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Zu Tode gedemütigt, ohne Hoffnung
Die Ursachen waren zerstörend und verbrecherisch - sie hinterließen unauslöschliche Spuren. Das Internat: ein raffiniert gegen den Geist gebauter Kerker; die Stadt: eine Todeskrankheit, ein Friedhof der Phantasie und der Wünsche. Der Krieg: die Stollen, in denen Hunderte erstickt und umgekommen sind; der Großvater: der nur von Großem sprach, von Mozart, Rembrandt und Beethoven.
All diese Belastungen hat Thomas Bernhard in diesem autobiographischen Rechenschaftsbericht literarisch verarbeitet.
Die Ursachen waren zerstörend und verbrecherisch - sie hinterließen unauslöschliche Spuren. Das Internat: ein raffiniert gegen den Geist gebauter Kerker; die Stadt: eine Todeskrankheit, ein Friedhof der Phantasie und der Wünsche. Der Krieg: die Stollen, in denen Hunderte erstickt und umgekommen sind; der Großvater: der nur von Großem sprach, von Mozart, Rembrandt und Beethoven.
All diese Belastungen hat Thomas Bernhard in diesem autobiographischen Rechenschaftsbericht literarisch verarbeitet.
Thomas Bernhard, geboren am 9. Februar 1931, lebte in Ohlsdorf, Oberösterreich. 1951-54 Studium an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Salzburg und an der Hochschule für Musik in Wien. Seit 1957 Schriftsteller. Thomas Bernhard starb am 12. Februar 1989 in Gmunden.

Produktdetails
- dtv Taschenbücher 13959
- Verlag: DTV
- 8. Aufl.
- Seitenzahl: 160
- Erscheinungstermin: 1. Februar 2011
- Deutsch
- Abmessung: 193mm x 118mm x 15mm
- Gewicht: 157g
- ISBN-13: 9783423139595
- ISBN-10: 3423139595
- Artikelnr.: 29739310
Herstellerkennzeichnung
dtv Verlagsgesellschaft
Tumblingerstraße 21
80337 München
produktsicherheit@dtv.de
Wenn Sprache den Bildrhythmus vorgibt
Eine Frage der Suada: Thomas Bernhards Bücher bewähren sich auch als Vorlagen für Comics
Seit Comics hierzulande "Graphic Novels" heißen, wenn sie Anspruch auf Anspruch erheben wollen, ist auch die Zahl der gezeichneten Literatur-Adaptionen gestiegen. Denn immerhin hat der Marketingbegriff da seine Berechtigung: Romane von Proust, Kafka, H. G. Wells, Marcel Beyer, Melville und zahllosen anderen bedeutenden Schriftstellern sind als gezeichnete Versionen ja tatsächlich graphic novels - ganz im Gegensatz zu Reportagen, Autobiographien, Sachcomics oder was im deutschen Sprachraum noch alles unter dem gekaperten englischen Begriff publiziert wird. Und über das klägliche Niveau der
Eine Frage der Suada: Thomas Bernhards Bücher bewähren sich auch als Vorlagen für Comics
Seit Comics hierzulande "Graphic Novels" heißen, wenn sie Anspruch auf Anspruch erheben wollen, ist auch die Zahl der gezeichneten Literatur-Adaptionen gestiegen. Denn immerhin hat der Marketingbegriff da seine Berechtigung: Romane von Proust, Kafka, H. G. Wells, Marcel Beyer, Melville und zahllosen anderen bedeutenden Schriftstellern sind als gezeichnete Versionen ja tatsächlich graphic novels - ganz im Gegensatz zu Reportagen, Autobiographien, Sachcomics oder was im deutschen Sprachraum noch alles unter dem gekaperten englischen Begriff publiziert wird. Und über das klägliche Niveau der
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1941 in Amerika zu pädagogischen Zwecken (aber nicht aus ästhetischer Motivation) etablierten Heftserie "Classics Illustrated", deren Schöpfer sich der Illusion hingaben, mit schlecht gemachten Comics könnte man Lust auf die Lektüre von deren literarischen Vorlagen machen, sind wir erfreulicherweise längst hinaus. Obwohl es mit gut gemachten Adaptionen auch nicht besser klappt. Wer sich für "Die Suche nach der verlorenen Zeit" oder "Der Prozess" als Comic begeistert, hat im Regelfall den Roman schon gelesen. Den Zeichnern kann es egal sein, solange gekauft wird.
Den Schriftstellern oder deren Erben ist es nicht egal. Warum sollten sie der Comic-Version eines berühmten Buchs zustimmen? Die Rechteinhaber der Werke von Beckett etwa verweisen darauf, dass der Autor selbst zu Lebzeiten keiner Verfilmung (also Verfremdung) zugestimmt hat, und weisen jedes Ansinnen einer Comic-Adaption zurück. Deshalb musste sich der österreichische Zeichner Nicolas Mahler, der "Warten auf Godot" zeichnen wollte, 2012 eine andere Herausforderung suchen. Er fand sie in Thomas Bernhards "Alte Meister", und diesmal stimmten die Erben zu. Der Comic, wie die Romanvorlage bei Suhrkamp erschienen, wurde zum Überraschungserfolg, obwohl Mahler die Handlung extrem verdichtete. Aber er wahrte in Sprechblasen und Textkästen die markante Sprachsuada. Mit dem bernhardschen Theaterstück "Der Weltverbesserer" gelang ihm das zwei Jahre später noch einmal.
Thomas Bernhards Erben hatten ihren Spaß daran, also haben sie nun auch einem anderen Verlag eine Adaptionsgenehmigung erteilt: Residenz, wo von 1975 bis 1982 der fünfteilige autobiographische Zyklus über Bernhards Jugend herauskam. Dessen ersten Band, "Die Ursache", hat der im Gegensatz zu Mahler noch relativ unbekannte junge Innsbrucker Zeichner Lukas Kummer in einen Comic umgesetzt. Der zeigt uns jenes Salzburger Internat, in dem Bernhard von 1943 bis 1946 zur Schule ging und das im Krieg stramm nationalsozialistisch, danach kompromisslos katholisch geführt wurde - für Bernhard eine konsequente Fortsetzung der dort erlittenen Charakterverstörung und -zerstörung.
Anders als Mahler mit seinen für ihn typischen Figuren überführt Kummer das bernhardsche Personal nicht in individuelle, sondern in gesichtslose, beinahe piktogrammartig gezeichnete Darstellungen. Sprechblasen gibt es nicht, nur den Bildern jeweils am oberen Rand beigegebene Textkästen, die Originalsätze aus Bernhards Buch bieten, teilweise ihrer Länge wegen über ganze Seiten hinweg fortgeführt. Lukas Kummer wählt die spezifische Rhythmik der bernhardschen Sprache als Ausgangspunkt für einen eigenen Bildrhythmus, der mit winzigsten Veränderungen und ständigen Motivwiederholungen arbeitet - ein kongeniales Verfahren, das tatsächlich auch Bernhard-Novizen eine Vorstellung von der Sogwirkung dieses Erzählens vermitteln kann. Auf Fortsetzung darf man sich angesichts der noch vier ausstehenden Bände freuen.
ANDREAS PLATTHAUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Den Schriftstellern oder deren Erben ist es nicht egal. Warum sollten sie der Comic-Version eines berühmten Buchs zustimmen? Die Rechteinhaber der Werke von Beckett etwa verweisen darauf, dass der Autor selbst zu Lebzeiten keiner Verfilmung (also Verfremdung) zugestimmt hat, und weisen jedes Ansinnen einer Comic-Adaption zurück. Deshalb musste sich der österreichische Zeichner Nicolas Mahler, der "Warten auf Godot" zeichnen wollte, 2012 eine andere Herausforderung suchen. Er fand sie in Thomas Bernhards "Alte Meister", und diesmal stimmten die Erben zu. Der Comic, wie die Romanvorlage bei Suhrkamp erschienen, wurde zum Überraschungserfolg, obwohl Mahler die Handlung extrem verdichtete. Aber er wahrte in Sprechblasen und Textkästen die markante Sprachsuada. Mit dem bernhardschen Theaterstück "Der Weltverbesserer" gelang ihm das zwei Jahre später noch einmal.
Thomas Bernhards Erben hatten ihren Spaß daran, also haben sie nun auch einem anderen Verlag eine Adaptionsgenehmigung erteilt: Residenz, wo von 1975 bis 1982 der fünfteilige autobiographische Zyklus über Bernhards Jugend herauskam. Dessen ersten Band, "Die Ursache", hat der im Gegensatz zu Mahler noch relativ unbekannte junge Innsbrucker Zeichner Lukas Kummer in einen Comic umgesetzt. Der zeigt uns jenes Salzburger Internat, in dem Bernhard von 1943 bis 1946 zur Schule ging und das im Krieg stramm nationalsozialistisch, danach kompromisslos katholisch geführt wurde - für Bernhard eine konsequente Fortsetzung der dort erlittenen Charakterverstörung und -zerstörung.
Anders als Mahler mit seinen für ihn typischen Figuren überführt Kummer das bernhardsche Personal nicht in individuelle, sondern in gesichtslose, beinahe piktogrammartig gezeichnete Darstellungen. Sprechblasen gibt es nicht, nur den Bildern jeweils am oberen Rand beigegebene Textkästen, die Originalsätze aus Bernhards Buch bieten, teilweise ihrer Länge wegen über ganze Seiten hinweg fortgeführt. Lukas Kummer wählt die spezifische Rhythmik der bernhardschen Sprache als Ausgangspunkt für einen eigenen Bildrhythmus, der mit winzigsten Veränderungen und ständigen Motivwiederholungen arbeitet - ein kongeniales Verfahren, das tatsächlich auch Bernhard-Novizen eine Vorstellung von der Sogwirkung dieses Erzählens vermitteln kann. Auf Fortsetzung darf man sich angesichts der noch vier ausstehenden Bände freuen.
ANDREAS PLATTHAUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Die Autobiografie: Sie beinhaltet den ganzen Bernhard und ist schlicht ein Meisterwerk. Florian Welle Süddeutsche Zeitung 20110204
In seinen autobiografischen Schriften („Die Ursache“, „Der Keller“, „Der Atem“, „Die Kälte“ und „Ein Kind“) verarbeitete der österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard seine Kindheit und Jugend. Diese Erinnerungen spiegeln …
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In seinen autobiografischen Schriften („Die Ursache“, „Der Keller“, „Der Atem“, „Die Kälte“ und „Ein Kind“) verarbeitete der österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard seine Kindheit und Jugend. Diese Erinnerungen spiegeln seine furchtbaren Erlebnisse im nationalsozialistisch und katholisch geprägten Österreich wider.
Erschütternd und polemisch schildert er die frühen Verletzungen und das Eingesperrtsein in den verschiedenen Institutionen wie Schule, Internat, Erziehungslager, Krankenhaus und Sanatorium. Wer die Welt von Thomas Bernhard verstehen will, findet hier den Schlüssel. Alle fünf Bände erschienen Ende der 70er bzw. Anfang der 80er Jahre im Residenz Verlag Pölten und liegen nun aus Anlass des 90. Geburtstags von Thomas Bernhard als Taschenbuchausgaben im Deutschen Taschenbuch Verlag vor.
„Die Ursache - Eine Andeutung“ (1975) ist der erste Teil dieser fünfteiligen Autobiografie. Darin erzählt Bernhard von der „Angst- und Schreckensfestung“ seiner Kindheit, dem Salzburger Schülerinternat Johanneum, das er während seines zwölften und fünfzehnten Lebensjahres besuchte. Das zunächst „Nationalsozialistische Schülerheim“ wurde nach dem Krieg notdürftig renoviert und als streng katholisches Staatsgymnasium wieder er-öffnet.
Der junge Bernhard bemerkte jedoch keinen Unterschied bei den Lehrern und ihren Erziehungsmethoden. Die katholische Internatsleitung führte gewissermaßen das nationalsozialistische Erbe fort - die Hitlerbilder wurden gegen Kruzifixe ausgewechselt und die SA-Stiefeln gegen schwarze Stiefeletten der Geistlichkeit ausgetauscht. All das verstärkte Bernhards Abneigung.
Diese Zeit, vom März 1944 bis kurz vor Ende des Krieges und wieder im Schuljahr 1945/46, war für den Jungen geprägt von herzlosen und sadistischen Erziehern. Ideologischer Drill bestimmte den Schulalltag und ließ den internierten Bernhard mit Selbstmordgedanken spielen. Ständig wurde er von seinen Mitschülern und Lehrern, aber vor allem vom Direktor und SA-Offizier Grünkranz gequält und unterdrückt. Dieser wurde zwar nach 1945 von dem Anstaltsgeistlichen „Onkel Franz“ abgelöst, der sich aber ähnlicher Erziehungsmethoden bediente. (Aufgrund der Klage des Salzburger Stadtpfarrers Franz Wesenauer, der sich in dem Buch als „Onkel Franz“ wiederzuerkennen glaubte, und eines Beschlusses des Landgerichts Salzburg aus dem Jahre 1977 mussten Bernhard und der Verlag einige Streichungen vornehmen).
Auch mit Salzburg geht Bernhard hart ins Gericht. Die Mozartstadt charakterisiert er als oberflächlich, die hinter ihrer wunderschönen Fassade erstickt. Über die Einwohner urteilt er gleich im ersten Satz: „Die Stadt ist, von zwei Menschenkategorien bevölkert, von Geschäftemachern und ihren Opfern …“.
Der Text ist in zwei Abschnitte gegliedert, betitelt nach den beiden Internatsleitern: Grün-kranz und Onkel Franz. Abschließend reflektiert Bernhard die Beziehungen zu seinem Großvater, der ihn zwar auf das Internat geschickt hat, den er jedoch außerordentlich schätzt, weil er sich nachhaltig für seine künstlerische Ausbildung einsetzte.
Manfred Orlick
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