat er einen Kameraden zu überzeugen versucht, dass die Überlebenschance bei einem Gasangriff mit Maske geringer sei als ohne Gasmaske. Ähnliches haben die Querdenker und Impfgegner unserer Zeit bei Corona ja auch behauptet, oder etwa nicht? Anfangs ihrer Ehe können die Benders von einer stattlichen Mitgift leben, seine Einkünfte als Vortragsredner hingegen sind kümmerlich. Durch Weltwirtschaftskrise und galoppierende Inflation ist die Mitgift dann aber bald aufgebraucht, sie kommen in finanzielle Nöte und müssen Beide Nachhilfestunden geben, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Die Romanfigur Peter Bender ist ein weltfremder Spinner, ein Möchtegern, der davon überzeugt ist, das «Majorat des Geistes» sei in ihm verkörpert, er sei im übrigen auch der legitime Nachfolger des «Koresh» und damit Führer der «Koreshan Unity». Auffallend ist die fehlende Distanz des Autors zur Romanfigur, erzählt wird das alles nämlich ohne jede ironische Brechung, die hier doch wahrlich angesagt wäre! Bender wird stattdessen geradezu liebevoll behandelt, obwohl er menschlich recht unsympathisch wirkt, ein Egomane, untreuer Ehemann, desinteressierter Vater, eine verkrachte Existenz also auch in emotionaler Hinsicht. So ausufernd, wie der Plot angelegt ist, werden insbesondere die ‹spinnerten› Passagen durch ständige Wiederholung schnell langweilig, ja geradezu lästig beim Lesen. Einzig erfreulich ist die stilistische Seite dieses Romans, er ist angenehm lesbar, sprachlich virtuos und wortgewaltig.
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Broschiertes Buch
Was hatte ich mich auf diesen Roman gefreut! Und wie sehr bin ich nun, nach der Lektüre, davon enttäuscht. Über weite Strecken habe ich mich durch das Buch gequält, ich kann der Geschichte wenig Positives abgewinnen.
Dabei war ich so sehr an der Geschichte über den vor …
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Was hatte ich mich auf diesen Roman gefreut! Und wie sehr bin ich nun, nach der Lektüre, davon enttäuscht. Über weite Strecken habe ich mich durch das Buch gequält, ich kann der Geschichte wenig Positives abgewinnen.
Dabei war ich so sehr an der Geschichte über den vor einhundert Jahren in Worms lebenden Peter Bender interessiert. Laut den Feuilletons hat Autor Clemens J. Setz für seinen Historienroman akribisch recherchiert. Und so freute ich mich auf eine spannende und lehrreiche Einführung in die sogenannte Hohlwelt-Theorie samt Reaktionen seiner Mitmenschen auf die doch recht eigenwillige Weltsicht.
Bekommen habe ich leider einen ziemlich wirren Text, den die eingestreuten Zitate und Faksimiles nicht wirklich erhellen. Ich habe mich tapfer durch etliche Wiederholungen der verqueren Theorien Benders gequält und mich dabei über seine frauenverachtende Einstellung und Lebensweise aufgeregt - die er überdies noch mit einer eigens erfundenen Religion moralisch-ethisch rechtfertigt.
Setz schildert seine Hauptfigur mitfühlend; für meinen Geschmack definitiv zu empathisch. Ich konnte der Figur beziehungsweise dem Menschen Bender nichts Gutes abgewinnen und dem Roman nur wenig mehr.
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Gebundenes Buch
Ganz entgegen dem Trend der Autofiktion und dem gegenwärtigen Gegenwartsbezug der Gegenwartsliteratur, zieht Clemenz J. Setz uns in die eigensinnige Welt des Peter Bender, eines Utopisten und Querdenkers, der vor hundert Jahren in Rheinhessen lebte. »Monde vor der Landung« ist ein …
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Ganz entgegen dem Trend der Autofiktion und dem gegenwärtigen Gegenwartsbezug der Gegenwartsliteratur, zieht Clemenz J. Setz uns in die eigensinnige Welt des Peter Bender, eines Utopisten und Querdenkers, der vor hundert Jahren in Rheinhessen lebte. »Monde vor der Landung« ist ein akribisch recherchierter Historienroman, eine Biographie in auktorialer Erzählform, die stets einen Spalt offen lässt, was der Bender sich eigentlich selber glaubt, wenn er die Hohlwelt-Theorie predigt, laut derer die Menschen auf der Innenseite der Erde leben und die Planeten in der Erdmitte sind, wenn er darüber sinniert, ob der Mond aus Eis ist und die Wahrhaftigkeit der offenen Liebe predigt.
Fast opernhaft-verworren baut Setz Benders Gedankengebäude, die Jonglage mit den Frauen, seine Erfahrungen im Krieg, der Inflation und dann dem Nationalsozialismus zusammen. Flirtet der Roman im ersten Teil mit einem ereignisreichen Schelmenroman, so verpufft die Energie im zweiten. Bender ist in Haft, in "Nervenheilanstalten". Neben seinen alternativen Gedanken hat er epileptische Anfälle, die nur schwer zu verbergen sind. Seine Frau Charlotte lässt ihn Schriftsteller sein, kämpft, lauscht geduldig seinen Gedankengerüsten, unterstützt seine Korrespondenzen bis in die USA und hält die Familie zusammen. Doch sie ist Jüdin, schnell wird aus subtiler Ausgrenzung Verfolgung, Bedrohung und Tod.
Der Roman hält uns Lesende so nahe an der ambivalenten Figur Bender, dass er fast sympathisch wird und das Bedürfnis nach Abgrenzung zu den eigenartigsten Theorien und Ideen schwindet. Finden wir etwas mehr Distanz zum Text, drängen sich Fragen auf. Welche Realitäten und Theorien sind eigentlich wahnhaft und verquer, seine oder die domonanten seiner Zeit? Wie kann eine Gesellschaft und auch wir selbst mit Menschen umgehen, die anders denken, die quere alternative Gedanken verbreiten? Setz' »Monde vor der Landung« landen damit mitten in wichtigen Fragen unserer Gegenwart.
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