Dieser scheinbar kleine Buchband hat es in sich und ist ein recht harter Brocken, der manchmal beim Lesen schwer verdaulich ist und zum Nachdenken anregt. Ich habe ihn unabhängig von Band 1 gelesen. Hier, im 2. Band, werden, wie es scheint, Ergänzungen zu den Überlegungen des ersten über das
Kernstück dieses kurzen, aber grausamen Märchens der Gebrüder Grimm diskutiert. Erst werden die…mehrDieser scheinbar kleine Buchband hat es in sich und ist ein recht harter Brocken, der manchmal beim Lesen schwer verdaulich ist und zum Nachdenken anregt. Ich habe ihn unabhängig von Band 1 gelesen. Hier, im 2. Band, werden, wie es scheint, Ergänzungen zu den Überlegungen des ersten über das Kernstück dieses kurzen, aber grausamen Märchens der Gebrüder Grimm diskutiert. Erst werden die Kernelemente dieses Märchens bedacht, assoziiert, interpretiert, in einem weiteren Kapitel werden authentische Lebensgeschichten nacherzählt und literarisch auf den Punkt gebracht. Sie handeln von kindlichem Missbrauch jeglicher Form, von traumatischen Erfahrungen, der Kindheit unter Beschuss im Krieg, den Kindern der Soldaten, von Flucht, von der transgenerationalen Weitergabe voller Unverständnis der initial Betroffenen und ihrem Altern. Alles dreht sich um den Eigensinn. Verschiedene Herangehensweisen an das Thema werden tiefgründig in den verschiedenen Kapiteln eröffnet. Zu den beschriebenen kommt auch die historische Aufarbeitung zur Kindererziehung im dritten Reich und ihren Folgen bis zur heutigen Zeit und ihren Verbreitern wie z. B. Johanna Haarer, die differenziert biografisch besprochen wird. Abschliessend wird der Eigensinn in den gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Kontext gestellt, was absolut wichtig und relevant ist, und nochmal zum Nachdenken über einen möglichen Wandel und Ausstieg aus der Abwärtsentwicklung anregt. Die Themen sind unglaublich relevant, verbreitet, tiefgründig und bedürfen einer gesellschaftlichen Diskussion und Verarbeitung, was in diesem Buch durch die hohe literarische Ausdrucksweise und Textanalyse vermutlich nur eine kleine Leserschaft anspricht und anzieht. Die Themen und Abschnitte konnte ich nur stückweise lesen, auf mich wirken lassen, da sie dicht und einnehmend sind. Nichtsdestotrotz war die Lektüre wertvoll und ist für jeden gesellschaftsinteressierten, kritischen Leser empfehlenswert.