Katja Hoyer
Gebundenes Buch
Diesseits der Mauer
Eine neue Geschichte der DDR 1949-1990 Der große SPIEGEL-Bestseller
Übersetzung: Reinhart, Franka; Dedekind, Henning
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»Ein erfrischender Perspektivwechsel.« Sachbuchbestenliste von ZEIT, ZDF und DLF Kultur Juni 2023Ein bahnbrechender neuer Blick auf das Leben in der DDRWar die DDR ein graues Land voller hoffnungsloser Existenzen? Die renommierte Historikerin Katja Hoyer zeigt in ihrem überraschenden Buch auf profunde und unterhaltsame Weise, dass das andere Deutschland mehr war als Mauer und Stasi.Die Geschichtsschreibung der DDR wird bis heute vom westlichen Blick dominiert. Mit dem Fokus auf die Verfehlungen der Diktatur wird dabei oft übersehen, dass die meisten der 16 Millionen Einwohner der DDR ein r...
»Ein erfrischender Perspektivwechsel.« Sachbuchbestenliste von ZEIT, ZDF und DLF Kultur Juni 2023
Ein bahnbrechender neuer Blick auf das Leben in der DDR
War die DDR ein graues Land voller hoffnungsloser Existenzen? Die renommierte Historikerin Katja Hoyer zeigt in ihrem überraschenden Buch auf profunde und unterhaltsame Weise, dass das andere Deutschland mehr war als Mauer und Stasi.
Die Geschichtsschreibung der DDR wird bis heute vom westlichen Blick dominiert. Mit dem Fokus auf die Verfehlungen der Diktatur wird dabei oft übersehen, dass die meisten der 16 Millionen Einwohner der DDR ein relativ friedliches Leben mit alltäglichen Problemen, Freuden und Sorgen führten. Die Mauer schränkte die Freiheit ein, aber andere gesellschaftliche Schranken waren gefallen.
Katja Hoyer schildert jetzt vierzig Jahre deutschen Sozialismus aus der Sicht derer, die ihn selbst erlebt haben. Dafür führte sie zahlreiche Interviews mit ehemaligen Bürgern der DDRaus allen Schichten. Das Ergebnis ist eine neue Geschichte der DDR, die nichts beschönigt, aber den bisherigen Blick auf die DDR auf ebenso lebendige wie erstaunliche Weise erweitert, präzisiert und erhellt.
»Eine spannende Lektüre für diejenigen, die diese Zeit nicht erlebt haben.« Marcus Heumann, Deutschlandfunk
»Ihr Buch trifft einen Nerv.« Maxi Leinkauf, der Freitag
»Ihre Erzählweise ist angelsächsisch locker, sie stellt Menschen in den Mittelpunkt, die in der DDR geblieben sind.« Sabine Rennefanz, Der Spiegel
Ein bahnbrechender neuer Blick auf das Leben in der DDR
War die DDR ein graues Land voller hoffnungsloser Existenzen? Die renommierte Historikerin Katja Hoyer zeigt in ihrem überraschenden Buch auf profunde und unterhaltsame Weise, dass das andere Deutschland mehr war als Mauer und Stasi.
Die Geschichtsschreibung der DDR wird bis heute vom westlichen Blick dominiert. Mit dem Fokus auf die Verfehlungen der Diktatur wird dabei oft übersehen, dass die meisten der 16 Millionen Einwohner der DDR ein relativ friedliches Leben mit alltäglichen Problemen, Freuden und Sorgen führten. Die Mauer schränkte die Freiheit ein, aber andere gesellschaftliche Schranken waren gefallen.
Katja Hoyer schildert jetzt vierzig Jahre deutschen Sozialismus aus der Sicht derer, die ihn selbst erlebt haben. Dafür führte sie zahlreiche Interviews mit ehemaligen Bürgern der DDRaus allen Schichten. Das Ergebnis ist eine neue Geschichte der DDR, die nichts beschönigt, aber den bisherigen Blick auf die DDR auf ebenso lebendige wie erstaunliche Weise erweitert, präzisiert und erhellt.
»Eine spannende Lektüre für diejenigen, die diese Zeit nicht erlebt haben.« Marcus Heumann, Deutschlandfunk
»Ihr Buch trifft einen Nerv.« Maxi Leinkauf, der Freitag
»Ihre Erzählweise ist angelsächsisch locker, sie stellt Menschen in den Mittelpunkt, die in der DDR geblieben sind.« Sabine Rennefanz, Der Spiegel
Katja Hoyer, geboren 1985, ging nach ihrem Geschichtsstudium an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena nach England. Dort kommentiert sie u.a. für die BBC, den Telegraph und den Spectator geschichtliche und politische Themen. Heute forscht sie am King's College London und ist Fellow der Royal Historical Society. Als Kolumnistin der Washington Post schreibt sie regelmäßig über deutsche und europäische Gesellschaft und Politik. Ihr erstes auf Deutsch erschienene Buch "Diesseits der Mauer" war direkt ein Spiegel-Bestseller.
Produktdetails
- Verlag: Hoffmann und Campe
- Artikelnr. des Verlages: 0001568
- Seitenzahl: 592
- Erscheinungstermin: 27. April 2023
- Deutsch
- Abmessung: 143mm x 209mm x 52mm
- Gewicht: 702g
- ISBN-13: 9783455015683
- ISBN-10: 3455015689
- Artikelnr.: 66209812
Herstellerkennzeichnung
Hoffmann und Campe Verlag
Harvestehuder Weg 42
20149 Hamburg
vertrieb@hoca.de
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Der hier rezensierende amerikanische Historiker John Connelly warnt eindringlich vor Katja Hoyers Buch über die DDR. Was sich die Historikerin über den Arbeiter- und Bauernstaat zusammenreimt, stimmt hinten und vorne nicht, meint Connelly. So schön Hoyers Ansatz ihm auch erscheint, sich Geschichte über die Geschichte der Menschen zu nähern, so wenig stimmt laut Connelly die unterlegte Ausgangsthese des Buches. Hoyers Behauptung, die Bürger der DDR hätten sich ihre DDR selbst gestaltet, zeugt von erschreckender Unkenntnis der Verhältnisse, so der Rezensent. Tatsächlich seien die Gestalter die 14 Männer im Politbüro der 1950er gewesen, erklärt er. Im Buch erscheint der Sozialismus denn auch als fröhliches Regime der Gleichheit, meint Connelly kopfschüttelnd. Warum die Menschen unter Todesgefahr aus der DDR fliehen wollten, wird dagegen nicht deutlich, findet er.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Eindeutig deutsches Experiment"
Lächelnde Arbeiter, fröhliche Kinder - und eine Staatspartei, die alle fünf Jahre angeblich ganz normale Parteitage mit Wahlen zu den Führungsgremien abhält. Der Versuch einer "anderen" Geschichte der DDR scheitert an der frappierenden Unkenntnis der Autorin über die realen Verhältnisse im real existierenden Sozialismus.
Die DDR ist das am besten erforschte kommunistische Land der Welt, von der Sowjetunion vielleicht abgesehen. Laut Katja Hoyer, einer in Großbritannien lebenden deutschen Historikerin, brauchen wir aber eine neue Geschichte der DDR. Denn in der bisherigen Geschichtsschreibung, die von Westdeutschen beherrscht sei, erscheine das Land nur als ein "grauer, eintöniger,
Lächelnde Arbeiter, fröhliche Kinder - und eine Staatspartei, die alle fünf Jahre angeblich ganz normale Parteitage mit Wahlen zu den Führungsgremien abhält. Der Versuch einer "anderen" Geschichte der DDR scheitert an der frappierenden Unkenntnis der Autorin über die realen Verhältnisse im real existierenden Sozialismus.
Die DDR ist das am besten erforschte kommunistische Land der Welt, von der Sowjetunion vielleicht abgesehen. Laut Katja Hoyer, einer in Großbritannien lebenden deutschen Historikerin, brauchen wir aber eine neue Geschichte der DDR. Denn in der bisherigen Geschichtsschreibung, die von Westdeutschen beherrscht sei, erscheine das Land nur als ein "grauer, eintöniger,
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verschwommener Fleck", eine "Welt ohne Individualität, Selbstbestimmung oder Sinn". Ihr Ziel ist es, die DDR als eine bunte Welt zu zeigen, in der es "Unterdrückung und Brutalität, aber auch Chancen und Zugehörigkeit" gab. "Ostdeutschland war kein passiver Satellit Russlands", sondern ein Ort, an dem "die Ostdeutschen lebten und ein eindeutig deutsches Experiment gestalteten".
Hoyer ist eine begnadete Erzählerin, die den Leser in Dutzende faszinierende Porträts von Menschen hineinzieht, die in der DDR lebten und von denen sie viele interviewt hat. Aber als Geschichtswerk scheitert ihr Buch an ihrer Ausgangsthese. Ostdeutsche haben die DDR nicht gestaltet. Vielmehr errichteten kleine Gruppen kommunistischer Eiferer ab 1945 einen zentralisierten Partei- und Staatsapparat auf ostdeutschem Gebiet, um nach Plänen aus Stalins Sowjetunion eine nicht kapitalistische Utopie zu errichten. Der von ihnen konzipierte Sozialismus zeichnete sich aus durch Schwerindustrie, kollektivierte Landwirtschaft, billigen Massenwohnungsbau und qualifizierte Arbeitskräfte, alles war bis ins kleinste Detail geplant. Diese winzige Vorhut der Arbeiterklasse - es waren 14 Männer im Politbüro der 1950er-Jahre - wusste angeblich besser als die Arbeiter, was gut für diese war, verfügte sie doch über die wissenschaftliche Weltanschauung des Marxismus-Leninismus. Der Aufbau des Sozialismus erforderte ständige Wachsamkeit seitens dieser allwissenden Partei gegenüber Klassenfeinden, also gegenüber jedem, der ihren Plan, die Menschheit in die neue Zeit zu führen, auch nur leise infrage stellte.
Diese Bemerkung ist notwendig, weil Hoyer auf 550 Seiten immer wieder das Wort Sozialismus verwendet, aber nie die Ideen und die Organisation nennt, die hinter dessen eigenartiger ostdeutscher Variante standen. Man könnte bei der Lektüre meinen, Sozialismus sei nichts weiter als ein politisches Regime, dem es auf die Förderung der sozialen Gleichheit ankommt. Weil sie aber die DDR nicht als ein Land begreift, das aus der Geschichte des Sowjetkommunismus hervorging, mutet Hoyer dem Leser Märchen über die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) zu. So behauptet sie etwa, dass die alle fünf Jahre abgehaltenen Parteitage aus Delegierten bestanden, die von Betriebs- und anderen Parteizellen dorthin entsandt wurden, um dann das Zentralkomitee und das Politbüro der Partei zu wählen.
In Wirklichkeit verlief die Wahl in umgekehrter Richtung, von oben nach unten: Das Zentralkomitee verfügte über eine Kaderabteilung, die absolut zuverlässige Delegierte für den Parteitag auswählte; diese wählten dann ein Komitee, das das Politbüro selbst zusammengestellt hatte.
Das Beispiel offenbart die grundlegende Unkenntnis der Autorin über das Leben unter der Diktatur. Weil sie die dominierende Rolle der Partei in der DDR-Gesellschaft außer Acht lässt, verbreitet Hoyer Illusionen über die Entscheidungsfreiheit der Ostdeutschen. So schreibt sie zum Beispiel, dass Fabrikarbeiter den Kampfgruppen der Arbeiterklasse "freiwillig" beitraten. Tatsächlich schränkte die Partei die Wahlfreiheit der Menschen durch ein System aus Belohnungen und Bestrafungen ein. Ein Arbeiter, der diesen paramilitärischen Kampfgruppen fernblieb, stellte den Führungsanspruch der Partei ebenso infrage wie ein Jugendlicher, der nicht der FDJ beitrat. Sie begaben sich damit in eine Außenseiterrolle beim Aufbau des Sozialismus, mit negativen Konsequenzen für ihren weiteren Lebensweg. Das Gleiche galt für die SED. Formal wurde niemand gezwungen, der Partei beizutreten, aber alle wussten, dass sie ohne Parteimitgliedschaft beruflich nicht weiterkamen.
Der so praktizierte Sozialismus war bei bestimmten DDR-Bürgern durchaus beliebt. In den Anfangsjahren enteignete und degradierte die SED die Mittel- und Oberschichten, überführte massenhaft Betriebe in Volkseigentum und verwandelte das Hochschulwesen in eine Bastion der Arbeiter- und Bauernmacht. Obwohl Hoyer ein breites Spektrum an Themen behandelt - Staatsoberhäupter, internationale Politik, Energiekrisen, Freizeitgestaltung, Auslandshilfe -, sind es die aufstrebenden Männer und Frauen der neuen Gesellschaft, die im Mittelpunkt ihrer Darstellung stehen. Hoyers Helden sind Menschen aus bescheidenen Verhältnissen, die dank dem Regime zu Status, Sicherheit und Komfort gelangten, von denen ihre Vorfahren nur träumten. Mitten im Buch findet man eine Fotoserie mit lächelnden Arbeitern am Tag der Arbeit, einem bedächtig-stolzen und schwer bewaffneten Grenzsoldaten, Kindern, die freudig Kosmonauten begrüßen: Menschen, die das Leben in der DDR offensichtlich liebten.
Als ich in den 1980er-Jahren die DDR mehrfach besuchte, traf ich auf eine ähnliche Sicht unter vielen SED-Mitgliedern. Sie nahmen die Existenz von Dissidenten ("Spinner") kaum zur Kenntnis. Und sie hatten keine Ahnung, dass außer ihnen und anderen "Siegern der Geschichte" eine verborgene, aber sehr reale DDR existierte: Menschen, die die Diktatur und deren Anspruch, zu wissen, was gut für sie sei, verachteten; die darunter litten, dass ignorante Parteibürokraten Urteile darüber fällten, was ihnen in Literatur, Kunst oder Philosophie zu gefallen hatte. Hoyer beschreibt zwar fesselnd den Bau der Mauer.
Aber wir erfahren wenig darüber, warum Menschen aus der DDR fliehen wollten, warum sie zu gemaßregelten Kritikern wurden, und auch nicht darüber, warum sie das Regime 1989 zu Fall brachten. Die Antworten liegen eben nicht im bescheidenen materiellen Wohlstand, auf den sich das Buch konzentriert, sondern in der täglichen Erfahrung der Diktatur. Der Ausdruck, der 1989 allgegenwärtig war, lautete, man wolle "mündig werden". Die Revolutionäre, die in diesem Buch mit keinem Porträt bedacht werden, entmachteten ein Regime, das die Ostdeutschen entmündigt hatte.
Die Revolutionäre kamen aus den Kirchen und wurden von Pfarrern angeführt, doch in den von Hoyer liebevoll erzählten Geschichten kommen keine Christen vor. Damit fehlen die Menschen, die die höchsten intellektuellen und geistigen Kosten des Lebens im DDR-Sozialismus zu zahlen hatten. Der Sozialismus ging davon aus, dass das Christentum verschwinden würde, und die Partei tat, was sie konnte, diesen Prozess zu beschleunigen. Christen waren ihr Leben lang mit Diskriminierung konfrontiert. Im Alter von 14 Jahren durchlief jedes Kind "freiwillig" die Jugendweihe, eine atheistische Zeremonie, bei der sie dem Sozialismus die Treue schwören mussten, falls sie eine Chance zum Studium haben wollten.
Mit ihrer Begabung für lebendige Prosa hätte Hoyer den Leser leicht in die Welt der sozialistischen Erziehung einführen können. Sie hätte klarmachen können, was es bedeutet, Kinder nur auf eine staatliche Schule in der DDR schicken zu können. Dort lernten sie schnell, dass gewisse Gedanken gefährlich waren, mussten alles verbergen, was sie zu Hause gelernt hatten, was aber dem sozialistischen Weltbild nicht entsprach. Der Druck, sich zu verstellen, zu lügen, war allgegenwärtig.
Hätte Hoyer das Bildungssystem der DDR unter die Lupe genommen, wäre sichtbar geworden, dass Unterdrückung mehr als nur ein Element des Systems war, das unabhängig neben "Chancen und Zugehörigkeit" stand. Chancen gab es nur im Gegenzug für politische Konformität. Und so durchzog Unterdrückung nicht etwa das System: Sie war das System, in dem die Stasi-Offiziere, die in Hoyers Schilderung episodisch auftauchen, nur einen Teil des Ganzen ausmachten. Im Kern ging es im Staatssozialismus darum, die Fähigkeit einzuschränken, frei zu denken und zu handeln. Und im Laufe der Jahrzehnte wurde der DDR-Staat immer geschickter darin, seine Bürger an eine Art Selbstunterdrückung zu gewöhnen.
Nehmen wir Roland Jahn, der zu einem Freundeskreis von Kommilitonen der Wirtschaftswissenschaften in Jena in den 1970er-Jahren gehörte. Jahn konnte trotz der jahrelangen Indoktrination sein Befremden über die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann aus der DDR nicht unterdrücken. "Warum fällt es uns denn so schwer, Kritik zuzulassen?", fragte er in einem Seminar über wissenschaftlichen Kommunismus 1976. Die SED entschied, dass ein Mensch, der eine solche Frage stellte, an einer sozialistischen Universität untragbar sei. Am Abend vor der Abstimmung über seinen Rauswurf versicherten ihm seine Freunde in der FDJ-Gruppe, dass sie ihn nicht ausschließen würden. Am nächsten Tag stimmten alle bis auf eine von 14 "freiwillig" seiner Exmatrikulation zu. Viele Jahre später vertraute einer von ihnen Jahn an, was dahintersteckte: Der Seminargruppe wurde durch einen Funktionär eröffnet, Jahn arbeite für einen westlichen Geheimdienst. Weil die Studenten diese Mitteilung von einem "Vertreter der Arbeiter- und Bauernmacht" erhielten, hätte ein Zweifelnder unter ihnen nur deutlich gemacht, "dass Du Dich dem Staat nicht würdig erweist. Das heißt auch für dich, dass Du Dein Studium nicht beenden kannst."
Die SED kontrollierte nicht alles im Leben der Menschen - aber sie hatte die meisten Lebensentscheidungen der Menschen fest im Griff. Sie prägte einen totalitären Staat, der brillant darin war, das auszunutzen, was die Menschen begehrten: vor allem Bildung, aber auch ein bescheiden angenehmes, bequemes Leben. So konnte die DDR sich Gefügigkeit sichern und kritisches Denken ersticken. So war das Leben jenseits der Mauer.
Heißt das, dass ein Leben in der DDR sinnlos war oder "nicht zählte" - wie Angela Merkel mal eine gängige Überzeugung unter Westdeutschen benannte? Mitnichten. Die bröckelnden Häuser mögen grau gewesen sein, aber die Menschen waren es nicht: Sie waren erfinderisch, oft frech, einfallsreich und genial darin, dem Staat aus dem Wege zu gehen und eigene Wege zu suchen. Man machte das Beste aus einer verzweifelten Lage. Selbst Dissidenten und Pfarrer berichten, dass sie ihre schönsten Augenblicke in der DDR erlebt haben. Ich habe 1986 in Weimar einen Pfarrer getroffen, der sagte, er würde nie seine Stelle mit der eines westdeutschen Pfarrers tauschen, denn in seiner Gemeinde wisse man wegen des staatlichen Druckes genau, warum man Christ sei.
Die Menschen in der DDR trugen die Last des Eingesperrtseins, sie nahmen die Strafe für das Dritte Reich auf sich, indem sie unter einem Regime lebten, das ihnen von einem ausländischen Besatzer auferlegt und von dessen Dienern aufrechterhalten wurde. Die DDR war kein beliebiger Staat, der zufällig auf deutschem Boden existierte. Sie war eine Tragödie in der deutschen Geschichte. Denn anders als die SED behauptete, stellte sie einen Rückschritt gegenüber den Hoffnungen dar, die Demokraten für die Zukunft Deutschlands hegten - sei es im Jahre 1848, 1919 oder eben 1945.
Unter Bedingungen, die ein Außenstehender in Gänze kaum begreifen kann, hatten die Ostdeutschen trotz allem Handlungsspielräume. Sie mussten genau abwägen, wie sie zu grundlegenden Fragen des menschlichen Lebens von Freundschaft und Loyalität standen, wo und inwieweit sie sich anpassten oder eben nicht. Gerade diese hohe Anspannung bei wichtigen Lebensentscheidungen macht Geschichten über das Leben in der DDR fesselnd - aber wahrheitsgetreu sind sie eben nur, wenn sie auch die geistige und moralische Seite des Lebens berücksichtigen. Das ist in diesem Buch leider viel zu wenig der Fall. JOHN CONNELLY
Katja Hoyer: Diesseits der Mauer. Eine neue Geschichte der DDR 1949 -1990.
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2023. 592 S., 28,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Hoyer ist eine begnadete Erzählerin, die den Leser in Dutzende faszinierende Porträts von Menschen hineinzieht, die in der DDR lebten und von denen sie viele interviewt hat. Aber als Geschichtswerk scheitert ihr Buch an ihrer Ausgangsthese. Ostdeutsche haben die DDR nicht gestaltet. Vielmehr errichteten kleine Gruppen kommunistischer Eiferer ab 1945 einen zentralisierten Partei- und Staatsapparat auf ostdeutschem Gebiet, um nach Plänen aus Stalins Sowjetunion eine nicht kapitalistische Utopie zu errichten. Der von ihnen konzipierte Sozialismus zeichnete sich aus durch Schwerindustrie, kollektivierte Landwirtschaft, billigen Massenwohnungsbau und qualifizierte Arbeitskräfte, alles war bis ins kleinste Detail geplant. Diese winzige Vorhut der Arbeiterklasse - es waren 14 Männer im Politbüro der 1950er-Jahre - wusste angeblich besser als die Arbeiter, was gut für diese war, verfügte sie doch über die wissenschaftliche Weltanschauung des Marxismus-Leninismus. Der Aufbau des Sozialismus erforderte ständige Wachsamkeit seitens dieser allwissenden Partei gegenüber Klassenfeinden, also gegenüber jedem, der ihren Plan, die Menschheit in die neue Zeit zu führen, auch nur leise infrage stellte.
Diese Bemerkung ist notwendig, weil Hoyer auf 550 Seiten immer wieder das Wort Sozialismus verwendet, aber nie die Ideen und die Organisation nennt, die hinter dessen eigenartiger ostdeutscher Variante standen. Man könnte bei der Lektüre meinen, Sozialismus sei nichts weiter als ein politisches Regime, dem es auf die Förderung der sozialen Gleichheit ankommt. Weil sie aber die DDR nicht als ein Land begreift, das aus der Geschichte des Sowjetkommunismus hervorging, mutet Hoyer dem Leser Märchen über die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) zu. So behauptet sie etwa, dass die alle fünf Jahre abgehaltenen Parteitage aus Delegierten bestanden, die von Betriebs- und anderen Parteizellen dorthin entsandt wurden, um dann das Zentralkomitee und das Politbüro der Partei zu wählen.
In Wirklichkeit verlief die Wahl in umgekehrter Richtung, von oben nach unten: Das Zentralkomitee verfügte über eine Kaderabteilung, die absolut zuverlässige Delegierte für den Parteitag auswählte; diese wählten dann ein Komitee, das das Politbüro selbst zusammengestellt hatte.
Das Beispiel offenbart die grundlegende Unkenntnis der Autorin über das Leben unter der Diktatur. Weil sie die dominierende Rolle der Partei in der DDR-Gesellschaft außer Acht lässt, verbreitet Hoyer Illusionen über die Entscheidungsfreiheit der Ostdeutschen. So schreibt sie zum Beispiel, dass Fabrikarbeiter den Kampfgruppen der Arbeiterklasse "freiwillig" beitraten. Tatsächlich schränkte die Partei die Wahlfreiheit der Menschen durch ein System aus Belohnungen und Bestrafungen ein. Ein Arbeiter, der diesen paramilitärischen Kampfgruppen fernblieb, stellte den Führungsanspruch der Partei ebenso infrage wie ein Jugendlicher, der nicht der FDJ beitrat. Sie begaben sich damit in eine Außenseiterrolle beim Aufbau des Sozialismus, mit negativen Konsequenzen für ihren weiteren Lebensweg. Das Gleiche galt für die SED. Formal wurde niemand gezwungen, der Partei beizutreten, aber alle wussten, dass sie ohne Parteimitgliedschaft beruflich nicht weiterkamen.
Der so praktizierte Sozialismus war bei bestimmten DDR-Bürgern durchaus beliebt. In den Anfangsjahren enteignete und degradierte die SED die Mittel- und Oberschichten, überführte massenhaft Betriebe in Volkseigentum und verwandelte das Hochschulwesen in eine Bastion der Arbeiter- und Bauernmacht. Obwohl Hoyer ein breites Spektrum an Themen behandelt - Staatsoberhäupter, internationale Politik, Energiekrisen, Freizeitgestaltung, Auslandshilfe -, sind es die aufstrebenden Männer und Frauen der neuen Gesellschaft, die im Mittelpunkt ihrer Darstellung stehen. Hoyers Helden sind Menschen aus bescheidenen Verhältnissen, die dank dem Regime zu Status, Sicherheit und Komfort gelangten, von denen ihre Vorfahren nur träumten. Mitten im Buch findet man eine Fotoserie mit lächelnden Arbeitern am Tag der Arbeit, einem bedächtig-stolzen und schwer bewaffneten Grenzsoldaten, Kindern, die freudig Kosmonauten begrüßen: Menschen, die das Leben in der DDR offensichtlich liebten.
Als ich in den 1980er-Jahren die DDR mehrfach besuchte, traf ich auf eine ähnliche Sicht unter vielen SED-Mitgliedern. Sie nahmen die Existenz von Dissidenten ("Spinner") kaum zur Kenntnis. Und sie hatten keine Ahnung, dass außer ihnen und anderen "Siegern der Geschichte" eine verborgene, aber sehr reale DDR existierte: Menschen, die die Diktatur und deren Anspruch, zu wissen, was gut für sie sei, verachteten; die darunter litten, dass ignorante Parteibürokraten Urteile darüber fällten, was ihnen in Literatur, Kunst oder Philosophie zu gefallen hatte. Hoyer beschreibt zwar fesselnd den Bau der Mauer.
Aber wir erfahren wenig darüber, warum Menschen aus der DDR fliehen wollten, warum sie zu gemaßregelten Kritikern wurden, und auch nicht darüber, warum sie das Regime 1989 zu Fall brachten. Die Antworten liegen eben nicht im bescheidenen materiellen Wohlstand, auf den sich das Buch konzentriert, sondern in der täglichen Erfahrung der Diktatur. Der Ausdruck, der 1989 allgegenwärtig war, lautete, man wolle "mündig werden". Die Revolutionäre, die in diesem Buch mit keinem Porträt bedacht werden, entmachteten ein Regime, das die Ostdeutschen entmündigt hatte.
Die Revolutionäre kamen aus den Kirchen und wurden von Pfarrern angeführt, doch in den von Hoyer liebevoll erzählten Geschichten kommen keine Christen vor. Damit fehlen die Menschen, die die höchsten intellektuellen und geistigen Kosten des Lebens im DDR-Sozialismus zu zahlen hatten. Der Sozialismus ging davon aus, dass das Christentum verschwinden würde, und die Partei tat, was sie konnte, diesen Prozess zu beschleunigen. Christen waren ihr Leben lang mit Diskriminierung konfrontiert. Im Alter von 14 Jahren durchlief jedes Kind "freiwillig" die Jugendweihe, eine atheistische Zeremonie, bei der sie dem Sozialismus die Treue schwören mussten, falls sie eine Chance zum Studium haben wollten.
Mit ihrer Begabung für lebendige Prosa hätte Hoyer den Leser leicht in die Welt der sozialistischen Erziehung einführen können. Sie hätte klarmachen können, was es bedeutet, Kinder nur auf eine staatliche Schule in der DDR schicken zu können. Dort lernten sie schnell, dass gewisse Gedanken gefährlich waren, mussten alles verbergen, was sie zu Hause gelernt hatten, was aber dem sozialistischen Weltbild nicht entsprach. Der Druck, sich zu verstellen, zu lügen, war allgegenwärtig.
Hätte Hoyer das Bildungssystem der DDR unter die Lupe genommen, wäre sichtbar geworden, dass Unterdrückung mehr als nur ein Element des Systems war, das unabhängig neben "Chancen und Zugehörigkeit" stand. Chancen gab es nur im Gegenzug für politische Konformität. Und so durchzog Unterdrückung nicht etwa das System: Sie war das System, in dem die Stasi-Offiziere, die in Hoyers Schilderung episodisch auftauchen, nur einen Teil des Ganzen ausmachten. Im Kern ging es im Staatssozialismus darum, die Fähigkeit einzuschränken, frei zu denken und zu handeln. Und im Laufe der Jahrzehnte wurde der DDR-Staat immer geschickter darin, seine Bürger an eine Art Selbstunterdrückung zu gewöhnen.
Nehmen wir Roland Jahn, der zu einem Freundeskreis von Kommilitonen der Wirtschaftswissenschaften in Jena in den 1970er-Jahren gehörte. Jahn konnte trotz der jahrelangen Indoktrination sein Befremden über die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann aus der DDR nicht unterdrücken. "Warum fällt es uns denn so schwer, Kritik zuzulassen?", fragte er in einem Seminar über wissenschaftlichen Kommunismus 1976. Die SED entschied, dass ein Mensch, der eine solche Frage stellte, an einer sozialistischen Universität untragbar sei. Am Abend vor der Abstimmung über seinen Rauswurf versicherten ihm seine Freunde in der FDJ-Gruppe, dass sie ihn nicht ausschließen würden. Am nächsten Tag stimmten alle bis auf eine von 14 "freiwillig" seiner Exmatrikulation zu. Viele Jahre später vertraute einer von ihnen Jahn an, was dahintersteckte: Der Seminargruppe wurde durch einen Funktionär eröffnet, Jahn arbeite für einen westlichen Geheimdienst. Weil die Studenten diese Mitteilung von einem "Vertreter der Arbeiter- und Bauernmacht" erhielten, hätte ein Zweifelnder unter ihnen nur deutlich gemacht, "dass Du Dich dem Staat nicht würdig erweist. Das heißt auch für dich, dass Du Dein Studium nicht beenden kannst."
Die SED kontrollierte nicht alles im Leben der Menschen - aber sie hatte die meisten Lebensentscheidungen der Menschen fest im Griff. Sie prägte einen totalitären Staat, der brillant darin war, das auszunutzen, was die Menschen begehrten: vor allem Bildung, aber auch ein bescheiden angenehmes, bequemes Leben. So konnte die DDR sich Gefügigkeit sichern und kritisches Denken ersticken. So war das Leben jenseits der Mauer.
Heißt das, dass ein Leben in der DDR sinnlos war oder "nicht zählte" - wie Angela Merkel mal eine gängige Überzeugung unter Westdeutschen benannte? Mitnichten. Die bröckelnden Häuser mögen grau gewesen sein, aber die Menschen waren es nicht: Sie waren erfinderisch, oft frech, einfallsreich und genial darin, dem Staat aus dem Wege zu gehen und eigene Wege zu suchen. Man machte das Beste aus einer verzweifelten Lage. Selbst Dissidenten und Pfarrer berichten, dass sie ihre schönsten Augenblicke in der DDR erlebt haben. Ich habe 1986 in Weimar einen Pfarrer getroffen, der sagte, er würde nie seine Stelle mit der eines westdeutschen Pfarrers tauschen, denn in seiner Gemeinde wisse man wegen des staatlichen Druckes genau, warum man Christ sei.
Die Menschen in der DDR trugen die Last des Eingesperrtseins, sie nahmen die Strafe für das Dritte Reich auf sich, indem sie unter einem Regime lebten, das ihnen von einem ausländischen Besatzer auferlegt und von dessen Dienern aufrechterhalten wurde. Die DDR war kein beliebiger Staat, der zufällig auf deutschem Boden existierte. Sie war eine Tragödie in der deutschen Geschichte. Denn anders als die SED behauptete, stellte sie einen Rückschritt gegenüber den Hoffnungen dar, die Demokraten für die Zukunft Deutschlands hegten - sei es im Jahre 1848, 1919 oder eben 1945.
Unter Bedingungen, die ein Außenstehender in Gänze kaum begreifen kann, hatten die Ostdeutschen trotz allem Handlungsspielräume. Sie mussten genau abwägen, wie sie zu grundlegenden Fragen des menschlichen Lebens von Freundschaft und Loyalität standen, wo und inwieweit sie sich anpassten oder eben nicht. Gerade diese hohe Anspannung bei wichtigen Lebensentscheidungen macht Geschichten über das Leben in der DDR fesselnd - aber wahrheitsgetreu sind sie eben nur, wenn sie auch die geistige und moralische Seite des Lebens berücksichtigen. Das ist in diesem Buch leider viel zu wenig der Fall. JOHN CONNELLY
Katja Hoyer: Diesseits der Mauer. Eine neue Geschichte der DDR 1949 -1990.
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2023. 592 S., 28,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Katja Hoyers Buch ist kein Schlusspunkt, sondern vielleicht ein neuer Anfang, über die DDR nachzudenken.« Tim Evers ARD ttt - titel, thesen, temperamente 20230507
Katja Hoyers viel beachtetes DDR Buch ist nicht ganz unproblematisch.
Als Ostdeutscher konnte ich beim Lesen folgendes feststellen:
Positiv fand ich:
Es ist für mich persönlich hilfreich wenn umfangreiche Bücher zu deutscher Nachkriegsgeschichte wie Hoyers erscheinen um sich …
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Katja Hoyers viel beachtetes DDR Buch ist nicht ganz unproblematisch.
Als Ostdeutscher konnte ich beim Lesen folgendes feststellen:
Positiv fand ich:
Es ist für mich persönlich hilfreich wenn umfangreiche Bücher zu deutscher Nachkriegsgeschichte wie Hoyers erscheinen um sich kritisch mit dem Kapitel DDR Geschichte zu beschäftigen.
Der Bildteil ist richtig toll geworden und fängt viele Alltagssituationen ein. Hiervon war ich wirklich begeistert.
Das Buch regte einen intensiven Diskurs über die Politik der DDR an und den Umgang damit
Negativ für mich waren:
Frau Hoyer war noch sehr jung als die DDR zusammenfiel und wuchs in damaligen wohlsituierten Verhältnissen auf. Dadurch konnte sie die DDR nur als Kind selbst wahrnehmen.
Die drastischen Bedingungen wie Stasiübwachung, Zensur, Staatsgewalt werden in Hoyers Buch in meinen Augen nicht authentisch wiedergegeben und dadurch verharmlost.
Bei einem Buch einer Historikerin bin ich peinlich berührt über etliche Fehler im Buch. So etwas sollte nicht passieren und hätte auch dem Lektorat auffallen sollen.
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Geschichte der DDR
Der Historikerin Katja Hoyer gelingt hier ein richtig eindrucksvolles Buch zur Geschichte der DDR. Die 1985 in Guben geborene Katja Hoyer absolviert ihr Geschichtsstudium in Jena und ging 2010 nach England, wo sie lebt und arbeitet.
Mit ihrem Buch „Diesseits der …
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Geschichte der DDR
Der Historikerin Katja Hoyer gelingt hier ein richtig eindrucksvolles Buch zur Geschichte der DDR. Die 1985 in Guben geborene Katja Hoyer absolviert ihr Geschichtsstudium in Jena und ging 2010 nach England, wo sie lebt und arbeitet.
Mit ihrem Buch „Diesseits der Mauer“, 2023 bei Hoffmann und Campe auf Deutsch erschienen, als Übersetzung von „Beyond the Wall. East Germany“, welches ebenso 2023 bei Allen Lane in London erschien, begeistert sie mich ungemein. 1989 war Katja Hoyer 4 Jahre alt, was ihr vielleicht half, einen nicht verfärbten Blick auf den Osten zu wagen. Ich weiß nicht, ob ich dies könnte und ich würde nicht sagen, dass ich irgendwie DDR-nostalgisch veranlagt wäre. Dennoch verbinden mich einige Jahre mit der DDR, auch und gerade diese prägenden Coming of age. Das verändert. Ebenso wie mich so manch ein Blick aus fremden Augen auf diesen Osten regelrecht ärgert.
Deswegen habe ich auch etwas warten müssen mit der Lektüre. Man muss reif sein für ein Buch und dies trifft noch mehr auf Geschichtsbücher über die DDR zu. Denn wenn man im Osten aufgewachsen ist und immer noch dort lebt, hat man für gewöhnlich sehr feine Antennen bei diesem Thema. Denn mit Ruhm bekleckert hat sich Deutschland beim Thema Osten auf gar keinen Fall. Auch wenn dies im Westen oft niemand hören will. Denn dieses unsägliche Jetzt hat mit diesem Damals zu tun. Leider!
Aber zurück zu dem Buch. Obwohl ich mich durchaus als eine geschichtlich bewanderte Ostfrau halte, hat mich „Diesseits der Mauer“ oft verblüfft. Ja, dieses sehr gut recherchierte Buch vermittelt Neues und ich empfehle es schon deswegen. Schon in den ersten Kapiteln hatte mich Katja Hoyer erreicht, erstaunt und überzeugt. Ein so wichtiges Buch! Ein weiterer Pluspunkt bei diesem Buch ist der Ton, einerseits wird der Informationsfluss durch Berichte von Zeitzeugen gelockert, andererseits gelingt Katja Hoyer ihr Blick auf die DDR wirklich gut, und zwar weder verklärt noch voreingenommen, was fast ein Meisterstück ist, denn dieses Thema polarisiert ungemein.
Ich finde dieses Buch sollte eine Pflichtlektüre sein für jeden in Deutschland, zusammen mit „Ungleich vereint“ von Steffen Mau. Vielleicht wäre dann einiges anders. Bildung hilft ja für gewöhnlich. Wobei vielleicht auch eine Haltung helfen könnte, kein Opfer sein und die Schuld bei Anderen suchen zum Beispiel. Immer die eigene Beteiligung beim Geschehen erfragen, die eigene Wahl bei den Wegkreuzungen des Lebens. So lebt es sich meines Erachtens deutlich besser, ruhiger und inhaltlich voller.
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Viele der Geschichten erscheinen mir nicht authentisch, so etwas kann man mühelos aus anderem Schrifttum herausziehen und es sich dann entsprechend ausschmücken.
Ich habe das Buch in einer späteren Auflage (nicht der ersten) gelesen; ich war entsetzt, wie viele Rechtschreib- und …
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Viele der Geschichten erscheinen mir nicht authentisch, so etwas kann man mühelos aus anderem Schrifttum herausziehen und es sich dann entsprechend ausschmücken.
Ich habe das Buch in einer späteren Auflage (nicht der ersten) gelesen; ich war entsetzt, wie viele Rechtschreib- und Grammatikfehler im Text enthalten waren. Das waren richtige Fehler, keine sogenannten 'Typos', wo sich mal ein Finger geirrt hat. Und das bei bejubelnden Kritiken und Auszeichnungen als Bestseller... Haben die Kritiker das alles überlesen? Gibt es im Verlag eigentlich Lektoren?
Fazit: Inhaltlich für mich nicht überzeugend und handwerklich nicht besonders gut - schade!
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Katja Hoyer hat eine ungewöhnliches Geschichtsbuch geschrieben, kein Standardwerk für Historiker – ganz ohne Fußnoten. Der Stil ist anekdotenhaft, eher was fürs Feuilleton. Ob die Anekdoten ihrer Fantasie entsprungen sind oder auf Quellenstudium beruhen, kann so nicht …
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Katja Hoyer hat eine ungewöhnliches Geschichtsbuch geschrieben, kein Standardwerk für Historiker – ganz ohne Fußnoten. Der Stil ist anekdotenhaft, eher was fürs Feuilleton. Ob die Anekdoten ihrer Fantasie entsprungen sind oder auf Quellenstudium beruhen, kann so nicht überprüft werden. Das Buch ist für Menschen geschrieben, die kein Geschichtsbuch in die Hand nehmen und die DDR nicht persönlich erlebt haben, also jünger als 35 Jahre sind. Es ist kurzweilig geschrieben. Es wird keine Narrativ ausgelassen, dabei gehen mit ihr manchmal die Pferde durch. Der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung der Gesellschaft, so wie der normale DDR-Bürger sie erlebt hat. Die Gesellschaftsgeschichte von den euphorischen Anfängen in den 50-iger und 60-iger Jahren bis zum völligen Niedergang zum Ende der 80-iger ist, so glaube ich, ganz gut dargestellt, auch wenn ihr einige sachliche kleine Fehler unterlaufen sind.
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eBook, ePUB
Das Sachbuch "Diesseits der Mauer" von Katja Hoyer verspricht "eine neue Geschichte der DDR 1949 - 1990", und holt hierzu etwas weiter aus: Das ersten beiden Kapitel beginnen bereits mit dem Zeitraum 1918 - 1945 bzw. 1945 - 1949, um wichtige Zusammenhänge und Voraussetzungen …
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Das Sachbuch "Diesseits der Mauer" von Katja Hoyer verspricht "eine neue Geschichte der DDR 1949 - 1990", und holt hierzu etwas weiter aus: Das ersten beiden Kapitel beginnen bereits mit dem Zeitraum 1918 - 1945 bzw. 1945 - 1949, um wichtige Zusammenhänge und Voraussetzungen zu erfassen.
Konzeptionell geht die Autorin, die selbst in der DDR aufgewachsen ist, ganz neue Wege, da sie die meisten der chronologisch angeordneten Kapitel mit den Erlebnissen von Zeitzeugen beginnt bzw. durchsetzt. Bei diesen handelt es sich vor allem um gewöhnliche DDR-Bürger, Arbeiter*innen, Soldaten, Lehrer*innen etc., doch auch bekannte Persönlichkeiten kommen zu Wort. Katja Hoyer stützt sich hierzu laut Vorwort auf Interviews, Briefe und Aufzeichnungen.
Diese Vorgehensweise macht für mich den besonderen Reiz und die große Stärke dieses Buches aus. Sie stellt den Menschen in den Mittelpunkt, anstatt die Geschichte der DDR nur anhand trockener politischer und ökonomischer Details abzuhandeln und sich auf Mauer und Stasi zu fokussieren. Vielmehr nehmen die Lebensumstände und der Alltag der DDR-Bürger*innen einen zentralen Platz ein und das politische und wirtschaftliche Geschehen wird durch die Zeitzeugenberichte unmittelbar greifbar. Der Schreibstil ist so wunderbar flüssig und eingängig, dass sich das Buch sehr anschaulich und abwechslungsreich liest und ich stellenweise wie in einen Roman eintauchen konnte.
Ich bin mit Anfang 40 zu jung, um die DDR als Westdeutsche noch bewußt wahrgenommen zu haben und zu alt, um in der Schule in Geschichte eine ausführliche Auseinandersetzung mit der DDR erfahren zu haben. Durch Katja Hoyers Buch habe ich einiges hinzugelernt und konnte mir eine bessere Vorstellung vom Leben in der DDR machen. Genau diese Bücher braucht es, um in Deutschland sachlich, fundiert und gründlich recherchiert ein ganzheitliches Verständnis der DDR zu entwickeln und zur Verständigung zwischen Ost und West auf Augenhöhe beizutragen.
Ein wichtiges und rundum empfehlenswertes Buch!
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