Sasha Filipenko
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Kremulator
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Pjotr Nesterenko ist mit dem Tod auf vertrautem Fuß. Als Direktor des Moskauer Krematoriums in der Stalin-Zeit hat er sie alle eingeäschert: die Abweichler, die angeblichen Spione und die einstigen Revolutionshelden, die den Säuberungen zum Opfer fallen. Er jedoch, davon ist er überzeugt, kann gar nicht sterben. So oft ist er dem Tod schon knapp entronnen. Bis der Tag seiner eigenen Verhaftung kommt. Wird er auch diesmal den Hals aus der Schlinge ziehen?
Sasha Filipenko, geboren 1984 in Minsk, stammt aus Belarus und schreibt auf Russisch. Nach einer abgebrochenen klassischen Musikausbildung studierte er Literatur in St. Petersburg und arbeitete als Journalist, Drehbuchautor, Gag-Schreiber für eine Satireshow und als Fernsehmoderator. Sein Roman ¿Die Jagd¿ war ein ¿Spiegel¿-Bestseller. 2020 musste er mit seiner Familie Russland verlassen und lebt seither in der Schweiz. Für sein Werk erhielt er zahlreiche Preise, zuletzt 2024 den Prix Transfuge du meilleur roman européen für seinen Roman ¿Kremulator¿.
Produktdetails
- Verlag: Diogenes
- Originaltitel: Kremulator
- Artikelnr. des Verlages: 562/07239
- Seitenzahl: 255
- Erscheinungstermin: 22. Februar 2023
- Deutsch
- Abmessung: 185mm x 122mm x 25mm
- Gewicht: 277g
- ISBN-13: 9783257072396
- ISBN-10: 3257072392
- Artikelnr.: 66261007
Herstellerkennzeichnung
Diogenes Verlag AG
Reinhard-Mohn-Straße 100
33333 Gütersloh
vertrieb@diogenes.ch
Das Leben des Totengräbers
Sasha Filipenkos Roman "Kremulator" erzählt von dem Mann, der die Leichen der stalinistischen Säuberungen verbrannt hat.
Eigentlich bezeichnet ein "Kremulator" ein kleines Mahlwerk, das Knochenreste und Zähne, die nach der Verbrennung einer Leiche im Krematorium übrig bleiben, zu Asche zermalmt. In dem neuen Roman von Sasha Filipenko ist mit "Kremulator" aber ein Mensch gemeint: Pjotr Nesterenko, der erste Mann im Krematorium von Moskau, wo in den Jahren der stalinistischen Säuberungen tags und nachts der Ofen brennt. Der Kremulator kennt die Schwächen der Henker. Ihre unsauberen Schüsse in die Hinterköpfe, die, weil die Kugeln nicht steckenbleiben, sondern wieder austreten, in Stücke
Sasha Filipenkos Roman "Kremulator" erzählt von dem Mann, der die Leichen der stalinistischen Säuberungen verbrannt hat.
Eigentlich bezeichnet ein "Kremulator" ein kleines Mahlwerk, das Knochenreste und Zähne, die nach der Verbrennung einer Leiche im Krematorium übrig bleiben, zu Asche zermalmt. In dem neuen Roman von Sasha Filipenko ist mit "Kremulator" aber ein Mensch gemeint: Pjotr Nesterenko, der erste Mann im Krematorium von Moskau, wo in den Jahren der stalinistischen Säuberungen tags und nachts der Ofen brennt. Der Kremulator kennt die Schwächen der Henker. Ihre unsauberen Schüsse in die Hinterköpfe, die, weil die Kugeln nicht steckenbleiben, sondern wieder austreten, in Stücke
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gerissen werden, was beim späteren Stapeln der Leichen "unnötig Zeit in Anspruch nimmt". Pjotr Nesterenko hat ein professionelles Verhältnis zum Tod, dem er mehrfach von der Schippe gesprungen ist. Selbst zu seinem eigenen, der ihm bevorsteht, als das Unvermeidliche geschieht und auch er im Sommer 1941 verhaftet wird.
"Alles in diesem Buch ist wahr - selbst das Erfundene", schreibt Sasha Filipenko als Leitmotiv vor seine Geschichte, und wie er das meint, ist offensichtlich. Sein jüngster Roman ähnelt in der Anlage dem vor drei Jahren in deutscher Übersetzung erschienenen "Rote Kreuze". Darin erzählt eine neunzig Jahre alte Dame ihrem jungen Nachbarn, wie sie als junge Frau in den Gulag deportiert wurde, weil ihr Mann während des Zweiten Weltkrieges in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten war. Schon damals hatte Filipenko Informationen aus Dokumenten des Roten Kreuzes in seine Erzählung einfließen lassen.
Seinem neuen Buch liegen Verhörprotokolle zugrunde, die Filipenko von der im vergangenen Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten russischen Menschenrechtsorganisation "Memorial" bekommen hat. Eigene Recherchen ergänzen sein Wissen über das Leben des Totengräbers. Von Istanbul über Kiew, Saratow bis nach Paris und natürlich Moskau ist er Nesterenkos Lebensweg abgereist. Selbst dem Ermittler Perepeliza, der den Kremulator im Gefängnis in Saratow verhörte, sei er auf die Spur gekommen, hat Filipenko in einem Interview verraten, das sein Verlag zum Erscheinen des Romans verschickte.
Wozu der Aufwand? Um zu zeigen, wie sich die Dinge damals und heute ähneln. Die Geschichte wiederhole sich, meint Filipenko in besagtem Interview, und ob man dem nun zustimmen mag oder nicht, gruselt man sich gewaltig bei der Lektüre der Verhöre, deren Fragen zumindest teils aus den Originalprotokollen stammen. In Filipenkos Roman ist das Verhör ein Kampf um die Deutungshoheit über den Lauf der Geschichte. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns - das ist die Logik des Ermittlers und die einzige Erzählung, die er gelten lässt. Wer sich aber, wie Nesterenko, als Spross einer verarmten Adelsfamilie in den Schützengräben des Ersten Weltkrieges, in der Revolution, im aufziehenden Stalinismus mal auf diese, mal auf jene Seite schlug, der hat sich verdächtig und unmöglich gemacht. Sich durchzuschlagen ist als Überlebensstrategie nicht anerkannt. Für Zwischentöne oder Zweifel ist kein Raum, sehr wohl aber für Denunziationen und Verschwörungstheorien, die gar nicht abstrus genug sein können. "Das Schlimmste ist, dass das mustergültiger sowjetischer Irrsinn ist. So was glauben sie sofort."
Dagegen kommt Pjotr Nesterenko selbst mit dem Witz und der Schlagfertigkeit nicht an, mit denen Sasha Filipenko die historische Figur in seinem Roman ausgestattet hat. Sein Kremulator ist ein kluger Mann, der in seinem von zahlreichen Zumutungen geprägten Leben oft wusste, was richtig ist, was nicht heißt, dass er auch immer das Richtige tat. Fliehen oder kämpfen, Ehre oder Vernunft, Heimat oder Exil - manchmal lag Nesterenko daneben. Besonders in Paris, wo er als Taxifahrer ein zwar einfaches, aber doch freies Leben hätte führen können, wenn er sich nicht als Spitzel hätte anwerben lassen, der nach Moskau melden soll, was in der russischen Emigrantenszene geredet wird. Schon das erste Gespräch mit dem Mann, der ihn anwarb, hätte ihm eine Warnung sein müssen: "Russland ist, was es ist, weil dort das Unzulässige zulässig ist. Sie und ich, wir haben ein Land verlassen, in dem niemand Alarm schlägt. Jedes Mal, wenn man sagen müsste: Es reicht!, sagt der Russe: Ja, so kann es nicht weitergehen, aber eigentlich . . . Die größten Probleme Russlands sind das Aber und das Komma. Wir setzen Kommas, wo längst ein Punkt stehen müsste."
Bezeichnenderweise ist dieser Geheimagent die einzige Figur, die einen tiefen Blick in die Abgründe dessen wagt, was manchmal russische Seele genannt wird. Denn Seelenschau ist nicht das Ziel der Prosa von Sasha Filipenko, der sich mit psychologischer Figurenzeichnung und atmosphärischen Beschreibungen nicht lange aufhält. Ihm geht es um Mechanismen des Machterhalts in totalitären Regimen, zu denen das Verwischen von Spuren (auch von Dokumenten wie jenen, die Filipenkos Roman zugrunde liegen) genauso gehört wie die paranoide Angst vor ausländischen Angriffen und das willkürliche Filtern von Fakten. Dass diese Willkür jeden treffen kann, selbst den "Kremulator", der ihr stets zu Diensten war, und dass sie darüber hinaus im Gewand einer ordentlichen Ermittlung daherkommt, macht sie nur noch absurder. Sasha Filipenko setzt das stilistisch geschickt in Szene. Sein Verhör-Roman liest sich wie ein Duell - mit knapper Syntax, schnellem Schlagabtausch und messerscharfem Humor. Und aus dieser Verdichtung zieht seine Prosa ihre große beklemmende Kraft. LENA BOPP
Sasha Filipenko:
"Kremulator". Roman.
Aus dem Russischen von Ruth Altenhofer. Diogenes Verlag, Zürich 2023. 256 S., geb., 25,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Alles in diesem Buch ist wahr - selbst das Erfundene", schreibt Sasha Filipenko als Leitmotiv vor seine Geschichte, und wie er das meint, ist offensichtlich. Sein jüngster Roman ähnelt in der Anlage dem vor drei Jahren in deutscher Übersetzung erschienenen "Rote Kreuze". Darin erzählt eine neunzig Jahre alte Dame ihrem jungen Nachbarn, wie sie als junge Frau in den Gulag deportiert wurde, weil ihr Mann während des Zweiten Weltkrieges in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten war. Schon damals hatte Filipenko Informationen aus Dokumenten des Roten Kreuzes in seine Erzählung einfließen lassen.
Seinem neuen Buch liegen Verhörprotokolle zugrunde, die Filipenko von der im vergangenen Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten russischen Menschenrechtsorganisation "Memorial" bekommen hat. Eigene Recherchen ergänzen sein Wissen über das Leben des Totengräbers. Von Istanbul über Kiew, Saratow bis nach Paris und natürlich Moskau ist er Nesterenkos Lebensweg abgereist. Selbst dem Ermittler Perepeliza, der den Kremulator im Gefängnis in Saratow verhörte, sei er auf die Spur gekommen, hat Filipenko in einem Interview verraten, das sein Verlag zum Erscheinen des Romans verschickte.
Wozu der Aufwand? Um zu zeigen, wie sich die Dinge damals und heute ähneln. Die Geschichte wiederhole sich, meint Filipenko in besagtem Interview, und ob man dem nun zustimmen mag oder nicht, gruselt man sich gewaltig bei der Lektüre der Verhöre, deren Fragen zumindest teils aus den Originalprotokollen stammen. In Filipenkos Roman ist das Verhör ein Kampf um die Deutungshoheit über den Lauf der Geschichte. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns - das ist die Logik des Ermittlers und die einzige Erzählung, die er gelten lässt. Wer sich aber, wie Nesterenko, als Spross einer verarmten Adelsfamilie in den Schützengräben des Ersten Weltkrieges, in der Revolution, im aufziehenden Stalinismus mal auf diese, mal auf jene Seite schlug, der hat sich verdächtig und unmöglich gemacht. Sich durchzuschlagen ist als Überlebensstrategie nicht anerkannt. Für Zwischentöne oder Zweifel ist kein Raum, sehr wohl aber für Denunziationen und Verschwörungstheorien, die gar nicht abstrus genug sein können. "Das Schlimmste ist, dass das mustergültiger sowjetischer Irrsinn ist. So was glauben sie sofort."
Dagegen kommt Pjotr Nesterenko selbst mit dem Witz und der Schlagfertigkeit nicht an, mit denen Sasha Filipenko die historische Figur in seinem Roman ausgestattet hat. Sein Kremulator ist ein kluger Mann, der in seinem von zahlreichen Zumutungen geprägten Leben oft wusste, was richtig ist, was nicht heißt, dass er auch immer das Richtige tat. Fliehen oder kämpfen, Ehre oder Vernunft, Heimat oder Exil - manchmal lag Nesterenko daneben. Besonders in Paris, wo er als Taxifahrer ein zwar einfaches, aber doch freies Leben hätte führen können, wenn er sich nicht als Spitzel hätte anwerben lassen, der nach Moskau melden soll, was in der russischen Emigrantenszene geredet wird. Schon das erste Gespräch mit dem Mann, der ihn anwarb, hätte ihm eine Warnung sein müssen: "Russland ist, was es ist, weil dort das Unzulässige zulässig ist. Sie und ich, wir haben ein Land verlassen, in dem niemand Alarm schlägt. Jedes Mal, wenn man sagen müsste: Es reicht!, sagt der Russe: Ja, so kann es nicht weitergehen, aber eigentlich . . . Die größten Probleme Russlands sind das Aber und das Komma. Wir setzen Kommas, wo längst ein Punkt stehen müsste."
Bezeichnenderweise ist dieser Geheimagent die einzige Figur, die einen tiefen Blick in die Abgründe dessen wagt, was manchmal russische Seele genannt wird. Denn Seelenschau ist nicht das Ziel der Prosa von Sasha Filipenko, der sich mit psychologischer Figurenzeichnung und atmosphärischen Beschreibungen nicht lange aufhält. Ihm geht es um Mechanismen des Machterhalts in totalitären Regimen, zu denen das Verwischen von Spuren (auch von Dokumenten wie jenen, die Filipenkos Roman zugrunde liegen) genauso gehört wie die paranoide Angst vor ausländischen Angriffen und das willkürliche Filtern von Fakten. Dass diese Willkür jeden treffen kann, selbst den "Kremulator", der ihr stets zu Diensten war, und dass sie darüber hinaus im Gewand einer ordentlichen Ermittlung daherkommt, macht sie nur noch absurder. Sasha Filipenko setzt das stilistisch geschickt in Szene. Sein Verhör-Roman liest sich wie ein Duell - mit knapper Syntax, schnellem Schlagabtausch und messerscharfem Humor. Und aus dieser Verdichtung zieht seine Prosa ihre große beklemmende Kraft. LENA BOPP
Sasha Filipenko:
"Kremulator". Roman.
Aus dem Russischen von Ruth Altenhofer. Diogenes Verlag, Zürich 2023. 256 S., geb., 25,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensent Karl-Markus Gauss liest zwei Romane von belarussischen Autoren, die beklemmend, aber auch durchaus unterhaltsam sind. Sasha Filipenko, der im Schweizer Exil lebt, erzählt die Geschichte von Pjotr Nesterenko, der während des stalinistischen Terrors Direktor des Moskauer Krematoriums war, wie wir erfahren. Nesterenko, weniger überzeugter Stalin-Anhänger als Opportunist, wird selbst zum Opfer der Vernichtungsmaschinerie, als der NKDW ihn als angeblichen Verräter hinrichten lässt. Filipenko mischt hier historische Fakten gekonnt mit Fiktion, meint Gauss, die am absurdesten erscheinenden Schilderungen der Geschichte aber, merkt er an, sind nicht erfunden. Trotz der Düsternis unterhält der Roman den Kritiker mit "geradezu hochkomischen Passagen".
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Ein Roman, der virtuos mit Fakten und Fiktion spielt.« Peter Zander / Berliner Morgenpost Berliner Morgenpost
Eine Gänsehaut hat Rezensent Hans von Trotha bekommen, als Sasha Filipenko ihn in das stalinistische Jahr 1941 führte. Die Besonderheit dieses Romans, der den Terror des NKWD Am Beispiel des Direktor des ersten Krematoriums der Sowjetunion beschreibt, ist das Stilmittel des Verhörs, schreibt von Trotha beeindruckt, der seine Rezension denn auch ausführlich mit Beispielen versieht. Filipenko beweist dabei seinen grünen Daumen für Dramaturgie und Rhythmus, versichert der Rezensent, der erklärend hinzufügt, dass Filipenko nicht nur als Drehbuchautor gearbeitet, sondern auch schon Witze für eine Satireshow geschrieben hat. Die Figur von Direktor Nesterenko gefällt von Trotha besonders: Der Erzähler sei ein "intelligent-ironischer Freigeist", mit dem Filipenko das Krematorium zu einer zentralen Metapher für die Grausamkeit des Stalinismus mache. Das Buch gibt den Opfern eine Stimme, lobt der Kritiker, und als kluger Gesellschaftsroman erzähle er nebenbei auch noch eine Liebesgeschichte.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Wenn man Sasha Filipenko liest, liest man nicht einfach so eine Geschichte sondern man liest Zeitgeschichte kritisch, ehrlich und vor allem mit der nötigen Würze Zynismus und Sarkasmus beleuchtet. Wer seine Vorgänger-Bücher bereits kennt, wird sich hier den gehobenen Stil (die …
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Wenn man Sasha Filipenko liest, liest man nicht einfach so eine Geschichte sondern man liest Zeitgeschichte kritisch, ehrlich und vor allem mit der nötigen Würze Zynismus und Sarkasmus beleuchtet. Wer seine Vorgänger-Bücher bereits kennt, wird sich hier den gehobenen Stil (die Zeitenwechsel sind äußerst rasch, man muss der Geschichte gut folgen und vor allem offen für die Geschichte Russlands sein) sehr gut und schnell erlesen haben. „Kremulator“ - was für ein grausamer Name aber zu Pjotr passt er perfekt. Er ist der Herrscher über das Feuer welches alles vernichtet, er ist der lange Arm des Teufels. „Säuberungen“ ist ebenfalls ein grässliches Wort und auch diese gab und gibt es bereits seit unzähligen Zeiten im Land Mütterchen Russlands. Sie merken schon, Filipenko lässt wieder kein grausames politisches Thema aus um es in seiner aktuellen Geschichte zu verpacken und was soll ich sagen? Sie könnte, wie bei Filipenko bekannt, nicht aktueller sein. Wer sich mal etwas tiefer mit der russischen Geschichte und ihrer politischen Entwicklung befasst, wird erschreckendes (mit dem heutigen und aktuellen Wissen) feststellen. Ihr Ruf kommt nicht von ungefähr aber ist Pjotr nur ein verlängerter politischer Arm der eben nur ausführt? Auch er hat ein Leben neben seinem Beruf und er hat sogar ein Herz welches er sogar an jemanden verloren hat - Vera. Aber als Direktor des 1. Moskauer Krematoriums prahlt man nicht unbedingt mit seinem Beruf herum.
Filipenko zerpflückt seine Geschichte in verschiedene Äste. Einerseits haben wir Pjotrs Geschichte, erlesen aber auch viele geschichtliche Parts die es zu verstehen gilt um den gesamten roten Faden zu folgen. Wie ich bereits sagte, ist diese Geschichte anspruchsvoll und bedarf hierbei schon etwas Wissen rund um Russland. Unser Kremulator ist eine äußerst interessante Person, der sich mit dem Tod jeden Tag auseinandersetzt und dadurch abstumpft. So wirkt es zumindest für uns Leser. Pjotr erzählt uns Geschichten immer mit einer nötigen Prise Zynismus und Sarkasmus. Auch das muss man verstehen können! Und man muss verstehen, dass hinter der Figur „Pjotr Nesterenko“ eigentlich ein ganzes Land mit seiner gesamten politischen Entwicklung als Metapher verwendet wird - auch Russland ist stumpf geworden was den Tod angeht (das war schon immer so wenn man eben die entsprechende politische Geschichte kennt!), selbst Menschen, die eigenen Bürger des Landes sind lebende Munition und werden verheizt egal was es kostet. Russland, Pjotr Nesterenko sind stumpf geworden und haben in gewisser Weise ihre Seele an den Teufel verkauft. Autor Sasha Filipenko hat hier in meinen Augen wieder ein äußerst gewaltiges Werk geschaffen welches definitiv Vorwissen bedarf um es zu verstehen, deshalb auch meine 4 sehr guten Sterne. Sprachlich und auch den Ausdruck betreffend hat sich Filipenko hier mal wieder ein eigenes Denkmal gesetzt. Er schreibt so ehrlich und rein wie das Wasser des Baikalsees in Sibirien, und auch ebenso kalt und unverfroren wie es eben nur er kann.
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