D. B. C. Pierre
Broschiertes Buch
Jesus von Texas
Roman. Ausgezeichnet mit dem Booker Prize 2003 und dem Whitbread First Novel Award 2003
Übersetzung: Kredel, Karsten
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16 Schüler einer Highschool werden umgebracht. Einige klatschsüchtige Hausfrauen werden plötzlich zu Witwen. Und mittendrin der 15-jährige Vernon, dem es gelingt, immer zur richtigen Zeit am falschen Ort zu sein. "Jesus von Texas" ist eine schwarze Komödie über Gewalt in den USA.
DBC Pierre wurde für seinen ersten Roman 'Jesus von Texas' mit dem Booker Prize, dem Whitbread First Novel Award und dem Bollinger Everyman Wodehouse Award ausgezeichnet. Es folgten 'Bunny und Blair', 'Das Buch Gabriel' und 'Licht aus im Wunderland'. Seine Romane sind in 43 Sprachen übersetzt. DBC Pierre lebt im County Leitrim, Irland.
Produktdetails
- Aufbau Taschenbücher 2150
- Verlag: AUFBAU TB
- Originaltitel: Vernon God Little
- Artikelnr. des Verlages: 656/32150
- 5. Aufl.
- Seitenzahl: 383
- Erscheinungstermin: 20. Mai 2005
- Deutsch
- Abmessung: 192mm x 119mm x 24mm
- Gewicht: 312g
- ISBN-13: 9783746621500
- ISBN-10: 374662150X
- Artikelnr.: 13261540
Herstellerkennzeichnung
Aufbau Taschenbuch Verlag
Prinzenstraße 85
10969 Berlin
info@aufbau-verlag.de
Durchfall in Texas
Der tumbe Tor lernt von Kant: DBC Pierres Booker-Roman
Die angelsächsische Kultur hat ein Faible für zornige Jungs in der Klemme. Literarisch zieht sich die Linie von Huck Finn über Holden Caulfield bis hin zu aktuellen Lieblingen wie Christopher Boone aus Mark Haddons Roman "Supergute Tage". Kino und Fernsehen sind voll von Verwandten im Geiste: Bart Simpson, Eminem, der kindliche Kinderschreck Ozzy Osbourne - all diese Aussteigertypen prangern in rotzigem "Ihr könnt mich alle mal"-Jargon die verlogene Welt der Erwachsenen an und träumen von einem Dasein am Rande der Zivilisation, wo sie in Ruhe darüber nachdenken können, was sie mit diesem Leben anfangen wollen.
Ähnlich isoliert,
Der tumbe Tor lernt von Kant: DBC Pierres Booker-Roman
Die angelsächsische Kultur hat ein Faible für zornige Jungs in der Klemme. Literarisch zieht sich die Linie von Huck Finn über Holden Caulfield bis hin zu aktuellen Lieblingen wie Christopher Boone aus Mark Haddons Roman "Supergute Tage". Kino und Fernsehen sind voll von Verwandten im Geiste: Bart Simpson, Eminem, der kindliche Kinderschreck Ozzy Osbourne - all diese Aussteigertypen prangern in rotzigem "Ihr könnt mich alle mal"-Jargon die verlogene Welt der Erwachsenen an und träumen von einem Dasein am Rande der Zivilisation, wo sie in Ruhe darüber nachdenken können, was sie mit diesem Leben anfangen wollen.
Ähnlich isoliert,
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genervt und verzweifelt war wohl auch der 1962 in Australien geborene, in Mexiko aufgewachsene und heute in Irland lebende Peter Warren Finlay, als er sich vor knapp vier Jahren hinsetzte, um sein Leben in den Griff zu bekommen. Das war insofern nötig, als er Schulden in Höhe von mehreren hunderttausend Dollar hatte, sich bei Freunden, die er jahrzehntelang ausgenommen und über den Tisch gezogen hatte, nicht mehr blicken lassen konnte, gegen seine Drogen- und Spielsucht ankämpfen mußte und die Folgen eines Autounfalls zu überwinden hatte. Er gab sich das Pseudonym DBC (für "dirty but clean") Pierre und verfaßte innerhalb von fünf Wochen anfallartig einen Roman, den er anschließend monatelang akribisch überarbeitete. Das Ergebnis, "Jesus von Texas", gewann im Herbst in Großbritannien den mit 50 000 Pfund dotierten Man-Booker-Preis; die Geschichte des geläuterten Autors half beim anschließenden Buchverkauf mindestens so sehr wie die populäre Auszeichnung, und so bekommen nun die Gläubiger ihr Geld und das Publikum gleich zwei tolle Geschichten, und alle könnten erleichtert den Fernseher ausschalten.
Können sie aber nicht. Denn "Jesus von Texas" sucht den Leser heim mit ebenjenen Bildern eines Schulmassakers, wie sie uns in den Abendnachrichten längst nicht mehr nur aus Amerika entgegenflackern. Der Roman erzählt die Geschichte des fünfzehnjährigen Vernon Gregory Little, der just zu dem Zeitpunkt, als sein bester Freund Jesus Navarro erst sechzehn Schulkameraden und dann sich selbst umbringt, ein ganz anderes Problem hat, nämlich akuten Durchfall auf freier Flur. Vernon weiß also von nichts, hat nichts gesehen und nichts geahnt, aber das glaubt ihm natürlich keiner im Kaff Martirio, dieser "Barbecuesaucen-Hauptstadt von Texas". Vernon wird zum Sündenbock gemacht und von den Medien verfolgt, vom Gerichtspsychologen mißbraucht, von seinem Schwarm verraten. Seine einfältige Mutter ist von ihrer Existenz zwischen Fast-food-Kartons, Lockenwicklern und hysterischen Bekannten ohnehin überfordert, und jene, die Vernon entlasten könnten, haben selbst Dreck am Stecken. Und so beginnt Vernon, aus Scham, Naivität, Ratlosigkeit und, man muß es sagen, auch aus einer gewissen eigenen Geistesschlichtheit heraus, verzweifelt und ungemein ungeschickt zu lügen. Er türmt in Richtung gelobtes Land, gen Mexiko, und landet am Ende doch in einer Todeszelle der "Big Brother"-Welt: Jede Woche können Fernsehzuschauer einen Insassen "abwählen", in den Tod schicken. Am Ende siegt nicht die Gerechtigkeit, beim derzeitigen Stand der "Kondischn-Üh-Mähn" (Vernons Version der condition humaine) ohnehin nicht zu haben, sondern eher die irrwitzige Logik der Medien, welche die Rettung in letzter Sekunde Clint-Eastwood-mäßig neu erfunden haben.
Das alles rückt dem Leser in Vernons pubertierender, müffelnder Gestalt - "störrische braune Haare, Wimpern wie von einem Kamel und ein überdimensioniertes Welpengesicht" - und vor allem mit schnoddrigem Tonfall auf den Leib; ein Bewußtseinsstrom, der in seiner wortgewaltig vor sich hin pestenden Unmittelbarkeit manchmal kaum zu ertragen ist. Das Deutsche bleibt zwangsläufig hinter der Drastik des englischen Originals zurück, doch hat Karsten Kredel eine überzeugende Fassung für die Haßtirade gefunden, die nur so strotzt vor amerikanischen Stereotypen. Obszön verfettete, minderbemittelte Hausfrauen, geifernde Reporter und frühreife, mediengeile Teenager: alle wittern die Chance, aus dem Blutbad Karrieren zu zimmern, während Vernon in seiner Unschuld noch vom Neuanfang mit seiner großen Liebe träumt. Die Lehre verkündet ihm denn auch, gerichtsserien- und gospelmäßig folgerichtig, ein verhinderter Priester und Axtmörder auf dem Todesstreifen: Vertrau keiner höheren Macht, sondern nimm das Leben selbst in die Hand und schlag die Mistkerle da draußen mit ihren eigenen Waffen.
DBC Pierres Roman ist eine bösartige, streckenweise brillante, aber eben auch vorhersehbare Mediensatire, die so völlig politisch unkorrekt ist, daß es schon wieder nach übertriebener political correctness gerochen hätte, sie nicht auszuzeichnen. Es gibt wunderbare, irrlichternd komische Momente, etwa wenn Vernon und Jesus über Kant reden: ",Der große Denker, den wir letzte Woche in der Schule hatten.' - ,Der wie ,Manual Cunt' klang?' - ,Ja, der gesagt hat, daß nichts tatsächlich passiert, solange man es nicht passieren sieht.'" Leider aber krankt auch der Roman an jenem philosophischen Fluch, von dem Vernon sich verfolgt fühlt: "Ich sag's euch: Sobald man weiß, was passieren kann, wartet man drauf, daß es passiert." Seiner Erfahrung nach ist das vor allem eines: "Shit happens." Der Leser derweil, anfänglich mitgerissen, gibt das Warten auf große Literatur irgendwann frustriert auf.
DBC Pierre: "Jesus von Texas". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Karsten Kredel. Aufbau-Verlag, Berlin 2004. 383 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Können sie aber nicht. Denn "Jesus von Texas" sucht den Leser heim mit ebenjenen Bildern eines Schulmassakers, wie sie uns in den Abendnachrichten längst nicht mehr nur aus Amerika entgegenflackern. Der Roman erzählt die Geschichte des fünfzehnjährigen Vernon Gregory Little, der just zu dem Zeitpunkt, als sein bester Freund Jesus Navarro erst sechzehn Schulkameraden und dann sich selbst umbringt, ein ganz anderes Problem hat, nämlich akuten Durchfall auf freier Flur. Vernon weiß also von nichts, hat nichts gesehen und nichts geahnt, aber das glaubt ihm natürlich keiner im Kaff Martirio, dieser "Barbecuesaucen-Hauptstadt von Texas". Vernon wird zum Sündenbock gemacht und von den Medien verfolgt, vom Gerichtspsychologen mißbraucht, von seinem Schwarm verraten. Seine einfältige Mutter ist von ihrer Existenz zwischen Fast-food-Kartons, Lockenwicklern und hysterischen Bekannten ohnehin überfordert, und jene, die Vernon entlasten könnten, haben selbst Dreck am Stecken. Und so beginnt Vernon, aus Scham, Naivität, Ratlosigkeit und, man muß es sagen, auch aus einer gewissen eigenen Geistesschlichtheit heraus, verzweifelt und ungemein ungeschickt zu lügen. Er türmt in Richtung gelobtes Land, gen Mexiko, und landet am Ende doch in einer Todeszelle der "Big Brother"-Welt: Jede Woche können Fernsehzuschauer einen Insassen "abwählen", in den Tod schicken. Am Ende siegt nicht die Gerechtigkeit, beim derzeitigen Stand der "Kondischn-Üh-Mähn" (Vernons Version der condition humaine) ohnehin nicht zu haben, sondern eher die irrwitzige Logik der Medien, welche die Rettung in letzter Sekunde Clint-Eastwood-mäßig neu erfunden haben.
Das alles rückt dem Leser in Vernons pubertierender, müffelnder Gestalt - "störrische braune Haare, Wimpern wie von einem Kamel und ein überdimensioniertes Welpengesicht" - und vor allem mit schnoddrigem Tonfall auf den Leib; ein Bewußtseinsstrom, der in seiner wortgewaltig vor sich hin pestenden Unmittelbarkeit manchmal kaum zu ertragen ist. Das Deutsche bleibt zwangsläufig hinter der Drastik des englischen Originals zurück, doch hat Karsten Kredel eine überzeugende Fassung für die Haßtirade gefunden, die nur so strotzt vor amerikanischen Stereotypen. Obszön verfettete, minderbemittelte Hausfrauen, geifernde Reporter und frühreife, mediengeile Teenager: alle wittern die Chance, aus dem Blutbad Karrieren zu zimmern, während Vernon in seiner Unschuld noch vom Neuanfang mit seiner großen Liebe träumt. Die Lehre verkündet ihm denn auch, gerichtsserien- und gospelmäßig folgerichtig, ein verhinderter Priester und Axtmörder auf dem Todesstreifen: Vertrau keiner höheren Macht, sondern nimm das Leben selbst in die Hand und schlag die Mistkerle da draußen mit ihren eigenen Waffen.
DBC Pierres Roman ist eine bösartige, streckenweise brillante, aber eben auch vorhersehbare Mediensatire, die so völlig politisch unkorrekt ist, daß es schon wieder nach übertriebener political correctness gerochen hätte, sie nicht auszuzeichnen. Es gibt wunderbare, irrlichternd komische Momente, etwa wenn Vernon und Jesus über Kant reden: ",Der große Denker, den wir letzte Woche in der Schule hatten.' - ,Der wie ,Manual Cunt' klang?' - ,Ja, der gesagt hat, daß nichts tatsächlich passiert, solange man es nicht passieren sieht.'" Leider aber krankt auch der Roman an jenem philosophischen Fluch, von dem Vernon sich verfolgt fühlt: "Ich sag's euch: Sobald man weiß, was passieren kann, wartet man drauf, daß es passiert." Seiner Erfahrung nach ist das vor allem eines: "Shit happens." Der Leser derweil, anfänglich mitgerissen, gibt das Warten auf große Literatur irgendwann frustriert auf.
DBC Pierre: "Jesus von Texas". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Karsten Kredel. Aufbau-Verlag, Berlin 2004. 383 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Die perfekte Mischung aus Tarantinos Trash und Eminems Wut. « NEON 20050908
Nachrichten von Gewalt, die in unsere Schulen gespült wird, Videos, die die jugendlichen Mörder als Rächer überhöhen, in denen sie die Helden ihrer Videogames nachäffen, gehören mittlerweile zum Alltag. Vernon Little hat ein Problem, sein Freund Jesus hat 16 …
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Nachrichten von Gewalt, die in unsere Schulen gespült wird, Videos, die die jugendlichen Mörder als Rächer überhöhen, in denen sie die Helden ihrer Videogames nachäffen, gehören mittlerweile zum Alltag. Vernon Little hat ein Problem, sein Freund Jesus hat 16 Klassenkameraden erschossen, und er sitzt im Gefängnis und dient als Sündenbock, dem unterstellt wird, von der Tat zumindest gewußt zu haben. Die Naivität, mit der er durch die Welt wandelt, ist von dbc Pierre gut getroffen worden. Nur wer so unschuldig erscheint und sich gleichzeitig so angewidert umschaut, wird das Opfer eigener Machtphantasien, auch wenn sie nicht immer bis zum Letzten reichen müssen. Das Lachen über manche Stellen bleibt einem angesichts des Massakers im Halse stecken. dbc Pierre schafft es, unsere Welt wie eine Kulisse aussehen zu lassen, in der wir selbst schauspielern, uns zum Kaufen wie zum Verkaufen andienen, nur damit es um uns herum glitzert. Ein Junge wie Vernon ist darin verloren. Ein bitterböser Roman, ihn als Satire aufzufassen, beraubt ihn seines harten, realistischen Kerns. Dafür sind die Charaktere, die zwischen den Kulissen auftauchen allzu gegenwärtig.
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Bissige Medien-Satire
Der unter dem Pseudonym DBC Pierre veröffentlichende, australische Schriftsteller Peter Warren Finlay hat mit seinem Roman-Erstling «Jesus von Texas» 2003 den britischen Booker Prize gewonnen. Also die begehrteste Auszeichnung im englisch-sprachigen Raum, …
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Bissige Medien-Satire
Der unter dem Pseudonym DBC Pierre veröffentlichende, australische Schriftsteller Peter Warren Finlay hat mit seinem Roman-Erstling «Jesus von Texas» 2003 den britischen Booker Prize gewonnen. Also die begehrteste Auszeichnung im englisch-sprachigen Raum, die dort im Ansehen zuweilen sogar noch vor dem weniger publikums-wirksamen Nobelpreis steht. Der ehrt ja bekanntlich den Autor selbst, nicht das einzelne Buch, - die Buddenbrooks waren eine berühmte Ausnahme. Aber davon trennen diesen Roman wirklich Welten! Das Pseudonym steht für «Dirty But Clean Peter» und soll den Lebenswandel des Autors andeuten. Der hat es nämlich, folgt man dem Klappentext, fertig gebracht, «von seinem Nachbarn in Mexico Stadt angeschossen zu werden, Schulden in Höhe von mehreren hunderttausend Dollar anzuhäufen, drogen- und spielsüchtig zu werden und eine Reihe von Frauen zu hintergehen».
Sein Roman ist denn auch eine bissige Satire auf die Sensationsgier der amerikanischen Medien-Gesellschaft, deren Auswüchse hier genüsslich auf die Spitze getrieben werden. Ort der Handlung ist eine fiktive Kleinstadt, die den Ruf der Barbecue-Saucen-Hauptstadt von Texas hat. Der fünfzehnjährige Schüler Vernon wird der Mittäterschaft an einem Massaker in seiner Schule verdächtigt. Diesen Amoklauf hat sein bester Freund Jesus während des Physik-Unterrichts begangen, sechzehn Mitschüler sind ihm zum Opfer gefallen, der Täter hat sich anschließend selbst erschossen. Nachdem Vernon ungeschickt ein Gewehr zu verstecken sucht und ihm die Polizei auch rein gar nichts glaubt, flüchtet er nach Mexico, wird dort aber verhaftet und ausgeliefert. Durch unprofessionelle Verteidigung, widrige Umstände und die unheilvolle Mitwirkung eines Klatschreporters bereits massiv von der Bevölkerung vorverurteilt, wird Vernon in einem absurden, schauprozess-artigen Verfahren unschuldig zum Tode verurteilt. Im Todestrakt veranstaltet ein Medien-Konzern die wöchentliche Wahl des jeweils nächsten Delinquenten in Form einer live übertragenen, publikums-wirksamen Reality-Show. Als schließlich Vernon gewählt wird, gelingt es ihm scheinbar durch einige Telefonate, sich doch noch aus der Schlinge zu ziehen.
«Irgendjemand hat mal gesagt, es sei heute unmöglich, Amerika satirisch darzustellen, die Wahrheit wäre immer viel lächerlicher als alles, was man sich ausdenken könnte. Ich glaube, dass stimmt weitgehend», hat sich der Autor geäußert. Und als Beispiel nennt er den letzten Wunsch eines Todeskandidaten in Texas, der vor der Hinrichtung noch eine Zigarette rauchen wollte, was ihm «mit dem Hinweis, dass Rauchen schlecht für seine Gesundheit sei», aber verweigert wurde. In diesem Lichte besehen erscheinen die satirischen Überspitzungen des Romans literarisch ebenso angemessen wie der vulgäre, auf Dauer abstoßende Jugend-Slang, in dem der pubertierende Romanheld erzählt. In der Übersetzung ist es weitgehend gelungen, die vielen Wortspiele in ihrem Aberwitz zu erhalten, was nicht wenig beiträgt zum Amüsement des Lesers, wenn er denn eine Antenne dafür hat. Oft versteckt sich in dem unflätigen Primitiv-Jargon des jugendlichen Ich-Erzählers aber auch eine tiefe Ratlosigkeit: «Ich hab wirklich versucht, das Leben zu kapieren, manchmal kam es mir sogar großartig vor. Doch damit hat sich’s jetzt erstmal, nach allem was passiert ist. Ich meine, was soll das denn für ein Scheißleben sein?»
Grenzenlose Medienmacht, ausufernder Konsumterror und schreiende Ungerechtigkeit sind die Reiz-Themen, die der Autor in seiner temporeich erzählten Geschichte vehement anprangert, ein offensichtlich in die Irre führender American Way of Life. Und Satire ist sicherlich auch die wirksamste Form, sich mit seiner flammenden Anklage einer breiteren Leserschaft verständlich zu machen, Vernunft im Sinne von Kant ist dafür nun mal nicht geeignet. Auch wenn hier auf amüsante Weise der Finger in die Wunde gelegt wird, ist dieser Roman eine von der Sprache her verstörende, auf Dauer nervige Lektüre.
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