Abwechslungsreiche Geschichten aus Kuralltag, Liebesbeziehungen und Weltpolitik, die dort geschah
Der Aufstieg von Abbazia, heute Opatija, in der k.u.k. Monarchie begann mit Julius Schüler, Generaldirektor der (österreichischen) Südbahngesellschaft. Ab 1882 begann er mit der Errichtung mehrerer
eleganter Hotels an dieser Riviera und zog durch geschickte Kampagnen den Adel und den Geldadel in…mehrAbwechslungsreiche Geschichten aus Kuralltag, Liebesbeziehungen und Weltpolitik, die dort geschah
Der Aufstieg von Abbazia, heute Opatija, in der k.u.k. Monarchie begann mit Julius Schüler, Generaldirektor der (österreichischen) Südbahngesellschaft. Ab 1882 begann er mit der Errichtung mehrerer eleganter Hotels an dieser Riviera und zog durch geschickte Kampagnen den Adel und den Geldadel in diese Ecke Istriens.
Sachslehner schildert in diesem wirklich gut recherchierten und reich bebilderten Buch aber nicht nur die Geschichte des ehemaligen Fischerdorfs, sondern er beleuchtet an Hand verschiedener Persönlichkeiten den Kuralltag und die europäische Politik, die dort bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs gemacht wurde. Der berühmte Wiener Chirurg Dr. Theodor Billroth verbrachte einen Teil seines Lebens in diesem Kurort als treibende Kraft im Kurausschuss. Kronprinz Rudolf und seine Gattin Stephanie (der Schüler von der Südbahn geschickt ein Hotel namentlich gewidmet hatte), Erzherzog Otto und seine Gattin Maria Josepha, Peter Rosegger, Isadora Duncan und andere Persönlichkeiten werden in diesem Buch in Zusammenhang mit ihrer Beziehung zu Abbazia geschildert. Eine tragische, weil so durch und durch k.u.k. österreichische Machtgeschichte ist die Liebesbeziehung zwischen Graf Géza von Mattachich und Louise von Sachsen-Coburg und Gotha, die in Abbazia ihren Anfang genommen hatte. Das Treffen des österreichischen Kaisers Franz Joseph I. und des deutschen Kaisers Wilhelm II. und andere politische Treffen werden genau recherchiert beschrieben, sogar die servierten Speisen und das genaue Ausflugsprogramm werden wiedergegeben. Ein Motorbootrennen um die Jahrhundertwende, Frühlingsmoden in Abbazia und die Geschichte eines Posträubers in Abbazia sind weitere Kapitel der insgesamt 14. Der Leser bekommt einen guten Einblick in das gesellschaftliche Leben der damaligen Zeit, in der das Baden im Meer eigentlich noch Nebensache war und man das Warmwasser für Gäste in Luxushotels noch in Krügen in den vierten Stock schleppen musste.
Auch Kritiker des Kurortes kommen zu Wort. Richard Francis Burton, ein Weltenbummler, verbrachte im Winter 1887/88 einige Monate in Abbazia, just in einem besonders kalten und langen Winter. Worüber er sich aufgrund der sich daraus ergebenden Probleme und Mängel in dem auf nicht so tiefe Temperaturen eingerichteten Kurort in den englischen Medien sehr negativ äußert.
Was mir besonders gut neben dem angenehmen Schreibstil Sachslehner’s gefällt, waren die guten, aber nicht ausufernden Rahmenerklärungen zu den näher erwähnten Persönlichkeiten. Ich musste also nicht zuerst ein Lexikon bemühen, um zu erfahren, warum eine Sache so oder so dort entstanden war, sondern Sachslehner baut dieses „Grundwissen“ in seine Beiträge ein. Ergänzt wird das Buch am Ende noch mit einer Liste ausgewählter Literaturhinweise sowie Sekundärliteratur. Was vielleicht hilfreich wäre, wäre ein Stichwortverzeichnis, das fehlt. Dies tut aber dem insgesamt wirklich gut gelungenen Buch keinen Abbruch.