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Askar, der Held dieses Romans, lebt in Somalia. Er wächst im Ogaden auf, einem von Äthiopien annektierten, kargen Gebiet. Seine Eltern hat er nie kennengelernt, aber Misra, ein Mädchen vom Stamm der Oromo, nimmt sich seiner als Ziehmutter an. Zwischen den beiden entwickelt sich eine vertrauensvolle Beziehung. Jahre später geht Askar in die Hauptstadt Mogadiscio, um im Bürgerkrieg als Mitglied der "Western Somalia Liberation Front" für die Befreiung des Ogaden zu kämpfen. Da taucht eines Tages plötzlich Misra bei ihm auf. Sie befindet sich auf der Flucht, weil sie verdächtigt wird, somalische Freiheitskämpfer verraten zu haben.…mehr

Produktbeschreibung
Askar, der Held dieses Romans, lebt in Somalia. Er wächst im Ogaden auf, einem von Äthiopien annektierten, kargen Gebiet. Seine Eltern hat er nie kennengelernt, aber Misra, ein Mädchen vom Stamm der Oromo, nimmt sich seiner als Ziehmutter an. Zwischen den beiden entwickelt sich eine vertrauensvolle Beziehung. Jahre später geht Askar in die Hauptstadt Mogadiscio, um im Bürgerkrieg als Mitglied der "Western Somalia Liberation Front" für die Befreiung des Ogaden zu kämpfen. Da taucht eines Tages plötzlich Misra bei ihm auf. Sie befindet sich auf der Flucht, weil sie verdächtigt wird, somalische Freiheitskämpfer verraten zu haben.
Autorenporträt
Farah, NuruddinNuruddin Farah wurde am 24. November 1945 im südsomalischen Baidoa geboren. Er gilt als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Schriftsteller Afrikas und veröffentlichte unter anderem einen Romanzyklus über seine somalische Heimat, den er mit seinem 2013 erschienenen Roman Gekapert abschloss. Heute lebt Farah in Kapstadt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.08.2007

Das Gedächtnis des Kontinents
Nuruddin Farah: „Maps”
So geliebt zu werden, was für ein Geschenk. Und was für eine Bürde. So geliebt zu werden wie Askar, der kleine Waisenjunge, den Misra neben seiner toten Mutter findet, in einer kalten Hütte, blutverschmiert, kaum noch am Leben, aber mit einem stechenden, wissenden Röntgenblick, den andere fürchten sollten, der ihn aber immer mit Misra verband. Denn Misra, die Äthiopierin, die Fremde unter den Somaliern im Ogaden, nimmt Askar auf, er wird ihr Leben, ihr Alles. Sie wiegt ihn zwischen ihren Brüsten, sie schlafen in einem Bett, Spuren der Feuchtigkeit des anderen am Körper. Sie badet ihn, salbt ihn, neckt ihn. Für Misra, die Kinderlose, ist Askar das Leben, sie ist das mütterliche Prinzip schlechthin, aber auch: das weibliche Prinzip. Auch anderen Männern wie dem schmierigen Priester Aw-Adan gibt sie sich hin, und obwohl Askar keine acht Jahre alt ist, quält ihn die Eifersucht.
Der somalische Autor Nuruddin Farah hat oft das Leid der Frauen Afrikas beschrieben, mit der weisen Seherin Misra aber hat er eine Figur geschaffen, die das Gedächtnis des Kontinents verkörpert, die intime Zwiesprache mit der Natur, mit dem Land selbst: „Die Erde hatte ihre Geschichte, die Sonne ihr Leben, der Mond sein Gesetz. Blut. Sand. Welke Blätter, trockne Zweige. Vom Alter vergilbte Papiere durchstreifen offene Räume, reiten auf Staub und Wind – alles gibt Zeugnis von der Zukunft. Man musste sie kennen, um sie lesen zu können. Das jedenfalls sagte Misra.”
Aber das Land ist geteilt, zerstückelt, die Menschen sind zerrissen. Es herrscht Krieg im Ogaden, Somalia will das karge Dreieck zwischen Äthiopien und Somalia an sich reißen, ein typischer Stellvertreterkonflikt im Kalten Krieg. Askar lebt inzwischen bei seinem Onkel Hilaal in Mogadischu, der Patriotismus erfasst auch ihn, aber dann bricht der Krieg über ihn herein. „Alles, außer Hunger, Korruption und Armut, wurde rar”, schreibt Farah.
Askar ist besessen von Karten und Globen, er sucht die Wahrheit in willkürlich gezogenen Linien und fremden Namen, aber es sind immer nur vorläufige, subjektive Wahrheiten. „Der Ogaden als somalisches Gebiet ist eine Wahrheit. Für den äthiopischen Kartographen ist jedoch der Ogaden als somalisches Gebiet die Unwahrheit”, sagt Onkel Hilaal. Aber das Schlimmste für Askar ist nicht der Verlust des Ogaden, nachdem sich die Sowjetunion Äthiopiens hochgerüstet hat. Das Schmerzhafteste, die Katastrophe seines Lebens ist der Verrat Misras. Sie, die Äthiopierin, die unter den Somaliern im Ogaden immer mit Misstrauen betrachtet wurde, soll sich auf die Seite ihres Volkes, der Feinde geschlagen haben, soll Askar verraten haben. Und Askar, ihr Sohn, ihr Leben, wendet sich grausam ab – selbst als sie sich nach dem Krieg wiedertreffen, bleibt ein Stachel. Wer verrät also wen? Vor allem aber: Wer gehört zu wem?
„Maps” ist aufwendig konstruiert, verwebt Rückblenden, Träume, Perspektiven, im Grunde aber ist es ein zartes, poetisches Werben für die Familie, Blutsverwandtschaft ist dabei nur eine von vielen möglichen Bindungen. Nicht ein Pass, nicht der Stamm zählen, sondern die Sorge umeinander, nur sie bringt Momente wie diesen hervor, den Askar erlebt: „Ich verspeiste mit großem Genuss ein Stück Himmel, und es schmeckte ganz köstlich.” SONJA ZEKRI
Nuruddin Farah Foto: Friedrich/SV-Bilderdienst
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