Interessantes Thema, aber schwieriger Einstieg
Die Autorin beweist mit ihrem neuen Roman eindrucksvoll, dass es ihr gelungen ist, keinen der typischen Historienromane zu schreiben, welche vor Kitsch geradezu überschwemmt werden. Vielmehr steht wirklich der geschichtliche und kulturelle Aspekt im
Vordergrund. Der Leser bemerkt sehr schnell, dass mit diesem Roman unglaublich intensive Recherchen…mehrInteressantes Thema, aber schwieriger Einstieg
Die Autorin beweist mit ihrem neuen Roman eindrucksvoll, dass es ihr gelungen ist, keinen der typischen Historienromane zu schreiben, welche vor Kitsch geradezu überschwemmt werden. Vielmehr steht wirklich der geschichtliche und kulturelle Aspekt im Vordergrund. Der Leser bemerkt sehr schnell, dass mit diesem Roman unglaublich intensive Recherchen verbunden waren. Aber gerade dieser eigentlich positiv zu vermerkende Punkt ist leider ebenso auch die erste Kritik. Zwar sind die historischen Hintergrundinformationen bei einem solchen Roman unabdingbar, jedoch verliert man zunehmend den Lesespaß, wenn man mit Informationen nahezu überrollt wird. Gerade all jene Szenen, in den Bischoff Wigger die Hauptrolle spielt, sind so mit Informationen überladen, dass man irgendwann aufgibt, alles verstehen zu wollen und beginnt, nur noch "quer zu lesen". Hätte man sich vorher mit dem Thema beschäftigt, wäre dies wahrscheinlich auch kein Problem gewesen, doch kann man in der Regel eben nicht davon ausgehen, dass der Leser eines Romans sich zuvor mit den geschichtlichen Gegebenheiten auseinandersetzt.
Ein weiterer, den Lesefluss beeinträchtigender Punkt, ist die Überforderung des Lesers mit einer unglaublichen Menge fremder Namen. Dass diese Namen etwas gewöhnungsbedürftig sind, ist nicht das Problem, schließlich soll der Roman ja authentisch wirken. Aber gerade zu Beginn fragt man sich, wozu man die Namen aller Familienmitglieder (und diese Familien sind alles andere als klein) oder aller Krieger wissen muss. Weniger wäre in diesem Fall mehr gewesen. Auch dass hin und wieder einzelne Sätze oder gar ganze Passagen auf einer fremden Sprache, z.B. Latein verfasst wurden und dann in einer Fußnote übersetzt werden, ist meiner Meinung nach eher störend als förderlich.
Nichtsdestotrotz hat es nach anfänglichen Schwierigkeiten Spaß gemacht, diesen Roman zu lesen. Schließlich wird in diesem ein Thema behandelt, welches im Prinzip zwar ein sehr bekanntes ist, doch war mir bis dato noch nicht so wirklich bewusst, dass es auch Kreuzzüge ganz in unserer Nähe gegeben hat. Hier ist es der Autorin wirklich gelungen, eine Art "Marktlücke" zu entdecken. Außerdem wurden die Unterschiede zwischen den Kulturen einmal wirklich gut deutlich, diese waren faszinierend und schockierend zugleich. In den meisten Romanen geht es ja meistens nur um die Differenzen von Adel, Klerus und gemeinem Volk. Hier sieht man aber einmal, dass kulturelle Unterschiede ein vielleicht weitaus größeres Problem darstellen. Desweiteren hat mir der Roman auch sehr gut gefallen, da wirklich alle Figuren, also nicht nur die Protagonisten, wirklich sympathisch sind und man sie mit der Zeit ins Herz schließt. Oft kommt es ja schließlich vor, dass sich die Autoren bei dem Entwurf ihrer Protagonisten wahnsinnig viel Mühe geben, die meisten "Nebenfiguren" dann aber relativ gleichgültig daher kommen. So aber entsteht ein wesentlich schöneres Gesamtbild.
Letztendlich ist Ivonne Hübners "Im Land des Sümpfe" ein gelungener Roman. Dem interessierten Leser muss aber bewusst sein, dass der Einstieg ziemlich schwierig ist und man hin und wieder mit Informationen ein wenig erschlagen wird, daher der doch schon relativ starke Punktabzug. Hätte ich diesen Roman nicht im Rahmen einer Testleserunde gelesen, so weis ich nicht, ob ich über die ersten 100 Seiten hinausgekommen wäre.