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Acht dramatische Jahrzehnte und der Kampf gegen Seuchen, Schmerz und TodAnschaulich und lebensnah erzählt Ronald D. Gerste die umwälzenden Ereignisse und wissenschaftlichen Entwicklungen in der erstaunlich dynamischen Zeit von 1840 bis 1914, in der die Medizin ungeahnte Fortschritte machte: ein packendes Porträt einer entfesselten Epoche, die Gesellschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik revolutionierte - mit bleibenden Folgen bis in unsere Gegenwart.Die außergewöhnlich dramatischen Jahrzehnte zwischen 1840 und 1918 markieren eine Wendezeit, die bis heute unser Dasein und Leben prägen. ...
Acht dramatische Jahrzehnte und der Kampf gegen Seuchen, Schmerz und Tod
Anschaulich und lebensnah erzählt Ronald D. Gerste die umwälzenden Ereignisse und wissenschaftlichen Entwicklungen in der erstaunlich dynamischen Zeit von 1840 bis 1914, in der die Medizin ungeahnte Fortschritte machte: ein packendes Porträt einer entfesselten Epoche, die Gesellschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik revolutionierte - mit bleibenden Folgen bis in unsere Gegenwart.
Die außergewöhnlich dramatischen Jahrzehnte zwischen 1840 und 1918 markieren eine Wendezeit, die bis heute unser Dasein und Leben prägen. Innerhalb dieser Jahre entwickelte sich die moderne Medizin und veränderte das Verhältnis des Menschen zu seinem Körper und dessen Leiden nachhaltig. Heilungserfolge wurden möglich, an die bisher nicht zu denken gewesen war, und schufen die Grundlage unseres heutigen Lebens. Es waren Forscher, Mediziner und Ärzte wie Koch, Semmelweis und Morton, die unsere Moderne begründeten. Diese Pioniere der Gegenwart zu begleiten heißt auch, sich auf eine Zeitreise in eine atemberaubende Epoche zu begeben - in der die Eisenbahn und das Dampfschiff den Menschen zu fernen Horizonten brachten, in der die Welt wahrhaft globalisiert wurde und in der neue Gedanken und Überzeugungen zu Umbruch und Revolution führten. Doch der Mensch bleibt der Mensch und die Natur lässt sich nicht endgültig bezwingen: Am Ende der hoffnungsvollen Epoche stehen eine von Staatsmännern geschaffene Katastrophe und, fast wie ein tragisches Nachwort zur Saga der Triumphe, eine von Viren verursachte Pandemie: die Spanische Grippe.
Anschaulich und lebensnah erzählt Ronald D. Gerste die umwälzenden Ereignisse und wissenschaftlichen Entwicklungen in der erstaunlich dynamischen Zeit von 1840 bis 1914, in der die Medizin ungeahnte Fortschritte machte: ein packendes Porträt einer entfesselten Epoche, die Gesellschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik revolutionierte - mit bleibenden Folgen bis in unsere Gegenwart.
Die außergewöhnlich dramatischen Jahrzehnte zwischen 1840 und 1918 markieren eine Wendezeit, die bis heute unser Dasein und Leben prägen. Innerhalb dieser Jahre entwickelte sich die moderne Medizin und veränderte das Verhältnis des Menschen zu seinem Körper und dessen Leiden nachhaltig. Heilungserfolge wurden möglich, an die bisher nicht zu denken gewesen war, und schufen die Grundlage unseres heutigen Lebens. Es waren Forscher, Mediziner und Ärzte wie Koch, Semmelweis und Morton, die unsere Moderne begründeten. Diese Pioniere der Gegenwart zu begleiten heißt auch, sich auf eine Zeitreise in eine atemberaubende Epoche zu begeben - in der die Eisenbahn und das Dampfschiff den Menschen zu fernen Horizonten brachten, in der die Welt wahrhaft globalisiert wurde und in der neue Gedanken und Überzeugungen zu Umbruch und Revolution führten. Doch der Mensch bleibt der Mensch und die Natur lässt sich nicht endgültig bezwingen: Am Ende der hoffnungsvollen Epoche stehen eine von Staatsmännern geschaffene Katastrophe und, fast wie ein tragisches Nachwort zur Saga der Triumphe, eine von Viren verursachte Pandemie: die Spanische Grippe.
Ronald D. Gerste, geboren 1957, ist Arzt, Historiker und Amerikakenner und lebt als Buchautor und Wissenschaftskorrespondent in Washington, D.C. Er schreibt u. a. für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, Neue Zürcher Zeitung und Die Zeit. Bei Klett-Cotta erschienen u. a. »Wie Krankheiten Geschichte machen«, »Wie das Wetter Geschichte macht« und »Die Heilung der Welt«.
Produktdetails
- Verlag: Klett-Cotta
- 1. Auflage 2022
- Seitenzahl: 400
- Erscheinungstermin: 19. Oktober 2022
- Deutsch
- Abmessung: 188mm x 114mm x 28mm
- Gewicht: 270g
- ISBN-13: 9783608965940
- ISBN-10: 3608965947
- Artikelnr.: 63916035
Herstellerkennzeichnung
Klett-Cotta Verlag
Rotebühlstr. 77
70178 Stuttgart
produktsicherheit@klett-cotta.de
»In einer Zeit, in der eine Pandemie die Medizin ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit katapultiert hat, kommt Gerstes Buch über die medizinischen Innovationen und Entdeckungen der fortschrittsgläubigen viktorianischen Ära zur rechten Zeit. Und was für ein Glück, dass der Autor, promoviert als Arzt und als Historiker, solch ein gewiefter Erzähler ist.« Oliver Pfohlmann, NZZ, 29. Mai 2021 Oliver Pfohlmann Neue Zürcher Zeitung 20210529
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensent Oliver Pfohlmann hat Spaß bei der Lektüre von Roland D. Gerstes Buch, in dem der Arzt und Historiker Meilensteine der Medizingeschichte des 19. Jahrhunderts vorstellt: So erfährt der Rezensent von der ersten Amputation unter Betäubung oder von den ersten Anwendungen von Chloroform bei Geburten, das lange als Teufelsmittel verurteilt und von Queen Victoria schließlich gesellschaftsfähig gemacht wurde. Auch medizinische Koryphäen wie Robert Koch und berühmte Patienten wie den "Elefantenmann" Joseph Merrick lernt er näher kennen. Ein sehr unterhaltsam geschriebenes Buch, so Pfohlmann, das auch darum aktuell wichtig ist, weil es die damals herrschende Wissenschafts- und Fortschrittsgläubigkeit ins Blickfeld rückt, lobt der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Dem Fortschritt verschrieben
Roland Gerste entwirft ein Panorama der Medizin zwischen 1840 und 1914
Gerade erst konnte die medizinische Forschung einen ungewöhnlichen Erfolg verzeichnen. Nur ein Jahr nachdem ein neuartiges Virus seinen Zug um die Welt angetreten hat, standen erste Impfstoffe bereit. Und damit nicht genug: Eine zukunftsweisende Impfstofftechnik feierte Premiere, die auch für die Therapie von Krebs- oder Autoimmunerkrankungen große Chancen birgt. Doch kaum einer würde behaupten, unsere heutige Gesellschaft blicke zufrieden und voller Optimismus auf das bisher Erreichte.
Der Kontrast könnte kaum größer sein zu der Epoche, die der Arzt und Historiker Ronald D. Gerste in den Blick nimmt: das
Roland Gerste entwirft ein Panorama der Medizin zwischen 1840 und 1914
Gerade erst konnte die medizinische Forschung einen ungewöhnlichen Erfolg verzeichnen. Nur ein Jahr nachdem ein neuartiges Virus seinen Zug um die Welt angetreten hat, standen erste Impfstoffe bereit. Und damit nicht genug: Eine zukunftsweisende Impfstofftechnik feierte Premiere, die auch für die Therapie von Krebs- oder Autoimmunerkrankungen große Chancen birgt. Doch kaum einer würde behaupten, unsere heutige Gesellschaft blicke zufrieden und voller Optimismus auf das bisher Erreichte.
Der Kontrast könnte kaum größer sein zu der Epoche, die der Arzt und Historiker Ronald D. Gerste in den Blick nimmt: das
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"Goldene Zeitalter der Medizin" zwischen 1840 und 1914, dessen Geschichte er als "Saga von Hoffnung, Zukunftsglaube und Triumphen" erzählt, wie der Autor jüngst im Interview erklärte. Wer sich von Gerste mit auf die Reise in die Vergangenheit nehmen lässt, versteht, warum in jenen Jahren viele Menschen vom Fortschritt ihrer Zeit überzeugt waren. In dreiundzwanzig Kapiteln entsteht ein anschauliches Panorama davon, wie die damalige Medizin ihrer Vision einer "Heilung der Welt" näherkam.
Der Leser schaut den Protagonisten quasi über die Schulter, beobachtet, wie diese nach Lösungen suchten und Hypothesen testeten, erlebt mit, welche Widerstände und Misserfolge sie dabei zu überwinden hatten - und wie sich die Welt der Kranken dadurch veränderte. Besonders greifbar wird das im Kapitel über die Entdeckung des Chloroforms, mit dem die lebensbedrohlichen Schmerzen einer Operation endlich betäubt werden konnten. Ebenso eindrucksvoll berichtet Gerste über die Erkenntnis von Ignaz Philipp Semmelweis, dass die ungewaschenen Hände der Geburtsmediziner den jungen Müttern den Tod brachten - und der doch lange kein Gehör fand. Auch weniger bekannte Kapitel der Medizingeschichte schlägt Gerste auf, etwa darüber, wie das Kokain als Lokalanästhetikum von Carl Koller "entdeckt" wurde; zum Ärger Sigmund Freuds übrigens, der Koller auf dessen Wirkung zuerst hingewiesen hatte.
Die meisten Kapitel kreisen jedoch um bekannte Figuren der Medizingeschichte. Und dies sind in Gerstes Geschichte Männer. Einzig Florence Nightingale hat einen Gastauftritt. Doch ist die Dominanz der Männer nicht nur Folge einer im Buch getroffenen Auswahl. Tatsächlich gab es seinerzeit nur wenige bedeutende Medizinerinnen, weil die Berechtigung zum Medizinstudium in vielen Ländern der westlichen Welt im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts erstritten werden musste.
Doch zumindest eine, die keine Ärztin, sondern Physikerin und Chemikerin war, hätte hier ihren Platz finden sollen: Marie Curie trug mit ihrer radiologischen Forschung wesentlich dazu bei, dass die Mitglieder der "Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie" auf ihrer Jahresversammlung im Mai 1913 von einem nie dagewesenen Enthusiasmus ob der neu eröffneten Möglichkeiten der Krebstherapie erfasst wurden. Dieser "Strahlentaumel" wäre eine wichtige Ergänzung zu den "Strahlenbildern" des Wilhelm Conrad Röntgen gewesen, denen Gerste ein Kapitel widmet.
Dennoch ist Gerstes Rückschau keine Fortsetzung alter Heldengeschichte von den großen Entdeckern und Erfindern. Der Autor weiß, dass Produktion und Verbreitung medizinischen Wissens von gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, von technischen Entwicklungen und medialen Kommunikationsmöglichkeiten abhängig sind. Darum bettet er die Medizingeschichte in das "Zeitgemälde einer auf so vielen Gebieten fortschrittsgläubigen Epoche" ein. So erfahren wir, wie mit der neu erfundenen Daguerreotypie die im Mikroskop sichtbar gewordene Welt der Krankheitserreger dokumentiert wurde und sich zugleich Vorstellungen von Objektivität veränderten. Oder wie die Eisenbahn nicht nur das Leben beschleunigte und das Raumempfinden veränderte, sondern mit der "railway spine" ein neues Krankheitsbild schuf, über dessen mögliche psychische Verursachung jahrzehntelang diskutiert wurde.
Zudem kontrastiert Gerste die hochgestimmte, "zuversichtlich vorwärtsblickende Lebensauffassung" (Ferdinand Sauerbruch) jener Zeit mit ihren dunklen Seiten: Imperialismus, Kolonialismus, Militarismus und Antisemitismus. Insofern reiht sich das Buch ein in die gegenwärtige Kontroverse um die Bewertung des Deutschen Kaiserreiches zwischen progressiven Reformbestrebungen und autoritären sowie nationalistischen Strukturen.
Doch in einer Hinsicht greift das entworfene Panorama zu kurz: Die Medizin steht bei Gerste immer auf der Seite des Fortschritts. Sie versucht zu lindern und zu heilen, was Bakterien und Krieg an Leiden verursachen. Schlimmstenfalls stehen dem medizinischen Fortschritt Borniertheit, Konkurrenzneid oder nationalistische und antisemitische Vorurteile im Weg. Die der damaligen Fortschrittsgläubigkeit inhärente Inhumanität bleibt dagegen ausgeblendet. Manche Mediziner dieser Epoche zögerten nicht, Menschen zum Objekt gefährlicher Versuche zu machen.
Albert Neisser etwa, Breslauer Dermatologieprofessor und Entdecker des Gonorrhoe-Erregers, wollte 1892 überprüfen, ob das Serum syphiliskranker Personen ansteckend war, und spritzte es acht zum Teil minderjährigen Patientinnen, die als Prostituierte arbeiteten - ohne deren Zustimmung. Vier von ihnen erkrankten an Syphilis. Immerhin führte das Vorgehen Neissers zu einer öffentlichen Diskussion, in deren Folge Menschenversuche ohne Einwilligung verboten wurden.
Daraufhin suchte sich Robert Koch, dessen Beitrag zur Bakteriologie Gerste würdigt, seine Versuchspersonen außerhalb Deutschlands. Auf Einladung der britischen Kolonialverwaltung testete er von 1905 an auf den Sese-Inseln im Viktoriasee Wirkung und Dosierung des arsenhaltigen Atoxyl als Mittel gegen die Schlafkrankheit. Auf Wohlbefinden, Gesundheit und Leben seiner afrikanischen Forschungssubjekte, die sich den schmerzhaften Experimenten durch Flucht zu entziehen suchten, nahm er keine Rücksicht.
Ging es hier wirklich um die Heilung "der Welt"? Zweifellos war es eine Zeit beeindruckender Entdeckungen und großer Visionen, und diese Geschichte erzählt Ronald Gerste souverän und detailfreudig. Doch die Rücksichtslosigkeit und Selektivität, mit der das Ziel einer Heilung der Welt oft verfolgt wurde, gehört auch zu dieser Geschichte.
BETTINA HITZER
Ronald D. Gerste:
"Die Heilung der Welt".
Das Goldene Zeitalter der Medizin 1840-1914.
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2021. 400 S., Abb., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Leser schaut den Protagonisten quasi über die Schulter, beobachtet, wie diese nach Lösungen suchten und Hypothesen testeten, erlebt mit, welche Widerstände und Misserfolge sie dabei zu überwinden hatten - und wie sich die Welt der Kranken dadurch veränderte. Besonders greifbar wird das im Kapitel über die Entdeckung des Chloroforms, mit dem die lebensbedrohlichen Schmerzen einer Operation endlich betäubt werden konnten. Ebenso eindrucksvoll berichtet Gerste über die Erkenntnis von Ignaz Philipp Semmelweis, dass die ungewaschenen Hände der Geburtsmediziner den jungen Müttern den Tod brachten - und der doch lange kein Gehör fand. Auch weniger bekannte Kapitel der Medizingeschichte schlägt Gerste auf, etwa darüber, wie das Kokain als Lokalanästhetikum von Carl Koller "entdeckt" wurde; zum Ärger Sigmund Freuds übrigens, der Koller auf dessen Wirkung zuerst hingewiesen hatte.
Die meisten Kapitel kreisen jedoch um bekannte Figuren der Medizingeschichte. Und dies sind in Gerstes Geschichte Männer. Einzig Florence Nightingale hat einen Gastauftritt. Doch ist die Dominanz der Männer nicht nur Folge einer im Buch getroffenen Auswahl. Tatsächlich gab es seinerzeit nur wenige bedeutende Medizinerinnen, weil die Berechtigung zum Medizinstudium in vielen Ländern der westlichen Welt im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts erstritten werden musste.
Doch zumindest eine, die keine Ärztin, sondern Physikerin und Chemikerin war, hätte hier ihren Platz finden sollen: Marie Curie trug mit ihrer radiologischen Forschung wesentlich dazu bei, dass die Mitglieder der "Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie" auf ihrer Jahresversammlung im Mai 1913 von einem nie dagewesenen Enthusiasmus ob der neu eröffneten Möglichkeiten der Krebstherapie erfasst wurden. Dieser "Strahlentaumel" wäre eine wichtige Ergänzung zu den "Strahlenbildern" des Wilhelm Conrad Röntgen gewesen, denen Gerste ein Kapitel widmet.
Dennoch ist Gerstes Rückschau keine Fortsetzung alter Heldengeschichte von den großen Entdeckern und Erfindern. Der Autor weiß, dass Produktion und Verbreitung medizinischen Wissens von gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, von technischen Entwicklungen und medialen Kommunikationsmöglichkeiten abhängig sind. Darum bettet er die Medizingeschichte in das "Zeitgemälde einer auf so vielen Gebieten fortschrittsgläubigen Epoche" ein. So erfahren wir, wie mit der neu erfundenen Daguerreotypie die im Mikroskop sichtbar gewordene Welt der Krankheitserreger dokumentiert wurde und sich zugleich Vorstellungen von Objektivität veränderten. Oder wie die Eisenbahn nicht nur das Leben beschleunigte und das Raumempfinden veränderte, sondern mit der "railway spine" ein neues Krankheitsbild schuf, über dessen mögliche psychische Verursachung jahrzehntelang diskutiert wurde.
Zudem kontrastiert Gerste die hochgestimmte, "zuversichtlich vorwärtsblickende Lebensauffassung" (Ferdinand Sauerbruch) jener Zeit mit ihren dunklen Seiten: Imperialismus, Kolonialismus, Militarismus und Antisemitismus. Insofern reiht sich das Buch ein in die gegenwärtige Kontroverse um die Bewertung des Deutschen Kaiserreiches zwischen progressiven Reformbestrebungen und autoritären sowie nationalistischen Strukturen.
Doch in einer Hinsicht greift das entworfene Panorama zu kurz: Die Medizin steht bei Gerste immer auf der Seite des Fortschritts. Sie versucht zu lindern und zu heilen, was Bakterien und Krieg an Leiden verursachen. Schlimmstenfalls stehen dem medizinischen Fortschritt Borniertheit, Konkurrenzneid oder nationalistische und antisemitische Vorurteile im Weg. Die der damaligen Fortschrittsgläubigkeit inhärente Inhumanität bleibt dagegen ausgeblendet. Manche Mediziner dieser Epoche zögerten nicht, Menschen zum Objekt gefährlicher Versuche zu machen.
Albert Neisser etwa, Breslauer Dermatologieprofessor und Entdecker des Gonorrhoe-Erregers, wollte 1892 überprüfen, ob das Serum syphiliskranker Personen ansteckend war, und spritzte es acht zum Teil minderjährigen Patientinnen, die als Prostituierte arbeiteten - ohne deren Zustimmung. Vier von ihnen erkrankten an Syphilis. Immerhin führte das Vorgehen Neissers zu einer öffentlichen Diskussion, in deren Folge Menschenversuche ohne Einwilligung verboten wurden.
Daraufhin suchte sich Robert Koch, dessen Beitrag zur Bakteriologie Gerste würdigt, seine Versuchspersonen außerhalb Deutschlands. Auf Einladung der britischen Kolonialverwaltung testete er von 1905 an auf den Sese-Inseln im Viktoriasee Wirkung und Dosierung des arsenhaltigen Atoxyl als Mittel gegen die Schlafkrankheit. Auf Wohlbefinden, Gesundheit und Leben seiner afrikanischen Forschungssubjekte, die sich den schmerzhaften Experimenten durch Flucht zu entziehen suchten, nahm er keine Rücksicht.
Ging es hier wirklich um die Heilung "der Welt"? Zweifellos war es eine Zeit beeindruckender Entdeckungen und großer Visionen, und diese Geschichte erzählt Ronald Gerste souverän und detailfreudig. Doch die Rücksichtslosigkeit und Selektivität, mit der das Ziel einer Heilung der Welt oft verfolgt wurde, gehört auch zu dieser Geschichte.
BETTINA HITZER
Ronald D. Gerste:
"Die Heilung der Welt".
Das Goldene Zeitalter der Medizin 1840-1914.
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2021. 400 S., Abb., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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eBook, ePUB
Die Heilung der Welt, Medizingeschichte, von Ronald D. Gerste, EBook 400 Seiten, erschienen bei Klett-Cotta
Eine Zusammenfassung über die Jahre zwischen 1840 – 1914, Weltgeschichte, Technik und Fortschritte in der Medizin.
23. Interessante Kapitel, bei denen mich einzelne ganz …
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Die Heilung der Welt, Medizingeschichte, von Ronald D. Gerste, EBook 400 Seiten, erschienen bei Klett-Cotta
Eine Zusammenfassung über die Jahre zwischen 1840 – 1914, Weltgeschichte, Technik und Fortschritte in der Medizin.
23. Interessante Kapitel, bei denen mich einzelne ganz besonders berührt haben, z.B. Todbringende Hände, Schwester Carolines Handschuhe oder Strahlenbilder waren informativ und aufregend geschildert. Dass es sich beim Autor nicht nur um einen Mediziner sondern auch um einen Historiker handelt ist sehr deutlich erkennbar. Nicht nur die medizinischen Neuheiten, medizinischen Forschungen, Heilung- und Behandlungsmethoden werden hier geschildert, sondern der Leser erfährt auch, was in dieser Zeit in der Weltgeschichte geschah und in Forschung und Technik Revolutionäres entdeckt und entwickelt wurde. Eine Zeitreise in eine aufregende Epoche ist dieses Buch allemal.
Die großen Pioniere der Medizin dieser Epoche, Lister, Semmelweis, Koch, Röntgen und Florence Nightingale etc. ihnen allen ist ein Kapitel gewidmet und werden in anderen Kapitel nochmals angesprochen. Besonders gefallen haben mir die, an einige Kapitel angehängte Schicksale einzelner Patienten passend zum Thema im vorangegangenen Abschnitt. Obwohl mir sämtliche Sachverhalte schon bekannt waren, hatte es seinen Reiz für mich noch einmal zusammengefasst, über diese aufregenden Jahre zu lesen.
Mir persönlich hätte es gereicht, nur über das Thema Medizingeschichte zu erfahren, deshalb wollte ich auch das Buch lesen. Einige Kapitel haben weniger mit Medizin als mit Kriegen, Fotografie der Eisenbahn etc. zu tun. Alles in allem wurde ich jedoch gut unterhalten,
Die für mich wichtigen Kapitel s.o. hatte ich schnell gelesen, da konnte und wollte ich das Buch nicht aus der Hand legen, doch zwischendurch habe ich mich durch einige Kapitel tatsächlich gequält. Der Zeitstrahl am Ende des Buches ist für die Leser mit einem Reader unbrauchbar.
Im Epilog ging der Autor noch einmal auf die Spanische Grippe im frühen 20. Jahrhundert im Vergleich zur aktuellen Covid-Pandemie ein, ein sehr interessanter Aspekt.
Dieses Buch eignet sich auch als Lektüre für medizinische Laien, die Sachverhalte sind gut erklärt das Buch strotzt nicht mit medizinischen Fachbegriffen, die wenn verwendet auch gut erklärt sind. Eine Leseempfehlung von mir dafür 3,5 bzw. 4 Sterne.
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Gebundenes Buch
Der Verlag hat ein sorgfältiges Buch herausgegeben, interessantes Titel Bild, angenehmer Druck zum Lesen. Das verdient 5/5 Punkte.
Leider enttäuscht mich dieses Werk. Der Titel ist irreführend mit "der Medizin" und "Heilung der Welt". Die Themen sind falsch …
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Der Verlag hat ein sorgfältiges Buch herausgegeben, interessantes Titel Bild, angenehmer Druck zum Lesen. Das verdient 5/5 Punkte.
Leider enttäuscht mich dieses Werk. Der Titel ist irreführend mit "der Medizin" und "Heilung der Welt". Die Themen sind falsch betitelt. Im Grunde handelt es sich, um die beginnende Industrialisierung und ihren Einfluß, die Erkenntnise und Fortschritte in der Medizin und Pflege. (3/5 Punkte)
Leider kannte ich fast alles schon, mit Werke die spezifischer auf die hier vorgestellten Ärzte eingingen , auch wurde Florence N nicht so negativ betrachtet (wie ihr in einer Randnotiz). Punkte 3/5.
Die Schreibarbeit ist ziemlich modern, für mein Geschmack, und passt nicht zum Thema. (2/5 Punkte)
Bedauerlich, das die Hülle schöner ist als der Ihnhalt. Was somit 13/20 Punkte macht und bewertet wird mit 3 Sterne gut.
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eBook, ePUB
Der Autor führt uns durch die Geschichte über die Dauer von nahezu 8 Jahrzehnten. Der Schwerpunkt liegt dabei nicht alleine auf medizinischen Entdeckungen sondern auch auf Erfindungen, die bis heute unser Leben mitgestalten. Die Rede ist unter anderem von der ersten Weltausstellung in …
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Der Autor führt uns durch die Geschichte über die Dauer von nahezu 8 Jahrzehnten. Der Schwerpunkt liegt dabei nicht alleine auf medizinischen Entdeckungen sondern auch auf Erfindungen, die bis heute unser Leben mitgestalten. Die Rede ist unter anderem von der ersten Weltausstellung in London, der Erfindung von Eisenbahn und Fotografie sowie Berichte über Semmelweis, Koch und Morton.
„Die Heilung der Welt“ wurde von einem Mann geschrieben, der sowohl Mediziner als auch Historiker ist. Sein Buch fesselte mich, weil er historische Persönlichkeiten so ganz anders als „normal“ porträtierte. Er berichtet über Fakten, die so nicht bekannt sind und das gilt auch für die Anfeindungen durch Kollegen unter anderem bei Semmelweis. Wussten Sie, wer das erste „Selfie“ machte oder warum die Fotografie so wichtig für die Medizin ist?
Dass Hygiene und hier besonders das Waschen der Hände überlebenswichtig ist, wird nicht erst seit Corona vermittelt. Es war Herr Semmelweis, der dadurch die Todeszahlen der jungen Mütter im Kindbett drastisch verringerte. Heute ist es ganz normal, dass Patienten bei Operationen eine Narkose erhalten. Ein Segen, der heute zwar selbstverständlich jedoch ohne Erfindung des Äthers nicht möglich wäre.
Einige Persönlichkeiten erwähne ich, da ihr Leben und ihre Werke den meisten Menschen bis heute bekannt sind. Da ist die Krankenschwester Florence Nightingale, die durch den Krimkrieg auf das Leid der Soldaten aufmerksam wurde. Während dieses Krieges gab es zudem eine Premiere, nämlich die der Kriegsberichterstattung. Hier begann „Die Macht der Medien“, welche (leider) bis heute anhält. Charles Darwin, Henry Dunant und Hodkin gehören auch zu den Persönlichkeiten, die im Buch einen Platz fanden.
Dann noch etwas zum Thema impfen. Wer weiß denn von den Gegnern, dass der Deutsch-Französische Krieg durch das Impfen der Soldaten entschieden wurde? Es starben damals mehr Männer durch die Pocken als durch den Feind. Deutsche Soldaten wurden alle geimpft, während die französische Regierung keinen wert darauf legte.
Vor jedem neuen Thema wurde ein Foto eines Ereignisses oder des Forschers gestellt. Danach folgt die Beschreibung der Erkrankung, dann die Vita des Forschers und die harte Zeit von den ersten Tests bis zum Durchbruch. Dabei kommen aber auch andere Ereignisse des betreffenden Zeitraums zur Sprache. Am Ende folgen dann Anmerkungen des Autors sowie Verweise auf die Quellen. Die Fußnoten werden ebenfalls erklärt und es folgen Bildnachweise sowie Namens- und Sachregister. Keine Frage, das Buch ist ein Muss für jeden, der mitreden möchte, wenn es um den Segen aber auch den „Fluch“ der Industrialisierung geht.
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