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Gärten spiegeln nicht nur den Geschmack ihrer Erbauer und die Moden verschiedener Zeiten, sie sind immer auch Ausdruck einer Herrschaftsform. Ist der Renaissancegarten das Aushängeschild des künstlerischen Humanismus der Medici und der Englische Garten die Chiffre für Freiheit und Demokratie, so ist der Barockgarten das Emblem des Absolutismus. Aber das ist jeweils nur die halbe Wahrheit.Hans von Trotha unternimmt eine Tour durch die wichtigsten Gärten in und um Paris, erzählt anekdotenreich von ihrer Entstehung und ihrem manchmal wechselvollen Werdegang, er philosophiert über…mehr

Produktbeschreibung
Gärten spiegeln nicht nur den Geschmack ihrer Erbauer und die Moden verschiedener Zeiten, sie sind immer auch Ausdruck einer Herrschaftsform. Ist der Renaissancegarten das Aushängeschild des künstlerischen Humanismus der Medici und der Englische Garten die Chiffre für Freiheit und Demokratie, so ist der Barockgarten das Emblem des Absolutismus. Aber das ist jeweils nur die halbe Wahrheit.Hans von Trotha unternimmt eine Tour durch die wichtigsten Gärten in und um Paris, erzählt anekdotenreich von ihrer Entstehung und ihrem manchmal wechselvollen Werdegang, er philosophiert über gesellschaftliche Hintergründe und stellt erstaunliche kunsthistorische Zusammenhänge her, auch mit Blick auf die französische Hauptstadt. Und er erklärt, warum die Franzosen am Ende doch den sogenannten »Französischen Garten« vorziehen, den Garten der Geometrie und des Barock, den Le Nôtre erfand und zur Vollendung brachte.Besucht und beschrieben werden unter anderem: Vaux-le-Vicomte, Versailles, Chantilly, Saint-Germain-en-Laye, Le Désert de Retz, Ermenonville, Fontainebleau, Compiègne, Giverny. Außerdem eröffnet das Buch einen überraschend anderen Blick auf die Metropole Paris.
Autorenporträt
Hans von Trotha hat Literatur, Philosophie und Geschichte studiert, über das Wechselverhältnis von Philosophie, Literatur und Gartenkunst promoviert und zehn Jahre lang einen Verlag geleitet. Er lebt nun als Publizist, Kurator und Berater von Kulturinstitutionen in Berlin. Sein »Der Englische Garten. Eine Reise durch seine Geschichte« ist ein Klassiker.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Bestens über den französischen Gartenbau unterrichtet ist der hier rezensierende Kunsthistoriker Peter Geimer nach der Lektüre von Hans von Trothas Band "Der französische Garten." Angefangen bei der viel kritisierten Stadtplanung Haussmanns im 19. Jahrhundert gehe der Autor den Spuren der Gärten, Parks und Grünflächen nach und zeige, für den Rezensenten bisweilen erstaunlich, dass auch Architektur ein Zeichen von Macht sein könne. Trotz kleinerer Längen und einiger Schlussfolgerungen, die Geimer nicht ganz nachvollziehen kann, ein empfehlenswertes Buch, das trotz seiner Kürze vor Wissen nur so strotzt, urteilt er.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.12.2022

James Bond ist auch dort gewesen

Wo die Gesellschaft ihr Verhältnis zur Natur in Szene setzte: Hans von Trotha legt einen

exzellenten schmalen Band über französische Gärten vor.

Mit der Ernennung Georges-Eugène Haussmanns zum Präfekten des Departements Seine im Jahr 1853 begann eine Umgestaltung von Paris, die sich auch heutigen Besuchern der Stadt auf den ersten Blick erschließt. Die bis zu fünf Kilometer langen Boulevards, die Haussmann als Sichtachsen durch die historisch gewachsenen Viertel schlagen ließ, aber auch die ästhetische Gleichschaltung der Stadt durch das typische, siebengeschossige Mietshaus haben Haussmann die Kritik seiner Zeitgenossen und den Spott der Karikaturisten eingetragen. Die radikale Neuordnung hatte ihren Preis: intakte soziale Milieus wurden vernichtet, ein autoritäres Regime aus Enteignungen und Zwangsumsiedlungen installiert, autonome Gemeinden wurden dem stetig wachsenden Stadtkörper einverleibt - das alles zudem auf der Grundlage eines äußerst unsoliden Finanzierungssystems auf Staatskosten.

Während man lange Zeit ausschließlich das destruktive Potential dieses Gestaltungsfurors gesehen hat, zeichnet die architekturhistorische Forschung mittlerweile ein differenziertes Bild. Haussmann habe Paris zur Stadt der Moderne gemacht, schreibt etwa Vittorio Lampugnani, "einer gleichzeitig weitsichtigen und zynischen Zielsetzung folgend", in einer Synthese aus Anerkennung und Zerstörung, Schönheitswillen und politischer Repression. Versöhnlicher noch formuliert die Architekturhistorikerin Françoise Choay: Dass Paris heute die am meisten besuchte Stadt der Welt sei, verdanke sich den sechzehn Jahren der städtebaulichen Tätigkeit Haussmanns.

Es ist kein Zufall, dass Hans von Trotha seinen Essay "Der französische Garten" nicht in Versailles oder Fontainebleau, in Chantilly oder Ermenonville beginnen lässt, sondern im Paris des neunzehnten Jahrhunderts. Folgt man der These des Autors, dass die Struktur der französischen Hauptstadt maßgeblich durch die Gartenkultur des Landes bestimmt sei, erscheinen Haussmanns Sichtachsen als optische Effekte nach dem Modell eines Gartenarchitekten. "Der Präfekt und sein Kaiser schlugen tatsächlich Schneisen in die Stadt, als sei sie ein Wald."

Auch unter diesem Gesichtspunkt offenbaren die Planungen Haussmanns einmal mehr ihre charakteristische Ambivalenz. Der im Osten der Stadt errichtete Bois de Vincennes diente der Erholung der Arbeiterschaft, zerstörte aber zugleich auch die ökologische Vielfalt der ehemals bewaldeten Gebiete am Stadtrand. Unverkennbar war zudem auch das Motiv des Präfekten, unerwünschte soziale Schichten vom Bois de Boulogne im noblen Westen der Stadt fernzuhalten. Die Umgestaltung des Jardin du Luxembourg, die einen Teilabriss des beliebten Gartens einschloss, provozierte erneut vehemente öffentliche Kritik und trug schließlich zur Absetzung des Präfekten bei. Als 1871 eine preußische Granate Teile des Gartens verwüstete, kommentierte Victor Hugo sarkastisch: "Bismarck vollendete, was Haussmann begann".

Von Trotha verfolgt die Entwicklung der französischen Gartenarchitektur von den Barockgärten mit ihren geraden, unverstellten Sichtachsen bis zu den Anleihen beim englischen Garten, dessen Serpentinen hinter jeder Wegbiegung einen neuen Blickfang bereit hielten. Ein eindrückliches Beispiel für die Verschleifung von Raum und Zeit im Garten ist "Le Désert de Retz" am Rand des ehemaligen königlichen Jagdwaldes von Marly. Man passierte dort nacheinander ein chinesisches Haus, eine gotische Ruine, einen Pan-Tempel und eine Pyramide mit unterirdischem Eiskeller. Der Besitzer des Parks, ein Pariser Verwaltungsbeamter, bewohnte mit seiner Familie einen künstlichen dorischen Säulenstumpf von fünfundzwanzig Metern Höhe, der in der Einbildungskraft der Besucher eine Ahnung von der scheinbar gigantischen Größe eines verschwundenen Gesamtbaus geben sollte. Das neunzehnte Jahrhundert überließ die Anlage dem Verfall, erst die Surrealisten reanimierten die eigentümliche Aura des Ortes - eine Fotografie von Denise Bellon zeigt sie beim Gruppenausflug, die Gesichter verborgen hinter weißen Masken.

Wie von Trotha eindrücklich zeigt, waren die Gärten bis ins Zweite Kaiserreich hinein immer wieder auch Manifestation politischer Macht. In Versailles, wo der Wasserdruck nicht ausreichte, um die Wasserspiele gleichmäßig in Gang zu halten, sorgte eine strenge Regie dafür, dass überall dort, wo der König gerade entlang ging, die Fontänen in die Höhe schossen. Auch die französische Revolution hat in den Gärten ihre Spuren hinterlassen: Die königlichen Tuilerien wurden zum öffentlichen Park der Nation erklärt, man entfernte die Blumen und bepflanzte die geometrische Anlage mit Gemüse zur Versorgung der umliegenden Krankenhäuser.

Mitunter mäandert der Text ein wenig - als habe der Autor die Serpentinen des englischen Gartens zum Vorbild für den Gang seiner Sätze genommen. Auch manche Zuspitzung könnte noch einmal überdacht werden - taugt der Landschaftsgarten tatsächlich als "Vorgängermedium des Films"? Dem kenntnisreichen Buch tut das jedoch keinen Abbruch. Die Geschichte des französischen Gartens, so wie von Trotha sie erzählt, erweist sich als Ideengeschichte, der Garten erscheint darin als Ort, an dem die Gesellschaft ihr Verhältnis zur Natur formuliert. Das gilt bis in die Gegenwart hinein, in der die Natur, vor deren Bedrohlichkeit man einst ein Gegenbild im kultivierten Garten suchte, nun ihrerseits schutzbedürftig geworden ist.

Das zwanzigste Jahrhundert hat die geordneten Gärten in Vaux-le-Vicomte und Chantilly zum Schauplatz von James-Bond-Filmen gemacht. Längst ist auch der Punkt erreicht, an dem Gesellschaftsentwürfe sich nicht mehr glaubhaft in die Gestaltung eines Gartens umsetzen lassen. Die ersten Anzeichen dieser Entwicklung findet von Trotha im Treiben der Flaubertschen Romanfiguren "Bouvard und Pécuchet". In ihrem unerschütterlichen Dilettantismus sind die beiden irgendwann auch beim Studium der Gartenbaukunst angelangt und schaffen Granitblöcke vom Ufer der Orne auf ihr Grundstück. Doch das Erhabene will sich nicht einstellen - der Felsklumpen erhebt sich im Garten "wie eine riesige Kartoffel". PETER GEIMER

Hans von Trotha: "Der französische Garten". Rund um Paris.

Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2022. 144 S., Abb., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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