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Eine Zeitreise in das alte München Karl Valentin war ein begeisterter Sammler von Photographien und ein passionierter Chronist seiner Heimatstadt München. Die Stereoskop-Technik galt seinerzeit als technische Avantgarde. Dem heutigen Betrachter erzählen die hier erstmals veröffentlichten Aufnahmen von der Selbstinszenierung, dem Lebensrhythmus und den diversen Facetten einer werdenden Metropole.Der ausführlich eingeleitete und erläuterte Bildband ist ein Liebhaberprojekt, eine Trouvaille für Valentin- und München-Fans.

Produktbeschreibung
Eine Zeitreise in das alte München
Karl Valentin war ein begeisterter Sammler von Photographien und ein passionierter Chronist seiner Heimatstadt München. Die Stereoskop-Technik galt seinerzeit als technische Avantgarde. Dem heutigen Betrachter erzählen die hier erstmals veröffentlichten Aufnahmen von der Selbstinszenierung, dem Lebensrhythmus und den diversen Facetten einer werdenden Metropole.Der ausführlich eingeleitete und erläuterte Bildband ist ein Liebhaberprojekt, eine Trouvaille für Valentin- und München-Fans.
Autorenporträt
Dr. phil. Richard Bauer ist Stadtdirektor und Leiter des Münchner Stadtarchivs. Er ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen zur Stadtgeschichte Münchens.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.12.2007

„Es neuyorkelt in München”
Karl Valentin wurde als Komiker berühmt – ein Buch zeigt nun, dass er viele historische Stadtansichten sammelte
Der Sendlinger-Tor-Platz vor rund 140 Jahren: Eine Wüste aus Sand und Schotter, öde und konturlos, als hätte die Stadt ein riesiges Stück Brachland geschenkt bekommen, mit dem sie nun nichts anzufangen weiß. Oder die 1853 errichtete und im Krieg zerstörte Neue Pinakothek auf einem Foto aus dem Jahr 1862: Einsam steht sie da wie ein Raumschiff auf einem unbelebten Planeten; nichts deutet darauf hin, dass sich das Gebäude in der Stadt befindet.
Wie? Das soll das königlich prunkende Münchens des 19. Jahrhunderts sein, das heiter-kunstreiche Isar-Athen? Ja doch, am Wahrheitsgehalt der beiden Fotos gibt es keinen Zweifel. Und dass sie den verklärende Blick auf die gute alte Zeit ein wenig trüben, ist zwar bedauerlich, aber nicht ihr einziger Effekt. Vor allem zeigen sie, wie gewaltig die Herausforderung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war, die beschauliche Residenzstadt München in eine moderne Großstadt zu verwandeln.
Ungeliebte Häuserkolosse
Der Mann, aus dessen Sammlung das Foto stammt, wird gewöhnlich als irgendwie sonderbarer, wenngleich genialisch-witziger Kauz gesehen, dem man ein seriöses Interesse an Architektur, Stadtbild und Geschichte nicht zutraut. Die Rede ist von Karl Valentin. Wie prekär das Verhältnis des großen Komikers zu seiner Heimatstadt war, ist oft beschrieben worden: Valentin, einst bejubelt und verehrt, haben die Münchner gegen Ende seines Lebens als notorischen Nörgler abgetan, den man getrost vergessen könne. München hat ihn im Stich gelassen, ausgerechnet die Stadt, an der er hing wie ein Verliebter an seiner Braut. „A oids Buidl von München”, soll er gesagt haben, „is mehra wert ois a Brillant.”
Karl Valentin hat historische Fotografien der Stadt gesammelt wie andere Briefmarken – nicht zuletzt in der Absicht, die im Bauboom der Gründerzeit untergegangenen Konturen des alten Münchens wenigstens als Abbild zu bewahren. Eines Tages notiert er: „Vor unseren Augen sehen wir den ganzen Marienplatz um 1860, das Tal ohne Straßenbahn, die Kaufinger-Neuhauserstraße mit den kleinen Verkaufsläden des Mittelstandes, den Karlsplatz, alle alten kleinen Häuser am Sendlingertorplatz bis in die Sonnenstraße, den alten Viktualienmarkt mit den alten Türmen der Stadtmauer, alles ein Idyll von einst. Leider hat der Fortschritt, der ja nicht aufzuhalten ist, geradlinige oder viereckige Häuserkolosse mitten in die Stadt gestellt, sogar einen Wolkenkratzer, es beginnt also schon zu neuyorkeln.”
Als Valentin diese Zeilen schrieb, war gerade das Technische Rathaus an der Blumenstraße errichtet worden, dessen 45 Meter hoher Backsteinkörper mächtig genug war, um in den Augen des Komikers als Wolkenkratzer zu erscheinen. Dies alles kann man in dem Buch „Karl Valentins München” nachlesen, das soeben im Verlag Heinrich Hugendubel erschienen ist. Vor allem aber ist da zu sehen, welche wunderbaren Stadtansichten Valentin der Nachwelt gerettet hat. Die Archivarin Eva Graf und der Direktor des Stadtarchivs Richard Bauer präsentieren in dem Bildband eine Auswahl von Stereoskop-Fotografien aus der Zeit zwischen 1855 und 1880, die zu den interessantesten Stücken der Valentinschen Kollektion zählen. Stereobilder waren im 19. Jahrhundert vor allem deshalb populär, weil sie eine dreidimensionale Sicht auf die Dinge vorgaukeln. Dazu blickt der Betrachter in einen Apparat (Stereoskop), in dem zwei Fotos, aufgenommen aus geringfügig voneinander abweichenden Blickwinkeln, zu einem einzigen verschmelzen. In den Augen des Betrachters entsteht der Eindruck von räumlicher Tiefe und Plastizität. Valentins Stereoskop-Aufnahmen sind vorwiegend Arbeiten der Münchner Foto-Pioniere Franz Hanfstaengl, Georg Böttger, Ernst Reulbach und Franz Neumayer.
Höchst lesenswert ist die Einführung, die Richard Bauer unter dem Titel „Karl Valentin als ,Geheimer Privat-Historiker der kgl. Haupt- und Residenzstadt München‘” verfasst hat. In den Rang eines Geheimen Privat-Historiker hat sich Valentin selbst erhoben, und dass dies mehr als nur ein Witz ist, zeigt Bauer in seinem klugen Aufsatz. Man hat sich ja längst daran gewöhnt, den Komiker Valentin als bedeutenden Vertreter der europäischen literarischen Moderne zu betrachten. Das ist gut und richtig, doch gerät dabei häufig außer Acht, dass seine Kunst tief in der Tradition der Münchner Volkssänger, ja überhaupt in den Eigenarten des Münchner „Wesens” wurzelt.
Einblick in Details
Beim Sammeln alter Ansichtskarten, Plakate, Volkssänger-Porträts, Broschüren und Grafiken schärft Valentin seinen Blick auf die Stadt und ihre Bewohner. Die komischen Verstrickungen, in die seine Figuren geraten, resultieren letztlich aus der genauen Kenntnis der Lebensumstände, die den Alltag der Münchner seinerzeit prägten. Zu Recht schreibt Bauer: „In dieser auch in seinen Bühnenauftritten und Filmen zur Anwendung gebrachten Präzision des Rückblicks und des detaillierten Einblicks lag ein Gutteil des kabarettistischen Erfolgs, da in den mitunter zum Aberwitz gesteigerten Parodien stets die Ursächlichkeit und Authentizität spezifisch Münchnerischer Bedingungen gewahrt blieben.”
Wer sich das alles beim Betrachten der historischen Ansichten vergegenwärtigt, wird in zweierlei Hinsicht schlauer: Man erhält aufschlussreiche Einblicke in die Architekturgeschichte Münchens und kommt darüber hinaus der vertrackten Komik Valentins ein wenig mehr auf die Schliche. Wolfgang Görl
Richard Bauer/Eva Graf, Karl Valentins München, Diederichs im Heinrich Hugendubel Verlag, 112 Seiten, 22 Euro.
Münchner Seiten
Neues vom Büchermarkt
Eine öde Fläche war der Sendlinger-Tor-Platz in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Rechts der längst abgerissene Gasthof „Zur blauen Taube”.
Zwei Wächter bei der Brandwache auf dem Turm des Alten Peter im Jahr 1858. Die hier gezeigten Fotos entstammen dem Buch „Karl Valentins München”.
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