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John Updike ist einer der grandiosesten Erzähler unserer Epoche. In seinem neuen Band gibt es Partnergeschichten, bald bissig, bald komisch, Geschichten über amerikanische Touristen in Europa, groteske Parforceritte wie ein besuch bei einer Zahnkosmetikerin und natürlich wieder den Bericht von der häuslichen Katastrophe.

Produktbeschreibung
John Updike ist einer der grandiosesten Erzähler unserer Epoche. In seinem neuen Band gibt es Partnergeschichten, bald bissig, bald komisch, Geschichten über amerikanische Touristen in Europa, groteske Parforceritte wie ein besuch bei einer Zahnkosmetikerin und natürlich wieder den Bericht von der häuslichen Katastrophe.
Autorenporträt
Updike, JohnGeboren am 18.03.1932 in der Kleinstadt Shillington, Pennsylvania, als einziges Kind des Sekundarschullehrers und Diakon Wesley Russel Updike und dessen Frau Linda Grace Hoyer. Kindheit in materieller Bedrücktheit. Schulbesuch weiterhin in Shillington. 1950 Stipendium zum Studium am Harvard College, Hauptfach Anglistik; Abschluss des Untergraduiertenstudiums 1954 mit summa cum laude. Er heiratete 1953 die Kunststudentin Mary Entwistle Pennington, mit der er nach Abschluss des Studiums ein Jahr an die Ruskin School of Drawing and Fine Art in Oxford, England, ging. Nach Rückkehr in die USA von 1955-1957 fest angestellt beim Magazin «The New Yorker». Danach verfasste er als freier Mitarbeiter Kurzgeschichten und einflussreiche literarische Kritiken. 1957 Umzug nach Ipswich im neuenglischen Massachusetts. 1964 Vortragsreisen durch die UdSSR, Rumänien, Bulgarien und die Tschechoslowakei. Seit 1964 war Updike Mitglied des National Institute of Arts and Letters. 1973 Fulbright-Lektor in Afrika. 1976 Mitglied der American Academy of Arts and Letters. Auszeichnungen: Guggenheim Fellowship in Poetry für «The Carpendered Hen and Other Tame Creatures» (1959); Rosenthal Foundation Award des National Institute of Arts and Letters für «Das Fest am Abend» (1960); Pulitzer Price for Fiction für «Bessere Verhältnisse» (1982); Lincoln Literary Award (1983); Distinguished Pennsylvania Artist Award (1983); National Book Critics Circle Award for Criticism für «Amerikaner und andere Menschen» (1984); St. Louis Literary Award (1988); Bobst Award for Fiction (1988); National Medal of Arts (1989); Premio Scanno (1991); O'Henry Award für «A Sandstone Farmhouse» aus «The Afterlife and Other Stories» (1991); Common Wealth Award (1993); Conch Republic Prize for Literature (1993) Commandeur de l'ordre des arts et des lettres (1995); The Howells Medal from the Academy of Arts and Letters (1995). John Updike starb am 27. Januar 2009 in Massachusetts. Sein gesamtes Werk ist auf

Deutsch im Rowohlt Verlag und im Rowohlt Taschenbuch Verlag erschienen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.03.1997

Staub auf unseren Ohrläppchen
An die vitale Mehrheit im Seniorenheim: John Updike spendet Trost / Von Michael Allmaier

Wer mit deutscher Literatur umzugehen gewohnt ist, könnte einen Schriftsteller wie John Updike für so etwas wie einen Preisbrecher halten. Updike verkörpert wie kaum ein anderer den fleißigen, handwerklich perfekten angelsächsischen Erzähler. Wo sich hierzulande mancher für jedes dünne Bändchen gefeiert wissen möchte, schreibt er Jahr für Jahr dicke, pralle, gute Bücher und hat für die Schrecken des weißen Papiers nur freundlichen Spott übrig. "Genug" - mit diesem Wort hatte Updike vor sieben Jahren seine berühmteste und persönlichste Figur Harry "Rabbit" Angstrom sterben lassen. Doch ihm war es damit noch längst nicht genug; er schrieb unverdrossen weiter. Allmählich, unkte man, müsse der Einbruch kommen. Er kam denn auch, vor zwei Jahren mit dem schwülen Erotikroman "Brasilien", und einzelne Kritiker äußerten unverblümt, daß es an der Zeit sei, das OEuvre zu beschließen.

Dabei ist John Updike, der in der vergangenen Woche fünfundsechzig wurde, für einen Schriftsteller keineswegs alt, auch wenn sein weißes Haar und sein abgeklärter Ton ihn vielleicht so erscheinen lassen. Doch er scheint sich alt zu fühlen und seit geraumer Zeit von Todesangst geplagt zu sein. Wenn man den Interviews glauben darf, hatte er nicht damit gerechnet, "Rabbit" lang zu überleben. Latent war diese Thematik in Updikes Werk schon immer vorhanden, in der andauernden Furcht seiner Helden, ihr Leben zu vergeuden. Sein neuer Erzählungsband unter dem irreführend humorigen Titel "Der Mann, der ins Sopranfach wechselte" setzt sich offener mit dem Altern und Sterben auseinander.

Es ist der deutsche Verlag, der hier eine höhere Tonart anschlägt. Im amerikanischen Original hieß die Sammlung nach einer anderen Geschichte "The Afterlife" - hier treffend mit "Jenseits" übersetzt. Denn Updikes Grundannahme ist, zugespitzt formuliert, die, daß unser Nachleben schon zu Lebzeiten beginnt, in jenem Lebensviertel, das uns die Medizin erobert hat. Mit dem unbekümmerten Dahinleben und -streben hat es dann ein Ende; die Instinkte, denen wir so lang vertrauen konnten, helfen uns nicht mehr. Jedenfalls ergeht es so den Helden der Geschichten, Männern, die erreicht haben, was es für sie zu erreichen gab, und sich nun als die Nachlaßverwalter ihrer bürgerlichen Existenz fühlen.

Mit dem Alter kommt die Entfremdung von der Familie und das zweifelhafte Vorrecht der Bequemlichkeit. Man kauft sich sein Weihnachtsgeschenk selbst und die Grußkarte gleich dazu. Auch das Körpergefühl bezeugt diesen allmählichen Rückzug aus der Welt: Die meisten von Updikes Männern fühlen sich noch nicht eigentlich schwach, aber ungeschickt. Carter Billings, die Hauptfigur der "Jenseits"-Erzählung, fällt in einem fremden Haus die Treppe hinunter und denkt dabei beschämt, welche Unannehmlichkeiten er mit seinem Tod den Gastgebern bereiten würde. Diese Männer sind auf dem falschen Weg, und sie erhalten Zeichen: Billings prallt mit der Brust gegen einen Geländerpfosten, einem anderen leuchten die Sterne, eine Nachbarin stirbt an Krebs, und überall herbstelt es. Wer jetzt kein Haus hat, sollte schleunigst eins finden; das legt uns der Verfasser nahe.

Von dieser Suche handeln die allermeisten der einundzwanzig Geschichten; und wer das Buch in einem Zug liest, lernt die Schattenseiten der Updikeschen Produktivität kennen. So viele Variationen zu einem Thema überfordern auch den besten Erzähler. Dem Leser ergeht es, als schleppe ihn ein übereifriger Seelsorger zur Visite im Seniorenheim. Am liebsten liest man John Updike da, wo er unsentimental bleibt. Streitende Ehepaare, mißglückte Geselligkeiten sind seine Stärke, etwa in "George und Vivian", der Geschichte eines notorisch zanksüchtigen Paares, das sich nach Kräften den gemeinsamen Urlaub verdirbt. Während Vivian nörgelt, schweifen Georges Gedanken zu den Frauen, die er noch haben könnte: "ein majestätisch schönes Model, dem er aus seiner Kokainabhängigkeit heraushülfe? Eine kleine Japanerin, seidig und feurig unter ihrem Kimono? Oder vielleicht eine seiner früheren Geliebten, die er damals nicht heiraten konnte, deren Liebe aber nie nachgelassen hatte und die wundersamerweise nicht gealtert war?" Dann streitet er erfrischt weiter.

In der verhaltenen Erzählung "Ein Farmhaus aus Sandstein" lernt ein Mann seine sterbende Mutter auf ungeahnte Weise kennen: zunächst nur als das selbstsüchtige und hilflose Kind, zu dem ihre Krankheit sie wieder gemacht hat, doch dann, nach ihrem Tod, als junge Frau, deren alte Dessous, Bilder und Briefe ihm beim Aufräumen in die Hände fallen. So erleben wir das Altern nicht als Regreß zurück in den Tod, sondern als Fortleben in der Erinnerung der Jüngeren. Erinnerungen bilden überhaupt die Substanz dieses Buches. "Niemand", so lautet sein letzter Satz, "gehört uns, außer in der Erinnerung."

Nun sind aber Erinnerungen etwas sehr Persönliches; und Updike schöpft so tief aus ihnen, daß sich der Leser bisweilen fragt, was ihn das alles angeht. "Seine Mutter in ihm" ist so ein Fall: eine halbe Seite über die Ohrläppchen der Hauptfigur Allen Dow - vielleicht doch ein wenig viel, bedenkt man, daß Allen Dow uns schon acht Seiten später auf Nimmerwiederlesen entrückt wird. Auf denen findet er immerhin noch Zeit, über das Lachen der Mutter nachzudenken und Fotografien aufzustöbern, die natürlich auch beschrieben sein wollen. Was er nach dem Tod der Mutter gegessen hat? Kekse, Erdnüsse, Rosinen, eine halbe Tüte Kartoffelchips und "Erbsen, die in einer feuerfesten Schüssel in der Mikrowelle übriggeblieben waren".

John Updike ist kein Schwätzer; jedes seiner vielen Details dient irgendeiner Funktion. Dennoch bleibt der Leser in der steten Versuchung, die eine oder andere Passage großräumig zu überblättern. Maria Carlsson, die bewährteste der vielen Updike-Übersetzer, hat keine Nuancen verschenkt. Leider ist sie zunehmend spleenig geworden in ihrer Wortwahl. Sie bildet Adjektive wie "dummerhaftig", "nönnisch", "scheusälig" und läßt es sich nicht nehmen, Updikes unangestrengten Stil mit Fundstücken aus dem Dialektatlas anzureichern: "schurren", "schlurren", "schlusen", "schuppern", "schlunzen", "verpimpeln" und manches mehr. Wörter wie "Granny" oder "Input" bleiben bei ihr unübersetzt. Dafür macht sie aus der "shepherd's pie" eine "Hirtenpastete", die noch dazu "von willigem Burschen" aufgetragen wird.

Updike gilt als scharfer Beobachter. Wenige Worte genügen ihm, uns das Inventar seiner Geschichten echt erscheinen zu lassen. Zum Beispiel ein verlassenes Kinderzimmer: "An den Wänden hingen noch Poster von europäischen Autos und amerikanischen Rockstars, obwohl der Junge vor über zehn Jahren aufs College gegangen und ausgezogen war. Seiner Mutter gefiel es, das Zimmer in dem Zustand zu halten, in dem er es verlassen hatte, so wie manche fanatischen Sekten ein Zimmer bereithalten für den Fall, daß Jesus wiederkommt und um gastliche Aufnahme bittet." Brillant, denkt man beim ersten Lesen. Doch bei näherem Hinsehen erscheinen Beschreibungen wie diese blaß, beinah klischeehaft. Das geschäftige New York und der melodische Süden, die normierte Gutbürgerlichkeit der städtischen Wohnsiedlungen und das urwüchsige Leben auf dem Land, selbst seine Menschen - kommen sie uns nicht darum so vertraut vor, weil wir so schon oft von ihnen gelesen haben? Nehmen wir einen Fall, bei dem wir ein wenig mitreden können: die Hauptfigur der Titelgeschichte, den deutschstämmigen Amerikaner Fritz Weiss. "Fritz hatte etwas deutsch Pedantisches", er ist "eisern", ein "Zuchtmeister" und huldigt dem "Perfektionismus"; und wenn die Musikgruppe sich trifft, gibt er das Kommando: "Eins, zwei, drei, vier."

Besonders die weiblichen Figuren wollen Updike in diesem Buch nicht glücken.

Zwar sollten sie wohl aus einer verzerrten männlichen Perspektive gezeigt werden; doch das rechtfertigt nicht, warum sie mit Ausnahme der toten Mütter sämtlich als tumb oder hysterisch erscheinen. Die Darstellung der Erotik ist verhaltener, aber nicht dezenter geworden. In einer Geschichte schildert er in herrenwitzhafter Zweideutigkeit einen Zahnarztbesuch als sexuelle Erfahrung. An anderer Stelle rätselt er über den merkwürdigen Bedeutungsunterschied des Wortes "con" in der italienischen und französischen Sprache. Doch ob er "die süß singende neckende weibliche Frage" intoniert oder zwischen Frauenbeinen "Moschusduft" aufsteigen läßt - man ist, was man bei der Lektüre früherer Werke niemals war: peinlich berührt. Natürlich ist Updike nicht, wie anläßlich des "Brasilien"-Romans behauptet wurde, in die Pornographie abgerutscht. Doch seine Schilderungen erscheinen parfümiert: ziemlich süß, ziemlich billig und ordinär gerade in ihrem Wunsch, elegant zu sein.

Das ist schlecht, denn in der Anlage der Geschichten soll der Eros als Lebensquell dem Thanatos widerstehen, sei es auch nur in der Erinnerung. "Wir sind alle das Ergebnis sexueller Begegnungen", sinniert eine dem Autor nahestehende Figur, "und ihre erloschene Glut wärmt uns immer noch." Gerade die Todesnähe zeigt Updike als Chance, am intensivsten zu leben; der Feind ist nicht der Tod, sondern die eigene Lethargie. In "Bruder Grashüpfer" erzählt ein Mann, was er im Gesicht eines Freundes las, der neben ihm in seinen Tod stürzte: "Teilnahmslosigkeit."

Nur steht John Updike nach allem, was wir wissen, dem Tod nicht näher als jeder andere Fünfundsechzigjährige, was seiner Obsession für das Thema einen leicht neurotischen Zug verleiht. Es verhält sich nicht so, daß man nach der Lektüre voller Tatendrang aus seinem Sessel spränge, jedenfalls nicht auf eine für den Autor schmeichelhafte Weise. Zu gepreßt klingt sein Ja zum Leben, zu hausbacken die Sinnlichkeit, die er dem Tod entgegensetzt. Man mag ihm den weisen alten Mann einfach nicht glauben. Er bleibt ein Feinmechaniker am Wort, der sacht die Feder anzieht und seine Prosa leise schnurren läßt, wie es die teuren Uhrwerke tun. Einige dieser Uhren hat er nun ablaufen lassen, und das Ergebnis war oft nur ein falscher Ton.

John Updike: "Der Mann, der ins Sopranfach wechselte". Erzählungen. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Maria Carlsson. Rowohlt Verlag, Reinbek 1997. 379 S., geb., 42,- DM.

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Updikes Storys spiegeln eindrucksvoll, wie unterschiedlich Menschen sich durchs Leben hangeln: ihr Talent, Phrasen und Missverständnisse zu produzieren, ihre Suche nach Anerkennung und Nähe. Die Kräfte, die zwei Menschen aneinanderbinden oder auseinandertreiben, sind manchmal geheimnisvoller als jeder Zaubertrick. Brigitte