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Auch der deutsche Fußball ließ sich vom nationalsozialistischen System mehr oder weniger reibungslos gleichschalten. Wie aber funktionierte diese beschämende Anpassung? Wie verhielt sich der DFB, wie die großen Vereine konkret? Welchen Verfolgungen waren jüdische und linke Fußballer ausgesetzt? Gab es Handlungsspielräume, die nicht genutzt wurden? Gab es andererseits heimliche Obstruktion gegen die allgegenwärtige Diktatur? Und wie hat der DFB nach 1945 seine eigene Vergangenheit aufgearbeitet? An dem vorliegenden Buch arbeiteten zahlreiche namhafte Sporthistoriker und Journalisten…mehr

Produktbeschreibung
Auch der deutsche Fußball ließ sich vom nationalsozialistischen System mehr oder weniger reibungslos gleichschalten. Wie aber funktionierte diese beschämende Anpassung? Wie verhielt sich der DFB, wie die großen Vereine konkret? Welchen Verfolgungen waren jüdische und linke Fußballer ausgesetzt? Gab es Handlungsspielräume, die nicht genutzt wurden? Gab es andererseits heimliche Obstruktion gegen die allgegenwärtige Diktatur? Und wie hat der DFB nach 1945 seine eigene Vergangenheit aufgearbeitet? An dem vorliegenden Buch arbeiteten zahlreiche namhafte Sporthistoriker und Journalisten unterschiedlicher politischer Couleur mit. Dabei entstand eine umfassende, facettenreiche Darstellung, die weit über jene Studie hinausgeht, die der DFB selbst vor einigen Jahren publizierte.
Autorenporträt
Lorenz Peiffer ist Professor für Sportwissenschaften an der Universität Hannover und Mitherausgeber der Fachzeitschrift "SportZeiten". Dietrich Schulze-Marmeling publizierte zahlreiche Bücher zur Geschichte des Fußballs, u.a. "Davidstern und Lederball - Die Geschichte der Juden im deutschen und europäischen Fußball" (2003).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.07.2008

Hässlicher Fußball
Die Willfährigkeit der Sportvereine im Nationalsozialismus
Was für alle anderen Gesellschaftsbereiche galt, traf auch auf den Fußball zu: Es gab im Nationalsozialismus keine politikfreie Insel. Im Gegenteil: Die aktive Beteiligung von Vereinen und Verbänden an der nationalsozialistischen „Revolution” begann schon gleich nach dem 30. Januar 1933. In vorauseilendem Gehorsam führten deutsche Turn- und Sportvereine das „Führerprinzip” ein und bekannten sich offen zu den Zielen der braunen Machthaber. Bereits im April 1933 wurden die jüdischen Mitglieder im Deutschen Fußball-Bund ausgeschlossen. Einige Vereine bekannten sich uneingeschränkt zum „Arier-Paragraphen” und verfassten eine Resolution, in der sie bekundeten, sich „der nationalen Regierung freudig und entschieden” zur Verfügung zu stellen, und ihre Mitarbeit „insbesondere in der Frage der Entfernung der Juden aus den Sportvereinen” anboten. Der Kreis der unterzeichnenden Vereine liest sich wie das „Who-is-who” des deutschen Fußballs. Auch der DFB als Dachverband beeilte sich, die Judenpolitik der neuen Machthaber in ihrer Organisation umzusetzen. Die Nazis wussten um das Propagandapotential des Volkssports Fußball, darum
bedienten sie sich dieses Massenphänomens. Und die Spieler, unpolitisch
wie sie sich gaben, ließen sich nur
allzu gerne instrumentalisieren. Sie profitierten schließlich von den staatlichen Wohltaten.
Ausgerechnet das erste und einzige Fußballspiel, das Hitler je besuchte, geriet zu einer peinlichen Blamage: Die Zweitrundenbegegnung bei den Olympischen Spielen 1936 gegen den klaren Außenseiter Norwegen ging mit 0:2 verloren. Neben Hitler wurden weitere Parteigrößen Zeugen dieses Debakels. Propagandaminister Joseph Goebbels notierte in sein Tagebuch: „Der Führer ist ganz erregt, ich kann mich kaum halten. Ein richtiges Nervenbad. Ein Kampf wie nie. Das Spiel als Massensuggestion.” Wütend verließ Hitler vorzeitig das Stadion.
Der DFB hat lange Zeit seine Rolle im Nationalsozialismus ignoriert oder beschönigt. Täter und Mitläufer hat er geschützt, die Opfer dem Vergessen preisgegeben. Einer dieser Opfer war Julius „Juller” Hirsch, Torjäger des Karlsruher FV und siebenmal deutscher Nationalspieler, der in Auschwitz ermordet wurde. Erst im Jahre 2005 lobte der DFB, „stellvertretend für viele bedeutende jüdische Spieler, die den deutschen Fußball maßgeblich geprägt” haben, den „Julius-Hirsch-Preis” für „Einsatz im Kampf gegen Rassismus” aus. Das Schicksal des Julius Hirsch dürfe nicht in Vergessenheit geraten, so DFB-Präsident Theo Zwanziger. Eine späte Rehabilitation, immerhin. Erster Preisträger war im Übrigen der FC Bayern München für das „Match of Peace” seiner U-17 gegen die israelisch-palästinensische Auswahl des „Peres Center for Peace”.
Das Personal, mit dem der DFB nach 1945 antrat, bewies Kontinuität: Präsident wurde Peco Bauwens, der sich in den NS-Jahren darum bemüht hatte, die FIFA im Sinne deutscher Großmachtpolitik umzugestalten. Bauwens machte aus seinem gestörten Verhältnis zur Demokratie nie ein Hehl. Die Weltmeister von Bern wurden von ihm 1954 mit einer „Sieg-Heil-Rede” (Süddeutsche Zeitung) in München empfangen. Als der DFB 1975 eine Festschrift vorlegte, gehörte zu den Autoren ein gewisser Ernst Werner, der sich bereits vor 1933 mit rassistischen Äußerungen hervorgetan hatte. Inzwischen hat beim DFB ein Umdenken eingesetzt. Er gab vor einigen Jahren endlich eine Studie in Auftrag, die auch die NS-Zeit nicht ausblendete. Zwanziger plädierte für eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte.
Seine Klarstellung war für die Herausgeber dieses voluminösen, kurzweilig zu lesenden Sammelbandes eine Herausforderung, das Thema breiter und tiefer zu bearbeiten. Einige Vereine werden genauer unter die Lupe genommen wie der 1. FC Nürnberg, Bayern München und Schalke 04. Der frühere FIFA-Generalsekretär Ivo Schricker steht stellvertretend dafür, dass es unter deutschen Fußballfunktionären auch anständige Menschen gab. Doch dies war eher die Ausnahme von der Regel. LUDGER HEID
LORENZ PEIFFER/DIETRICH SCHULZE-MARMELING (Hrsg.): Hakenkreuz und rundes Leder. Fußball im Nationalsozialismus. Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2008. 606 Seiten, 39,90 Euro.
Olympische Blamage: Adolf Hitler 1936 in Berlin beim Fußballspiel Deutschland-Norwegen, das die Skandinavier mit 2:0 gewannen. Foto: Scherl/SZ-Archiv
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