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Wie wurde Edvard Munch zu einem der berühmtesten Künstler der Welt?
Wie wurde Edvard Munch zu einem der berühmtesten Künstler der Welt? In einer höchst persönlichen Weise nähert sich Karl Ove Knausgård bekannten wie unbekannten Bildern Munchs - in dem Versuch zu ergründen, was in ihnen auf dem Spiel steht und auf welche Art sie in unserer Kultur weiterleben. Er fährt zu Orten, an denen Munch lebte, spricht mit Kunstkennern und Künstlern - aber vor allem schreibt er über seine eigene Beziehung zu Edvard Munch, ausgehend von der naiven Frage: Was ist Kunst und wozu brauchen wir sie…mehr

Produktbeschreibung
Wie wurde Edvard Munch zu einem der berühmtesten Künstler der Welt?

Wie wurde Edvard Munch zu einem der berühmtesten Künstler der Welt? In einer höchst persönlichen Weise nähert sich Karl Ove Knausgård bekannten wie unbekannten Bildern Munchs - in dem Versuch zu ergründen, was in ihnen auf dem Spiel steht und auf welche Art sie in unserer Kultur weiterleben. Er fährt zu Orten, an denen Munch lebte, spricht mit Kunstkennern und Künstlern - aber vor allem schreibt er über seine eigene Beziehung zu Edvard Munch, ausgehend von der naiven Frage: Was ist Kunst und wozu brauchen wir sie eigentlich?

"Edvard Munch - gesehen von Karl Ove Knausgård". Große Ausstellung vom 12. Oktober 2019 bis 1. März 2020 in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf
Autorenporträt
Karl Ove Knausgård wurde 1968 geboren und gilt als wichtigster norwegischer Autor der Gegenwart. Die Romane seines sechsbändigen, autobiographischen Projektes wurden weltweit zur Sensation. Sie sind in über 30 Sprachen übersetzt und vielfach preisgekrönt. Knausgård erhielt u.a. den WELT-Literaturpreis, den italienischen Malaparte-Preis, den Wall Street Journal's Innovator Award for Literature, den Sunday Times Award for Literarey Exellence sowie den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur. Er lebt in London. So viel Sehnsucht auf so kleiner Fläche entstand anlässlich der Zusammenarbeit des Autors mit dem Munch-Museum und der von ihm kuratierten Munch-Ausstellung in Oslo, die im Sommer 2017 eröffnet wurde und für die Knausgård unter anderem mehrere Gemälde, Graphiken und Skulpturen auswählte, die nie zuvor öffentlich gezeigt wurden. Über die Ausstellung schreibt Knausgård: ¿Ich wollte unbekannte Bilder zeigen, geleitet von der Vorstellung, dass man dadurch Munch sehen könnte, als sähe man ihn zum ersten Mal und als das, was er war, ein Maler, der niemals stehenblieb und niemals erstarrte.¿
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.10.2019

Der Idiot
Wenn sich die Welt in ein Werk verwandelt:
Karl Ove Knausgård und sein Buch über Edvard Munch
VON THOMAS STEINFELD
Es ist schwierig, von Landschaften zu erzählen, fast so schwierig, wie von Träumen zu berichten. Nie scheinen die Worte auszureichen. Immer ist da ein Ungenügen, dass das Wesentliche, das einem doch so deutlich vor Augen zu stehen scheint, am Ende doch nicht getroffen ist. Im Angesicht einer Landschaft erscheint alle Sprache dürftig, und das gilt auch für das scheinbar schlichteste Landschaftsbild, für Edvard Munchs Gemälde eines mit Kohlköpfen bestandenen Ackers etwa, das der norwegische Schriftsteller Karl Ove Knausgård so beschreibt: „Die Kohlpflanzen im Vordergrund sind grob und fast skizzenhaft gemalt und lösen sich zum Hintergrund hin in grüne und blaue Pinselstriche auf. Neben dem Acker befindet sich ein Feld in Gelb, darüber ein Feld in Dunkelgrün und wiederum darüber ein schmales Feld mit einem sich verdunkelnden Himmel. Das ist alles, das ist das ganze Bild.“ Dennoch hat Karl Ove Knausgård ein ganzes Buch über dieses Bild und andere Werke Edvard Munchs geschrieben. Weil aber das Betrachten und das Beschreiben bei Gemälden so weit auseinandertritt, handelt dieses Buch vor allem davon, wie schwierig es ist, sie zu beschreiben.
Entstanden ist dieses Buch aus einer Auftragsarbeit. Karl Ove Knausgård hatte in Malmö einen Vortrag über Edvard Munch gehalten, woraus die Anfrage hervorging, ob er nicht in Oslo eine Ausstellung mit Werken Munchs kuratieren wolle, was dann schließlich zu dieser Schrift führte. Über diese Entstehungsgeschichte lässt sich spotten, weil es in der Kunst- und Kulturgeschichte nicht viele berühmte Norweger gibt, und hier der berühmteste norwegische Schriftsteller der Gegenwart über einen der berühmtesten norwegischen Künstler der Vergangenheit schreibt. Für die nähere Zukunft erwartet man Bücher zu Henrik Ibsen, Edvard Grieg sowie, zur allgemeinen Aufregung, Knut Hamsun. Doch ist die Schrift über Munch eine ernste Angelegenheit, der sich Karl Ove Knausgård mit der ihm eigenen Gewissenhaftigkeit stellt. Er tut es umso mehr, als er weiß, warum Betrachten und Beschreiben so weit auseinanderliegen: weil die Landschaft, und sei es nur dieser Acker mit Kohlköpfen, etwas verspricht, das sie nicht einlösen kann: „gleichwohl Versöhnung, gleichwohl Frieden, gleichwohl der Rest von etwas Schrecklichem“. Aus diesem Grund erzählt dann der Betrachter von sich selbst, manchmal ausführlich und gedanklich durchgearbeitet, manchmal beinahe nur in Gestalt von Stimmungslauten: „also Kohl, Korn und Wald“, also in der Hoffnung, dass es im Leser eine Saite gibt, die mitschwingt, auch wenn sie nicht berührt wird.
Nur wenige Werke Edvard Munchs sind dem großen Publikum bekannt: die vier Gemälde und die eine Lithografie, zwischen den Jahren 1893 und 1910 entstanden, die den Namen „Der Schrei“ tragen, ferner der „Vampir“ (wiederum eine Serie), die „Angst“ und vielleicht die „Madonna“. Gemalt aber hatte Edvard Munch in sechzig Schaffensjahren etwa 1700 Bilder, wozu zahllose Arbeiten auf Papier kommen. Viele von ihnen wurden nie ausgestellt, sondern blieben verwahrt in den Depots des Munch-Museums in Oslo, wobei sich das Schicksal dieser Werke mit der unter Kunsthistorikern und Kritikern verbreiteten Ansicht verband, Edvard Munch sei nach einer Nervenkrise im Jahr 1908 ein minderer Maler geworden. Karl Ove Knausgård nun will das spätere Œuvre dem Vorurteil entreißen, Edvard Munch sei eigentlich ein Maler der finstersten Seelenzustände und nur als solcher wirklich groß. Die Gemüsegärten, Apfelhaine und kleinen Wälder, die der Künstler in steter Folge in der relativen Abgeschiedenheit seiner Villa in Ekely verfertigte, haben es ihm dagegen angetan. An die Stelle der tiefen Einsamkeit und der Sehnsucht, die das frühe Werk geprägt hätten, so die These Knausgårds, sei eine beinahe schon lebensförderliche Hingabe an das Beobachten getreten, vor allem der näheren Umgebung.
Selbstverständlich drängt sich bei einer solchen These die Parallele zu Karl Ove Knausgård selbst auf, zu dem Schriftsteller, der einer romanhaften Autobiografie namens „Mein Kampf“ ein Werk von sechstausend Seiten Umfang widmete, so als gäbe es kein Maß für das Interesse, das ein internationales Publikum am Leben eines werdenden Schriftstellers aus der europäischen Peripherie haben könne. Tatsächlich gibt es Passagen im Buch über Edvard Munch, die an „Mein Kampf“ erinnern, wie auch an die kleinen Bücher über die vier Jahreszeiten, die das Schönste sind, was Karl Ove Knausgård bislang schrieb: Berichte über das Leben einer Familie in einem alten Haus im äußersten Süden Schwedens, in einem Winter zum Beispiel, in dem ihn, im Angesicht von dünn beschneiten Feldern und in der Betrachtung eines Bildes von Edvard Munch, das ebenfalls eine beschneite Landschaft zeigt, plötzlich die Einsicht überfällt: „Das Grundgefühl war Einsamkeit, in der Welt allein zu sein. Nicht ohne Freunde oder Familie, nicht ohne andere Menschen in der Nähe, nicht diese konkrete Einsamkeit, sondern die rasende und existenzielle: Ich bin hier, auf dieser Erde, und ich bin allein.“ Man könnte dieses Gefühl für etwas Nordisches halten, für eine Empfindung, die sich einstellt, wenn die Erde leer und der Himmel groß ist. Das wäre aber nur sentimental. Bei Knausgård wird es zum Ausgangspunkt einer Bewegung, die „Welt“ in sich aufzunehmen und in ein Werk zu verwandeln.
Mit der ihm eigenen Neugier, aber auch mit der ihm eigenen Unsicherheit macht sich Karl Ove Knausgård auf, mehr über Edvard Munch zu erfahren, über die Person und über das Malen. Er fährt nach Ekely, um dort die Reste des Anwesens zu sehen, er besichtigt den Badeort Åsgårdstrand, wo Munch ein Sommerhaus besaß, und schaut sich dort die Steine an, die er auf den Bildern wiederfindet. Er besucht die Maler Anselm Kiefer und Peter Doig, lässt sich von Kunsthistorikern und Kritikern beraten, er taucht in die Biografie Edvard Munchs ein, um eine verlorene Seele darin zu finden, er arbeitet an einem Dokumentarfilm, der den Künstler als eine Gestalt des internationalen Kulturbetriebs zeigt, und er unternimmt all diese Anstrengungen, um immer wieder zu derselben Frage zurückzukehren: Was ist Kunst, und warum vermag sie so viel zu bedeuten? Dieser Frage wegen macht er sich, wie er selbst meint, zu einem „Idioten“, was heißt, dass er lauter Fragen stellt, die Menschen vom Fach nicht in den Sinn kommen würden. Der Idiot ist aber klug, er denkt gründlich und umfassend, weshalb er zum Skeptiker der „statischen Größe“ oder der kritischen Konventionen wird, die sich bevorzugt an ein scheinbar so symbolträchtiges Werk heften.
Deswegen ist am Ende auch die Auseinandersetzung mit dem „Schrei“ unausweichlich. Aber die Auseinandersetzung findet eher am Rande statt, in der Bemerkung etwa, der „Schrei“ sei aus der Anstrengung Edvard Munchs hervorgegangen, sich immer wieder selbst zu übertreffen, und es wäre zu dieser Anstrengung nicht gekommen, wenn es nicht auch ein Bewusstsein von Mittelmäßigkeit, von systematischem Ungenügen gegeben hätte. Deshalb sei der „Schrei“ so wild, so „unfassbar bahnbrechend und fortschrittlich“ ausgefallen. Zu dieser Einsicht gehört eine andere Erkenntnis. Sie gilt dem Umstand, dass Edvard Munch zu gewissen Zeiten und in gewissen Bildern – der „Schrei“ soll offenbar dazugehören – versucht habe, etwas Persönliches und Zeittypisches als etwas Grundsätzliches und Allgemeingültiges darzustellen. Und dass gerade dieser Versuch den „Schrei“ für die Nachgeborenen in etwas Fremdes verwandelt habe, in etwas Unnatürliches, das wirkt, „als wäre es aus einer anderen Welt zu uns gesandt“. Um wie viel zugänglicher, ja wahrer erscheinen dagegen heute die Kohlköpfe und Baumstümpfe. Unangetastet von solchen Überlegungen zur Rezeptionsgeschichte bleibt indessen, was es mit dem „Schrei“ als Bild auf sich hat: dass dieses Gemälde einen zerrissenen Kopf zeigt, in dem das Gesicht und damit alle Zeichenhaftigkeit verschwunden und nur das Schreiende als solches sichtbar ist, als eine Kraft, der gegenüber die „ästhetischen Einwände irrelevant erscheinen“.
Das Buch schließt damit, dass Karl Ove Knausgård selbst ein Bild Edvard Munchs erwirbt, einen der unzähligen Drucke, die durch die Internet-Auktionen geistern, ein Frauenporträt aus dem Jahr 1904, gezeichnet in nur einem Strich, zu einem Preis, für den er der Familie eine Ferienreise hätte kaufen können oder eine gute Fruchtpresse. Der Schriftsteller bringt das Bild nach Hause, hängt es an die Wand, was nicht einfach ist, weil es die anderen Bilder dort verdrängt, und er ist betört, durch nichts als „Präsenz“. Denn darum gehe es ja schließlich, hält er fest, dass alles, „was in diesem Buch gedacht und geschrieben wurde, seine Gültigkeit in dem Augenblick verliert, in dem der Blick der Leinwand begegnet“. Zu den glücklichen Augenblicken, die das Buch bereitet, gehört die schlichte Erkenntnis, dass Karl Ove Knausgård auch diesen Satz geschrieben hat.
Karl Ove Knausgård: So viel Sehnsucht auf so kleiner Fläche. Evard Munch und seine Bilder. Aus dem Norwegischen von Paul Berf. Luchterhand Verlag, München 2019. 288 Seiten, 24 Euro
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Am Ende kauft der Autor selbst
ein Bild von Munch zum
Preis einer guten Fruchtpresse
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