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B Ein brennendes Thema unserer Gesellschaft - die Frau ohne Kind S Immer häufiger schieben Frauen die Geburt von Kindern auf oder entscheiden sich ganz gegen Kinder. Die Entscheidung, keine Kinder zu bekommen, ist oft keine einfache, nicht immer gibt es klare und eindeutige Gründe, mitunter hat man sie selbst nicht in der Hand, und oft vermischen sich private und gesellschaftliche Argumente, wenn eine Frau sich gegen ein Kind entscheidet. Viola Roggenkamp hat dreizehn kinderlose Frauen, verschiedenen Alters und mit verschiedenen Berufen, zu einem Festmahl eingeladen und nach ihren Geschichten…mehr

Produktbeschreibung
B Ein brennendes Thema unserer Gesellschaft - die Frau ohne Kind S Immer häufiger schieben Frauen die Geburt von Kindern auf oder entscheiden sich ganz gegen Kinder. Die Entscheidung, keine Kinder zu bekommen, ist oft keine einfache, nicht immer gibt es klare und eindeutige Gründe, mitunter hat man sie selbst nicht in der Hand, und oft vermischen sich private und gesellschaftliche Argumente, wenn eine Frau sich gegen ein Kind entscheidet. Viola Roggenkamp hat dreizehn kinderlose Frauen, verschiedenen Alters und mit verschiedenen Berufen, zu einem Festmahl eingeladen und nach ihren Geschichten gefragt. Dabei ist ein wunderbar erzählerisches Buch entstanden, in dem ganz unterschiedliche Frauen sehr persönlich und offen erzählen, warum sie sich gegen die Mutterrolle entschieden haben: mal entschieden und selbstbewußt, mal traurig und voller Sehnsucht nach dem Kind, das es nie geben wird, mal wütend und trotzig, mal zart und innig. Keine der Frauen hat es sich leicht gemacht mit ihrer Entscheidung, jede offenbart mit ihrer Geschichte eine sehr verletzliche Seite, und alle können neben der eigenen Geschichte die der anderen verfolgen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.07.2004

Brachliegende Weiblichkeit
Viola Roggenkamp hat kinderlose Frauen in die Küche geladen
Man könnte meinen, Frauen hätten heute anderes zu tun, als Kinder großzuziehen. Dreiunddreißig Prozent der heute neununddreißigjährigen Frauen sind kinderlos und werden es voraussichtlich bleiben, so die Schlussfolgerung des Bundesinstituts für Bevölkerungsfragen. Das sind zwölf Prozent mehr als unter den zwischen 1960 und 1965 geborenen Frauen, zwanzig Prozent mehr als unter den Frauen des Jahrgangs 1950. Vielleicht haben moderne Frauen sogar besseres zu tun: Fast die Hälfte (41 Prozent) der Kinderlosen um die Vierzig sind Akademikerinnen.
Das legt den Gedanken nahe, Kinderlosigkeit sei Teil eines eigenständigen Lebensentwurfs. Doch wie selbstbestimmt kann ein Entwurf sein, der sich vor allem an äußeren Umständen wie Betreuungsangeboten und Partnerschaften entscheidet? Und wie glücklich kann er machen, wenn er ständig an den großen Vorstellungen von Mutterschaft gemessen wird?
Die freie, kinderlose Autorin Viola Roggenkamp, Jahrgang 1948, hat zwölf Frauen zu sich nach Hause eingeladen, um zu erfahren, was die Kinderlosigkeit für sie bedeutet, wie es zu ihr kam. Die Berichte ihrer Gäste lesen sich wie nuancierte, meisterhafte Erzählungen, wie innere Monologe. Erzählt werden sie in der Küche, in der die Gastgeberin persönlich kocht. Das war der Rahmen für Geschichten, die auch um Unfruchtbarkeit und brachliegende Weiblichkeit kreisen.
Die Furcht, das Gespräch unter den einander unbekannten Frauen könne stocken, war unbegründet. Kein Kind zu bekommen, das verdeutlicht das Buch, nimmt in der Gedankenwelt eine beherrschende Rolle ein. Die Gedanken der Kinderlosen kreisen - um das fehlende Baby, um das Altern, um die eigene Mütterlichkeit und die Fürsorge anderer Frauen. Martina etwa spürt die Sehnsucht nach Schwangerschaft fast körperlich. Gabriele dagegen, eine siebenunddreißigjährige Lehrerin, sagt von sich, sie habe manchmal zu viel Wut im Bauch gehabt, um ein Kind darin wachsen zu lassen.
Ein weiblicher Eunuch
Ein entspannter Umgang mit dem Thema scheint kaum möglich. Martina eröffnet den Abend mit der Schilderung des 55. Geburtstages ihres Ehemanns, ausgerichtet von dessen Tochter aus erster Ehe. Die Tochter ist achtundzwanzig Jahre alt und schwanger. Martina ist achtunddreißig Jahre alt und nicht schwanger; ihr Mann hält ihre „Fruchtbarkeit gefangen” mit der jovialen Weigerung, weitere Kinder zu zeugen. So wird Martina Stiefoma, überspringt eine Generation, fühlt sich wie ein weiblicher Eunuch. Ihr Mangelgefühl ist umfassend: Sie weiß nicht, wo sie im Familienverbund steht, sexuelle Lust koppelt sie an die Möglichkeit, schwanger werden zu dürfen.
Nicht alle Frauen sind so empfängnisfixiert wie Martina. Doch im weiblichen Empfinden, das zeigen fast alle Berichte, bedeutet ein Kind Zugehörigkeit, einen für alle Welt sichtbaren Platz im Leben, macht sie erst zum Bindeglied in der Generationenabfolge.
Mutterschaft, auch das wissen Viola Roggenkamps Gäste, ist ebenfalls ein gesellschaftspolitischer Faktor, ein von Demographen und Sozialpolitikern beobachtetes Ereignis. Von der Bereitschaft, Kinder auszutragen, hängt es ab, ob der Generationenvertrag in Zukunft tragfähig bleibt. Diese potenzielle Macht ist in den Erzählungen der Frauen nie zu spüren. Sie deckt sich nicht mit ihren Beobachtungen und ihrer Lebenswirklichkeit, die, sowie es um Kinder geht, von Hilflosigkeit und Angst vor Abhängigkeit geprägt ist.
Angst vorm Kopieren
Groß ist die Furcht der Frauen, das Leben ihrer Mütter zu wiederholen. Diese Furcht ist plausibel - trotz aller Trends neuer Männlichkeit und Vaterschaft. Wie sehr ein Kind das Leben einer Frau verändert, entscheiden auch heute in letzter Instanz Männer allein durch ihre Bereitschaft, Erziehungsaufgaben verlässlich zu übernehmen. Mutterschaft ist eine kaum revidierbare Lebensentscheidung, Vaterschaft wohl: Die tagtägliche Fürsorge der Väter ist nicht einklagbar. Sie ist auch nicht grenzenlos delegierbar, an Tagesmütter und Kinderhorte. So bleibt die Kinderfrage ein Thema der Frauen.
Kristina, vierzig Jahre alt und Sozialarbeiterin, trägt diesem Gedanken auf ihre Weise Rechnung: Als Pflegemutter von zwei Teenager-Mädchen lässt sie sich ihre Erziehungsarbeit vom Staat bezahlen. Sie umgeht so das Minenfeld der gemeinsamen Verantwortung in ihren Partnerschaften. Zu diesem Verzicht mag sich die zweiunddreißigjährige Stefanie nicht durchringen. Die Kriminalbeamtin erklärt die Bereitschaft, Teilzeit zu arbeiten, zum wichtigsten Kriterium ihrer Partnerwahl.
Man möchte in einigen Jahren nachfragen, ob Stefanie ihren „neuen Mann” gefunden hat. Es wäre beruhigend zu wissen, dass auch die Männer und die Gesellschaft voranschreiten. Das wäre ein schönes Erbe für die Enkel der Frauen, die heute Kinder groß ziehen. Gern würde man in zwanzig Jahren weitere von Viola Roggenkamp zusammengetragene Protokolle zu lesen, die in der Frage „Kind oder kein Kind” hoffentlich weniger Zerrissenheit zum Ausdruck bringen.
NADIA BANTEL
VIOLA ROGGENKAMP: Frau ohne Kind. Gespräche und Geschichten - eine Tafelrunde. Europa Verlag GmbH, 239 Seiten, 2004, 17,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Dreiunddreißig Prozent aller 39-jährigen Frauen in Deutschland sind kinderlos, sagt die Statistik. Mit dieser Information wartet Nadia Bantel in ihrer Besprechung von Viola Roggenkamps neuem Buch auf, das um das Thema Kinderlosigkeit kreist. Mit Erstaunen oder vielmehr Erschrecken nimmt Bantel zur Kenntnis, dass "der Gedanke, kein Kind zu bekommen", bei den betroffenen Frauen eine beherrschende Rolle spielt. Ein entspannter Umgang mit dem Thema sei kaum möglich, stellt sie fest. Viele Frauen hätten nach wie vor Angst, in die Fußstapfen ihrer Mütter zu treten. Wie selbstbestimmt ist so ein Lebensentwurf wirklich, fragt sie, wenn er nach äußeren Kriterien wie Partnerschaft oder Betreuungsangeboten entschieden wird. Roggenkamp hat zwölf kinderlose Frauen zu sich nach Hause eingeladen, sie bekocht und so das persönliche Gespräch gesucht, erläutert die Rezensentin. Dabei herausgekommen seien zwölf nuancierte Portraits oder Erzählungen, die sich wie innere Monologe lesen. Von der potenziellen Macht der Frauen, dass sie diejenigen seien, die darüber entscheiden, ob der Generationenvertrag in Zukunft noch tragfähig ist, sei nichts zu spüren, bedauert Bantel. Vielmehr lauerten überall Ängste: Versagensängste wie Ängste vor Abhängigkeiten und dem Brachliegen weiblicher Sexualität.

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