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In seinem Reisebuch Die Dame mit dem Einhorn unternimmt der Schriftsteller und Augenmensch Cees Nooteboom eine »Europareise«. Er nimmt den Leser mit in sein Amsterdam und in die europäischen Metropolen wie Paris, Berlin, Wien, Brüssel oder Mailand und Florenz.

Produktbeschreibung
In seinem Reisebuch Die Dame mit dem Einhorn unternimmt der Schriftsteller und Augenmensch Cees Nooteboom eine »Europareise«. Er nimmt den Leser mit in sein Amsterdam und in die europäischen Metropolen wie Paris, Berlin, Wien, Brüssel oder Mailand und Florenz.
Autorenporträt
Cees Nooteboom wurde am 31. Juli 1933 in Den Haag geboren. 1955 erschien sein erster Roman Philip en de anderen, der drei Jahre später auch in Deutschland unter dem Titel Das Paradies ist nebenan veröffentlicht wurde (und 2003 in der Neuübersetzung von Helga van Beuningen unter dem Titel Philip und die anderen erneut eine große Lesergemeinde fand). Nooteboom berichtete 1956 als junger Autor über den Ungarn-Aufstand, 1963 über den SED-Parteitag, und fünf Jahre später über die Studentenunruhen in Paris (gesammelt in dem Band Paris, Mai 1968). Seine inzwischen in mehreren Bänden gesammelten Reiseberichte, die weniger Reportagen als vielmehr von genauer Beobachtung getragene, reflektierende Betrachtungen sind, festigten Nootebooms Ruf als Reiseschriftsteller. 1980 fand Nooteboom zurück zur fiktionalen Prosa und erzielte mit dem inzwischen auch verfilmten Roman Rituale (Rituelen) große Erfolge. Sein umfangreiches Werk, das in viele Sprachen übersetzt ist, umfasst Erzählungen, Berichte, Gedichte und vor allem große Romane wie Allerseelen (Allerzielen). Die elf Bände seiner Gesammelten Werke enthalten neben den bereits publizierten Büchern zahlreiche erstmals auf deutsch vorliegende Texte. Der Quarto-Band Romane und Erzählungen versammelt die gesamte fiktionale Prosa des Autors. Cees Nooteboom lebt in Amsterdam und auf Menorca.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.11.1997

Nachdenkliche Scheibenwischer
Ruhestand aus dem Katalog: Cees Noteboom unterwegs

Man muß nicht alles drucken, was ein anerkannter Schriftsteller schreibt. Man soll auch ihm die Freiheit zugestehen, sich weiterzubilden, Lockerungs- und Entspannungsübungen zu absolvieren, ohne daß gleich alle davon erfahren. Wir freuen uns, daß Cees Noteboom offenbar auf Schritt und Tritt beobachtet und notiert, und wir nehmen an, daß das einem Schriftsteller gut zu Gesicht steht: Er legt vielleicht einen Fundus an, eine Stoffsammlung, aus der er dann bei Bedarf Rohmaterial holt, um es später, sorgfältig behauen, einem Kunstwerk einzufügen.

Was wir aber nicht wollen, ist, in seinem unordentlichen Fundus herumzuirren und ständig über Sätze zu stolpern wie diesen: "Die Zeit heilt alle Wunden, und die Erinnerung kratzt sie wieder auf"; oder "Der Rhythmus meiner Scheibenwischer fördert die Nachdenklichkeit". Diese Nachdenklichkeit wiederum bringt dann immerhin auch Sätze von großer Klarheit zutage wie den von den "schwülstigen Überlegungen, die auch ich nie ganz lassen kann" - und es ist nicht einmal besonders boshaft, diese kokett gemeinte Phrase zum verborgenen Motto des ganzen Buches zu erklären. Denn sie beleuchtet Notebooms Verfahren: Herumwandern, beliebige Details aufsammeln und Sätze, manchmal sogar Lebensweisheiten drumherum ranken.

Warum nur dieser Noteboomsche Steinbruch, der Wort-Bruch, der nicht hält, was er verspricht, nämlich Geschichten vom und über das Reisen? Warum ein Buch voller Texte, die klingen wie die Abschrift von den Diktaphonen, die schrullige Personen ja wirklich vor Sehenswürdigkeiten zum Andenken besprechen? Wahrscheinlich, weil derzeit die Reisereportage mit irritierender Fiebrigkeit wiederentdeckt wird. Jahrzehntelang wurde sie, der letzte exotische Auslauf eines auf das Naheliegende und Aktuelle gezähmten Journalismus, in dessen gepflegte Ecken abgeschoben: in "Merian" und "Geo" und die Reiseteile jener wenigen Zeitungen, die sich so etwas noch leisten wollten. Dort gingen Menschen wie Christoph Ransmayr dieser ehrwürdigen, anachronistischen Kunst nach, Weltlegenden mit der ihnen gemäßen Langsamkeit zu bereisen und mit der ihnen gebührenden Aufmerksamkeit zu beschreiben.

Vielleicht gehört die Reisereportage genau da hin; vielleicht muß es ihr wahrer Liebhaber (wie der wahre Reisende) auf sich nehmen, all die abgelegenen Winkel zu kennen und regelmäßig aufzusuchen, um hie und da mit einer unvermuteten Ein-oder Fernsicht bei klarer Luft belohnt zu werden. Vielleicht ist es den Glanzstücken der Reisereportage am angemessensten, ausgeschnitten in Schuhkartons aufbewahrt zu werden. Nun, das ist den Verlegern egal: Sie graben die einschlägigen Magazine und die Schubladen der Schriftsteller um, um Texte vom Reisen auf einen Haufen zwischen Buchdeckel zu pressen - Pauschalarrangements für den Pantoffel-Fremden.

Begleitend setzen flinke Kulturinitiativen Preise aus für Reiseliteratur - vermutlich, weil es für alles andere schon welche gibt. In diesem Sog verlieh das Land Tirol im vergangenen Jahr einen solchen Preis an Noteboom, doch das war im Hinblick auf die vorliegenden Texte irreführend. Sie nämlich verdienen, wenn schon, einen Preis für labyrinthische Selbstreflexionen eines überpräsenten Ichs. Reisen also in das Innere von Cees Noteboom: in seine Belesenheit hinein, mitten durch seine Kunstkenntnis, dabei begleitet von seinen Assoziationsketten, die vom Reisen offenbar aufs verdaulichste angeregt worden sind.

Geschichten vom Reisen sind das aber nicht. In einer Welt, in der Definitionen so lange bestehenbleiben wie Grenzen, nämlich kurz, sollte doch zumindest noch gelten: Geschichten vom Reisen sind Geschichten von Räumen, die man bereist. Dort, in den Räumen, ist man vorerst fremd und daher arm an Geschichten. Diese Räume sind selten menschenleer, außer man schreibt über Wüsten oder Eismeere. Und die Geschichten der Menschen, die dort leben, helfen uns, die Räume zu verstehen. Und umgekehrt. So schrieb Ransmayr seine poetischen Reportagen: indem er akribisch die Lebensläufe, Lügen und Weisheiten der Einheimischen erforschte. Wie von selbst entstanden einem die Räume dazu, die unüberprüften der Phantasie oder die wiedererweckten der Erinnerung.

Cees Noteboom hingegen scheint niemals Menschen zu begegnen, denn er besucht am liebsten Museen. Dort spinnt er sein Wissen in die beliebigsten Richtungen weiter: "Gent ist für mich bis ins Innerste seiner mittelalterlichen Seele eine Stadt, eine Polis, hat aber zugleich etwas Ländliches." Anschließend kauft er immer einen Katalog: "Aber warum? Als Beweis, daß ich da war? Um, wenn ich alt und hilfebedürftig bin, anhand all dieser bis dahin vergilbten Druckerzeugnisse noch einmal zu leben?"

Armer Cees Noteboom. Das klingt nach einem Ruhestand aus dem Katalog, einsam, grau, blutleer wie diese Geschichten, die versprengt und auseinandergerissen Eingang finden werden in die diversen Anthologien der europäischen Regionen, die derzeit so fleißig zusammengestellt werden, obwohl - oder: weil? - doch Europa angeblich zusammenwächst. EVA MENASSE

Cees Noteboom: "Die Dame mit dem Einhorn". Europäische Reisen. Aus dem Niederländischen übersetzt von Helga van Beuningen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1997. 302 S., geb., 48,- DM.

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