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Film und Erzählen Der Film hat in seiner über hundertjährigen Geschichte bewiesen, über welchen Reichtum an Gestaltungsmitteln er verfügt. Heute behauptet er sich neben Literatur, Malerei, Theater und allen anderen Künsten als ebenbürtiges Kunstwerk. Aber insbesondere der Film hat die technischen Entwicklungen ebenso wie erzählerische und visuelle Experimente vorangetrieben. »Film und Erzählen« umkreist den Film heute: seinen Einfluss auf die Literatur, seine Anthropologie, seine Herstellung sowie seine Bedeutung für das kulturelle Imaginäre. Denn eines ist klar: Aus den Darstellenden Künsten ist er nicht mehr wegzudenken.…mehr

Produktbeschreibung
Film und Erzählen
Der Film hat in seiner über hundertjährigen Geschichte bewiesen, über welchen Reichtum an Gestaltungsmitteln er verfügt. Heute behauptet er sich neben Literatur, Malerei, Theater und allen anderen Künsten als ebenbürtiges Kunstwerk. Aber insbesondere der Film hat die technischen Entwicklungen ebenso wie erzählerische und visuelle Experimente vorangetrieben.
»Film und Erzählen« umkreist den Film heute: seinen Einfluss auf die Literatur, seine Anthropologie, seine Herstellung sowie seine Bedeutung für das kulturelle Imaginäre. Denn eines ist klar: Aus den Darstellenden Künsten ist er nicht mehr wegzudenken.
Autorenporträt
Hans Jürgen Balmes, 1958 in Koblenz geboren, ist Lektor und Übersetzer. Für »Mare« schrieb er über die »Quellen der Meere«. Porträts und Aufsätze schienen u. a. in der »Neuen Zürcher Zeitung« und der »Süddeutschen Zeitung«. Aus dem Englischen übersetzte er John Berger, Barry Lopez sowie Gedichte von Robert Hass, W. S. Merwin, Martine Bellen und Warsan Shire.

Alexander Roesler, geboren 1964, studierte Philosophie, Literaturwissenschaft, Musikwissenschaft und Semiotik in Heidelberg und Berlin. Er war Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Philosophie der TU Dresden, freischaffender Journalist und Musiker. Als Lektor war er im Suhrkamp Verlag u.a. für die edition suhrkamp zuständig und ist heute Programmleiter Sachbuch im S. Fischer Verlag.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.03.2009

Von Kristallkrügen erzählen
Die „Neue Rundschau” widmet sich dem Leitmedium Film
Ein Heft der Neuen Rundschau, dessen Schwerpunkt auf dem Thema „Film und Erzählen” liegt – so etwas versteht sich nicht von selbst. Zum Vergleich: In den drei vorherigen Ausgaben ging es um Peter Szondi, Wolfgang Hilbig und, unter dem Obertitel „Lyrik-Osmose”, um „Gedichte aus aller Welt”. Kein Wunder also, dass es im Editorial zunächst heißt: „Zu den schönen Künsten hat der Film nie wirklich gezählt. Entwicklungsgeschichtlich wurde er zu spät erfunden, um in den relevanten geistesgeschichtlichen Diskussionen eine Rolle spielen zu können. Außerdem verhinderte seine Nähe zum Kommerz eine rasche Aufnahme in die Gruppe der seriösen künstlerischen Ausdrucksformen.” Dieser doppelte Vorbehalt ist heute, nach Ansicht der Herausgeber, aber nicht mehr triftig. Der Film hat sich vielmehr zu einer an Gestaltungsmitteln reichen „Leitkunst” entwickelt, „die technische Entwicklungen ebenso vorantreibt wie erzählerische und visuelle Experimente.”
Mit Essays, die mal wissenschaftlichen Prinzipien, mal der Laune ihrer Autoren verpflichtet sind, mit Interviews und literarischen Texten will das Heft diesen Befund erläutern. Die Interviews sind die mit Abstand schwächsten Beiträge. Alexander Kluge beweist vor allem, dass er alles gelesen hat, was der gebildete Mensch, dessen Herz links schlägt, gelesen haben sollte. Claudio Magris war in seiner Jugend ein leidenschaftlicher Kinogänger; dass er dies, wie er selbst gesteht, schon seit Ende der Sechziger nicht mehr ist, merkt man der gepflegt langweiligen Liste seiner Lieblingsfilme an – auf ihr stehen, unter anderem, „Citizen Kane”, „Die Kinder des Olymp” und Komödien von René Clair. Werner Herzog gibt im Gedanken- und Anekdotenaustausch mit dem amerikanischen Dokumentarfilmer Errol Morris solche Sätze von sich: „Versuchen, immer neu suchen, und im Licht der Suche ekstatische Wahrheit sehen – das mag ein seltsamer Weg sein. Aber das versuche ich eben.”
Lesenswert sind die Essays, die den Titel ernst nehmen. Der Filmkritiker dieser Zeitung, Fritz Göttler, beschäftigt sich in „Drehbuch und Passion. Zwei oder drei Dinge über die Ordnung im Film” mit dem unterschiedlichen Wert, den Regisseure ihren schriftlichen Vorlagen einräumen. Während in Hollywood Dreharbeiten primär als getreue Umsetzung eines detaillierten, abgeschlossenen Skriptes begriffen werden, sieht man das im europäischen Kino gerne lockerer: Dreharbeiten können das Skript auf die Probe stellen, es ergänzen oder überhaupt erst hervorbringen. Jean-Luc Godard hat die Drehbuchhörigkeit zu amüsanten Invektiven herausgefordert. Göttler zitiert diese mit erkennbarer Sympathie, bevor er zu einer eigenen Definition findet: „Man könnte Filme sehen wie die Umkehrung einer Traumanalyse bei Freud, ihre Drehbücher geben eine Ordnung vor, haben die Dinge in eine Reihenfolge gebracht und ihnen eine Logik eingezogen, und dann kommt der Film und nimmt alles auseinander, reichert es an und setzt es andersherum wieder zusammen.”
Unzumutbarer Aufwand
Unverkennbar ist, dass seit einigen Jahren auch im deutschsprachigen Raum immer mehr Erzählungen und Romane Kino-Prinzipien folgen. In „Imitation of Life. Über filmische Literatur” weist Jörn Ahrens auf „eine eigentümliche Paradoxie” hin, die hieraus folgern kann. Wenn reale Topographien, wie etwa eine Straßenszene in Berlin, nicht mehr ausführlich beschrieben, sondern nur noch schnappschussartig aufgerufen werden, erweist sich „die Strategie einer radikalisierten Visualisierung des Literarischen im Sinne einer Konkretisierung des Repräsentierten als gesteigerte Abstraktionsleistung”. Dass die Phantasietätigkeit des Lesers stark gefordert ist, könnte man durchaus lobend verbuchen. Ahrens sieht aber eher eine schrecklich biedere Literatur heraufziehen, die sich unter dem Vorwand, Authentisches zu liefern, mit bloßen „Oberfächensymptomen” begnügt und es nie wagt, „die Routinen eines auf den Alltag beschränkten Erfahrungshorizonts” zu durchbrechen.
Ganz ist die alte Skepsis gegenüber dem Film als Kunstform nicht verschwunden. In Ernst-Wilhelm Händlers „Der Glamour des Romans” klingt sie an, und richtig handfest wird es in Thomas Brussigs „Bücher sind das andere”. „In Bildern zu erzählen bedeutet zuerst einmal, Einschränkungen beim Erzählbaren hinzunehmen”, heißt es hier. Begründet wird dies mit folgendem Beispiel: „Drei Wochen später fiel mir der Kristallkrug in die Hände, den mir meine Mutter anläßlich meiner Promotion geschenkt hatte und den ich später bei meinem Umzug in Dresden vermißte.” Für „unverfilmbar” hält Brussig diesen Satz nicht, „aber der Aufwand wäre unzumutbar”. Das nun ist Unsinn. Einen Satz wie diesen adäquat umzusetzen, gelingt schon einem Fernsehfilm, und wer sehen will, wie komplexe Zusammenhänge wortlos und in nicht mehr als einer Einstellung vermittelt werden können, findet dafür allein bei Renoir und Hitchcock reiches Anschauungsmaterial. Ist der Film als visuelle Kunst ein bei uns immer noch unverstandenes Medium? Das Heft der Neuen Rundschau eröffnet interessante Perspektiven, gibt aber auch Anlass, diese alte Frage zu stellen. CHRISTOPH HAAS
HANS JÜRGEN BALMES, JÖRG BONG, ALEXANDER ROESLER, OLIVER VOGEL (Hrsg.): Film und Erzählen. Neue Rundschau, Jahrgang 119. Heft 4/2008. S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main 2008. 248 Seiten, 12 Euro.
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