Andrea Maria Schenkel
Broschiertes Buch
Kalteis
Roman. Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimi-Preis, Kategorie National 2008
Versandkostenfrei!
Nicht lieferbar
Weitere Ausgaben:
In München und Umgebung werden junge Frauen vergewaltigt und umgebracht. Josef Kalteis ist verhaftet worden, aber gehen wirklich alle Verbrechen auf sein Konto?Wurde vielleicht der Falsche hingerichtet und der Mörder läuft immer noch frei herum?Gebannt verfolgt der Leser die Geschichte der Frauen, insbesondere die der jungen Kathie, die ihr Dorf verlassen hat und in München gelandet ist: zwischen ihrer hoffnungsfrohen, naiven Suche nach dem Glück und konkreten existenzielle Sorgen, zwischen Gelegenheitsprostitution und der ersehnten großen Liebe braut sich das Unheil zusammen.Der Hergang...
In München und Umgebung werden junge Frauen vergewaltigt und umgebracht. Josef Kalteis ist verhaftet worden, aber gehen wirklich alle Verbrechen auf sein Konto?
Wurde vielleicht der Falsche hingerichtet und der Mörder läuft immer noch frei herum?
Gebannt verfolgt der Leser die Geschichte der Frauen, insbesondere die der jungen Kathie, die ihr Dorf verlassen hat und in München gelandet ist: zwischen ihrer hoffnungsfrohen, naiven Suche nach dem Glück und konkreten existenzielle Sorgen, zwischen Gelegenheitsprostitution und der ersehnten großen Liebe braut sich das Unheil zusammen.
Der Hergang der Morde erschließt sich aus Vernehmungsprotokollen, Zeugenaussagen und Vermisstenanzeigen. Aber auch die Opfer und der Täter kommen zu Wort, so dass man bis ins Detail die Gedanken des Mörders verfolgt und Angst und Widerstand der Frauen miterlebt. Nach dem großen Erfolg ihres Debüts Tannöd erweist sich Andrea Maria Schenkel mit ihrem zweiten Roman als Meisterin des Genres. Auch diesem Kriminalroman liegt ein authentischer Fall zugrunde, den die Autorin stilsicher bearbeitet: Johann Eichhorn wurde 1939 wegen vielfacher Vergewaltigung und Mord in München in einem Schnellverfahren verurteilt und hingerichtet.
Wurde vielleicht der Falsche hingerichtet und der Mörder läuft immer noch frei herum?
Gebannt verfolgt der Leser die Geschichte der Frauen, insbesondere die der jungen Kathie, die ihr Dorf verlassen hat und in München gelandet ist: zwischen ihrer hoffnungsfrohen, naiven Suche nach dem Glück und konkreten existenzielle Sorgen, zwischen Gelegenheitsprostitution und der ersehnten großen Liebe braut sich das Unheil zusammen.
Der Hergang der Morde erschließt sich aus Vernehmungsprotokollen, Zeugenaussagen und Vermisstenanzeigen. Aber auch die Opfer und der Täter kommen zu Wort, so dass man bis ins Detail die Gedanken des Mörders verfolgt und Angst und Widerstand der Frauen miterlebt. Nach dem großen Erfolg ihres Debüts Tannöd erweist sich Andrea Maria Schenkel mit ihrem zweiten Roman als Meisterin des Genres. Auch diesem Kriminalroman liegt ein authentischer Fall zugrunde, den die Autorin stilsicher bearbeitet: Johann Eichhorn wurde 1939 wegen vielfacher Vergewaltigung und Mord in München in einem Schnellverfahren verurteilt und hingerichtet.
Andrea Maria Schenkel ist 44 Jahre alt, verheiratet und Mutter von drei Kindern. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Regensburg. Der Bestseller Tannöd war ihr erster Roman. Dafür erhielt sie den Friedrich-Glauser-Preis 2007.

© Classic Foto Regensburg
Produktdetails
- Verlag: Edition Nautilus
- 4. Aufl.
- Seitenzahl: 160
- Deutsch
- Abmessung: 210mm
- Gewicht: 205g
- ISBN-13: 9783894015497
- ISBN-10: 3894015497
- Artikelnr.: 22795253
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Neue Morde
Andrea Maria Schenkel hat ihren zweiten Krimi geschrieben: "Kalteis"
Hat sie Angst gehabt vor dem zweiten Buch? Andrea Maria Schenkel zuckt mit den Schultern. "Angst?" Einen Moment überlegt sie, nippt an der Kaffeetasse. "Das mag jetzt eingebildet klingen, aber Angst vor dem zweiten Buch hatte ich nach dem Erfolg von ,Tannöd' nicht." Mit ihrem Debüt-Kriminalroman "Tannöd" ist der 45-jährigen Hausfrau und Mutter von drei Kindern eine der großen literarischen Überraschungen der letzten Jahre gelungen. Schenkel, die zuvor nie irgendwo eine Zeile veröffentlicht hatte, schrieb einen Krimi, der bis heute Kritiker und Leser begeistert. Sie bekam den Deutschen Krimi-Preis, den "Glauser" für den besten
Andrea Maria Schenkel hat ihren zweiten Krimi geschrieben: "Kalteis"
Hat sie Angst gehabt vor dem zweiten Buch? Andrea Maria Schenkel zuckt mit den Schultern. "Angst?" Einen Moment überlegt sie, nippt an der Kaffeetasse. "Das mag jetzt eingebildet klingen, aber Angst vor dem zweiten Buch hatte ich nach dem Erfolg von ,Tannöd' nicht." Mit ihrem Debüt-Kriminalroman "Tannöd" ist der 45-jährigen Hausfrau und Mutter von drei Kindern eine der großen literarischen Überraschungen der letzten Jahre gelungen. Schenkel, die zuvor nie irgendwo eine Zeile veröffentlicht hatte, schrieb einen Krimi, der bis heute Kritiker und Leser begeistert. Sie bekam den Deutschen Krimi-Preis, den "Glauser" für den besten
Mehr anzeigen
Debüt-Krimi, der wochenlang auf Platz 1 der "Spiegel"-Bestsellerliste stand: Ende Januar 2006 erschien das Buch, bis heute hat die kleine Hamburger Edition Nautilus mehr als 250 000 Exemplare verkauft.
Schenkel wäre nicht die erste Autorin, die nach einem aufsehenerregenden Debüt schnell wieder in der Versenkung verschwände. Woher nimmt sie das Selbstbewusstsein, ihren Erfolg mit dem zweiten Buch wiederholen zu können? Kann jemand, der immer fernab des literarischen Betriebs gelebt hat, ein solches Ausnahmetalent sein? Schenkel wollte Literaturwissenschaft studieren, durfte aber nicht. Sie hat nie einen Kurs über kreatives Schreiben besucht. Und doch bescheinigten ihr die Krimi-Kritiker schon in ihrem Erstling eine "schnörkellose Prosa mit selten erzählerischer Wucht". Ein Meisterwerk, riefen sie. Ein Geniestück.
Schenkel schrieb ihren ersten Roman heimlich. Abends, wenn die Kinder schon im Bett lagen, zog sie sich in ihr Arbeitszimmer im Obergeschoss des Hauses in Nittendorf bei Regensburg zurück. Ihr Mann lernte damals gerade für die Facharztprüfung. Hat sie Vorbilder, an denen sie sich orientiert? Wieder schüttelt sie den Kopf. Sie hält sich einfach an das, was schon die amerikanische Krimi-Autorin Patricia Highsmith Nachwuchsautoren mit auf den Weg gab: "Die Geschichte muss mir Spaß machen. Die erste Leserin, der der Roman gefällt, bin ich."
Tod des Frauenmörders.
In dieser Woche wird nun "Kalteis", der neue Kriminalroman von Andrea Maria Schenkel, in die Buchhandlungen kommen. Die Startauflage liegt bei 50 000. Der Verlag rechnet wieder mit einem Erfolg. Bislang galt bei der Edition Nautilus schon eine Auflage von 3000 als gut. Wie schon in "Tannöd" nimmt sich Schenkel auch in ihrem neuen Krimi wieder einen authentischen Fall zum Vorbild. Damals war es der Mord an einer Bauernfamilie auf einem bayerischen Einödhof. Im neuen Krimi ist der Vergewaltiger und Frauenmörder Johann Eichhorn Vorlage für den Mörder Josef Kalteis. Eichhorn wurde 1939 in München hingerichtet. "Dauer der Hinrichtung vom Betreten des Gefängnishofes bis zur Exekution durch die Fallschwertmaschine: 17 Sekunden", heißt es in "Kalteis".
Dass sie sich einen authentischen Kriminalfall als Vorlage nimmt, gibt Schenkel die Sicherheit, für ihren Krimi zumindest einen interessanten Stoff gefunden zu haben. "Ich hätte sonst Angst vor meiner eigenen Courage gehabt", sagt sie. Auch in "Kalteis" hält sie sich wieder eng an die Vernehmungsprotokolle der Kriminalpolizei und die Dokumente des Gerichts. Es ist eine Montage von Aktennotizen, Verhörprotokollen, Monologen und erzählenden Passagen. Einen eigenen Plot, eine Geschichte erzählen, die der eigenen Phantasie entspringt, ist nicht Schenkels Sache.
Und doch gibt es einen Unterschied zum Debüt: Mit Kathie, dem letzten Opfer des Frauenmörders Kalteis, schafft die Krimi-Preisträgerin dieses Mal einen eigenen Charakter. Nicht der Mörder, sondern sie ist die zentrale Figur. "Bei Kathie stimmen nur kleine Teile mit den wirklichen Opfern überein." Kathie ist das genaue Gegenteil von Kalteis: ein naives Mädchen aus der Provinz mit unerfüllten Träumen, wie für die Opferrolle geboren.
Schenkel spricht von ihren Romanen selbst als "Fingerübungen". "Die Bücher sind für mich Übungen, mich immer weiter freizuschreiben", sagt sie. Das tut sie in einem rasanten Tempo. Für "Tannöd" brauchte sie ein gutes halbes Jahr. Im Januar 2006, als ihr Erstling seinen Siegeszug gerade angetreten hatte, wuchs die Idee für das zweite Buch. Bis zum Sommer sichtete sie das Material. In drei Wochen Urlaub in Irland schrieb sie dann das Manuskript. "Ich musste hundert Euro für Übergepäck bezahlen, weil ich das gesamte Material für den Roman dabeihatte", erzählt sie. Zu Hause, von September bis Januar, hat sie das Manuskript Seite für Seite überarbeitet und dabei ihren Mann immer wieder um Rat gefragt. Als sie "Tannöd" schrieb, wagte sie noch nicht, ihm davon zu erzählen. Sie hatte Zweifel, er könnte sie nicht recht ernst nehmen, wenn sie ihm nach sechzehn Jahren Ehe überraschend eröffnete, sie müsse nun mal etwas für sich tun und schreibe an einem Kriminalroman.
Triebfedern des Bösen.
Schenkel selbst ist überzeugt von ihrem zweiten Buch. "Ich denke, dass es besser ist", sagt sie. Besser noch als der Bestseller "Tannöd". Wie dieser ist auch der neue Krimi in einer einfachen, bisweilen sogar schlichten Sprache geschrieben. "Lehrbuchrezepte interessieren mich nicht", sagt Schenkel. Vielleicht wirkt da noch die Enttäuschung nach, die sie empfand, als die großen Verlage ihr "Tannöd" einfach zurückschickten. Ein freundlicher Lektor gab der Debütautorin damals gleich noch ein paar Tipps: Zur richtigen Kriminalerzählung gehöre ein Detektiv. Ein Krimi brauche einen guten Plot, spannende Charaktere und einen gehörigen Schuss Humor.
Doch mit klassischen Detektivromanen konnte Schenkel nie viel anfangen. Sie schätzt die Whodunits angelsächsischer Krimi-Autoren nicht und fällt ein hartes Urteil über sie: "Detektivromane sind mir zu absehbar, deswegen interessieren sie mich als Leserin nicht." Das Muster der klassischen Detektivgeschichte, für die Arthur Conan Doyles Sherlock-Holmes-Geschichten lange Maßstab waren, ist einfach erzählt: Ein Verbrechen, zumeist ein Mord, geschieht und zerstört die Ordnung. Der Detektiv ermittelt. Am Ende klärt er den Fall auf. Das Gute siegt über das Böse. Die Ordnung ist wiederhergestellt. Schenkel hat den Krimi-Preis und den "Glauser" für das beste Debüt in diesem Jahr wohl auch deshalb erhalten, weil sie demonstrativ mit diesen Traditionen bricht.
Sie interessiert sich in ihren Kriminalerzählungen nicht für die Aufklärung, sondern für die Frage, warum der Böse böse wird. "Triebfedern, welche sich im gewöhnlichen Leben dem Auge des Beobachters verstecken, treten bei solchen Anlässen, wo Leben, Freiheit und Eigenthum auf dem Spiele steht, sichtbarer hervor, und so ist der Kriminalrichter im Stande, tiefere Blicke in das Menschenherz zu thun", schrieb Friedrich Schiller 1792 in seiner Vorrede zum "Pitaval", einer Sammlung bekannter Kriminalfälle. Schiller selbst hat mit seinem "Verbrecher aus verlorener Ehre" aus einem authentischen Fall ein großes Stück Kriminalliteratur gemacht. Schenkel steht mit ihren Erzählungen eher in dieser deutschen Tradition der Kriminalerzählung.
Kunst des Weglassens.
Auch "Kalteis" ragt deswegen aus der Produktion deutscher Krimi-Autoren heraus. Aber gerade wenn man sieht, in welcher Tradition sich Schenkel bewegen möchte, sieht man, wie weit ihr Weg noch ist. "Mich stört, dass in manchen Büchern einfach viel zu viel beschrieben, geschrieben und erläutert wird", sagt Schenkel und verteidigt ihre schlichte Erzählweise. "Die Kunst liegt im Weglassen. Die Geschichte muss auch im Kopf des Lesers stattfinden." Da ist etwas dran. Doch die Kunst liegt eben auch im Andeuten, darin, die Phantasie des Lesers anzuregen.
Für sie sei Sprache etwas sehr Melodisches, sagt Schenkel. "Deswegen lese ich die Texte oft auch laut. Da merkt man schnell, ob es an einer Formulierung hakt." Doch wie bekommt man Melodie in eine knappe, schlichte Sprache? Schenkel gelingt das in ihrem zweiten Buch nicht immer. "Eine ganz Nette hätte sie beim Hopfenzupfen im Spätjahr kennengelernt", lässt sie die Kathie sagen. "Nicht mehr zurück möchte sie." Und dann: Die Luft ist lau. "Auf eine Parkbank setzt sie sich." Schenkel spielt gern auf solche Art mit der Satzstellung, doch auf Dauer ermüdet das den Leser. Die reduzierte Sprache, die schlicht wirken soll, ruft immer wieder einen reichlich manirierten Eindruck hervor. Suchbewegungen beim Freischreiben führen eben nicht immer direkt zum Ziel.
Andrea Maria Schenkel sitzt in diesen Tagen, an denen "Kalteis" in die Buchhandlungen kommt, wieder in Irland am Computer und schreibt an ihrem nächsten Roman. Er soll deutlich umfangreicher ausfallen als die knappen Erzählungen, die sie bisher geschrieben hat. Dafür gibt es einen einfachen Grund: "Im dritten Buch, das ich spätestens zur Buchmesse 2009 fertighaben will, sind die Figuren komplett erfunden", kündigt sie an. Der Prozess des Freischreibens geht weiter.
CARSTEN GERMIS.
Andrea Maria Schenkel: "Kalteis", Edition Nautilus, 160 Seiten, 12,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Schenkel wäre nicht die erste Autorin, die nach einem aufsehenerregenden Debüt schnell wieder in der Versenkung verschwände. Woher nimmt sie das Selbstbewusstsein, ihren Erfolg mit dem zweiten Buch wiederholen zu können? Kann jemand, der immer fernab des literarischen Betriebs gelebt hat, ein solches Ausnahmetalent sein? Schenkel wollte Literaturwissenschaft studieren, durfte aber nicht. Sie hat nie einen Kurs über kreatives Schreiben besucht. Und doch bescheinigten ihr die Krimi-Kritiker schon in ihrem Erstling eine "schnörkellose Prosa mit selten erzählerischer Wucht". Ein Meisterwerk, riefen sie. Ein Geniestück.
Schenkel schrieb ihren ersten Roman heimlich. Abends, wenn die Kinder schon im Bett lagen, zog sie sich in ihr Arbeitszimmer im Obergeschoss des Hauses in Nittendorf bei Regensburg zurück. Ihr Mann lernte damals gerade für die Facharztprüfung. Hat sie Vorbilder, an denen sie sich orientiert? Wieder schüttelt sie den Kopf. Sie hält sich einfach an das, was schon die amerikanische Krimi-Autorin Patricia Highsmith Nachwuchsautoren mit auf den Weg gab: "Die Geschichte muss mir Spaß machen. Die erste Leserin, der der Roman gefällt, bin ich."
Tod des Frauenmörders.
In dieser Woche wird nun "Kalteis", der neue Kriminalroman von Andrea Maria Schenkel, in die Buchhandlungen kommen. Die Startauflage liegt bei 50 000. Der Verlag rechnet wieder mit einem Erfolg. Bislang galt bei der Edition Nautilus schon eine Auflage von 3000 als gut. Wie schon in "Tannöd" nimmt sich Schenkel auch in ihrem neuen Krimi wieder einen authentischen Fall zum Vorbild. Damals war es der Mord an einer Bauernfamilie auf einem bayerischen Einödhof. Im neuen Krimi ist der Vergewaltiger und Frauenmörder Johann Eichhorn Vorlage für den Mörder Josef Kalteis. Eichhorn wurde 1939 in München hingerichtet. "Dauer der Hinrichtung vom Betreten des Gefängnishofes bis zur Exekution durch die Fallschwertmaschine: 17 Sekunden", heißt es in "Kalteis".
Dass sie sich einen authentischen Kriminalfall als Vorlage nimmt, gibt Schenkel die Sicherheit, für ihren Krimi zumindest einen interessanten Stoff gefunden zu haben. "Ich hätte sonst Angst vor meiner eigenen Courage gehabt", sagt sie. Auch in "Kalteis" hält sie sich wieder eng an die Vernehmungsprotokolle der Kriminalpolizei und die Dokumente des Gerichts. Es ist eine Montage von Aktennotizen, Verhörprotokollen, Monologen und erzählenden Passagen. Einen eigenen Plot, eine Geschichte erzählen, die der eigenen Phantasie entspringt, ist nicht Schenkels Sache.
Und doch gibt es einen Unterschied zum Debüt: Mit Kathie, dem letzten Opfer des Frauenmörders Kalteis, schafft die Krimi-Preisträgerin dieses Mal einen eigenen Charakter. Nicht der Mörder, sondern sie ist die zentrale Figur. "Bei Kathie stimmen nur kleine Teile mit den wirklichen Opfern überein." Kathie ist das genaue Gegenteil von Kalteis: ein naives Mädchen aus der Provinz mit unerfüllten Träumen, wie für die Opferrolle geboren.
Schenkel spricht von ihren Romanen selbst als "Fingerübungen". "Die Bücher sind für mich Übungen, mich immer weiter freizuschreiben", sagt sie. Das tut sie in einem rasanten Tempo. Für "Tannöd" brauchte sie ein gutes halbes Jahr. Im Januar 2006, als ihr Erstling seinen Siegeszug gerade angetreten hatte, wuchs die Idee für das zweite Buch. Bis zum Sommer sichtete sie das Material. In drei Wochen Urlaub in Irland schrieb sie dann das Manuskript. "Ich musste hundert Euro für Übergepäck bezahlen, weil ich das gesamte Material für den Roman dabeihatte", erzählt sie. Zu Hause, von September bis Januar, hat sie das Manuskript Seite für Seite überarbeitet und dabei ihren Mann immer wieder um Rat gefragt. Als sie "Tannöd" schrieb, wagte sie noch nicht, ihm davon zu erzählen. Sie hatte Zweifel, er könnte sie nicht recht ernst nehmen, wenn sie ihm nach sechzehn Jahren Ehe überraschend eröffnete, sie müsse nun mal etwas für sich tun und schreibe an einem Kriminalroman.
Triebfedern des Bösen.
Schenkel selbst ist überzeugt von ihrem zweiten Buch. "Ich denke, dass es besser ist", sagt sie. Besser noch als der Bestseller "Tannöd". Wie dieser ist auch der neue Krimi in einer einfachen, bisweilen sogar schlichten Sprache geschrieben. "Lehrbuchrezepte interessieren mich nicht", sagt Schenkel. Vielleicht wirkt da noch die Enttäuschung nach, die sie empfand, als die großen Verlage ihr "Tannöd" einfach zurückschickten. Ein freundlicher Lektor gab der Debütautorin damals gleich noch ein paar Tipps: Zur richtigen Kriminalerzählung gehöre ein Detektiv. Ein Krimi brauche einen guten Plot, spannende Charaktere und einen gehörigen Schuss Humor.
Doch mit klassischen Detektivromanen konnte Schenkel nie viel anfangen. Sie schätzt die Whodunits angelsächsischer Krimi-Autoren nicht und fällt ein hartes Urteil über sie: "Detektivromane sind mir zu absehbar, deswegen interessieren sie mich als Leserin nicht." Das Muster der klassischen Detektivgeschichte, für die Arthur Conan Doyles Sherlock-Holmes-Geschichten lange Maßstab waren, ist einfach erzählt: Ein Verbrechen, zumeist ein Mord, geschieht und zerstört die Ordnung. Der Detektiv ermittelt. Am Ende klärt er den Fall auf. Das Gute siegt über das Böse. Die Ordnung ist wiederhergestellt. Schenkel hat den Krimi-Preis und den "Glauser" für das beste Debüt in diesem Jahr wohl auch deshalb erhalten, weil sie demonstrativ mit diesen Traditionen bricht.
Sie interessiert sich in ihren Kriminalerzählungen nicht für die Aufklärung, sondern für die Frage, warum der Böse böse wird. "Triebfedern, welche sich im gewöhnlichen Leben dem Auge des Beobachters verstecken, treten bei solchen Anlässen, wo Leben, Freiheit und Eigenthum auf dem Spiele steht, sichtbarer hervor, und so ist der Kriminalrichter im Stande, tiefere Blicke in das Menschenherz zu thun", schrieb Friedrich Schiller 1792 in seiner Vorrede zum "Pitaval", einer Sammlung bekannter Kriminalfälle. Schiller selbst hat mit seinem "Verbrecher aus verlorener Ehre" aus einem authentischen Fall ein großes Stück Kriminalliteratur gemacht. Schenkel steht mit ihren Erzählungen eher in dieser deutschen Tradition der Kriminalerzählung.
Kunst des Weglassens.
Auch "Kalteis" ragt deswegen aus der Produktion deutscher Krimi-Autoren heraus. Aber gerade wenn man sieht, in welcher Tradition sich Schenkel bewegen möchte, sieht man, wie weit ihr Weg noch ist. "Mich stört, dass in manchen Büchern einfach viel zu viel beschrieben, geschrieben und erläutert wird", sagt Schenkel und verteidigt ihre schlichte Erzählweise. "Die Kunst liegt im Weglassen. Die Geschichte muss auch im Kopf des Lesers stattfinden." Da ist etwas dran. Doch die Kunst liegt eben auch im Andeuten, darin, die Phantasie des Lesers anzuregen.
Für sie sei Sprache etwas sehr Melodisches, sagt Schenkel. "Deswegen lese ich die Texte oft auch laut. Da merkt man schnell, ob es an einer Formulierung hakt." Doch wie bekommt man Melodie in eine knappe, schlichte Sprache? Schenkel gelingt das in ihrem zweiten Buch nicht immer. "Eine ganz Nette hätte sie beim Hopfenzupfen im Spätjahr kennengelernt", lässt sie die Kathie sagen. "Nicht mehr zurück möchte sie." Und dann: Die Luft ist lau. "Auf eine Parkbank setzt sie sich." Schenkel spielt gern auf solche Art mit der Satzstellung, doch auf Dauer ermüdet das den Leser. Die reduzierte Sprache, die schlicht wirken soll, ruft immer wieder einen reichlich manirierten Eindruck hervor. Suchbewegungen beim Freischreiben führen eben nicht immer direkt zum Ziel.
Andrea Maria Schenkel sitzt in diesen Tagen, an denen "Kalteis" in die Buchhandlungen kommt, wieder in Irland am Computer und schreibt an ihrem nächsten Roman. Er soll deutlich umfangreicher ausfallen als die knappen Erzählungen, die sie bisher geschrieben hat. Dafür gibt es einen einfachen Grund: "Im dritten Buch, das ich spätestens zur Buchmesse 2009 fertighaben will, sind die Figuren komplett erfunden", kündigt sie an. Der Prozess des Freischreibens geht weiter.
CARSTEN GERMIS.
Andrea Maria Schenkel: "Kalteis", Edition Nautilus, 160 Seiten, 12,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Schließen
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Michael Rutschky druckst ziemlich herum, findet aber wohl Andrea Maria Schenkels zweiten Roman nicht so gut wie den ersten. Zunächst missfällt dem Rezensenten der wilde Wechsel der Erzählperspektiven. Rutschky hätte den objektiven Erzähler ganz herausgelassen und nur auf fiktive "O-Töne" wie Verhörprotokolle oder Zeugenaussagen gesetzt. Denn die objektive Ebene passe stilistisch nicht in die Konstruktion, ja sei sogar "Schlamperei". Ein paar Zeilen weiter attestiert er Schenkel für ihre literarische Anverwandlung des Falls des tatsächlichen Münchner Lustmörders Johann Eichhorn, der 90 Frauen vergewaltigte und fünf ermordete, dann aber wiederum "saubere Arbeit". Andererseits "hapert" es mit dem Aufbau, weil sich Schenkel bei der Schilderung der Grausamkeiten zurückhält, die der Rezensent aber eigentlich "gar nicht wissen" will. Ja was denn nun?
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Bin absolut begeistert! Ich hatte angefangen, mich durch "Tannöd" zu quälen, und habe enttäuscht aufgegeben, ich wusste nicht, was die Leute an diesem Buch so toll fanden. Aber "Kalteis" ist soviel dichter und soviel näher am normalen Leben dran, beschreibt …
Mehr
Bin absolut begeistert! Ich hatte angefangen, mich durch "Tannöd" zu quälen, und habe enttäuscht aufgegeben, ich wusste nicht, was die Leute an diesem Buch so toll fanden. Aber "Kalteis" ist soviel dichter und soviel näher am normalen Leben dran, beschreibt Menschen mit nachvollziehbaren Sehnsüchten und Ängsten. Die Erzähltechnik ist gleich geblieben, die Autorin erspart einem auch allzu große Brutalitäten; nur betrifft es einen jetzt viel stärker. Ich empfehle jedem: Lies "Kalteis"!
Weniger
Antworten 5 von 10 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 5 von 10 finden diese Rezension hilfreich
Nach Tannöd eine herbe Enttäuschung: Ein recht mühsames Geschreibsel.
Antworten 3 von 8 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 3 von 8 finden diese Rezension hilfreich
Broschiertes Buch
Das Buch befasst sich mit wahren Fällen, die sich in den 30 er Jahren in München ereignet haben. Ein perverser Triebtäter ermordet mehrere junge Frauen und wird dafür hingerichtet.
Der Aufbau des Romans entsteht durch sich abwechselnde Kapitel über verschiedene Frauen, …
Mehr
Das Buch befasst sich mit wahren Fällen, die sich in den 30 er Jahren in München ereignet haben. Ein perverser Triebtäter ermordet mehrere junge Frauen und wird dafür hingerichtet.
Der Aufbau des Romans entsteht durch sich abwechselnde Kapitel über verschiedene Frauen, verschiedenen Teilen der Vernehmung des Täters Kalteis, Beschreibungen seiner Frau Walburga und mehreren Teilen über das Mädchen Kathie. Das ist erst ein wenig verwirrend, später jedoch erklärt jedes Kapitel die furchtbare Person Kalteis ein wenig mehr.
Gesprochen wird in einer einfachen knappen Sprache mit eigentümlichem Satzbau, ein wenig Bayrisch wirkend. Diese Sprachwahl macht die Charaktere sehr authentisch, aber auch alle sehr ähnlich und daher auch austauschbar.
Der Mörder ist von Anfang an bekannt, aber trotzdem liest man dieses Buch in einer unheimlichen Spannung.
Kathie, das naive aber nicht unschuldige Mädchen vom Lande, ist die einzige Frau, deren Geschichte den Leser durch das ganze Buch hindurch begleitet.
Schenkel widmete allen anderen "Opfern" immer nur kurze Kapitel, die mit ihrer Ermordung endeten.
"Wie viele denn noch?" So fragte ich mich während des Lesens. Und genau das macht den grausam fesselnden Reiz dieses Romans aus. Man wird fast gezwungen, zu Ende zu lesen, um
diesen Morden ein Ende zu bereiten.
Ein absolut fesselnder Psychothriller, mit Gruseleffekt und intelligent gelöstem Aufbau der Spannung und Handlung.
Weniger
Antworten 2 von 2 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 2 von 2 finden diese Rezension hilfreich
Leider springt die Autorin nicht nur ständig von einem Schauplatz zum anderen sondern auch noch in der Zeit hin und her. Gut dass das Buch nur 186 Seiten hat, sonst hätte ich es wahrscheinlich nicht zu Ende gelesen.
Antworten 0 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 1 finden diese Rezension hilfreich
„Immer wieder wollte ich es haben, in einem Rausch war ich, nicht mehr ich selbst war ich, danach habe ich mich immer geschämt, aber nach einiger Zeit war das vergessen und ich bin wieder los. Wie ein wildes Tier, das ist der Trieb, ich bin wieder los … immer …
Mehr
„Immer wieder wollte ich es haben, in einem Rausch war ich, nicht mehr ich selbst war ich, danach habe ich mich immer geschämt, aber nach einiger Zeit war das vergessen und ich bin wieder los. Wie ein wildes Tier, das ist der Trieb, ich bin wieder los … immer wieder.“
München, Ende der 30er Jahre. Ein Serienmörder hat dafür gesorgt, dass immer wieder junge, hübsche Frauen spurlos verschwunden sind. Frauen wie Kathie, die mit großen Träumen von einem besseren Leben vom Land in die große Stadt gezogen ist.
Zu Beginn des Buches ist der Täter bereits inhaftiert, verurteilt und seine Hinrichtung steht bevor. Eine öffentliche Bekanntmachung ist unerwünscht, denn der Täter ist ein guter Deutscher, ein Arier, Mitglied der NSDAP und „jeder Schaden, der dem Ansehen der Partei und der nationalsozialistischen Bewegung entstehen könnte, (ist) zu vermeiden.“
In zahlreichen Rückblenden erleben wir die Verhöre des Täters Josef Kalteis und die Geschichte der Opfer. Die Verhöre zeichnen sich dadurch aus, dass nur die Antworten von Kalteis aufgeführt sind, die dazugehörenden Fragen aber fehlen. Diese fehlen aber überhaupt nicht, man kann aus den Antworten leicht schließen, wonach gefragt wurde. Aber durch die konsequente Aneinanderreihung seiner Aussagen werden die Widersprüche, in die er sich verwickelt, nur umso deutlicher. Eine besondere Brisanz haben die Verhörprotokolle, da man als Leser ja schon weiß, dass er schuldig ist. Da man bereits weiß, worauf alles hinausläuft. Wenn ich unter diesen Voraussetzungen lese, wie er begeistert schildert, wie gerne er beim Schweineschlachten hilft und die einzelnen Abläufe detailliert beschreibt, dabei auch noch zugibt, wie toll er es findet, wenn er die Angst bei dem Tier wahrnimmt, dann läuft mir ein Schauer den Rücken hinunter. Zumal er einige dieser Abläufe präzise wiederholen wird, aber dann nicht an einem Schwein.
Und dann die Geschichten der diversen Mädchen… Man lernt ein Mädchen kennen, erfährt, wie es dazu kam, dass sie an dem Abend, der ihr letzter werden soll, alleine nach Hause fährt und nicht in Begleitung – und die ganze Zeit weiß man, dass dies alles auf ihre Ermordung hinausläuft. Diese vorweggenommene Spannung finde ich toll! Besagtes Ende gestaltet sich unterschiedlich. Bei dem einen Mädchen erfährt man nur, dass sie verschwunden ist, vermisst gemeldet wurde. Bei einem anderen wird die Tat einschließlich einer fiesen Verstümmelung detailliert geschildert. So weiß man auch, was mit den anderen geschah. Schlimm, dann eine Mutter bei der Suche nach ihrer vermissten Tochter zu erleben!
Ganz besonders intensiv lernen wie Kathie kennen. In Rückblenden begleiten wir sie bis zu ihrer Kindheit. Mit großen Träumen und Wünschen kam sie vom Land nach München, hoffte, dass hier ihr Leben eine entscheidende Wendung zum Besseren erfährt. Und natürlich träumt sie von einem Mann, einem Traumprinzen. Ein gutgläubiges, unerfahrenes, einfaches Opfer!
Unterstützt wird alles durch eine konsequent einfach gehaltene Sprache. Kurze, abgehackte Sätze. Dialekt und falsche Grammatik. Nicht immer einfach zu lesen, aber dadurch traten mir die einzelnen Personen nur umso deutlicher vor Augen. Einfache Menschen, ohne große Bildung. Auch bei Josef Kalteis muss ich ein gehöriges Maß an geistiger Armut einräumen. Heute würde man so einem Menschen mindestens verminderte Schuldfähigkeit wenn nicht gar Unzurechnungsfähigkeit attestieren und ihn in eine psychiatrische Anstalt einweisen. Aber dies hätte ja dem Ansehen der Partei Schaden zufügen können…
Der Roman basiert auf einem historischen Kriminalfall. Der Quellennachweis verweist unter anderem auf Vernehmungsprotokolle der Polizeidirektion München aus den Jahren 1930-1939. Das Buch ist sehr kurz (nur 187 Seiten), was ich an sich bedauerlich finde. Aber so kann man es „mal eben“ schnell zwischendurch lesen – mir hat es heute netterweise eine lange Wartezeit beim Orthopäden vertrieben.
Weniger
Antworten 0 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Andere Kunden interessierten sich für