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Eine Lehrerin wird von ihrem Schüler gekidnappt. Die Bedingung für ihre Freilassung scheint absurd: Sie soll aufschreiben, was sie von diesem Schüler hält, der sich von ihr missverstanden und unbeachtet fühlt. Während er auf Erklärungen und Verständnis hofft, schreibt sie heimlich ihre ganz eigene Geschichte. Der Roman ist geschickt konstruiert: Zweckmäßig eingesetzte Sprechsprache wechselt mit breiter Epik samt ironischen Zwischentönen sowie lyrischen Bausteinen, die ihre Wurzel zum Teil im Mittelhochdeutschen haben. Dabei wird der Leser schnell ein Suchender; die Verwirrung, die aus der Bahn…mehr

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Produktbeschreibung
Eine Lehrerin wird von ihrem Schüler gekidnappt. Die Bedingung für ihre Freilassung scheint absurd: Sie soll aufschreiben, was sie von diesem Schüler hält, der sich von ihr missverstanden und unbeachtet fühlt. Während er auf Erklärungen und Verständnis hofft, schreibt sie heimlich ihre ganz eigene Geschichte. Der Roman ist geschickt konstruiert: Zweckmäßig eingesetzte Sprechsprache wechselt mit breiter Epik samt ironischen Zwischentönen sowie lyrischen Bausteinen, die ihre Wurzel zum Teil im Mittelhochdeutschen haben. Dabei wird der Leser schnell ein Suchender; die Verwirrung, die aus der Bahn werfende Ereignisse mit sich bringen, erlebt er somit nicht nur in thematischer, sondern auch in sprachlicher Hinsicht. Reder zeigt die menschlichen Abgründe langsam, entschleunigt die Zeit und wirft den Leser zurück auf grundsätzliche Fragen: Wie sollen wir handeln? Wo lauern die Gefahren in uns selbst und in der bewussten, viel wichtiger aber in der unbewussten Interaktion zwischen uns und den anderen? Was ist der Mensch?
Autorenporträt
Ewart Reder wurde 1957 in Westberlin geboren. Nach mehrjährigen Aufenthalten in Göttingen, München und Aschaffenburg lebt er heute in Frankfurt am Main. Seit 1998 veröffentlichte er vor allem Lyrik und Kurzprosa in namhaften Zeitungen, Zeitschriften und Anthologien, aber auch Monographien. Reder ist u. a. Kolumnist der Zeitschrift eXperimenta und Redakteur der Literatursendung "WortWellen" des radio x Frankfurt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.12.2012

Woraus Gewalt erwächst
Roman mit Lokalkolorit

Es ist ein Entwicklungsroman im Rückwärtsgang. Der Gesamtschüler Maximilian Schäfer hat seine Deutschlehrerin Dora Blatt als Geisel genommen. Während eine Polizeihundertschaft die Schule umstellt, zwingt Maximilian seine Lehrerin, aufzuschreiben, wie sie ihn und was sie in ihm sieht. Das Porträt des ihr fremd gebliebenen Schülers, dem seine sechzehn Jahre alte Freundin Ismihan während der Geiselnahme beizustehen hat, wird für die junge Lehrerin zum Ausgangspunkt der Selbsterkundung.

Der Autor Ewart Reder, der bisher mehrere Bände mit Lyrik und Erzählungen veröffentlicht hat, lässt den Figuren seines ersten Romans "Die Liebeslektion" Zeit, ihr Seelenleben zu entblößen. Nicht nur der trotz allen Imponiergehabes von Minderwertigkeitsgefühlen und Versagensängsten bedrängte Junge, auch die Lehrerin ringt um ihre Identität und sieht sich den Brüchen in ihrem Leben gegenübergestellt, einer Liebe zumal, der sie vor vielen Jahren ausgewichen ist.

Reder variiert das Sprachtempo, mischt die Erzählstile, stimmt poetische Klänge ebenso an wie nuancenreiche epische Töne und hat keine Scheu vor sprachlicher Nüchternheit. Der Roman ist zwar mit Lokalkolorit durchwirkt - die Heinrich-Kraft-Schule im Frankfurter Vorort Fechenheim, Offenbach vis-à-vis gelegen, ist Ort der Geiselnahme, das Offenbacher Einkaufszentrum "Komm" Teil einer Schlüsselszene. Doch Reder hat keinen zeitgenössischen Heimatroman verfasst.

Auch wenn der 55 Jahre alte Autor in seinem Brotberuf in Hanau als Lehrer arbeitet, der Gewaltexzess, den im Roman ein enggewebtes Beziehungsnetz der Akteure umspannt, ist Fiktion. Gleichwohl bleibt der Roman in seiner atmosphärischen Grundierung und der psychologischen Engführung der Figuren nah am Schulalltag hierzulande. "Der Anteil des Eigenerlebten ist hoch", sagt Reder. Der gebürtige Berliner hat zehn Jahre in Offenbach gelebt. Mit Blick auf die Reibungsflächen zwischen Einheimischen und den aus aller Welt Zugewanderten, die in dieser Stadt wohnen, greift er auf die Erfahrungen jener Jahre zurück.

Aus Reders Sicht hat sich das Verhaltensmuster der Heranwachsenden in dieser Gesellschaft seit den achtziger Jahren drastisch verändert. Wie sich dies in seinem Roman spiegelt, erklärt der Autor so: "Einen Kerl wie Maximilian treibt das Gefühl an, endlich mal etwas Verrücktes machen zu müssen. Warum? Es ist nicht mehr die Frage: Sag du mir, wer ich bin. Diese Option der Identitätsfindung hat Maximilian nicht mehr. Dafür ist er geistig zu arm. Zu seiner kriminellen Tat drängt ihn die Frage: Sage mir, warum du hier bist." Doch einer wie Maximilian packe es falsch an, um die Antwort auf diese Frage zu erfahren, sagt Reder: "Das Einzige, was nicht mit Gewalt zu erlangen ist, sind Anerkennung und Liebe." Reders Roman sucht nicht den verbrecherischen Charakter von Taten wie einer Geiselnahme hinwegzuerklären, sondern zu verstehen, woraus Gewalt erwächst und wie ihr zu begegnen wäre.

ANTON JAKOB WEINBERGER

"Die Liebeslektion" von Ewart Reder ist im Berliner Verlag Horlemann erschienen und kostet 17,90 Euro.

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