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Ein Dorf im Moor in den 50er Jahren, ein Bauernhof heute - und wie das Weltgeschehen das Leben der Menschen auf dem Land veränderte. Davon erzählt Uta Ruge am Beispiel ihres Dorfes und ihres Bruders. Seit ein paar Tagen stehe ich morgens um sechs mit allen auf, um zu sehen, zu hören und zu riechen, wie sich Landwirtschaft heute anfühlt auf dem Hof, auf dem ich aufgewachsen bin. Ich ziehe die Stallklamotten an und gehe nach draußen. Mir fällt auf, dass ich den Blick hier nicht heben muss, um den Himmel zu sehen. Ob es regnet oder bald regnen wird, wie der Wind geht, ist sofort gewusst, in...
Ein Dorf im Moor in den 50er Jahren, ein Bauernhof heute - und wie das Weltgeschehen das Leben der Menschen auf dem Land veränderte. Davon erzählt Uta Ruge am Beispiel ihres Dorfes und ihres Bruders. Seit ein paar Tagen stehe ich morgens um sechs mit allen auf, um zu sehen, zu hören und zu riechen, wie sich Landwirtschaft heute anfühlt auf dem Hof, auf dem ich aufgewachsen bin. Ich ziehe die Stallklamotten an und gehe nach draußen. Mir fällt auf, dass ich den Blick hier nicht heben muss, um den Himmel zu sehen. Ob es regnet oder bald regnen wird, wie der Wind geht, ist sofort gewusst, in Auge, Ohr und Nase eingeströmt. Uta Ruge verwebt in Bauern, Land. Die Geschichte meines Dorfes im Weltzusammenhang die Erinnerung an das Leben auf dem Lande in den 50er Jahren mit der genauen Beobachtung der Veränderungen in der Landwirtschaft heute, mit der Chronik des Dorfes, den welthistorischen Zusammenhängen und der Kulturgeschichte, die das Leben der Bauern geprägt haben und prägen. Sie erzählt von harter Arbeit und Abhängigkeit, von der Besiedelung des Moors, von Entwässerung und den Zumutungen der Obrigkeit und der Bürokratie, von Armut und Auswanderung. Aber auch davon, wie man sich gegenseitig unterstützt und hilft und zusammen feiert, von dem Eifer der kleinen Kinder, die den Eltern zur Hand gehen und lernen, dass gegen Arbeit nichts hilft, außer sie zu tun.
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Uta Ruge, auf Rügen geboren, wuchs nach der Flucht der Familie als Bauerntochter in einem norddeutschen Dorf auf, studierte Germanistik und Politik in Marburg und Berlin, arbeitete im Rotbuch Verlag und bei der TAZ in Berlin und lebte von 1985 bis 1998 als freie Rundfunkautorin und Mitarbeiterin der internationalen Zeitschrift Index-on-Censorship in London. 2003 erschien Windland - Eine deutsche Familie auf Rügen. Sie lebt in Berlin.
Produktdetails
- Verlag: Verlag Antje Kunstmann
- Seitenzahl: 480
- Erscheinungstermin: 26. August 2020
- Deutsch
- ISBN-13: 9783956144165
- Artikelnr.: 59192585
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Rezensentin Sabine Seifert macht sich Gedanken über die Beziehung zwischen Stadt und Land mit Ute Ruges Sachbuch, dessen Mix aus Archivdokumenten, Zeitzeugenberichten und autobiografischen Momenten sie spannend und aufschlussreich findet. Wie Ruge ihrer eigenen bäuerlichen Herkunft aus einem niederelbischen Dorf nachspürt, Bauernkriege, politische Reformen und die Darstellung des Landlebens in der Kunst erkundet, heutige Agrarpolitik untersucht, scheint Seifert wertvoll, gerade weil die Autorin die Widersprüche der Agrarpolitik nicht künstlich aufzulösen versucht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Idyllisch ist es nur in der Rückschau
Bäuerliches Leben und Wirtschaften: Uta Ruge erinnert sich an ihr Heimatdorf und denkt über das Verhältnis von Stadt und Land nach.
Am Anfang ihres Buches erzählt Uta Ruge, wie sie sich einmal bei ihrem Vater beschwerte, dass nicht sie, sondern ihr jüngerer Bruder den Bauernhof erben würde. Ob sie ihn denn haben wolle, fragte der Vater zurück. Damit war die Situation geklärt. Uta Ruge studierte in Marburg und Berlin, ging ins Ausland, arbeitete als Journalistin. Für den unbeschwerten Urlaub auf dem Land aber war sie ein für alle Mal verloren: Wo ihre Freunde das Wohnmobil gern auf einer freien Fläche am Feldrand abstellen würden, sieht sie die Einfahrt zu einem Wirtschaftsweg,
Bäuerliches Leben und Wirtschaften: Uta Ruge erinnert sich an ihr Heimatdorf und denkt über das Verhältnis von Stadt und Land nach.
Am Anfang ihres Buches erzählt Uta Ruge, wie sie sich einmal bei ihrem Vater beschwerte, dass nicht sie, sondern ihr jüngerer Bruder den Bauernhof erben würde. Ob sie ihn denn haben wolle, fragte der Vater zurück. Damit war die Situation geklärt. Uta Ruge studierte in Marburg und Berlin, ging ins Ausland, arbeitete als Journalistin. Für den unbeschwerten Urlaub auf dem Land aber war sie ein für alle Mal verloren: Wo ihre Freunde das Wohnmobil gern auf einer freien Fläche am Feldrand abstellen würden, sieht sie die Einfahrt zu einem Wirtschaftsweg,
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die freigehalten werden muss.
Ihr Buch ist mit diesem praktischen Blick aufs Land geschrieben, dessen idyllische Momente allenfalls in der Rückschau durchscheinen. Die Darstellung besteht aus drei Ebenen, die sich kapitelweise abwechseln. Mit "Heute" ist eine Reportage überschrieben, für die sie ein Jahr lang von Berlin aus zu allen Zeiten zwischen Saat und Ernte die Familie ihres Bruders besuchte. Dagegen erinnert sie sich in "Damals" an die Zeit der fünfziger und sechziger Jahre, als sie selbst auf dem Hof aufwuchs. Schließlich verbindet sie die Geschichte ihres Dorfes mit einer faktengesättigten Geschichte der Landwirtschaft von Babylon bis Brüssel, für die sie sich durch Archive grub und Dorfchroniken wälzte.
Das Dorf im Mündungsgebiet zwischen Elbe und Weser, von dem Ruge berichtet, entstand erst 1783 im Zuge der Moorkolonialisierung durch das Kurfürstentum Hannover. Zwanzig Ansiedler sollten das Gelände urbar machen, das bis dahin einen Großteil des Jahres unter Wasser stand. Die Bodenverbesserung lag ganz im Geist der Aufklärung, die durch die sogenannte Melioration die Ernährung einer wachsenden Bevölkerung sicherstellen wollte. Das funktionierte schon damals nicht exakt so, wie die Obrigkeit es auf dem Papier entworfen hatte. Damit ist auch schon der darstellerische Rahmen umrissen, in den Ruge das bäuerliche Wirtschaften bis heute stellt: eingezwängt zwischen den natürlichen Gegebenheiten, die durch immer neue technische Fortschritte bewältigt und optimiert werden, und den ökonomischen und politischen Bedingungen, mit denen es sich zu arrangieren gilt.
Ruge informiert kenntnisreich und im Detail über Bodenarten und Anbautechniken, sie lässt die Leser mitzittern, ob das angetrocknete Gras noch vor dem Regen eingefahren werden kann oder ob die Planen für das Mais-Silo dicht sind. Die gigantischen Maschinen, die zur Ernte aufgefahren werden, wirken wie Verkörperungen der ökonomischen Konzentrationsprozesse, denen die Landwirtschaft unterliegt. Doch was ist überhaupt ein großer Betrieb? Früher, erklärt der zufällig anwesende Prüfer des Milchkontrollvereins, hätte ein Betrieb wie der ihres Bruders mit einhundert Milchkühen als Großbetrieb gegolten, mittlerweile würde er die Grenze eher bei fünfhundert ziehen. Entsprechend werden oft Hunderte von Hektar an Feld oder Ackerland benötigt.
Für Stadtbewohner, die mit Quadratmeterzahlen allenfalls in Bezug auf die Größe ihrer Wohnung hantieren: Ein Hektar zählt 10 000 Quadratmeter, das sind etwa anderthalb Fußballfelder. Was immer noch winzig ist im Vergleich mit den sowjetischen Kolchosen oder den Farmen des Mittleren Westens, den großen Treibern der agrarischen Konzentration. Aber wenn Ruge schildert, wie der Hufschmied John Deere gegen Mitte des neunzehnten Jahrhunderts in Illinois den selbstreinigenden Stahlpflug erfindet, dann weiß man, dass irgendwann auch das kleine Reihendorf in den trockengelegten Moormarschen nicht mehr von der weltumspannenden Entwicklung ausgenommen sein wird.
Heute sind dort von den ursprünglichen Ansiedlungen noch vier landwirtschaftliche Betriebe verblieben. Für mehr als zweihundert Jahre zeichnet Ruge aus alten Chroniken das Bild von Armut und Arbeit, von Kindersterblichkeit und Kriegen. Noch aus ihrer Kindheit erinnert sie sich daran, wie sehr den Menschen die harte Arbeit und die Schicksale körperlich eingezeichnet waren, ihre verkürzten Gliedmaßen und misstrauischen Blicke.
Demgegenüber gab es sicher keine Generation von Landbewohnern, die so gut ausgebildet war wie heute. Überrascht stellt Ruge fest, dass sich die Alternative zwischen Dableiben und Weggehen, wie sie für sie noch unausweichlich war, in Zeiten gut ausgebauter Verkehrswege zur nächsten größeren Stadt nicht mehr in der gleichen Schärfe stellt. Die Landwirte haben hochspezialisierte Ausbildungen absolviert, ihre Frauen erledigen die Verwaltung, und auch die sonstige Dorfbevölkerung arbeitet in technischen oder kaufmännischen Berufen.
Das Landleben könnte endlich eine erstrebenswerte Alternative zur Großstadt sein, wenn es da nicht ein tiefgreifendes kulturelles Missverständnis gäbe. Strukturelle Nachteile wie eine vielerorts zu schleppende Anbindung an das Glasfasernetz sind dabei allenfalls eine Folgeerscheinung. Grundlegender, und das ist das eigentliche Thema im Zentrum des Buches, ist die große Distanz, bisweilen das Unverständnis zwischen städtischem und bäuerlich-ländlichem Leben. Dabei standen wahrscheinlich die Vorzeichen nie so gut wie heute, das Verhältnis zwischen Stadt und Land neu zu denken. Es scheint derzeit so, als ob eine ganze Generation der in den fünfziger und sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Geborenen, die irgendwann in die großen Städte zogen, sich im Rückblick schreibend mit dieser Herkunft befassen würde. Ein aktuelles literarisches Beispiel ist der kürzlich erschienene "Dorfroman" von Christoph Peters (F.A.Z. vom 22. August 2020).
Im Buch ist es Ruges Bruder, der ironisch die urbanen Vorstellungen davon kommentiert, wie das Land zu funktionieren hätte, und bei dem unentschieden bleibt, ob ihm die sinkenden Milchpreise oder die geballte Antihaltung gegenüber der konventionellen Landwirtschaft mehr zusetzen. Offenkundig wird die Hilflosigkeit einer Agrar- und Umweltpolitik, deren Lösungsversuche mit großer Regelmäßigkeit das nächste Problem nach sich ziehen, wie beispielsweise die Förderung von Biogasanlagen die folgenreiche "Vermaisung" der Landschaft. "So ist das nämlich", zitiert Ruge ihren Bruder. "Ihr wollt ja alle Biostrom. Aber ihr habt keine Ahnung."
SONJA ASAL
Uta Ruge: "Bauern, Land". Die Geschichte
meines Dorfes im
Weltzusammenhang.
Antje Kunstmann Verlag, München 2020. 480 S., geb., 28,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ihr Buch ist mit diesem praktischen Blick aufs Land geschrieben, dessen idyllische Momente allenfalls in der Rückschau durchscheinen. Die Darstellung besteht aus drei Ebenen, die sich kapitelweise abwechseln. Mit "Heute" ist eine Reportage überschrieben, für die sie ein Jahr lang von Berlin aus zu allen Zeiten zwischen Saat und Ernte die Familie ihres Bruders besuchte. Dagegen erinnert sie sich in "Damals" an die Zeit der fünfziger und sechziger Jahre, als sie selbst auf dem Hof aufwuchs. Schließlich verbindet sie die Geschichte ihres Dorfes mit einer faktengesättigten Geschichte der Landwirtschaft von Babylon bis Brüssel, für die sie sich durch Archive grub und Dorfchroniken wälzte.
Das Dorf im Mündungsgebiet zwischen Elbe und Weser, von dem Ruge berichtet, entstand erst 1783 im Zuge der Moorkolonialisierung durch das Kurfürstentum Hannover. Zwanzig Ansiedler sollten das Gelände urbar machen, das bis dahin einen Großteil des Jahres unter Wasser stand. Die Bodenverbesserung lag ganz im Geist der Aufklärung, die durch die sogenannte Melioration die Ernährung einer wachsenden Bevölkerung sicherstellen wollte. Das funktionierte schon damals nicht exakt so, wie die Obrigkeit es auf dem Papier entworfen hatte. Damit ist auch schon der darstellerische Rahmen umrissen, in den Ruge das bäuerliche Wirtschaften bis heute stellt: eingezwängt zwischen den natürlichen Gegebenheiten, die durch immer neue technische Fortschritte bewältigt und optimiert werden, und den ökonomischen und politischen Bedingungen, mit denen es sich zu arrangieren gilt.
Ruge informiert kenntnisreich und im Detail über Bodenarten und Anbautechniken, sie lässt die Leser mitzittern, ob das angetrocknete Gras noch vor dem Regen eingefahren werden kann oder ob die Planen für das Mais-Silo dicht sind. Die gigantischen Maschinen, die zur Ernte aufgefahren werden, wirken wie Verkörperungen der ökonomischen Konzentrationsprozesse, denen die Landwirtschaft unterliegt. Doch was ist überhaupt ein großer Betrieb? Früher, erklärt der zufällig anwesende Prüfer des Milchkontrollvereins, hätte ein Betrieb wie der ihres Bruders mit einhundert Milchkühen als Großbetrieb gegolten, mittlerweile würde er die Grenze eher bei fünfhundert ziehen. Entsprechend werden oft Hunderte von Hektar an Feld oder Ackerland benötigt.
Für Stadtbewohner, die mit Quadratmeterzahlen allenfalls in Bezug auf die Größe ihrer Wohnung hantieren: Ein Hektar zählt 10 000 Quadratmeter, das sind etwa anderthalb Fußballfelder. Was immer noch winzig ist im Vergleich mit den sowjetischen Kolchosen oder den Farmen des Mittleren Westens, den großen Treibern der agrarischen Konzentration. Aber wenn Ruge schildert, wie der Hufschmied John Deere gegen Mitte des neunzehnten Jahrhunderts in Illinois den selbstreinigenden Stahlpflug erfindet, dann weiß man, dass irgendwann auch das kleine Reihendorf in den trockengelegten Moormarschen nicht mehr von der weltumspannenden Entwicklung ausgenommen sein wird.
Heute sind dort von den ursprünglichen Ansiedlungen noch vier landwirtschaftliche Betriebe verblieben. Für mehr als zweihundert Jahre zeichnet Ruge aus alten Chroniken das Bild von Armut und Arbeit, von Kindersterblichkeit und Kriegen. Noch aus ihrer Kindheit erinnert sie sich daran, wie sehr den Menschen die harte Arbeit und die Schicksale körperlich eingezeichnet waren, ihre verkürzten Gliedmaßen und misstrauischen Blicke.
Demgegenüber gab es sicher keine Generation von Landbewohnern, die so gut ausgebildet war wie heute. Überrascht stellt Ruge fest, dass sich die Alternative zwischen Dableiben und Weggehen, wie sie für sie noch unausweichlich war, in Zeiten gut ausgebauter Verkehrswege zur nächsten größeren Stadt nicht mehr in der gleichen Schärfe stellt. Die Landwirte haben hochspezialisierte Ausbildungen absolviert, ihre Frauen erledigen die Verwaltung, und auch die sonstige Dorfbevölkerung arbeitet in technischen oder kaufmännischen Berufen.
Das Landleben könnte endlich eine erstrebenswerte Alternative zur Großstadt sein, wenn es da nicht ein tiefgreifendes kulturelles Missverständnis gäbe. Strukturelle Nachteile wie eine vielerorts zu schleppende Anbindung an das Glasfasernetz sind dabei allenfalls eine Folgeerscheinung. Grundlegender, und das ist das eigentliche Thema im Zentrum des Buches, ist die große Distanz, bisweilen das Unverständnis zwischen städtischem und bäuerlich-ländlichem Leben. Dabei standen wahrscheinlich die Vorzeichen nie so gut wie heute, das Verhältnis zwischen Stadt und Land neu zu denken. Es scheint derzeit so, als ob eine ganze Generation der in den fünfziger und sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Geborenen, die irgendwann in die großen Städte zogen, sich im Rückblick schreibend mit dieser Herkunft befassen würde. Ein aktuelles literarisches Beispiel ist der kürzlich erschienene "Dorfroman" von Christoph Peters (F.A.Z. vom 22. August 2020).
Im Buch ist es Ruges Bruder, der ironisch die urbanen Vorstellungen davon kommentiert, wie das Land zu funktionieren hätte, und bei dem unentschieden bleibt, ob ihm die sinkenden Milchpreise oder die geballte Antihaltung gegenüber der konventionellen Landwirtschaft mehr zusetzen. Offenkundig wird die Hilflosigkeit einer Agrar- und Umweltpolitik, deren Lösungsversuche mit großer Regelmäßigkeit das nächste Problem nach sich ziehen, wie beispielsweise die Förderung von Biogasanlagen die folgenreiche "Vermaisung" der Landschaft. "So ist das nämlich", zitiert Ruge ihren Bruder. "Ihr wollt ja alle Biostrom. Aber ihr habt keine Ahnung."
SONJA ASAL
Uta Ruge: "Bauern, Land". Die Geschichte
meines Dorfes im
Weltzusammenhang.
Antje Kunstmann Verlag, München 2020. 480 S., geb., 28,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Gebundenes Buch
!ein Buchhighlight 2020!
Klappentext:
„Ein Dorf im Moor in den 50er Jahren, ein Bauernhof heute – und wie das Weltgeschehen das Leben der Menschen auf dem Land veränderte. Davon erzählt Uta Ruge am Beispiel ihres Dorfes und ihres Bruders.
Seit ein paar Tagen stehe …
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!ein Buchhighlight 2020!
Klappentext:
„Ein Dorf im Moor in den 50er Jahren, ein Bauernhof heute – und wie das Weltgeschehen das Leben der Menschen auf dem Land veränderte. Davon erzählt Uta Ruge am Beispiel ihres Dorfes und ihres Bruders.
Seit ein paar Tagen stehe ich morgens um sechs mit allen auf, um zu sehen, zu hören und zu riechen, wie sich Landwirtschaft heute anfühlt auf dem Hof, auf dem ich aufgewachsen bin. Ich ziehe die Stallklamotten an und gehe nach draußen. Mir fällt auf, dass ich den Blick hier nicht heben muss, um den Himmel zu sehen. Ob
es regnet oder bald regnen wird, wie der Wind geht, ist sofort gewusst, in Auge, Ohr und Nase eingeströmt.
Uta Ruge verwebt in „Bauern, Land. Die Geschichte meines Dorfes“ im Weltzusammenhang die Erinnerung an das Leben auf dem Lande in den 50er Jahren mit der genauen Beobachtung der Veränderungen in der Landwirtschaft heute, mit der Chronik des Dorfes, den welthistorischen Zusammenhängen und der Kulturgeschichte, die das Leben der Bauern geprägt haben und prägen. Sie erzählt von harter Arbeit und Abhängigkeit, von der Besiedelung des Moors, von Entwässerung und den Zumutungen der Obrigkeit und der Bürokratie, von Armut und Auswanderung. Aber auch davon, wie man sich gegenseitig unterstützt und hilft und zusammen feiert, von dem Eifer der kleinen Kinder, die den Eltern zur Hand gehen und lernen, dass gegen Arbeit nichts hilft, außer sie zu tun.“
Auf dieses Buch habe ich wirklich sehnsüchtig gewartet und es hat sich gelohnt!
Das Leben auf dem Land wird immer mit einer Bullerbü-Romantik in Vergleich gebracht, doch ticken die Uhren hier anders (auch ich lebe mitten auf dem platten friesischen Land umgeben von Weiden, Bauernhöfen und Kühen weit und breit) aber sie ticken. Uta Ruge nimmt uns mit in ihre Welt. Es ist eine ganz eigene Welt aber dennoch habe ich extrem viele Vergleiche ziehen können die auch ich so hier erlebe. Uta Ruge hat aber ein ganz großes Kino daraus gemacht! Warum? Sie hat verglichen mit welthistorischen Begebenheiten, Geschehnissen und vor allem hat sie sich mit der Entwicklung der Landwirtschaft bestens auseinander gesetzt und bringt dies hier, zum Teil wortgewaltig, zur Sprache. Ich muss gestehen, ich hätte es zu Beginn des Buches nicht für möglich gehalten, das dieses Buch mich fesselt, aber es hat es getan! Sie erzählt mit viel Gefühl und Inbrunst von längst vergangenen Zeiten, von Dingen die wir mit dem Leben heute kaum noch in Verbindung bringen würden.
Ebenso genial ist hier zweideutiger Buchtitel. Auch dieser wirft Fragen auf...Sind Bauern immer gleich nur auf dem Land zu finden? Ist das Leben auf dem Land immer mit einem Bauernhof verbunden? Finden Sie es heraus!
Uta Ruge hat für meine Begriffe einen wahren Buchknaller zur richtigen Zeit verfasst. Jeder sollte sich mal fragen und überlegen wie es früher war mit der Milch und der Gülle, den Eiern, den Hühnern, den Pferden, der Wurst....der Klimawandel kommt mit gewaltigen Schritten. Wir haben sehr viel falsch gemacht in den letzten Jahren und Jahrzehnten. Versuchen wir das Ruder wieder rumzureißen und begeben uns mit Uta Ruge auf’s Land! Dieses Buch ist unheimlich nachhallend und ich werde es in kürze nach ein Mal lesen. Es ist zeitlos, so viel steht fest, denn ist eine persönliche Betrachtung.
Ich bin restlos begeistert vin diesem Buch und vergebe sehr gern 5 von 5 Sterne!
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Gebundenes Buch
umfassendes Sachbuch über das Bauernleben
1783 wird begonnen ein Moor im Land Hadeln, heute im Kreis Cuxhaven, in Ackerfläche umzuwandeln, eigentlich weil der Landbesitzer und Kurfürst in Hannover so mehr Steuern generieren will. Aber damals reicht dieses karge Land gerade für …
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umfassendes Sachbuch über das Bauernleben
1783 wird begonnen ein Moor im Land Hadeln, heute im Kreis Cuxhaven, in Ackerfläche umzuwandeln, eigentlich weil der Landbesitzer und Kurfürst in Hannover so mehr Steuern generieren will. Aber damals reicht dieses karge Land gerade für die Selbstversorgung. Die Bewohner werden für 14 Jahre von Abgaben befreit.
Die dort aufgewachsene Uta Ruge berichtet nicht nur von ihrem Heimatdorf, sie erzählt im Grunde die ganze Geschichte der Bauern, angefangen in römischen Reich über die Entstehung des Adel, der die Bauern anfangs gegen Feinde, also vor allem gegenüber landraubende Nachbarn schützte. Aber die Zeit nach 1783 wird ausführlicher behandelt, selbst die Landwirtschaft der USA - wo auf den großen die Mechanisierung begann, aber auch mit dem „Dust Bowl“ in den 30er Jahren des 20. Jhs die erste Umweltkatastrophe geschah – und in der Sowjetunion, wo der gewaltsame Übergang von der Agrarwirtschaft unter dem Zaren mit Leibeigenschaft zu den Kolchose der Kommunisten nie so hohe Erträge brachte, wie sie ein selbständiger Bauer erreicht hätte.
Doch bleiben wir in Dorf der Autorin, in Neubachenbruch. Mit Napoleon kommt das bürgerliche Recht auch ins Land Hadeln. Jetzt müssen auch sie Soldaten abstellen, weil sie ihre Sonderrechte wegen des Deichschutzes an der Elbe verloren haben.
So kommt auch Uta Ruge als Kind von Bauern aus Rügen in dieses Dorf, weil ihre Eltern vor der Kollektivierung in Rügen geflohen sind. Der Vater wollte einen Hof nahe der Küste und fand ihn hier, weil der Hoferbe der Vorgänger im Krieg geblieben ist, war hier ein Hof frei, den die Eltern dank staatlicher Kredite erwerben konnten.
Und damit sind wir beim ersten Erzählstrang des Buches. Ruges Bruder Waldemar hat den elterlichen Hof übernommen und damit auch die Probleme der heutigen Landwirtschaft. Neben den niedrigen Milchpreisen, die nur ein Wachsen oder Weichen erlauben, leidet der Bauer heute unter bürokratischer Auflagen und vor allem seinem Image als Umweltverschmutzer, dabei werden die Vorschriften für konventionelle Landwirte immer strenger.
Bei ihren Besuchen vergleicht die Autorin das Leben heute mit dem Leben damals in ihrer Kindheit, als sie noch zu Fuß zur Dorfschule laufen musste und die Felder ständig von Hochwasser überflutet waren. Weidehaltung gibt es heute fast nicht mehr und wenn, dann müssen die Tiere vor dem zurückgekehrten Wolf geschützt werden. Als ich schon glaubte, der Klimawandel käme nicht vor, berichtet sie sogar über den Dürresommer 2018.
Außer dass mir manche Familiengeschichte zu lang war – ich kann mir doch nicht alle Dorfbewohner merken – hat mir nichts gefehlt, ganz im Gegenteil, ich glaube, dass dieses Buch zu einem Touristenansturm in Neubachenbruch führen wird. 5 Sterne
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