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Die Biografie von Florian Welle nähert sich erstmalig Leben und Werk des vollkommen zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Schriftstellers, Lyrikers und Rundfunkredakteurs Jürgen Eggebrecht.
Walter Jens nannte den Pfarrerssohn aus Baben in Sachsen-Anhalt einen »Mäzen unter lauten Funkgeldverwaltern«, Hermann Kesten verglich ihn mit den »venezianischen Improvisatoren des 18. Jahrhunderts« und Günter Eich lobte seine Lyrik, die »fast mit Hinterlist« ihre »Modernität« verbirgt. Der Wahlmünchner Jürgen Eggebrecht (1898-1982) war eine schillernde Persönlichkeit des westdeutschen Kulturbetriebs…mehr

Produktbeschreibung
Die Biografie von Florian Welle nähert sich erstmalig Leben und Werk des vollkommen zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Schriftstellers, Lyrikers und Rundfunkredakteurs Jürgen Eggebrecht.
Walter Jens nannte den Pfarrerssohn aus Baben in Sachsen-Anhalt einen »Mäzen unter lauten Funkgeldverwaltern«, Hermann Kesten verglich ihn mit den »venezianischen Improvisatoren des 18. Jahrhunderts« und Günter Eich lobte seine Lyrik, die »fast mit Hinterlist« ihre »Modernität« verbirgt. Der Wahlmünchner Jürgen Eggebrecht (1898-1982) war eine schillernde Persönlichkeit des westdeutschen Kulturbetriebs der Nachkriegszeit. Als Leiter des Kulturellen Wortes des Nordwestdeutschen Rundfunks, später NDR, wurde er zum Freund und Förderer vieler bekannter Autoren, so unter anderem von Günter Eich und dessen Ehefrau Ilse Aichinger. Zudem betätigte er sich selbst als Schriftsteller und Lyriker. Die vorliegende Biografie zeichnet erstmalig das Leben des Mannes nach, der sich ganz in den Dienst der Literatur gestellt hatte.
Autorenporträt
Florian Welle, geboren 1973, studierte Germanistik, Neuere/Neueste Geschichte und Europäische Ethnologie. Anschließend Aufbaustudiengang ¿Theater-, Film- und Fernsehkritik¿ an der Bayerischen Theaterakademie August Everding. Promotionsstipendiat des Evangelischen Studienwerks Villigst. Promotion im Fach Germanistik zum Thema »Der irdische Blick durch das Fernrohr. Literarische Wahrnehmungsexperimente vom 17. bis zum 20. Jahrhundert«. Der Autor lebt als Kulturjournalist in München. Florian Welle, geboren 1973, studierte Germanistik, Neuere/Neueste Geschichte und Europäische Ethnologie. Anschließend Aufbaustudiengang ¿Theater-, Film- und Fernsehkritik¿ an der Bayerischen Theaterakademie August Everding. Promotionsstipendiat des Evangelischen Studienwerks Villigst. Promotion im Fach Germanistik zum Thema »Der irdische Blick durch das Fernrohr. Literarische Wahrnehmungsexperimente vom 17. bis zum 20. Jahrhundert«. Der Autor lebt als Kulturjournalist in München.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.03.2010

Sternstunden in Kornblumenblau
Eine Ausstellung in der Münchner Monacensia erinnert an den Schriftsteller und leidenschaftlichen Literaturförderer Jürgen Eggebrecht
Das 18. Jahrhundert, verriet er in einem Brief an Hermann Kesten, wäre recht eigentlich das seine gewesen, „wo wir beide uns aus lauter Geist in die Luft erheben könnten, parlierten in allerhand Sprachen, uns freuten an einem Nichts und uns im Alter die Zeit vertrieben mit tragischen Possen, die uns vom Leben so reichlich mitgeteilt wurden.” Er dürfte nicht der einzige Intellektuelle des 20. Jahrhunderts gewesen sein, der sich bis-weilen in frühere, geistfreundlichere Epochen zurückwünschte. Aber Jürgen Eggebrecht, der 1898 geboren wurde und 1982 starb, fand sich in seinem Säkulum zurecht, schlug Wurzeln im Reich des Denkens und Dichtens und wurde zu einer zentralen Figur im literarischen Leben, lange bevor es sich in einen Betrieb verwandelte.
Dass sein Name nur einem kleinen Kreis von Literaturfreunden geläufig blieb, liegt daran, dass er als Rundfunkredakteur zu den großen Drahtziehern, Anregern und Förderern im Hintergrund gehörte, die nach dem Krieg das Radio zum kulturellen Leitmedium machten. Aber auch daran, dass er als Schreibender, als Lyriker vornehmlich, „fast mit Hinterlist” – so formulierte es der Freund und Kollege Günter Eich – seine „Modernität” zu verbergen wusste, weil es ihm auf Zeitlosigkeit ankam. Nichts lag ihm, der Anekdoten liebte und Selbstironie schätzte, ferner als der große Auftritt, und wenn die Geistesgrößen der Epoche bei ihm ein- und ausgingen, so war das eher eine Familienangelegenheit als ein öffentlich zu verhandelnder Ausweis seiner Bedeutung.
Um so inspirierender ist es, sich mitten in einer Welt, die mit ihren Medien, Machern und Marktschreiern unendlich weit von jenen Verhältnissen entfernt scheint, an Weg und Wirken des kontaktfreudigen Individualisten Jürgen Egge-brecht zu erinnern. Gelegenheit dazu gibt eine Ausstellung im Münchner Lite-raturarchiv Monacensia, in dessen Räumen sein umfangreicher Nachlass seit dem vergangenen Frühjahr aufgehoben ist. In München verbrachte der aus Baben (Kreis Stendal) gebürtige Eggebrecht die letzten zweieinhalb Jahrzehnte seines Lebens, und hier hatte er in den zwanziger Jahren die entscheidenden Verbindungen für seine berufliche Laufbahn und sein privates Glück geknüpft. Nicht an einem roten, sondern an einem Faden in Eggebrechts Lieblingsfarbe Kornblumenblau wird der Betrachter durch die materialreiche und bildkräftige Schau geleitet, deren Motto „In der Zukunft war ich schon” einem Gedicht des spät Geehrten entstammt.
Die Texte Eggebrechts – Lyrikverse, Briefzitate und andere Notate – beherrschen in großzügiger Wandbeschriftung die Räume; ihnen beigesellt sind die Fotosilhouetten seiner Lebensmenschen und Weggefährten, die so gegenwärtig wirken, als hätten sie sich gerade eben zum Gespräch versammelt. In den Vitrinen werden ausgewählte Stücke der Korrespondenz gezeigt, die Eggebrecht mit berühmten Zeitgenossen führte (von Ilse Aichinger bis Carl Zuckmayer reicht die Liste der Briefpartner), Widmungsexemplare aus seiner Bibliothek, Manuskripte, Dokumente und Fotografien, die seinen Werdegang markieren.
Der beginnt mit einer „engelsstillen Kindheit” im Pfarrhaus von Baben und führt über Kriegserlebnisse in Flandern und ein Jurastudium in Greifswald, Innsbruck und Würzburg zunächst nach München, wo Eggebrecht seiner späteren Ehefrau Elfi Stiehr, aber auch Joachim Rin-gelnatz, Klaus Mann und W.E. Süskind begegnet und durch ein Volontariat bei Reinhard Piper die Weichen für seine literarische und literaturfördernde Laufbahn stellt. Eine Lektorentätigkeit bei der DVA in Stuttgart endet 1933, weil Eggebrecht sich weigert, in die NSDAP einzutreten. Im Zweiten Weltkrieg ist er verantwortlich für das Buchpapierkontingent der Wehrmacht und schickt Millionen von Büchern ins Feld, darunter explizit unheroische Klassiker. Nach dem Krieg siedelt er mit seiner Familie ins niedersächsische Warberg über, wird Mitarbeiter und bald darauf Leiter der Abteilung „Kulturelles Wort” des NWDR im Funkhaus Hannover.
Es folgt die Zeit, in der er sich, wie Walter Jens es ausdrückte, als „Mäzen unter lauter Funkgeldverwaltern” profiliert, der Hörfunk-Kultur prägende, bis heute nachwirkende Impulse gibt und daneben seiner eigenen schriftstellerischen Arbeit nachgeht. 1959 zwingt ihn ein Gehirntumor zum Rückzug aus der geliebten Tätigkeit, aber nach Wiedererlangung des Sprachvermögens und der endgültigen Übersiedlung nach München bleibt er lebenslang als Schriftsteller und Rundfunkmitarbeiter aktiv.
Das sind nur die Eckdaten einer Biographie, deren Bewegungen mit der literarischen und kulturellen Entwicklung der jungen Bundesrepublik auf das engste verbunden sind. Natürlich dürfen in der Ausstellung einschlägige Requisiten nicht fehlen – die Underwood-Schreibmaschine, der Radioapparat im Fünfziger-Jahre-Design. Über Kopfhörer kann man sich Stimme und Sprache des leidenschaftlichen Funk-Menschen Jürgen Eggebrecht in die Gegenwart holen. Und der Blick registriert, dass maschinengetippte Texte nun fast schon ebenso antiquarisch – das heißt: kostbar – anmuten wie Handschriftliches. Wie etwa der formvollendete Absagebrief von Thomas Mann aus dem Jahre 1954, in dem der Nobelpreisträger sich bei Eggebrecht dafür entschuldigt, den gewünschten Beitrag zum „Tag des Buches” nicht liefern zu können, weil er mit der Schiller-Rede zu beschäftigt sei. Ein Jahr später gelang es Eggebrecht, ihn zur legendären Hörfunk-Komplettlesung seines „Tonio Kröger” zu bewegen. Wer Sinn dafür hat, kann in der Monacensia lauter kleine Sternstunden an sich vorüberziehen lassen. KRISTINA MAIDT-ZINKE
„In der Zukunft war ich schon”. Leben für die Literatur. Jürgen Eggebrecht 1898-1982. Monacensia München, bis 18. Juni. Das gleichnamige Begleitbuch von Florian Welle, dem Kurator der Ausstel-lung, ist im Allitera Verlag erschienen und kostet 19,90 Euro.
Einen „Mäzen unter lauter Funkgeldverwaltern”, nannte ihn Walter Jens: Jürgen Eggebrecht in Ascona, 1959. Foto: Monacensia
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