Nicht lieferbar

Versandkostenfrei!
Nicht lieferbar
Weitere Ausgaben:
Mina Wolf, Journalistin und Gelegenheitstexterin, opfert den Sommer, um einen Aufsatz über den Dreißigjährigen Krieg für die Festschrift einer Kleinstadt zu schreiben. Eine irre Nachbarin, die Tag für Tag von morgens bis abends auf ihrem Balkon lauthals singt, zwingt sie, nur noch nachts zu arbeiten. Die kleine, enge Straße gerät in Aufruhr und in Minas Kopf vermischen sich der Dreißigjährige Krieg, die täglichen Nachrichten über Krieg und Terror mit der anschwellenden Aggression in der Nachbarschaft. Als auch noch eine Krähe in ihre nächtliche Einsamkeit gerät, die sie Munin nen...
Mina Wolf, Journalistin und Gelegenheitstexterin, opfert den Sommer, um einen Aufsatz über den Dreißigjährigen Krieg für die Festschrift einer Kleinstadt zu schreiben. Eine irre Nachbarin, die Tag für Tag von morgens bis abends auf ihrem Balkon lauthals singt, zwingt sie, nur noch nachts zu arbeiten. Die kleine, enge Straße gerät in Aufruhr und in Minas Kopf vermischen sich der Dreißigjährige Krieg, die täglichen Nachrichten über Krieg und Terror mit der anschwellenden Aggression in der Nachbarschaft. Als auch noch eine Krähe in ihre nächtliche Einsamkeit gerät, die sie Munin nennt und mit der sie ein Gespräch über Gott und die Welt beginnt, ist das Chaos in Minas Kopf komplett.
Monika Maron entwirft in diesem turbulenten Roman provokant und mit Humor ein Stimmungsbild unserer Zeit.
Monika Maron entwirft in diesem turbulenten Roman provokant und mit Humor ein Stimmungsbild unserer Zeit.
Maron, Monika§
Monika Maron ist 1941 in Berlin geboren, wuchs in der DDR auf, übersiedelte 1988 in die Bundesrepublik und lebt seit 1993 wieder in Berlin. Sie veröffentlichte zahlreiche Romane, darunter »Flugasche«, »Animal triste«, »Endmoränen«, »Ach Glück« und »Zwischenspiel«, außerdem mehrere Essaybände, darunter »Krähengekrächz«, und die Reportage »Bitterfelder Bogen«. Zuletzt erschienen die Romane »Munin oder Chaos im Kopf« (2018) und »Artur Lanz« (2020). Sie wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Kleist-Preis, der Carl-Zuckmayer-Medaille, dem Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg, dem Deutschen Nationalpreis und dem Lessing-Preis des Freistaats Sachsen.
Literaturpreise:
unter vielen anderen:
Kleist-Preis 1992
Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg 2003
Ida-Dehmel-Literaturpreis 2017
Monika Maron ist 1941 in Berlin geboren, wuchs in der DDR auf, übersiedelte 1988 in die Bundesrepublik und lebt seit 1993 wieder in Berlin. Sie veröffentlichte zahlreiche Romane, darunter »Flugasche«, »Animal triste«, »Endmoränen«, »Ach Glück« und »Zwischenspiel«, außerdem mehrere Essaybände, darunter »Krähengekrächz«, und die Reportage »Bitterfelder Bogen«. Zuletzt erschienen die Romane »Munin oder Chaos im Kopf« (2018) und »Artur Lanz« (2020). Sie wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Kleist-Preis, der Carl-Zuckmayer-Medaille, dem Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg, dem Deutschen Nationalpreis und dem Lessing-Preis des Freistaats Sachsen.
Literaturpreise:
unter vielen anderen:
Kleist-Preis 1992
Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg 2003
Ida-Dehmel-Literaturpreis 2017
Produktdetails
- Verlag: S. Fischer Verlag GmbH
- Artikelnr. des Verlages: 9686
- 4. Aufl.
- Seitenzahl: 224
- Erscheinungstermin: 21. Februar 2018
- Deutsch
- Abmessung: 213mm x 136mm x 24mm
- Gewicht: 325g
- ISBN-13: 9783100488404
- ISBN-10: 3100488407
- Artikelnr.: 49539892
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Perlentaucher-Notiz zur FAS-Rezension
Rezensentin Julia Encke warnt davor, die Ich-Erzählerin in diesem Roman unreflektiert mit der Autorin zu verwechseln, und das nicht aus literaturwissenschaftlicher Pingeligkeit, sondern weil darin gerade die Pointe liege. Die Ich-Erzählerin Mina Wolf ähnelt Maron durchaus, sie lebt als Journalistin in einer Schöneberger Straße in Berlin und steigert sich, obwohl journalistisch versiert, Tag für Tag in die Schreckensmeldungen von Krieg und Flucht, islamischem Machtstreben und sexuellen Übergriffen durch eingewanderte Männer. Die Ressentiments sind nicht die des Romans, betont Encke, sondern die einer panischen Frau, die sich, befeuert von der allseits gereizten Stimmung, ihren diffusen Ängsten hingibt. Encke sieht hier eindeutig eine Fallgeschichte beschrieben, und die kluge Krähe Munin, mit der sich die Erzählerin auseinandersetzen muss, bürgt ihr dafür. Die Schriftstellerin Maron, schließt Encke, ist klüger als die Leitartiklerin, und sie empfiehlt ihr dringend diesen "enorm kunstvoll konstruierten" Roman mit seiner bewundernswert präzisen Sprache.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
So klingt anschwellendes Krähengekrächz
Vernunft ist keine Perspektive mehr: Monika Marons neuer Roman setzt auf eine allwissende tierische Protagonistin
Als im vergangenen Jahr Robert Menasse mit seinem EU-Roman "Die Hauptstadt" den Deutschen Buchpreis und das Herz eines großen Publikums gewann, sah man, wie wenig in diesem Land Essays gelesen werden. Denn alles, was Menasse an der Brüsseler Bürokratie zu loben oder auszusetzen hatte, also das, was am Buch als besonders originell gelobt wurde, war auch schon im "Europäischen Landboten" enthalten, den Menasse 2012 publiziert hatte, als ihm der bereits geplante Roman noch nicht so recht von der Hand gehen wollte. Zur Überbrückung schrieb er damals seine Gedanken
Vernunft ist keine Perspektive mehr: Monika Marons neuer Roman setzt auf eine allwissende tierische Protagonistin
Als im vergangenen Jahr Robert Menasse mit seinem EU-Roman "Die Hauptstadt" den Deutschen Buchpreis und das Herz eines großen Publikums gewann, sah man, wie wenig in diesem Land Essays gelesen werden. Denn alles, was Menasse an der Brüsseler Bürokratie zu loben oder auszusetzen hatte, also das, was am Buch als besonders originell gelobt wurde, war auch schon im "Europäischen Landboten" enthalten, den Menasse 2012 publiziert hatte, als ihm der bereits geplante Roman noch nicht so recht von der Hand gehen wollte. Zur Überbrückung schrieb er damals seine Gedanken
Mehr anzeigen
schon einmal als teilnehmende Beobachtung auf. Muss man es beklagen oder beklatschen, dass Romanciers in pointierter Form die Gegenstände ihrer eigentlichen Romanprojekte vorwegnehmen?
Monika Maron hat es genauso gehalten wie Robert Menasse. Zwei Jahre bevor nun "Munin oder Chaos im Kopf" erschienen ist, brachte sie den schmalen Band "Krähengekrächz" heraus. Vielleicht spekulierten Autorin und Verlag dabei auf den anhaltenden Erfolg von naturkundlichen literarischen Texten, wie sie Judith Schalansky mit ihrer Reihe im Verlag Matthes & Seitz populär gemacht hat. Vielleicht tat sich aber auch Monika Maron schwer mit dem politischen Stoff, der sie beschäftigte. Jedenfalls enthielt "Krähengekrächz" schon zentrale Passagen des Romans, vor allem jene Balkon-Begegnungen zwischen Ich-Erzählerin und Vogel, die schließlich zu so etwas wie wechselseitiger Vertrautheit und sogar Vertrauen führen. Sowie zu politischer Allegorie. Einfüßig war die Krähe übrigens auch damals schon. Und sie trug zwar noch nicht den Namen Munin, aber dass einer der beiden Raben, die den nordischen Gott Odin begleiten, so heißt, konnte man auch schon im Essay lesen.
Nun aber tritt Munin leibhaftig auf und kann nicht nur erstaunlich vernünftig agieren, sondern auch sprechen. Verstehen kann das Tier allerdings nur die Ich-Erzählerin, die fünfzigjährige Mina Wolf, ihres Zeichens freie Publizistin mit hohem Selbstanspruch. Aus ihrer Dachwohnung in einer nachbarschaftlich akut zerstrittenen Straße einer Stadt, die unschwer als Berlin zu identifizieren ist, behält sie allein den Überblick: "Die Menschen waren gereizter und je nach Naturell fatalistisch oder aggressiv geworden, was nicht nur die Bewohner unserer Straße betraf, sondern auch alle anderen, und das nicht, weil die Welt sich in den letzten zwölf Monaten so verändert hätte, sondern gerade weil sie sich nicht verändert hatte, weil das, was schon vor Jahren begonnen und sich im vergangenen Jahr in Krieg, Krisen und weltweitem Terror entladen hatte, alltäglich geworden war." Mina Wolf geht mit der politischen Gegenwart, die auch die unsere ist, hart ins Gericht.
Ihre Skepsis ist geweckt durch einen Aufsatz über den Dreißigjährigen Krieg, an dem sie während der wenigen Monate der Romanhandlung schreibt. Jene Kriegszeit war ein Fest für Raubvögel, und so findet eine Krähe im Hinterhof, die durch ihre Verstümmelung aus dem Schwarm der Artgenossen heraussticht, die besondere Aufmerksamkeit von Mina Wolf, bis der Vogel plötzlich - mehr als ein Drittel des Romans ist da schon vorbei - zu sprechen anhebt, "mit einer Stimme, die ich bei einer Krähe nicht vermutet hätte. Mir schien, als klänge sie sogar meiner eigenen nicht unähnlich."
Ob es eine innere Stimme ist, die Mina Wolf da hört, oder tatsächlich ein Wunder der Natur, lässt der Roman unentschieden. Es tut auch nichts zur Sache, denn in der auf Munin getauften Krähe findet die Publizistin die einzige ernstzunehmende Gesprächspartnerin, während sich auf der Straße die Menschen immer tiefer verfeinden. Mina Wolf diagnostiziert auf Grundlage ihrer historischen Studien eine Vorkriegszeit, und die Krähe tut nichts, ihr diese Sorge zu nehmen, im Gegenteil. Als Götterbotin kann sie höhere Weisheit bei ihrem anschwellenden Vogelgesang in Anspruch nehmen, und die Verlagerung der Weisheit erfolgt im Verlauf des Geschehens immer mehr vom Menschen- aufs Krähengeschlecht.
Man darf Monika Marons neuen Roman mit Fug und Recht ein rabenschwarzes Buch nennen, in dem es zur Auflösung der zivilisatorischen Bande kommt - zwar nicht zum Äußersten, aber doch zu einer Eskalation, die in einer Art Gottesurteil den Störfaktor in der Straße schließlich zum Schweigen bringt. Es war eine leicht gestörte Frau, die alles in Unordnung gestürzt hatte: "Chaos im Kopf, damit hebelst du jede Ordnung aus", weist Mina Wolf eine Freundin zurecht, die zuvor das Kreative am Chaos gelobt hatte. Munin dagegen, die als gehandicapte Krähe das harte, aber gerechte Naturgesetz verkörpert, definiert das Paradies mit nietzscheanischer Kälte als unmoralische Angelegenheit: "Alles, was du tust, ist richtig, weil es das Falsche nicht gibt." Aus den theologischen Debatten zwischen Frau und Krähe geht der Vogel als Sieger hervor, am Schluss gar selbst als eine Art Gott.
Mit dieser Verlagerung ins Naturwüchsige gibt Monika Maron ihren bitteren Kommentar zum aktuellen Zeitgeschehen ab. Dass sie eine unbedeutende Straße zum Vorkriegsschauplatz macht, in dem die Vernunft abdankt, und eine Krähe als Prophetin inszeniert, ist Ausdruck ihrer offenkundigen Verzweiflung am Bestehenden. Die isolierte Protagonistin von "Munin" ist eine im wörtlichen Sinne Berufene: "Ich antworte nur dir", sagt die Krähe. "Finde dich einfach damit ab. Wenn du willst, können wir uns weiter unterhalten." Man muss fürchten, dass Mina Wolf das Angebot annehmen wird und auf das anschwellende Rabengekrächz weiterhin mehr gibt als zum Beispiel auf Hilferufe in den Straßen.
ANDREAS PLATTHAUS
Monika Maron: "Munin oder Chaos im Kopf". Roman.
Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2018. 222 S., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Monika Maron hat es genauso gehalten wie Robert Menasse. Zwei Jahre bevor nun "Munin oder Chaos im Kopf" erschienen ist, brachte sie den schmalen Band "Krähengekrächz" heraus. Vielleicht spekulierten Autorin und Verlag dabei auf den anhaltenden Erfolg von naturkundlichen literarischen Texten, wie sie Judith Schalansky mit ihrer Reihe im Verlag Matthes & Seitz populär gemacht hat. Vielleicht tat sich aber auch Monika Maron schwer mit dem politischen Stoff, der sie beschäftigte. Jedenfalls enthielt "Krähengekrächz" schon zentrale Passagen des Romans, vor allem jene Balkon-Begegnungen zwischen Ich-Erzählerin und Vogel, die schließlich zu so etwas wie wechselseitiger Vertrautheit und sogar Vertrauen führen. Sowie zu politischer Allegorie. Einfüßig war die Krähe übrigens auch damals schon. Und sie trug zwar noch nicht den Namen Munin, aber dass einer der beiden Raben, die den nordischen Gott Odin begleiten, so heißt, konnte man auch schon im Essay lesen.
Nun aber tritt Munin leibhaftig auf und kann nicht nur erstaunlich vernünftig agieren, sondern auch sprechen. Verstehen kann das Tier allerdings nur die Ich-Erzählerin, die fünfzigjährige Mina Wolf, ihres Zeichens freie Publizistin mit hohem Selbstanspruch. Aus ihrer Dachwohnung in einer nachbarschaftlich akut zerstrittenen Straße einer Stadt, die unschwer als Berlin zu identifizieren ist, behält sie allein den Überblick: "Die Menschen waren gereizter und je nach Naturell fatalistisch oder aggressiv geworden, was nicht nur die Bewohner unserer Straße betraf, sondern auch alle anderen, und das nicht, weil die Welt sich in den letzten zwölf Monaten so verändert hätte, sondern gerade weil sie sich nicht verändert hatte, weil das, was schon vor Jahren begonnen und sich im vergangenen Jahr in Krieg, Krisen und weltweitem Terror entladen hatte, alltäglich geworden war." Mina Wolf geht mit der politischen Gegenwart, die auch die unsere ist, hart ins Gericht.
Ihre Skepsis ist geweckt durch einen Aufsatz über den Dreißigjährigen Krieg, an dem sie während der wenigen Monate der Romanhandlung schreibt. Jene Kriegszeit war ein Fest für Raubvögel, und so findet eine Krähe im Hinterhof, die durch ihre Verstümmelung aus dem Schwarm der Artgenossen heraussticht, die besondere Aufmerksamkeit von Mina Wolf, bis der Vogel plötzlich - mehr als ein Drittel des Romans ist da schon vorbei - zu sprechen anhebt, "mit einer Stimme, die ich bei einer Krähe nicht vermutet hätte. Mir schien, als klänge sie sogar meiner eigenen nicht unähnlich."
Ob es eine innere Stimme ist, die Mina Wolf da hört, oder tatsächlich ein Wunder der Natur, lässt der Roman unentschieden. Es tut auch nichts zur Sache, denn in der auf Munin getauften Krähe findet die Publizistin die einzige ernstzunehmende Gesprächspartnerin, während sich auf der Straße die Menschen immer tiefer verfeinden. Mina Wolf diagnostiziert auf Grundlage ihrer historischen Studien eine Vorkriegszeit, und die Krähe tut nichts, ihr diese Sorge zu nehmen, im Gegenteil. Als Götterbotin kann sie höhere Weisheit bei ihrem anschwellenden Vogelgesang in Anspruch nehmen, und die Verlagerung der Weisheit erfolgt im Verlauf des Geschehens immer mehr vom Menschen- aufs Krähengeschlecht.
Man darf Monika Marons neuen Roman mit Fug und Recht ein rabenschwarzes Buch nennen, in dem es zur Auflösung der zivilisatorischen Bande kommt - zwar nicht zum Äußersten, aber doch zu einer Eskalation, die in einer Art Gottesurteil den Störfaktor in der Straße schließlich zum Schweigen bringt. Es war eine leicht gestörte Frau, die alles in Unordnung gestürzt hatte: "Chaos im Kopf, damit hebelst du jede Ordnung aus", weist Mina Wolf eine Freundin zurecht, die zuvor das Kreative am Chaos gelobt hatte. Munin dagegen, die als gehandicapte Krähe das harte, aber gerechte Naturgesetz verkörpert, definiert das Paradies mit nietzscheanischer Kälte als unmoralische Angelegenheit: "Alles, was du tust, ist richtig, weil es das Falsche nicht gibt." Aus den theologischen Debatten zwischen Frau und Krähe geht der Vogel als Sieger hervor, am Schluss gar selbst als eine Art Gott.
Mit dieser Verlagerung ins Naturwüchsige gibt Monika Maron ihren bitteren Kommentar zum aktuellen Zeitgeschehen ab. Dass sie eine unbedeutende Straße zum Vorkriegsschauplatz macht, in dem die Vernunft abdankt, und eine Krähe als Prophetin inszeniert, ist Ausdruck ihrer offenkundigen Verzweiflung am Bestehenden. Die isolierte Protagonistin von "Munin" ist eine im wörtlichen Sinne Berufene: "Ich antworte nur dir", sagt die Krähe. "Finde dich einfach damit ab. Wenn du willst, können wir uns weiter unterhalten." Man muss fürchten, dass Mina Wolf das Angebot annehmen wird und auf das anschwellende Rabengekrächz weiterhin mehr gibt als zum Beispiel auf Hilferufe in den Straßen.
ANDREAS PLATTHAUS
Monika Maron: "Munin oder Chaos im Kopf". Roman.
Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2018. 222 S., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Schließen
...politisch angreifbar, literarisch [...] interessant. Weil sie so wahnsinnig plausibel [...] das rasend schnelle Abdriften einer kleinen Mikroangst in eine gigantische, weltverschlingende Untergangshoffnung beschreibt. Volker Weidermann Literatur SPIEGEL 20180303
Das Buch "Munin oder Chaos im Kopf" von Monika Maron ist 224 Seiten lang und über Fischerverlag erschienen.
Das Werk ist als Ebook, Taschenbuch, gebundene Ausgabe, Hörbuch und MP3 Download erhältlich.
Als Ebook ist es ordentlich gegliedert. Als Hörbuch liest die …
Mehr
Das Buch "Munin oder Chaos im Kopf" von Monika Maron ist 224 Seiten lang und über Fischerverlag erschienen.
Das Werk ist als Ebook, Taschenbuch, gebundene Ausgabe, Hörbuch und MP3 Download erhältlich.
Als Ebook ist es ordentlich gegliedert. Als Hörbuch liest die Autorin selbst. Ihre Stimme passt sehr gut zur Protagonistin.
Die Autorin hat einen großen Wortschatz. Das Buch bewegt sich auf hohem Niveau und bietet Tiefgang. Es verwebt aktuelle Themen, Randgruppen bzw Außenseiter (repräsentiert von einer psychisch kranken Sängerin auf dem Balkon), die Gesellschaft (repräsentiert von der Nachbarschaft), eine Krähe (Munin ein Rabe Odins/Weisheit) und den 30-jährigen Krieg sowie politische Themen miteinander. Manche Szenen sind humorvoll und zaubern ein Lächeln in mein Gesicht. Oft bin ich aber von den altbackenen, spießigen und rechtstreuen, intoleranten, typisch deutschen Nachbarn total genervt, zeitweise werde ich sogar innerlich richtig wütend. Es bedient wunderbar die eigenen Emotionen und Gedanken. Nebenbei lernt man auch noch einige historische, interessante Geschehnisse und Eckdaten.
Was ich absolut nicht ok finde sind die Ausuferungen über das Thema Gender und Sexualität. Da wird Sexualität und Gender komplett durcheinander geworfen. Ich weiß nicht ob die Autorin da wirklich dahinter steht mit dem was sie da schreibt und so altbacken ist und in dem Punkt ungebildet und intolerant oder ob sie damit Diskussionen provozieren möchte und ihre Protagonistin damit zuspitzen möchte. Es blitzt auch immer wieder mal mit Flüchtlingen und Muslimen etwas durch, was ich nicht gutheißen kann. Da fliegen schon mal Ausdrücke durch die Gegend wie "Genderscheiße und Frühsexualisierung und Genderzeug" auch in ähnlichem niveaulosen Ausdruck auf andere Randgruppen bezogen. Zum Ende hin ufern teilweise die Sätze richtig aus und werden eindeutiger. Das find ich sehr bedenklich und da lauf ich als Leser nicht mit konform. Zudem wird der germanische Glaube wieder fälschlicherweise so in eine rechte Ecke verfrachtet, mit welcher die meisten Asatrus und Odinisten nichts zu tun haben. Da frag ich mich tatsächlich soll mit solchen Überspitzungen die Protagonistin als typisch deutscher Gesellschaftsausdruck extra überspitzt so dargestellt werden um philosophisch etwas darzustellen oder vertritt die Autorin tatsächlich solche Ansichten und Gedankengut?
Angst und Abneigung gegen andere Religionen, Gender, Behinderte, psychisch Kranke und Ausländer durchziehen das Werk. Es herrscht Chaos im Kopf der Ich-Erzählerin und auch in meinem Kopf ob ich dieses Buch inhaltlich bereits der rechten Propaganda zuordnen muss oder ob es eine Seismografie gesellschaftlicher Stimmungslage darstellt.
Bietet es historisches, lehrreiches Wissen, Tiefe und einen großen Wortschatz, interessante Verwebungen? Ja
Ist es moralisch verwerflich und beinhaltet gefährliches, menschenverachtendes Gedankengut und Aussagen? Ja
Da das Werk mich sehr aufgewühlt und aufgeregt hat, gerade weil es nicht meiner Weltanschauung entspricht und meiner Ethik, kann ich es weder schlecht noch gut bewerten. Es ist stimmgewaltig, bietet teilweise ein hohes Niveau, jedoch an manchen Stellen auch ein unterirdisches Niveau, es ist tragisch, aufrüttelnd, erschütternd und sorgt sicherlich für reichlich Diskussionsstoff- Nicht für jeden Leser geeignet!
Weniger
Antworten 1 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 1 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Inklusion und wie sie nicht gelingt
3 Geschichten muss ein gutes Buch erzählen und das tut es. Das Hauptthema ist eine verrückte Nachbarin, die ihre Nachbarn durch Gesang von ihrem Balkon nervt. Juristische Versuche sie zum Ausziehen zu zwingen scheitern am Behindertenschutz. Ich selbst …
Mehr
Inklusion und wie sie nicht gelingt
3 Geschichten muss ein gutes Buch erzählen und das tut es. Das Hauptthema ist eine verrückte Nachbarin, die ihre Nachbarn durch Gesang von ihrem Balkon nervt. Juristische Versuche sie zum Ausziehen zu zwingen scheitern am Behindertenschutz. Ich selbst habe mich erinnert, dass in einem Viertel in Köln einst ein Mann mit Tourette-Syndrom in meiner Nähe wohnte, der immer undefinierbare Laute von sich gab. Erst als mir klar war, wo dieser Lärm herkam, konnte ich damit leben.
In diesem Roman treffen sich die Nachbarn zu zwei Versammlungen, weil sie sich wehren wollen. Doch wird der Gesang von der Verrückten unterschiedlich empfunden, so dass sich die Nachbarschaft nach dem zweiten Treffen in zwei Gruppen spaltet und die Autoreifen zerstochen werden.
Unsere Hauptdarstellerin Mina Wolf entzieht sich dem Streit, da sie, um dem Gesang zu entgehen, nachts arbeitet. „In den Nächten war es still“ heißt folglich der erste Satz des Romans.
Sie arbeitet an einem Artikel über den Dreißigjährigen Krieg für eine Westfälische Kleinstadt. Wir lernen Peter Hagendorf kennen und Annette von Droste-Hülshoff, die darüber schrieb. Vom Kriegsverlauf schreibt Daniel Kehlmann mehr. Maron versucht den Krieg auf die Gegenwart zu beziehen. Aber nur bei der Abneigung des Vaters von Mina gegen Magdeburg wird darauf eingegangen, dass der Zweite Weltkrieg unter Hitler heute weit mehr für Zerstörungen verantwortlich ist als der Krieg vor 400 Jahren.
Die dritte Geschichte behandelt die Krähe, die Mina eher zufällig füttert und auf dem Namen Munin tauft. In Wikipedia steht, dass der Name „denken an, sich erinnern“ bedeutet. Und so verlaufen die Gespräche auch über theologische Themen, über den Raben, der sich für Gott hält und wie Gott alles sieht.
Wie schon meine inhaltliche Beschreibung zeigt, gefällt mir gerade die Rabengeschichte nicht besonders, deswegen vergebe ich nur 4 Sterne. Wie die Gesellschaft behinderte integriert, das wäre ein Thema. Ebenso warum die Aggressivität in unsere Gesellschaft zunimmt. Brauchbare Lösungen bringt diese Buch dazu nicht. Aber das Problembewusstsein wird geschärft.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Andere Kunden interessierten sich für