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Diesmal ist es der Apotheker Roemer Simon Minderhout, der im Mittelpunkt des Geschehens steht und dessen kurze, heftige, um so unvergesslichere Liebe zu der Netzflickerin Hillegonda während der deutschen Besatzungszeit in den Niederlanden. Eine Liebe, die ihn 50 Jahre später auf eine beklemmende Weise einholt ...

Produktbeschreibung
Diesmal ist es der Apotheker Roemer Simon Minderhout, der im Mittelpunkt des Geschehens steht und dessen kurze, heftige, um so unvergesslichere Liebe zu der Netzflickerin Hillegonda während der deutschen Besatzungszeit in den Niederlanden. Eine Liebe, die ihn 50 Jahre später auf eine beklemmende Weise einholt ...
Autorenporträt
Maarten 't Hart, geboren 1944 in Maassluis, studierte Verhaltensbiologie, bevor er sich als freier Schriftsteller niederließ. 1997 erschien auf Deutsch sein Roman »Das Wüten der ganzen Welt«, der zu einem überragenden Erfolg wurde. Nicht zuletzt seine autobiografischen Werke machen ihn zu einem der renommiertesten europäischen Gegenwartsautoren, dessen Bücher sich allein im deutschsprachigen Raum über 2 Millionen Mal verkauft haben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.06.1998

Meine Augen sind nicht stolz
Maarten 't Hart besucht eine schöne Netzflickerin Von Werner Ross

Die erste Szene des Romans "Die Netzflickerin" von Maarten 't Hart zeigt die Hauptfigur Jacob Minderhout auf den Knieen unter einem Torbogen. Er hat gerade eine gut aussehende Witwe gefragt: "Willst du meine Frau werden?" Sie hat geantwortet: "Steh erst mal auf!" Sie streiten darüber, ob er aufstehen soll. Aber der Streit endet mit dem Satz: "Sie hat das Jawort, so merkwürdig es ihr auch abgerungen war, nie bereut." Ihre Erfahrung: "Einen solchen Mann hatte sie noch nie zuvor gekannt. Er wurde nie böse, er war nie launisch. Er war immer so voller Rücksicht, immer so zuvorkommend, daß sie ihm manchmal mißtraute, als stecke etwas dahinter."

Nachdem er Neletta Minderhout geheiratet hatte, wurde Jacob Vater des kleinen Simon Minderhout. Dieser wächst in der erschreckenden Normalität des niederländischen Bürgertums auf. Der Vater wird an seinem Wohnort Gemeindesekretär, ein allgemein geachteter Beamter. Simon hat auch philosophische Neigungen und stößt, während die Niederlande von den Deutschen besetzt werden, auf den Antisemitismus Luthers. Er glaubt zudem, eine allgemeine Tendenz der deutschen Philosophen zum Judenhaß zu entdecken, und hat zum Beweis ein passendes Kant-Zitat zur Hand. Das besetzte Holland von 1940 wird bis in alle Einzelheiten genau und liebevoll beschrieben. Die Deutschen werden "Moffen" genannt, die jungen Holländer schließen sich gegen sie zur "Geusenbewegung" zusammen. Die Besatzungsmacht greift zu einschüchternden Bombenangriffen und zu Erschießungen junger Holländer.

Der Roman, der mit der Werbung um Neletta beginnt, würde sein Soll nicht erfüllen, wenn Simon von der Liebe in der Zukunft ganz verschont würde. So verliebt er sich in ein hübsches Bäckermädchen. Sie ist angetan von dem stattlichen Werber und schwätzt so viel von der kommenden Hochzeit, daß er Angst bekommt und das väterliche Rezept "auf den Knieen" noch einmal ausprobiert. Er verlangt knieend von ihr das Versprechen, daß sie niemals mehr von Verlobung und Heirat spricht, worauf sie sich schnell aus dem Staube macht.

An ihre Stelle tritt nun die im Titel genannte Netzflickerin. Sie ist nicht besonders schön. Jacob gefallen ihre makellosen Zähne und ihr fröhliches, herzliches Lachen. Außerdem hofft er mit ihrer Hilfe eine Verbindung zur holländischen Widerstandsbewegung zu gewinnen. Sie erbittet Unterkunft für die nächste Nacht, die er ihr gerne gewährt. In der Nacht taucht sie an seinem Bett auf, weil sie vor Spinnen, die sie über ihrem Bett gefunden hat, ausreißt, und es kommt zu einer Liebesszene. Später hat sie bei einem Wiedersehen nach vielen Jahrzehnten die Formel für diese Nacht gefunden: "Siehst Du, hätte ich das nicht gewußt, dann hätte ich mein ganzes Leben denken können, daß es so sein muß, so wie mein Mann zu mir kam, und ich hätte mich, glaube ich, damit zufriedengegeben."

Sein Eifer für die niederländische Freiheitsbewegung wurde jäh gelähmt, als er längst pensioniert war, durch das in den Medien aufkommende Gerücht, er habe eine holländische Widerstandsgruppe an die Deutschen verraten. Die Anschuldigung setzte ihm sehr zu, und der Zufall wollte es, daß einige Umstände auf ihn als Täter verwiesen. Zum Glück stößt man bei Nachforschungen auf die Arbeit, die Simon den Philosophen unter den deutschen Antisemiten gewidmet hat. Er findet eine Rundfunkjournalistin, die sich seines Falles annimmt. Gemeinsam fahren sie in das Land seiner Kindheit, er erkennt die verschwenderische Fülle "der so viel höher gewordenen und weit ausladenden Baumkronen".

Die ganze totgeglaubte Welt seiner Kindheit zeigte sich in neuem Glanz. Er seufzt in Erinnerung an seine Mutter: "Ich wollte ich wäre fünfzig Jahre jünger, dann würde ich hier vor Dir auf die Knie fallen und Dir einen Antrag machen", sagt er zu der Journalistin. Bei der Klärung seines Falles trifft er auch die Netzflickerin wieder. Inzwischen alt und grau, klagt sie: "Ich bin wirklich ein nörgeliges altes Weib geworden, das dauernd den Kopf hängen läßt." In der Schlußszene ist Simon umringt von hell lachenden, eifrig schwatzenden kleinen Mädchen. Der Roman schließt mit einer Bescheidenheitsformel, die so etwas wie den Tenor des Ganzen wiedergibt: "Herr, mein Herz ist nicht hoffärtig und meine Augen sind nicht stolz; ich wandle nicht in großen Dingen, die mir zu hoch sind." Es ist das, was Simon aus seinem abenteuerlichen Leben für sich verbuchen kann.

Maarten 't Hart schließt sich mit diesem frommen Psalmvers an die Traditionen des deutschen Bildungsromans an, die auch sonst durch seine Abenteuer hindurchschimmern.

Maarten 't Hart: "Die Netzflickerin". Roman. Aus dem Niederländischen übersetzt von Marianne Holberg. Arche Verlag, Hamburg und Zürich 1998. 441 Seiten, geb., 44,- DM.

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»Maarten 't Hart erweist sich erneut als großartiger Erzähler, dem es gelingt, Schicksale so authentisch zu schildern, daß der Leser einfach Anteil nehmen muß.« Hamburger Abendblatt