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Schindels neue Gedichte, nach fast zehn Jahren des lyrischen Schweigens, sind auch solche des Alters und des Abschieds, wie der Autor selbst, augenzwinkernd, bekennt. Nicht von ungefähr erinnert der Titel an die Unmöglichkeit einer Umkehr. Auf diesem »Gang« werden die Leser mit 55 hochpersönlichen Gedichten von magischem Sprachfluss beschenkt. Melancholisch, gelegentlich scheinbar sterbensmüde, dann aber aufspringend und heiter, locken sie auf den Spuren poetischer Empfindungen, Wahrnehmungen und Einsichten »durch sämtliche Dunkelheiten hin zu den Lichtern«: etwa zur Anschauung der Liebe im…mehr

Produktbeschreibung
Schindels neue Gedichte, nach fast zehn Jahren des lyrischen Schweigens, sind auch solche des Alters und des Abschieds, wie der Autor selbst, augenzwinkernd, bekennt. Nicht von ungefähr erinnert der Titel an die Unmöglichkeit einer Umkehr. Auf diesem »Gang« werden die Leser mit 55 hochpersönlichen Gedichten von magischem Sprachfluss beschenkt. Melancholisch, gelegentlich scheinbar sterbensmüde, dann aber aufspringend und heiter, locken sie auf den Spuren poetischer Empfindungen, Wahrnehmungen und Einsichten »durch sämtliche Dunkelheiten hin zu den Lichtern«: etwa zur Anschauung der Liebe im vollen Glanz ihres Ornats ebenso wie in ihrem Alltagskleid. Und immer wieder sind es eindringliche Bilder der Natur und auch der Tiere, die den Dichter entzücken und verwundern. Er nimmt seine Leser dorthin mit, wo sich aus luftiger Höhe auf den Boden allzu trister Realitäten hinabschauen lässt, und schafft es, Gedicht um Gedicht, das Unsichtbare mit Sprache sichtbar zu machen.
Autorenporträt
Robert Schindel, geboren 1944 in Bad Hall bei Linz, ist Lyriker, Autor, Regisseur. Die Zeit des Nationalsozialismus überlebte er als Kind jüdischer Kommunisten in Wien. Er war Wortführer der radikalen Studentenbewegung Kommune Wien und Mitbegründer der Gruppe Hundsblume. 2009 wurde er als Professor an die Wiener Universität für angewandte Kunst berufen. Ausgezeichnet wurde er u.a. mit dem Erich-Fried-Preis (1993), dem Eduard-Mörike-Preis (2000), dem Preis der Stadt Wien für Literatur (2003), dem Jakob-Wassermann-Literaturpreis (2007) und dem Heinrich-Mann-Preis (2014). Werke u.a. Gebürtig. Roman (1992), Mein liebster Feind. Essays, Reden, Miniaturen (2004), Fremd bei mir selbst. Die Gedichte (2004), Mein mausklickendes Saeculum. Gedichte (2008), Man ist viel zu früh jung. Essays und Reden (2011), Der Kalte. Roman (2013).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ein hoffnungsvolles Spätwerk entdeckt Rezensent Jan Wiele in diesem Gedichtband von Robert Schindel, der in diesem Jahr seinen achtzigsten Geburtstag feiert. Als Kind wäre Schindel fast im Konzentrationslager umgekommen, erzählt Wiele, eine Erfahrung, die seine Dichtung ebenso präge wie das Wienerische. In diesem Band spielt die Nacht eine besondere Rolle, zwischen "trauerschweren Metaphern" wartet aber auch "die Spätliebe/Unter den Sternen", wie der angetane Kritiker zitiert, der dieses frohe Alterswerk sehr gern gelesen hat.

© Perlentaucher Medien GmbH
»[Die Dichtung] erweist sich für [Robert Schindel] als Mittel des Aufbegehrens, gegen die Widrigkeiten der menschlichen Existenz, gegen die Diktionen des altersbedingten Leidens. ... Hoffen wir ... dass uns noch weitere Versexpeditionen auf verschlungenen Pfaden bevorstehen!« Björn Hayer Frankfurter Rundschau 20231026

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.04.2024

Trotz der Dunkelheit
Robert Schindel zieht Bilanz in "Flussgang"

Zu Robert Schindels siebzigstem Geburtstag vor zehn Jahren lobte ihn sein Schriftstellerkollege Doron Rabinovici in dieser Zeitung für eine neue Sprache, "eine Mesalliance zwischen ehrwürdiger Dichtkunst und avantgardistischen Neologismen, eine Melange aus Hochdeutsch und Wiener Jargon, aus Jiddeln und Jodeln".

Das scheint auch heute noch zu stimmen oder gar mehr denn je, wie man an Schindels großartigem neuen Gedichtband "Flussgang" sieht. Der ist zwar, nicht von der Hand zu weisen deutlich, von Alters- und Todesgedanken geprägt. Das Titelgedicht spielt womöglich auf den Hades an, und "Irgendwie rauscht mich das Sterben an", wie schon die erste Zeile verrät - aber dagegen bricht sich doch eine tänzelnde Lebens- und Sprachlust Bahn. Im Gedicht "Senex I" surft das lyrische Ich auf einer Eisscholle "die Mitte des Flusses haltend" vorbei "an den Palisaden des Lebendigen", und "Bald sitze ich und wiege mich / So kommts mir vor/ Auf der Deichsel des Großen / Wagens und ziehe durch sämtliche / Dunkelheiten hin zu den Lichtern".

Schindel, der um ein Haar schon als Neugeborener in ein Konzentrationslager gekommen wäre wie sein in einem solchen hingerichteter Vater und wie seine Mutter, die es knapp überlebte, der als Erzähler und Dichter über Jahrzehnte Holocaust und Judenhass verarbeitet, gegen Dunkles und Dumpfes nicht nur in seinem Heimatland Österreich gewettert hat: Dieser heute achtzig Jahre alt Werdende dichtet nun von der "Freude meiner späteren Jahre".

Es ist eine Freude, die ihn "auf dem Rückenwind der Schrecknisse" emporhebt, bis er sogar rufen kann: "In alter Haut fühl ich mich splitterneu"! Zwischen den Abgründen der Geschichte und der Gegenwart, auch noch in den abgründigeren Metaphern und Vergleichen scheint bei diesem alterslustigen Robert Schindel solche Freude zu wohnen, manchmal Übermut, ob nun in einem Liebesgedicht aus der Badewanne oder in der Phantasie, die "kläffenden Foxln", die beim Spaziergang nerven, einfach über den Donaukanal zu flanken wie einen Fußball. "Dazugehörige Frauchen und Herrln / Mit unbehundeten Leinen in Händen gaffen und beginnen, / Den Viechern hinterherzuweinen, eine Revue".

Gewiss: In anderen dieser Gedichte schreitet Schindel auf (Traum-)Reisen durch Horrorlandschaften und zieht angesichts seiner Gegenwart elegische Bilanz. Verdichtet zu nur zwei Zeilen wird sie in "Poetenzores" (vom jiddischen "Zores", dessen Bedeutung zwischen Sorge, Leiden und Qual changiert): "Es gibt Tage da wollen die Wörter nicht kommen / Es gibt Nächte da wollen die Wörter nicht gehen". Um die Nacht dreht sich in diesem Band, oft in trauerschweren Metaphern, noch so einiges. Aber in dem wohl programmatischsten Gedicht "Was wird" wieder dezidiert mit fröhlichem Ausblick: "Was wird noch aus meiner Zeit / Die Kaffeehäuser geschlossen / Die Wortgefechte verstummt / Täglich die Abendsonne / Die Nächte immer schwerer werdende / Stockdunkle Bettdecken / Doch die Spätliebe / Unter den Sternen". Selten klang ein Spätwerk - trotz alledem! - so hoffnungsvoll. JAN WIELE

Robert Schindel: "Flussgang". Gedichte.

Suhrkamp Verlag, Berlin 2023.

95 S., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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