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Als Winston Churchill 25 Jahre alt war, hatte er Kriege auf drei Kontinenten erlebt, fünf Bücher geschrieben und einen Sitz im britischen Unterhaus gewonnen. Mit 60 galt er politisch als gescheiterter Mann. Doch dann kam der Zweite Weltkrieg. Churchill wurde Premierminister, leistete den entscheidenden Widerstand gegen Hitler-Deutschland und führte sein Land bis zum siegreichen Kriegsende. Thomas Kielinger erzählt das bewegende Leben dieser Jahrhundertgestalt mit kritischer Bewunderung und narrativem Glanz."Wir sind doch alle Würmer. Aber ich glaube, ich bin ein Glühwurm", hat Churchill ...
Als Winston Churchill 25 Jahre alt war, hatte er Kriege auf drei Kontinenten erlebt, fünf Bücher geschrieben und einen Sitz im britischen Unterhaus gewonnen. Mit 60 galt er politisch als gescheiterter Mann. Doch dann kam der Zweite Weltkrieg. Churchill wurde Premierminister, leistete den entscheidenden Widerstand gegen Hitler-Deutschland und führte sein Land bis zum siegreichen Kriegsende. Thomas Kielinger erzählt das bewegende Leben dieser Jahrhundertgestalt mit kritischer Bewunderung und narrativem Glanz.
"Wir sind doch alle Würmer. Aber ich glaube, ich bin ein Glühwurm", hat Churchill (1874 - 1965) in jungen Jahren einmal verkündet. Kaum einer besaß so reiche Talente, um solchen Ehrgeiz zu befriedigen. In den englischen Hochadel geboren, erhielt Churchill eine militärische Ausbildung. Er kämpfte als Soldat in Englands Kolonialkriegen, wurde als Kriegskorrespondent und -abenteurer berühmt, bekleidete im Laufe seines Lebens fast jeden Ministerposten seines Landes und wurde zwei Mal Premierminister. Er war ein anerkannter Maler, ein begeisternder Redner und ein begnadeter Schriftsteller - der einzige Staatsmann, der je den Nobelpreis für Literatur erhielt. Dabei konnte er gleichermaßen inspirieren wie irritieren: als radikaler Sozialreformer und reaktionärer Imperialist, als skrupelloser Krieger und als Vordenker einer friedlichen Welt nach den Weltkriegen. 50 Jahre nach Churchills Tod lotet Thomas Kielingers Biographie die anhaltende Faszination dieses großen Mannes neu aus.
"Wir sind doch alle Würmer. Aber ich glaube, ich bin ein Glühwurm", hat Churchill (1874 - 1965) in jungen Jahren einmal verkündet. Kaum einer besaß so reiche Talente, um solchen Ehrgeiz zu befriedigen. In den englischen Hochadel geboren, erhielt Churchill eine militärische Ausbildung. Er kämpfte als Soldat in Englands Kolonialkriegen, wurde als Kriegskorrespondent und -abenteurer berühmt, bekleidete im Laufe seines Lebens fast jeden Ministerposten seines Landes und wurde zwei Mal Premierminister. Er war ein anerkannter Maler, ein begeisternder Redner und ein begnadeter Schriftsteller - der einzige Staatsmann, der je den Nobelpreis für Literatur erhielt. Dabei konnte er gleichermaßen inspirieren wie irritieren: als radikaler Sozialreformer und reaktionärer Imperialist, als skrupelloser Krieger und als Vordenker einer friedlichen Welt nach den Weltkriegen. 50 Jahre nach Churchills Tod lotet Thomas Kielingers Biographie die anhaltende Faszination dieses großen Mannes neu aus.
Thomas Kielinger berichtet seit 1998 für "Die Welt" aus London. Seine journalistischen Beiträge wurden vielfach ausgezeichnet. Für seine Arbeit für die deutsch-britischen Beziehungen erhielt er 1995 den Orden eines Honorary Officer of the Order of the British Empire (OBE).
Produktdetails
- Verlag: Beck
- 5. Aufl.
- Seitenzahl: 400
- Erscheinungstermin: 17. September 2014
- Deutsch
- Abmessung: 221mm x 144mm x 30mm
- Gewicht: 662g
- ISBN-13: 9783406668890
- ISBN-10: 3406668895
- Artikelnr.: 40746705
Herstellerkennzeichnung
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Churchill-Jubiläumszeit, meint Rainer Blasius und ehrt den "Riesenstaatsmann" seinerseits mit einer ellenlangen Würdigung seines Lebenswerks, ohne allerdings allzu aufschlussreich für den Leser auf Thomas Kielingers Lebenswerk einzugehen. Kielinger hat eine Churchill-Biografie für deutsche Leser verfasst. Die 28 Kapitel, die Blasius gelesen hat, gefallen dem Rezensenten als "einfühlsam". Darüber hinaus erfahren wir vom Rezensenten, dass Churchills Leben in der Tat wechselvoll gewesen sein muss, dass der Autor aus Churchills Büchern und Reden und anderen Biografien schöpft und sein Buch mit jeder Menge einprägsamer Zitate schmückt, allerdings ohne Churchill wirklich auf den Punkt bringen zu können, was wohl heißt: Dieser Mann ist viele.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Esel zwischen Büffel und Bär
Hinter Churchills große Bühne blickt Thomas Kielinger und findet die "Animal Farm"
Britische Fans wissen, dass 2015 Churchill-Jubiläen bevorstehen: Zum 50. Mal jährt sich der Todestag (24. Januar), zum 60. Mal der Rücktritt als Premierminister (5. April), zum 70. Mal die Abwahl während der Potsdamer Konferenz (26. Juli), zum 75. Mal die erste Ernennung zum Premierminister (10. Mai), zum 100. Mal der Rückzug als Erster Lord der Admiralität wegen des Dardanellen-Desasters (18. Mai). Seit 1911 leitete der Riesenstaatsmann wichtigste Ressorts - nur nicht das Foreign Office. Jedoch konnte er in der Downing Street von 1940 bis 1945 und von 1951 bis 1955 außenpolitische Linien vorgeben. Jetzt
Hinter Churchills große Bühne blickt Thomas Kielinger und findet die "Animal Farm"
Britische Fans wissen, dass 2015 Churchill-Jubiläen bevorstehen: Zum 50. Mal jährt sich der Todestag (24. Januar), zum 60. Mal der Rücktritt als Premierminister (5. April), zum 70. Mal die Abwahl während der Potsdamer Konferenz (26. Juli), zum 75. Mal die erste Ernennung zum Premierminister (10. Mai), zum 100. Mal der Rückzug als Erster Lord der Admiralität wegen des Dardanellen-Desasters (18. Mai). Seit 1911 leitete der Riesenstaatsmann wichtigste Ressorts - nur nicht das Foreign Office. Jedoch konnte er in der Downing Street von 1940 bis 1945 und von 1951 bis 1955 außenpolitische Linien vorgeben. Jetzt
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will Thomas Kielinger deutschen Lesern "die singuläre Gestalt Winston Churchills vertrauter" machen.
In 28 Kapiteln erzählt er einfühlsam die wechselvolle Lebensgeschichte und schöpft aus Churchills Bücher- und Redenflut, zahlreichen Quellenpublikationen und Dutzenden von Biographien. Prägnante Zitate vergegenwärtigen den "unverbesserlichen Egozentriker", der als Heranwachsender die große Aufgabe suchte, um in die Fußstapfen seines berühmten Vorfahren, des Herzogs von Marlborough, treten zu können. "Soldat, Autor, Politiker" heißt ein Kapitel, das den jungen Winston als frühen Meister der Selbstinszenierung zeigt, der es verstand, eigene Erlebnisse zu überhöhen und exzellent zu vermarkten. Dies steigerte sich im Laufe der Jahrzehnte: "Es war mehr als nur ein Quäntchen von einem Schauspieler an ihm, bestimmte Utensilien gehörten zur Marke Churchill, seit langem sorgfältig von ihm gepflegt - die Zigarre, der Gehstock, die Kollektion seiner Hüte und Zylinder, der rote Morgenmantel" und das V-Siegesfingerzeichen.
Aufschlussreich sind die Erkenntnisse über Churchill als Maler, auch über den Lehrmeister Sir John Lavery und dessen Frau Hazel. Sie riet dem Anfänger zum "breiten Pinsel". Später beschrieb er in einem Essay seinen Kampf gegen Depressionen durch das Malen und seine Scheu vor der leeren Leinwand: "Das Malen eines Bildes ist, wie wenn man in eine Schlacht geht." Viel Zeit für Bilder, Bücher und Zeitungsartikel bekam er in den Jahren 1929 bis 1939, die er ohne Amt und ohne nennenswerte Anhänger verbringen musste. Eine "eindeutige Linie" konnte der Biograph den Veröffentlichungen nicht entnehmen: "Tiefe Überzeugungen stehen neben Vorurteilen, Ambitionen neben Großmut, spielerischer Übermut neben situationsgerechtem Ernst." Nicht immer lag er richtig. Beispielsweise pries er 1933 den italienischen Diktator Mussolini als "den größten Gesetzgeber unter den Menschen" und als "römisches Genie". Hellsichtig war er bei Hitler. Sieben Wochen nach dessen Machtübernahme zeigte sich Churchill im Unterhaus beunruhigt über den "tumultuarischen Ausbruch von Wildheit und kriegerischem Geist" und die "Verfolgung einer großen Zahl von Menschen allein aufgrund ihrer Rasse".
Der Politik des Appeasement gewann Churchill zunächst positive Seiten ab; aus einer Position der Stärke heraus erschien sie ihm als "großherzig und nobel", ja als der "sicherste und vielleicht einzige Pfad zum Weltfrieden". Neville Chamberlain agierte jedoch im Spätsommer 1938 bei der Krise um die Tschechoslowakei und beim Münchner Abkommen aus einer Position der Schwäche heraus, was Churchill sogleich als "fatal" anprangerte, weil ein "starker Gegner" auf diese Weise nur süchtig werde nach neuen Forderungen.
Churchills Rückkehr in die große Politik ermöglichte letztlich Hitler. Nach dem deutschen Angriff auf Polen im September 1939 holte Chamberlain den fast 65jährigen ins Kabinett - als Ersten Lord der Admiralität, eine Position, die er 1914 bekleidet hatte. Churchill rief sofort einen Kampf aus, "um die ganze Welt vor der Pestilenz der Nazi-Tyrannei zu bewahren" und die Rechte des Individuums zu retten. Im Mai 1940 stand der Krieger für die Freiheit an der Spitze der Regierung, konnte "maßgebende Weisungen" erteilen und organisierte die gesamte Verteidigung. Dass der "Unruhegeist" zehn Ideen pro Tag, aber nur eine gute hatte, belegen die Tagebücher des Generalstabschefs Alan Brooke: "Das Wunderbare ist, dass drei Viertel der Menschheit Churchill für einen großen Strategen hält, einen zweiten Marlborough, während das andere Viertel keine Ahnung hat, was für eine öffentliche Bedrohung er ist und während des ganzen Kriegsverlaufs war. Gut, dass die Welt davon nie erfährt und nie die tönernen Füße bei diesem übermenschlichen Wesen vermutet. Ohne Churchill wäre England mit Sicherheit verloren gewesen, mit ihm stand England ein um das andere Mal am Rand des Desasters."
Alsbald gewann der neue Premier die Vereinigten Staaten als "inoffiziellen Verbündeten auf hoher See". Schwer tat er sich mit der Sowjetunion, wenn auch nach Beginn des "Unternehmens Barbarossa" die "pro-russischen Gefühle" dominierten: "Das britische Informationsministerium nährte die freundliche Einstellung zu Moskau kräftig, zum Beispiel durch eine Propagandabroschüre, wie die ideologische Furcht vor den Sowjets zu überwinden sei - etwa mit dem Argument, Behauptungen über den Roten Terror, die Stalin'schen Säuberungen der dreißiger Jahre, seien nichts weiter als Nazi-Erfindungen . . . Solche gezielte Desinformation empörte niemanden mehr als einen Schriftsteller wie George Orwell." 1943/44, als sich Stalin der größten Beliebtheit auf der Insel erfreute, schrieb Orwell die anti-kommunistische Parabel "Animal Farm", für die sich kein Verleger fand; erst nach dem Weltkriegsende durfte der "prophetische Text" erscheinen.
Die Zusammenarbeit in der Anti-Hitler-Koalition, die sich bis Ende 1941 zusammenfand, gestaltete sich schwierig. Der amerikanische Präsident Roosevelt und der britische Premier Churchill wetteiferten beispielsweise während der Konferenz von Teheran Ende 1943 darum, "wer den roten Zaren am besten zu nehmen verstand". Beide westliche Staatslenker ließen sich vom Kreml-Chef einlullen. Damals wurde Churchill - wie er gegenüber Violet Bonham Carter bekannte - bewusst, was für ein kleines Land er vertrat: "Auf der einen Seite der große russische Bär mit seinen ausgestreckten Tatzen", "auf der anderen der großartige amerikanische Büffel", dazwischen "der arme kleine englische Esel", der allein "den richtigen Weg nach Hause kennt". Bei der Vorherrschaft Washingtons und Moskaus flüchtete sich London in die schmeichelhafte Vorstellung, als Einzige "den Weg nach vorn zu wissen. Auf dem Zenit seiner Laufbahn, im Glanze seiner Anerkennung als global agierende Figur, begann der Abstieg des Winston Spencer Churchill", urteilt der Biograph treffend.
Bei der Konferenz von Jalta Anfang 1945 verlor Churchill den Kampf um Polen. "Jalta" war sein "München", schreibt Kielinger: "Die Argumente, mit denen er seine Position verteidigt, klingen beklemmend nach Chamberlains Worten zur Rechtfertigung des Münchner Abkommens. Harold Nicolson notiert sich am 27. Februar in seinem Tagebuch: ,Winston ist so amüsiert wie ich, dass die Kriegstreiber von einst jetzt die Appeaser geworden sind und die Appeaser von damals heute die Kriegstreiber'." Untröstlich war er über den "Verlust Polens und anderer Länder des östlichen Europas, zu deren Befreiung England in den Krieg gezogen war und die auf Jahrzehnte hinaus einer neuen Unterdrückung anheimfielen. Dieser Verlust erschien ihm wie der Verrat an einem einmal gegebenen Versprechen. Um dieses Resultat rückgängig zu machen, erwog er im Mai 1945 sogar einen Krieg gegen die Sowjetunion, den verflossenen Bündnispartner, in einem Plan mit dem bezeichnenden Namen ,Operation Unthinkable'." Ähnlich realitätsfern war in der zweiten Regierungszeit dann 1953 sein Versuch, mit Stalins Nachfolgern ins Gespräch zu kommen, um den "Eisernen Vorhang" zu beseitigen. Dem großen Krieger blieb es versagt, ein großer Friedensstifter zu werden. Immerhin wurde er 1953 mit einem Nobelpreis geehrt, wenn auch zu seinem Leidwesen "nur" mit dem für Literatur.
RAINER BLASIUS
Thomas Kielinger: Winston Churchill. Der späte Held. Eine Biographie. Verlag C. H. Beck, München 2014. 400 S., 24,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In 28 Kapiteln erzählt er einfühlsam die wechselvolle Lebensgeschichte und schöpft aus Churchills Bücher- und Redenflut, zahlreichen Quellenpublikationen und Dutzenden von Biographien. Prägnante Zitate vergegenwärtigen den "unverbesserlichen Egozentriker", der als Heranwachsender die große Aufgabe suchte, um in die Fußstapfen seines berühmten Vorfahren, des Herzogs von Marlborough, treten zu können. "Soldat, Autor, Politiker" heißt ein Kapitel, das den jungen Winston als frühen Meister der Selbstinszenierung zeigt, der es verstand, eigene Erlebnisse zu überhöhen und exzellent zu vermarkten. Dies steigerte sich im Laufe der Jahrzehnte: "Es war mehr als nur ein Quäntchen von einem Schauspieler an ihm, bestimmte Utensilien gehörten zur Marke Churchill, seit langem sorgfältig von ihm gepflegt - die Zigarre, der Gehstock, die Kollektion seiner Hüte und Zylinder, der rote Morgenmantel" und das V-Siegesfingerzeichen.
Aufschlussreich sind die Erkenntnisse über Churchill als Maler, auch über den Lehrmeister Sir John Lavery und dessen Frau Hazel. Sie riet dem Anfänger zum "breiten Pinsel". Später beschrieb er in einem Essay seinen Kampf gegen Depressionen durch das Malen und seine Scheu vor der leeren Leinwand: "Das Malen eines Bildes ist, wie wenn man in eine Schlacht geht." Viel Zeit für Bilder, Bücher und Zeitungsartikel bekam er in den Jahren 1929 bis 1939, die er ohne Amt und ohne nennenswerte Anhänger verbringen musste. Eine "eindeutige Linie" konnte der Biograph den Veröffentlichungen nicht entnehmen: "Tiefe Überzeugungen stehen neben Vorurteilen, Ambitionen neben Großmut, spielerischer Übermut neben situationsgerechtem Ernst." Nicht immer lag er richtig. Beispielsweise pries er 1933 den italienischen Diktator Mussolini als "den größten Gesetzgeber unter den Menschen" und als "römisches Genie". Hellsichtig war er bei Hitler. Sieben Wochen nach dessen Machtübernahme zeigte sich Churchill im Unterhaus beunruhigt über den "tumultuarischen Ausbruch von Wildheit und kriegerischem Geist" und die "Verfolgung einer großen Zahl von Menschen allein aufgrund ihrer Rasse".
Der Politik des Appeasement gewann Churchill zunächst positive Seiten ab; aus einer Position der Stärke heraus erschien sie ihm als "großherzig und nobel", ja als der "sicherste und vielleicht einzige Pfad zum Weltfrieden". Neville Chamberlain agierte jedoch im Spätsommer 1938 bei der Krise um die Tschechoslowakei und beim Münchner Abkommen aus einer Position der Schwäche heraus, was Churchill sogleich als "fatal" anprangerte, weil ein "starker Gegner" auf diese Weise nur süchtig werde nach neuen Forderungen.
Churchills Rückkehr in die große Politik ermöglichte letztlich Hitler. Nach dem deutschen Angriff auf Polen im September 1939 holte Chamberlain den fast 65jährigen ins Kabinett - als Ersten Lord der Admiralität, eine Position, die er 1914 bekleidet hatte. Churchill rief sofort einen Kampf aus, "um die ganze Welt vor der Pestilenz der Nazi-Tyrannei zu bewahren" und die Rechte des Individuums zu retten. Im Mai 1940 stand der Krieger für die Freiheit an der Spitze der Regierung, konnte "maßgebende Weisungen" erteilen und organisierte die gesamte Verteidigung. Dass der "Unruhegeist" zehn Ideen pro Tag, aber nur eine gute hatte, belegen die Tagebücher des Generalstabschefs Alan Brooke: "Das Wunderbare ist, dass drei Viertel der Menschheit Churchill für einen großen Strategen hält, einen zweiten Marlborough, während das andere Viertel keine Ahnung hat, was für eine öffentliche Bedrohung er ist und während des ganzen Kriegsverlaufs war. Gut, dass die Welt davon nie erfährt und nie die tönernen Füße bei diesem übermenschlichen Wesen vermutet. Ohne Churchill wäre England mit Sicherheit verloren gewesen, mit ihm stand England ein um das andere Mal am Rand des Desasters."
Alsbald gewann der neue Premier die Vereinigten Staaten als "inoffiziellen Verbündeten auf hoher See". Schwer tat er sich mit der Sowjetunion, wenn auch nach Beginn des "Unternehmens Barbarossa" die "pro-russischen Gefühle" dominierten: "Das britische Informationsministerium nährte die freundliche Einstellung zu Moskau kräftig, zum Beispiel durch eine Propagandabroschüre, wie die ideologische Furcht vor den Sowjets zu überwinden sei - etwa mit dem Argument, Behauptungen über den Roten Terror, die Stalin'schen Säuberungen der dreißiger Jahre, seien nichts weiter als Nazi-Erfindungen . . . Solche gezielte Desinformation empörte niemanden mehr als einen Schriftsteller wie George Orwell." 1943/44, als sich Stalin der größten Beliebtheit auf der Insel erfreute, schrieb Orwell die anti-kommunistische Parabel "Animal Farm", für die sich kein Verleger fand; erst nach dem Weltkriegsende durfte der "prophetische Text" erscheinen.
Die Zusammenarbeit in der Anti-Hitler-Koalition, die sich bis Ende 1941 zusammenfand, gestaltete sich schwierig. Der amerikanische Präsident Roosevelt und der britische Premier Churchill wetteiferten beispielsweise während der Konferenz von Teheran Ende 1943 darum, "wer den roten Zaren am besten zu nehmen verstand". Beide westliche Staatslenker ließen sich vom Kreml-Chef einlullen. Damals wurde Churchill - wie er gegenüber Violet Bonham Carter bekannte - bewusst, was für ein kleines Land er vertrat: "Auf der einen Seite der große russische Bär mit seinen ausgestreckten Tatzen", "auf der anderen der großartige amerikanische Büffel", dazwischen "der arme kleine englische Esel", der allein "den richtigen Weg nach Hause kennt". Bei der Vorherrschaft Washingtons und Moskaus flüchtete sich London in die schmeichelhafte Vorstellung, als Einzige "den Weg nach vorn zu wissen. Auf dem Zenit seiner Laufbahn, im Glanze seiner Anerkennung als global agierende Figur, begann der Abstieg des Winston Spencer Churchill", urteilt der Biograph treffend.
Bei der Konferenz von Jalta Anfang 1945 verlor Churchill den Kampf um Polen. "Jalta" war sein "München", schreibt Kielinger: "Die Argumente, mit denen er seine Position verteidigt, klingen beklemmend nach Chamberlains Worten zur Rechtfertigung des Münchner Abkommens. Harold Nicolson notiert sich am 27. Februar in seinem Tagebuch: ,Winston ist so amüsiert wie ich, dass die Kriegstreiber von einst jetzt die Appeaser geworden sind und die Appeaser von damals heute die Kriegstreiber'." Untröstlich war er über den "Verlust Polens und anderer Länder des östlichen Europas, zu deren Befreiung England in den Krieg gezogen war und die auf Jahrzehnte hinaus einer neuen Unterdrückung anheimfielen. Dieser Verlust erschien ihm wie der Verrat an einem einmal gegebenen Versprechen. Um dieses Resultat rückgängig zu machen, erwog er im Mai 1945 sogar einen Krieg gegen die Sowjetunion, den verflossenen Bündnispartner, in einem Plan mit dem bezeichnenden Namen ,Operation Unthinkable'." Ähnlich realitätsfern war in der zweiten Regierungszeit dann 1953 sein Versuch, mit Stalins Nachfolgern ins Gespräch zu kommen, um den "Eisernen Vorhang" zu beseitigen. Dem großen Krieger blieb es versagt, ein großer Friedensstifter zu werden. Immerhin wurde er 1953 mit einem Nobelpreis geehrt, wenn auch zu seinem Leidwesen "nur" mit dem für Literatur.
RAINER BLASIUS
Thomas Kielinger: Winston Churchill. Der späte Held. Eine Biographie. Verlag C. H. Beck, München 2014. 400 S., 24,95 [Euro].
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"Großartige Biografie () Kielinger schildert detailreich, auf profunde Quellen gestützt, aber nie ausschweifend die scheinbar unerschöpflichen Gaben Churchills.
Hessische Allgmeine, Jörg S. Carl
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Broschiertes Buch
Den Namen Winston Churchill kennt vermutlich jeder, hat er doch in beiden Weltkriegen eine bedeutende Rolle gespielt und gilt als der bedeutendste britische Staatsmann des 20. Jahrhunderts. In diesem Buch stellt Thomas Kielinger nicht nur die wichtigsten Stationen seines langen Lebens vor, sondern …
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Den Namen Winston Churchill kennt vermutlich jeder, hat er doch in beiden Weltkriegen eine bedeutende Rolle gespielt und gilt als der bedeutendste britische Staatsmann des 20. Jahrhunderts. In diesem Buch stellt Thomas Kielinger nicht nur die wichtigsten Stationen seines langen Lebens vor, sondern präsentiert auch eine Reihe interessanter Dinge, die vielleicht nicht jedem bekannt waren und die geeignet sind, sich der faszinierenden Persönlichkeit Churchills neu zu nähern.
Der Autor berichtet seit 1998 für „Die Welt“ aus London und wurde für seine journalistischen Beiträge vielfach ausgezeichnet.
Dieses Buch hat mich von Anfang an gefesselt. Thomas Kielinger schreibt in einem leicht verständlichen Stil, der nie langweilig wirkt und von Anfang an neugierig macht – selbst, wenn man die geschichtlichen Rahmenbedingungen (natürlich) kennt.
Im Gegensatz zu anderen Biographien hält der Autor sich nicht lange mit Kindheit und Jugend auf, gerade lange genug, damit der Leser erkennen kann, wie sich gewisse Charakterzüge schon früh abzeichneten, wie er sich mit „eisernem Willen“ schon gegen seine Lehrer behauptete. Den Hauptteil nimmt zu recht sein politisches Schaffen ein, schließlich geht es hier um einen Mann, der mit 25 Jahren bereits ins Unterhaus gewählt wurde und der in den folgenden Jahrzehnten nahezu jedes Ministeramt des Landes bekleiden sollte und zweimal Premierminister wurde.
Was für mich beim Lesen besonders deutlich wurde, waren zwei Dinge. Zum einen das ungeheure Charisma, mit dem es Churchill gelang, Gegner und Anhänger zu beeindrucken. Und zum anderen eine enorme Widersprüchlichkeit, die sich durch sein ganzes Leben zieht und mir ziemlich zu denken gab.
Beispiele? Er liebte Luxus und Bequemlichkeit, unterwarf sich aber mit schöner Regelmäßigkeit großen Mutproben und Unannehmlichkeiten. Für den Krieg empfand er gleichermaßen Faszination und Abscheu. 1920 befürwortete er Senfgaseinsätze in Mesopotamien, um ein Jahr später scharfe Rügen zu verteilen wegen eines Vorfalls, bei dem Frauen und Kinder angegriffen wurden. Obwohl er selbst aus Adelskreisen stammte, agierte er als Sozialreformer. Der spätere Kriegsminister forderte in früheren Jahren Kosteneinsparungen beim Militär zur Finanzierung sozialpolitischer Programme. Bei Streiks, Ausständen und Arbeitskämpfen wendete sich das Blatt erneut, da war er bereit, schwere Geschütze aufzufahren, um „nationale Gefahren“ abzuwenden. Und welcher Politiker konnte so erfolgreich sein, obwohl er einen doppelten Parteienwechsel vollzogen hatte?
Wie konnte ein Mensch, der wegen offener Worte immer wieder aneckte und von dem es hieß, dass er eine „Verachtung für jedes Sichverstellen“ hätte, so oft seine Positionen und Ansichten ändern?
Thomas Kielinger nennt diese Aufarbeitung eine »Spurensuche in einem Leben voller Gegensätze«. Hochinteressant!
Die Aufteilung der einzelnen Kapitel und Unterkapitel ist sehr gut strukturiert und übersichtlich. Der Leser erlebt durch die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hindurch viele wichtige politische Etappen mit, wobei der Fokus natürlich auf Churchills Beteiligung liegt. Die eingefügten Fotos passten ebenfalls gut und gefielen mir sehr. Interessant fand ich auch einen Link zu dem Gesprächsprotokoll einer Besprechung zwischen Churchill und Adenauer aus dem Jahr 1953. Die Unsicherheit, die man bei Adenauer wahrnehmen kann, konnte ich recht gut nachvollziehen.
Was mir nicht so gefiel und folglich auch zum Punktabzug führte, war die für mein Empfinden doch zu große Verehrung, die der Autor Churchill entgegenbringt. Einige Formulierungen haben mich da doch etwas befremdet und ich hätte mir mehr Neutralität gewünscht.
Fazit: Hochinteressantes Porträt einer faszinierenden Persönlichkeit voller Charisma und Widersprüchlichkeiten.
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Broschiertes Buch
Churchill Biographie aus der Feder von Thomas Kielinger ist ein gehaltsvolles Werk, das nicht nur das Leben von W. Churchill erzählt, sondern auch ein gutes Stück europäischer Geschichte aus dieser spannender Perspektive.
Es gibt viel Positives über dieses Buch zu berichten. Man …
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Churchill Biographie aus der Feder von Thomas Kielinger ist ein gehaltsvolles Werk, das nicht nur das Leben von W. Churchill erzählt, sondern auch ein gutes Stück europäischer Geschichte aus dieser spannender Perspektive.
Es gibt viel Positives über dieses Buch zu berichten. Man sieht die fundierte Recherche, die hier zugrundeliegt. Churchill kommt deutlich sowohl als Politiker als auch als Schriftsteller und Maler rüber. Es wird auch klar, wie diverse Facetten seiner Persönlichkeit ineinander greifen und Churchill zu einer komplexen Figur gestalten. Die Leser erfahren auch mal weniger bekannte Details aus Churchills Leben. Auch die wichtigen Fragen und Entscheidungen vor dem und während des zweiten Weltkrieges, genauso diese im Fall des ersten Weltkrieges, sind detailliert und unterhaltsam dargeboten worden.
Der Autor ist sprachgewandt und setzt dies gezielt wie gekonnt ein. Für den Erzählstil konnte ich mich etwas weniger begeistern: Er ist wie ein Gespräch mit den Lesern angegangen worden, bloß erschien er mir doch etwas gekünstelt und manchmal auch belehrend und von oben herab.
Ein weiterer Punkt, der auf wenig Begeisterung meinerseits stieß: Es wurde rege zwischen den Zeiten, Ereignissen und Themen gesprungen. Etwas mehr Stringenz habe ich oft gewünscht. Zudem wurden einige, nicht wenige, Themen angesprochen und fallengelassen, sodass man etwas über den Anfang eines Sachverhalts, einer Beziehung, in etwa zw. Churchill und Stalin oder Churchill und Adenauer, etc. erfuhr, das wurde dann aber nicht zu Ende erzählt, und ich musste rätseln, was daraus geworden ist. Bei Stalin z.B. wurde zum Schluss dieses Erzählstrangs angedeutet, Stalin hätte sich an bestimmte Zusagen nicht gehalten. Es blieb aber wage, was denn genau. Zwei, drei Sätze, um solche angefangenen Subthemen abzuschließen, wären schon sehr hilfreich gewesen und hätten dem Ganzen einen besseren, stimmigeren Eindruck verliehen. Viele angefangene Erzählstränge lösten sich leider im Wohlwollen auf.
Etwas weniger Pathos und Verneigung vor Figur Churchill wäre auch schöner gewesen. Es ist, als ob das unbedingte Ziel war es, Churchill als einen Helden hinzustellen, egal was, völlig ungeachtet dessen, was er für Fehler gemacht und für grausige Pläne gehegt hat, z.B. Er plante, kurz nach der Beendigung des zweiten Weltkrieges Russland anzugreifen, um seinen politischen Einfluss zu mindern. Oder auch Bombardement der dt. Städte kurz vor dem Kriegsende, uvm. Churchill ist eigentlich ein Mann, der viele unnötige Tode, viel Leid und Zerstörung im großen Stil zu verantworten hätte. Er wurde innenpolitisch auch mehrmals abgewählt und aus der großen Politik entfernt. Solche Dinge wurden zwar erzählt, aber alles in so ein Licht voller Glanz und Gloria und Bewunderung über die historische Größe etc. pp. dieses Mannes getaucht, dass eine kritische Auseinandersetzung da keinen Platz hatte.
Gut, man kann wohlwollend sagen, es ist wohl so ein Ansatz, die Churchill Biographie auf solche Art zu erzählen. Der Autor hat sein profundes Wissen zu dem Thema und vielen angrenzenden Bereichen eingehend demonstriert. Das Ganze jedoch etwas nüchterner darzubieten, wäre ein Plus gewesen.
Nichtsdestotrotz, kann ich hier vier Sterne vergeben und eine Leseempfehlung aussprechen. Man erfährt schon viel Spannendes, unterhaltsam dargeboten, über Churchill und seine Zeit, die eine beachtliche Spanne aufweist und Kernmomente der europäischen Geschichte beinhaltet.
Das Buch habe ich auch gehört. Sprecher Gert Heidenreich hat sehr gut gelesen. Er hat eine wohl klingende, professionell geschulte Stimme, die er perfekt einzusetzen weiß. Ich gewann jedoch den Eindruck, dass dieses Belehrende und sich vor Churchill Verneigende, aber auch das Unterhaltsame dieses Werkes, durch Heidenreichs Art noch verstärkter zutage trat. Man kann dieses Werk auch gut hören, keine Frage.
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