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Die Münchner 'Löwen' zählen zu den wenigen großenFußballvereinen, die schon vor 1933 eine deutlicheAffinität zum erstarkenden Nationalsozialismuszeigten. Wie kam es dazu? Das Buch untersucht daspolitisch-soziale Milieu des Vereins in der WeimarerZeit, beschreibt den Prozess der Gleichschaltungund erinnert an die Schicksale der wenigen jüdischenVereinsmitglieder.

Produktbeschreibung
Die Münchner 'Löwen' zählen zu den wenigen großenFußballvereinen, die schon vor 1933 eine deutlicheAffinität zum erstarkenden Nationalsozialismuszeigten. Wie kam es dazu? Das Buch untersucht daspolitisch-soziale Milieu des Vereins in der WeimarerZeit, beschreibt den Prozess der Gleichschaltungund erinnert an die Schicksale der wenigen jüdischenVereinsmitglieder.
Autorenporträt
Anton Löffelmeier arbeitet im Münchner Stadtarchiv und publizierte mehrfach zur Fußballgeschichte der Stadt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.06.2009

Eine Lücke schließt sich
Erstmals beschäftigt sich ein Buch mit der nationalsozialistischen Vergangenheit des TSV 1860
Fredi Heiß, Hansi Rebele, Hansi Reich und Bubi Bründl kennt jeder Löwen-Fan. Sie wurden mit dem TSV 1860 München 1966 deutscher Meister. Aber wer ist Josef Wendl? Wendl spielte in den dreißiger Jahren bei den Löwen und in der Nationalmannschaft – und war sehr aktiv in der Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) und der Kampforganisation SA. Der Münchner Stadtarchivar Anton Löffelmeier beschreibt Wendls Leben in dem Buch „Die Löwen unterm Hakenkreuz”.
Noch ein Buch also über Fußball im Dritten Reich, nach – unter anderem – „Hertha unter dem Hakenkreuz”, „Der Betze unterm Hakenkreuz”, „Der BVB in der NS-Zeit” und einigen Überblicksdarstellungen. Bis vor zehn Jahren hatten Historiker und Journalisten das Thema ignoriert, nun kommen die Bücher dazu im Monatstakt heraus.
Und das ist gut so. Vielleicht nicht, um die Leser immer wieder von Neuem zu fesseln. Schon gar nicht, um Neonazis und Rassisten zu bekehren. Kürzlich, vor dem Heimspiel des TSV 1860 gegen Alemannia Aachen, fuhren sehr kurzhaarige Löwen-Fans mit der U-Bahn zum Stadion nach Fröttmaning. Sie sangen „Ajax ist ein Judenklub” und „Eine U-Bahn bauen wir, von Aachen bis nach Auschwitz”. Der Liedermacher Hagen Rether hat über solche Menschen einmal gesagt: „Und wenn Sie irgendwann einmal einen Nazi treffen, reden Sie mit ihm. Nach drei, vier Argumenten sagen die meisten: ,Ach, soooo ist das. Das wusste ich gar nicht.‘ Kognitiv sind die wahnsinnig flink. Die sind nur falsch informiert.” Seine Worte sind ironisch gemeint, denn er will sagen: Neonazis ändern sich nicht, wenn man sie mit Fakten konfrontiert. Da muss viel mehr passieren.
Anton Löffelmeiers sorgfältig recherchiertes Buch wird eher Insider ansprechen: historisch Interessierte und Löwen-Fans, die ihren Klub so sehen wollen, wie er war. Zudem schließt es eine Lücke und beschämt einen Verein. Denn 1860 hat sich nie darum gekümmert, was geschehen ist zwischen 1933 und 1945 – obwohl er damals von Nationalsozialisten geführt worden ist. Als Löffelmeiers Buch erschien, reagierte 1860 mit einer Pressemitteilung, lobte das Projekt als „längst überfällig” und geißelte den Rassismus der Gegenwart: „Für uns gilt: Egal, welche Hautfarbe du hast; egal, was du glaubst; egal, wo deine Eltern geboren sind: Hauptsache, du bist Löwe.” Schöne Worte sind das, immerhin.
Es ist nicht neu, dass zwischen 1933 und 1945 beim TSV 1860 Nationalsozialisten das Sagen hatten; das las man schon in anderen Büchern. Neu ist, wie detailliert – manchmal zu detailliert – Anton Löffelmeier den Verein und seine braunen Lenker beschreibt. Erstmals erfährt man etwas über jüdische Mitglieder der Löwen; den Beschriebenen gelang gottlob die Flucht.
Die Löwen waren Anfang der dreißiger Jahre in Not geraten. Auch damals gab es eine Wirtschaftskrise, eine noch viel schlimmere als heute. Sportfreunde traten aus, weil sie die Beiträge nicht mehr bezahlen konnten, die Zuschauerzahlen gingen zurück, und im Sommer 1933 waren 40 Prozent der Mitglieder des TSV 1860 arbeitslos.
Schon zuvor hatte es starke nationale und nationalsozialistische Strömungen im Verein gegeben; nun verstärkten die Heilsversprechen der Nazis den Rechtsruck und die SA wurde „eine machtvolle Gruppierung im Verein”, schreibt Löffelmeier. Nationalsozialisten übernahmen hohe Ämter im Verein, unter ihnen der NSDAP-Stadtrat und NS-Ärztebund-Funktionär Emil Ketterer – und Sebastian Gleixner, der 1931 der SA beigetreten war. „Gleixner gehörte zu den rücksichtslosesten Rädelsführern und Wegbereitern der NSDAP-Gewaltherrschaft in München und nach der Machtergreifung zu jenen, die sich an ihren früheren politischen Widersachern rächten”, schreibt Löffelmeier. „Insgesamt ließ er 18 Personen aus politischen Gründen verhaften, welche zum großen Teil in ein Konzentrationslager eingeliefert wurden.” Nach dem Krieg bezeichnete die Spruchkammer München VIII den ehemaligen Fußball-Abteilungsleiter des TSV 1860 als „einen brutalen Vertreter der NS-Gewaltherrschaft”.
Während der NS-Herrschaft profitierte der TSV 1860 von der Nähe der Politik zum Sportverein. Die Löwen waren fast pleite, als die Stadt zu Hilfe kam und am 23. Juli 1937 das Stadion an der Grünwalder Straße kaufte, das dem TSV 1860 gehörte und in dem der FC Bayern damals Mieter war. 1860 überstand die Nazi-Jahre besser als andere Klubs und wurde 1942 sogar Pokalsieger – ohne Josef Wendl, der hatte 1941 aufgehört
Wendl wurde nach dem Krieg Jugendtrainer bei 1860. Er brachte so bekannte Spieler heraus wie Heiß, Rebele, Reich und Bründl . . . Gerhard Fischer
Anton Löffelmeier. Die Löwen unterm Hakenkreuz. Der TSV München von 1860 im Nationalsozialismus. Verlag Die Werkstatt 2009.
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