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Franzobel furios: Die unerlöste Seele der vor achtzig Jahren verstorbenen zweijährigen Rosalia wandert über die ganze Erde bis nach Wien, mitten durch ein Panoptikum an dicken Damen und feisten Feschaks, Taugenichtsen und Tagedieben, in den Körper von Elvira Klappbauch. Da gibt es die dicke Pasqualina, die auf dem Heldenplatz die Asche ihres Vaters verstreuen will, den Journalisten Zsmirgel, der Nachrufe auf prompt versterbende Personen schreibt und andere kuriose Existenzen. Was passiert, bevor Rosalias Seele vor einem Bankomaten zur Himmelfahrt ansetzt, das arrangiert Franzobel als grandiose Farce und phantastisches Sprachfeuerwerk. …mehr

Produktbeschreibung
Franzobel furios: Die unerlöste Seele der vor achtzig Jahren verstorbenen zweijährigen Rosalia wandert über die ganze Erde bis nach Wien, mitten durch ein Panoptikum an dicken Damen und feisten Feschaks, Taugenichtsen und Tagedieben, in den Körper von Elvira Klappbauch. Da gibt es die dicke Pasqualina, die auf dem Heldenplatz die Asche ihres Vaters verstreuen will, den Journalisten Zsmirgel, der Nachrufe auf prompt versterbende Personen schreibt und andere kuriose Existenzen. Was passiert, bevor Rosalias Seele vor einem Bankomaten zur Himmelfahrt ansetzt, das arrangiert Franzobel als grandiose Farce und phantastisches Sprachfeuerwerk.
Autorenporträt
Franzobel, 1967 in Vöcklabruck/Oberösterreich geboren, arbeitete bis 1991 als bildender Künstler mit gelegentlichen Ausstellungen. Dann schrieb er Romane, Satiren und Theaterstücke. Er wurde mehrfach ausgezeichnet, darunter 1995 mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis und 1998 mit dem Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor. Er lebt in Wien.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.04.2002

Sulfamat-Rausch
Wunderkammer und Lusthaus:
Franzobels neuer Roman
Natürlich ist diese Prosa ein Bluff. Franzobel, der Tausendsassa der österreichischen Literatur, ist der unumschränkte Meister der hochartifiziellen Trivialliteratur. Ihrem Wesen nach ist sie simpel und banal, doch ihr Anspruch ist gewaltig. Ihre Stoffe sind haarsträubend zusammengestoppelt und auf äußerst gutwillige Leser angewiesen. Ihr Wortzauber aber kann sich sehen lassen. Franzobels Sprache schwingt sich auf zum Biblischen und verkriecht sich im nächsten Moment im Dreck und im Unrat, sie jubiliert und frohlockt, sie bramarbasiert und prahlt, sie randaliert und pöbelt den Leser an. Die Sprache ist das eigentliche Ereignis dieser Literatur.
Aber Franzobel schreibt auch Romane wie diesen. Er ist das Missing link zwischen der sprachexperimentellen Literatur und den handfesten Geschichtenerzählern. Er flunkert ganz selbstverständlich das Blaue vom Himmel und erklärt augenzwinkernd das Schräge für die eigentliche Wirklichkeit. Damit steht er in der großen österreichischen Tradition, die aus dem Unwillen zum Abbild kein Hehl macht, Gesichter in Fratzen, Ereignisse in Grotesken, Gefühle in Seelenverkrümmungen verkehrt. Seinen Sprachexerzitien haftet etwas katholisch Rituelles an. Er macht sie einem Plot dienstbar, der aus allen Fugen zu platzen droht. Denn Disziplin ist Franzobels Sache nicht. Er schreibt sich in einen Taumel, er gibt seiner Leidenschaft für Assoziationen nach und lässt die Sprache wuchern, sodass die Erzählung zahlreiche Äste und Zweige austreibt. Das einmal in Schwung gebrachte Sprachmaschinchen lässt sich nicht mehr abbremsen, es läuft und läuft – mitunter auch ins Leere.
Franzobel ist ein eklektizistischer Geist. Sein neuer Roman wirkt gerade so, als ob H. C. Artmann sich auf ein Duell mit Leo Perutz eingelassen hätte. Der Sprachmagier und der Phantast, der Tüftler über Wörtern und deren Bedeutungen erklärt dem Verteidiger der Unvernunft den Kampf. Der eine weiß nicht wohin mit all seinen Geschichten, die ihm zuhauf zufliegen, der andere kann das Staunen über die Sprache nicht lassen, die ihm Rhythmus und Struktur aufzwingt und eine eigene Erzählgeschwindigkeit fordert. Zwei Seelen, ach, leben in Franzobels Brust, und beiden möchte er ihr Recht zu fliegen nicht nehmen. Und über allem steht die große österreichische Literaturtradition. Franzobel ist skurril und pinkelt seinem geliebt-gehassten Österreich ans Bein, er liebt Gestalten, die aus dem Rahmen fallen und als Sonderlinge und Widerlinge gute Figur machen, und er schenkt dem Abstrusen seine gesammelte Aufmerksamkeit. Nein, Franzobel ist kein Autor, der es darauf anlegt, unserer Wirklichkeit, die uns umgibt, auf die Schliche zu kommen. Er setzt der banalen Alltagswelt kurzerhand seine eigene entgegen, und verschämt zieht sich die vertraute Wirklichkeit zurück, um Geistern und Dämonen Platz zu machen.
Rosalia Lombarda, die gleich zwei Mal gestorben ist, erzählt. Der tote Körper des kleinen Mädchens wurde 1920 von einem Doktor Solafia einbalsamiert und in einem Glassarg in den Kapuzinerkatakomben von Palermo zur Besichtigung freigegeben. Die unerlöste Seele lässt sich im Körper einer Frau Klappbauch in Wien nieder, und als diese am Ende des Romans umkommt, darf sich die doppelt Verstorbene endlich auf die Reise in die Ewigkeit begeben. Die Seelen der Verstorbenen wandern auf den Saturnmond Titan aus. Seltsam altmodisch wirkt diese Konstruktion, ein bisschen Gothic novel, ein Hauch von Science Fiction und ein Schuss Slapstick. Die Künstlichkeit ist Programm. Eine aufdringliche Originalitätssucht schiebt sich in den Vordergrund, dazu der Zwang, witzig zu sein. Jeder Satz will ein Treffer sein.
Semmelblonde Wellenmassen
In Wien sind sie zu Hause, die fragwürdigen Typen, alle ausgestattet mit einem Tick, der sie charakterisiert, sie erst zu einem Individuum macht. So entsteht eine Literatur der Effekte. Dauernd raschelt und zischt es, lauert irgendwo ein unvorhergesehenes Ereignis. Das liegt nicht nur am Bauprinzip des Romans, sondern mehr an Franzobels Lust, sich an Details zu berauschen. Die Sprachphantasie entzündet sich bevorzugt an Schrecklichkeiten, die auszukosten stets einen Gewinn an drastischen Szenen mit sich bringt. Da kommt Franzobel richtig ins Schwelgen. Der Roman ist voll von Special effects, die es darauf anlegen, jedem Action-Reißer den Rang abzulaufen: „Und irgendwo lag ein breiiger Haufen obszön und breit auf dem Asphalt. Fischbauchgraue Schattierungen tanzten auf der semmelblonden Masse wie Wellen auf dem Meer. Tauben pickten sich die besten Brocken, halbverdaute Muscheln, Shrimps, Garnelen, Tintenfischstücke. Nach dem Sud von Meerestieren roch es, einem Magensäure-Wein-Gemisch, nach frischer Kotze, Sulfamat.”
Franzobel stapelt Einfall auf Einfall, nie würde es ihm einfallen, auf einen zu verzichten, alles, was ihm ihn durch den Kopf schießt, muss in den Text aufgenommen werden. Das macht diese auf Überrumpelung erpichte Literatur streckenweise so albern. Sie stellt eine Kunst- und Wunderkammer nach, mit lauter Exponaten, die gar schrecklich anzuschauen sind. Aber es bleibt bei der Besichtigung des Fremden, Erstaunlichen, die Oberfläche wird für das Ganze genommen. Natürlich ist diese Prosa ein Bluff. Unter dem dünnen Boden der Sprache ist alles hohl.
ANTON THUSWALDNER
FRANZOBEL: Lusthaus oder Die Schule der Gemeinheit. Roman. Zsolnay Verlag, Wien 2002. 171 Seiten, 17,90 Euro.
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"Ein opulenter, amüsanter und zuweilen anarchistischer Erzähler." (Uwe Pralle, Frankfurter Rundschau

"Franzobel kreiert einen Erzählstil, der von skurriler Metaphorik und semantischen Finessen, vor Neologismen und Klangmalereien nur so sprüht und funkelt." (Michael Kothes, Die Zeit)

"Die Stärke Franzobels liegt in den Bildern und Vergleichen, in den kühnen Metaphern, die nie klischeehaft wirken. Manchmal gelingen Bilder, die den Witz und die innovative Qualität der Vergleiche eines Jean Paul haben." (Wendelin Schmidt-Dengler, Die Presse/Spectrum)

"Franzobel ist ein Formulierungskünstler von hohen Graden. Hier ist ein Dichter am Werk, dem poetische Formulierungen mit Leichtigkeit zufliegen." (Günter Kaindlstorfer, Der Standard)