David Foenkinos
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Charlotte
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Der ergreifende Roman eines viel zu kurzen Lebens - der Todestag von Charlotte Salomon jährt sich am 10.10. zum 60ten Mal.»Das ist mein ganzes Leben« - mit diesen Worten übergibt Charlotte Salomon einem Vertrauten 1942 einen Koffer voller Bilder. Sie erzählen ihre Geschichte: von der Kindheit im Berlin der Zwanzigerjahre, dem frühen Tod der Mutter, dem Zugang zu Berlins Künstlerkreisen durch die neue Frau des Vaters, dem Studium an der Kunstakademie, dem Leben als Malerin. Und dann: Flucht vor den Nationalsozialisten nach Südfrankreich, Leben im Exil, aber auch Liebe und Hochzeit. Nur ...
Der ergreifende Roman eines viel zu kurzen Lebens - der Todestag von Charlotte Salomon jährt sich am 10.10. zum 60ten Mal.
»Das ist mein ganzes Leben« - mit diesen Worten übergibt Charlotte Salomon einem Vertrauten 1942 einen Koffer voller Bilder. Sie erzählen ihre Geschichte: von der Kindheit im Berlin der Zwanzigerjahre, dem frühen Tod der Mutter, dem Zugang zu Berlins Künstlerkreisen durch die neue Frau des Vaters, dem Studium an der Kunstakademie, dem Leben als Malerin. Und dann: Flucht vor den Nationalsozialisten nach Südfrankreich, Leben im Exil, aber auch Liebe und Hochzeit. Nur ihre Bilder überleben - und damit ihre Geschichte, die David Foenkinos anrührend erzählt.
Mit Leichtigkeit und Tiefgang, setzt David Foenkinos in diesem ergreifenden Roman über Leben, Liebe und Tod der jüdischen Künstlerin Charlotte Salomon ein Denkmal.
Zeile für Zeile, in einer fast schon poetischen, reduzierten Sprache schreibt er über sie in seiner ganz eigenen Weise.
»Charlotte« ist das Porträt eines verheißungsvollen Lebens, das viel zu früh beendet wurde.
»Das ist mein ganzes Leben« - mit diesen Worten übergibt Charlotte Salomon einem Vertrauten 1942 einen Koffer voller Bilder. Sie erzählen ihre Geschichte: von der Kindheit im Berlin der Zwanzigerjahre, dem frühen Tod der Mutter, dem Zugang zu Berlins Künstlerkreisen durch die neue Frau des Vaters, dem Studium an der Kunstakademie, dem Leben als Malerin. Und dann: Flucht vor den Nationalsozialisten nach Südfrankreich, Leben im Exil, aber auch Liebe und Hochzeit. Nur ihre Bilder überleben - und damit ihre Geschichte, die David Foenkinos anrührend erzählt.
Mit Leichtigkeit und Tiefgang, setzt David Foenkinos in diesem ergreifenden Roman über Leben, Liebe und Tod der jüdischen Künstlerin Charlotte Salomon ein Denkmal.
Zeile für Zeile, in einer fast schon poetischen, reduzierten Sprache schreibt er über sie in seiner ganz eigenen Weise.
»Charlotte« ist das Porträt eines verheißungsvollen Lebens, das viel zu früh beendet wurde.
David Foenkinos, 1974 geboren, lebt als Schriftsteller und Drehbuchautor in Paris. Seit 2002 veröffentlicht er Romane, darunter den Millionenbestseller "Nathalie küsst". Seine Bücher werden in rund vierzig Sprachen übersetzt. "Charlotte", wurde 2014 mit dem Prix Renaudot und dem Prix Goncourt des lycéens ausgezeichnet und hat sich allein in Frankreich rund eine halbe Million Mal verkauft.
Produktdetails
- Penguin Taschenbuch .10022
- Verlag: Penguin Verlag München
- Originaltitel: Charlotte
- Erstmals im TB
- Seitenzahl: 256
- Erscheinungstermin: 14. November 2016
- Deutsch
- Abmessung: 185mm x 116mm x 22mm
- Gewicht: 224g
- ISBN-13: 9783328100225
- ISBN-10: 3328100229
- Artikelnr.: 44881269
Herstellerkennzeichnung
Penguin TB Verlag
Neumarkter Straße 28
81673 München
produktsicherheit@penguinrandomhouse.de
»Der Autor hat eine fabelhafte ... Methode gefunden, dieses dramatische Leben zu erzählen ... klar, gerade, erschütternd schön.« Elke Heidenreich in WDR 4
"David Foenkinos riskiert alles und schafft ein großartiges Monument für die Malerin Charlotte Salomon." -- Elle
"'Charlotte' zeichnet das Leben der jungen, verschlossenen Frau nach, der Hochbegabten, der Verliebten und der getriebenen Künstlerin. Der Autor von 'Natalie küsst' schenkt uns eine subtile und umwerfende Erzählung." -- Lire
"Charlotte Salomon begegnete auf ihrem Lebensweg Frauen und Männern, die an sie glaubten. In deren Folge erweist nun David Foenkinos ihr eine große Ehre." -- Le Figaro
"Foenkinos nähert sich Charlotte Salomon, als sei sie seine Schwester, seine Mutter, oder gar seine Geliebte. Als sei sie auch heute noch Fixpunkt seiner Vorstellungswelten, seines Lebens." -- Le Point
"Ein Hochseilakt. Ein echtes Meisterwerk." -- France 2
"Die äußere Form schon der Erzählung, äußerst gelungen, hält die Emotion des Autors im Zaum und pulsiert wie ein schlagendes Herz. Eine wunderbares Wagnis des Autors von 'Natalie küsst'." -- La Vie
"'Charlotte' zeichnet das Leben der jungen, verschlossenen Frau nach, der Hochbegabten, der Verliebten und der getriebenen Künstlerin. Der Autor von 'Natalie küsst' schenkt uns eine subtile und umwerfende Erzählung." -- Lire
"Charlotte Salomon begegnete auf ihrem Lebensweg Frauen und Männern, die an sie glaubten. In deren Folge erweist nun David Foenkinos ihr eine große Ehre." -- Le Figaro
"Foenkinos nähert sich Charlotte Salomon, als sei sie seine Schwester, seine Mutter, oder gar seine Geliebte. Als sei sie auch heute noch Fixpunkt seiner Vorstellungswelten, seines Lebens." -- Le Point
"Ein Hochseilakt. Ein echtes Meisterwerk." -- France 2
"Die äußere Form schon der Erzählung, äußerst gelungen, hält die Emotion des Autors im Zaum und pulsiert wie ein schlagendes Herz. Eine wunderbares Wagnis des Autors von 'Natalie küsst'." -- La Vie
Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension
Chance vertan, urteilt Tilman Krause über David Foenkinos Annäherung an die in Auschwitz ermordete Berliner Malerin Charlotte Salomon. Was jemand wie Patrick Modiano aus dem Stoff dieser Lebensgeschichte gemacht hätte, kann Krause nur vermuten. Besser als Foenkinos Buch wäre es allemal geworden, meint er. Dem berührenden Schicksal Salomons kann sich Foenkino nämlich nicht anders als über Betroffenheitsverse und peinliche emotionale Vereinnahmung nähern, erläutert Krause die Unbedarftheit des Autors. Naives Sofageplapper statt sprachliche Kunst, schimpft der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Ein Hauch von 1943
Wie liest man eine Erzählung, die im Konzentrationslager endet? David Foenkinos hat einen Roman über die Künstlerin Charlotte Salomon geschrieben
Dafür, dass es immer noch ziemlich viele kunstinteressierte Menschen gibt, die Charlotte Salomon nicht kennen, findet sich eigentlich nur eine Erklärung. Salomons Werk besteht aus mehr als tausend Zeichnungen und Gouachen, die meisten davon gehören zu einem einzigen Zyklus. Um sie zu sehen, muss man - zurzeit sind sie allerdings in Salzburg in einer Ausstellung zu sehen - nach Amsterdam reisen, ins Jüdische Museum. Oder eines der teuren und dicken Bücher kaufen, in denen sie abgebildet sind. Vor gut dreißig Jahren erschien ein beeindruckender Prachtband
Wie liest man eine Erzählung, die im Konzentrationslager endet? David Foenkinos hat einen Roman über die Künstlerin Charlotte Salomon geschrieben
Dafür, dass es immer noch ziemlich viele kunstinteressierte Menschen gibt, die Charlotte Salomon nicht kennen, findet sich eigentlich nur eine Erklärung. Salomons Werk besteht aus mehr als tausend Zeichnungen und Gouachen, die meisten davon gehören zu einem einzigen Zyklus. Um sie zu sehen, muss man - zurzeit sind sie allerdings in Salzburg in einer Ausstellung zu sehen - nach Amsterdam reisen, ins Jüdische Museum. Oder eines der teuren und dicken Bücher kaufen, in denen sie abgebildet sind. Vor gut dreißig Jahren erschien ein beeindruckender Prachtband
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im Verlag Kiepenheuer & Witsch mit 769 Bildern, ein nächster im Prestel-Verlag 2007. Beide sind längst vergriffen. Beschränkt ist auch die Dauer der Ausstellungen, Opern- oder Tanzaufführungen, die Salomon gewidmet waren. Kurzum: Die Künstlerin schuf ein Werk, das sich nur schwer vervielfältigen lässt. Und das ist im Medienzeitalter fast schon ein Ausschlusskriterium.
Nun ist ein Roman erschienen, der das ändern könnte. Wie die meisten Romane ist auch dieser bilderlos, Buchstaben lassen sich schnell und günstig vermehren. Noch dazu heißt der Autor David Foenkinos, ein französischer Schriftsteller, der für "Charlotte" bereits den Prix Goncourt des lycéens erhielt, der von Schülern vergeben wird. Foenkinos' Bücher waren sagenhafte Bestseller. "Nathalie küsst" von 2009, eine Geschichte, die er selbst mit Audrey Tautou in der Hauptrolle verfilmte, verkaufte sich allein in Frankreich mehr als eine Million mal. Foenkinos kann also als Meister der Vervielfältigung gelten, als kaum zu übertreffender Impresario seiner Werke. Allerdings: Seinen Büchern eilt der Ruf voraus, leicht zu sein, unbeschwert, verspielt, dabei auch klug, aber eben keine schwere Kost.
Sein jüngster Roman "Charlotte" stellt Leser vor eine unangenehme Frage. Wie liest man nämlich eine Erzählung, die im Konzentrationslager endet? Über eine Person noch dazu, die nicht fiktiv ist, sondern wirklich lebte und 1943 in Auschwitz umgebracht wurde? Da war sie, die 1917 in Berlin geborene Künstlerin Charlotte Salomon, sechsundzwanzig Jahre alt und im fünften Monat schwanger. Dieses Ende ist der dunkle Magnet dieses Buchs, jedes Wort, jede Zeile steht in seinem Sog, von Anfang an. Die traurigen Ereignisse in Salomons Leben werden noch trauriger, weil es diesen Mord geben wird. Die schönen, lustigen, feierlichen, mondänen, zärtlichen sind auch traurig, deswegen.
Für den Autor stellt sich die Frage natürlich noch viel drängender. Wie lässt sich der Respekt wahren in einer solchen Erzählform? Wie viel darf ausgeschmückt oder erfunden werden? Die erste Antwort, die Foenkinos darauf gibt, sieht jeder, der das Buch aufschlägt und vielleicht einen Schreck bekommt. Was dem Leser ins Auge springt, sieht so aus:
Der Text ist nicht in Blocksatz verfasst.
Sondern in Flattersatz.
Es gibt fast nur Hauptsätze.
Jeder erhält eine Zeile.
Mit vielen Absätzen.
So werden Gedichte gesetzt.
In einzelnen Strophen.
Das kann man, im ersten Augenblick, für eine Anmaßung halten. Was glaubt er, wer er ist, Shakespeare? Aber es ist eben kein Hochmut, auch keine Attitüde, sondern der Versuch, sich Salomons Werk zu nähern, eine literarische und formale Entsprechung dafür zu finden, wie sie malte. Ein "Singespiel" nannte sie ihren Bildzyklus, der Titel lautet "Leben? Oder Theater?". Entstanden ist es in nur zwei Jahren, in einer rastlosen Produktion zwischen 1940 und 1942. Salomon lebte in Südfrankreich, sie war auf der Flucht vor den Nationalsozialisten, die sie als Jüdin verfolgten. Mit allen Sinnen, zum Teil nur in der Vorstellung, schuf sie ein Gesamtkunstwerk. Das Singspiel ist ein Vorläufer der Operette, ein Musikstück mit Strophen und Akten. Salomon schrieb Texte zu ihren Bildern, zum Teil mitten hinein, und vermerkte, welche Musik dazu gespielt werden sollte. Die Geschichte ist ihre eigene. Die Namen aber änderte sie.
Die operettenhafte Form hat sich Foenkinos zum Vorbild genommen, wenn auch er in Strophen erzählt und die Geschichte in neun Teile gliedert. Bei Salomon wie bei Foenkinos beginnt es mit dem Selbstmord der Tante Charlotte, nach der die Künstlerin benannt wurde, der Schwester der Mutter. "Die Geschichte wiederholte sich", schreibt Foenkinos, "unaufhörlich wie der Refrain eines Totengesangs". Denn umbringen werden sich auch noch Charlottes Mutter und weitere Familienmitglieder. Als die Großmutter sich im Exil in Südfrankreich aus dem Fenster stürzt, im Jahr 1940, fällt Charlotte einen Entschluss. "Sie sah", schreibt nun die Künstlerin in ihrem Singspiel, "sich vor die Frage gestellt, sich das Leben zu nehmen oder etwas ganz Verrückt-Besonderes zu tun". Wenige Seiten darauf folgt das Schlussbild ihres Stücks, das sie vor dem leuchtend blauen Mittelmeer im Badeanzug zeigt, von hinten, einen Pinsel in der Hand, ein noch leeres Bild auf dem Schoß. Wie in einem Loop beginnt damit die Geschichte von vorne: Denn die junge Künstlerin, die sich im französischen Exil abbildet, in Villefranche-sur-Mer, wird nun eben ihr Singspiel verfassen, das Verrückt-Besondere, das mit dem Selbstmord der Tante beginnt.
Der Schluss von Charlotte Salomons Singspiel ließe sich fast ein Happy End nennen. Der Vorhang fällt in dem Moment, als sie die Kraft findet, sich aus dem "Kreis der Strohhalmsucher", wie sie die Geflohenen und Verzweifelten in Frankreich nennt, herauszuziehen, das "Leben zu nehmen". Trotz aller Schrecken, trotz der Selbstmorde, des Antisemitismus und des NS-Terrors handelt dieser Zyklus von Liebe: Die unendliche Liebe zu ihrer Mutter, mit der sie, winzig klein, zu Beginn in einem riesigen Bett liegt. Der Liebe zu der gefeierten Opernsängerin, die ihr Vater in zweiter Ehe heiratet und der die Welt zu Füßen liegt, bis sie als Jüdin Auftrittsverbot erhält. Und vor allem die Liebe zu dem viel älteren Musikpädagogen Alfred Wolfsohn, in der Geschichte genannt Amadeus Daberlohn. Er wird ihr erster Geliebter. Er ist aber vor allem ihr Zeuge. Denn Daberlohn ist unzuverlässig, launisch, ein wenig verrückt. Aber er ist derjenige, der ihre Kunst am meisten verehrt. "Mögest du nie vergessen", sagt er auf einem von Salomons Bildern, "dass ich an dich glaube". Foenkinos übernimmt diesen Satz.
Im Roman kann es kein Happy End geben. Aber bis Foenkinos den Punkt erreicht, an dem er über das hinausgehen muss, was Salomon in ihrem autobiographischen Stück erzählt, versucht er, ihr so treu wie möglich zu bleiben. Dabei entwickelt die stilistische Entscheidung für den eigentümlichen Textsatz ihre Qualitäten. Die Erzählung hat durch ihn einen eigenen Rhythmus, sie jagt durch die Zeiten, von Hauptsatz zu Hauptsatz, im Präsens.
Die Künstlerin wie der Schriftsteller schaffen mit der Geschichte das Gegenteil des traditionell erzählten Romans. Dieser vertieft sich in das Gefühlsleben seiner Helden, deren Gefühle und Gedanken die Handlung vorgeben. Salomon und Foenkinos rasen aber weiter, ihr Strom fließt reißend wie der von Moritatensängern. Charlotte Salomons Stärke, ihr Genie, liegt darin, die größten Umbrüche in einem einzigen Bild fassen zu können. Bei ihren besten Gemälden ist es so, als ob die Großen der Moderne aus lauter Zuneigung zu diesem begabten jungen Geschöpf einfach mithalfen, ein bisschen van Gogh, ein wenig Munch oder Matisse, der deutsche Expressionismus, dazu das Glitzern eines Opernabends, das Tempo des Kinos.
Foenkinos findet immer wieder einzelne Sätze, die alles sagen und keinen weiteren brauchen. Ein Beispiel: Als Charlottes Mutter über den Selbstmord der Schwester fast wahnsinnig wird, was niemand in der Familie wahrnimmt, bringt Foenkinos ihr Alleinsein, die einsame Trauer, mit einer Beobachtung auf den Punkt. Charlottes Mutter hat einen Menschen verloren, wie eine Witwe oder eine Waise. Aber: "Wie sagt man, wenn man seine Schwester verloren hat? Es gibt gar kein Wort, man sagt gar nichts."
Eine zweite Tugend besitzt die Erzählweise in Strophen außerdem. Sie sieht aus wie ein Gedicht, und jeder Seite haftet damit etwas Fiktives an. Tatsachenberichte stehen im Blocksatz, etwa die Biographie, die 1997 die amerikanische Historikerin Mary Lowenthal Felstiner veröffentlichte und die leider nicht ins Deutsche übersetzt wurde. Sie trägt den Titel "To Paint Her Life. Charlotte Salomon in the Nazi Era".
Foenkinos will aber eben nicht nur Salomons Leben erzählen, sondern dem Geschriebenen die Schönheit verleihen, die Salomons Bilder auszeichnen. Dafür muss er die Sprache ausschöpfen. Die Form ist eine Respektbekundung, mit der deutlich wird, dass der Erzähler nicht beansprucht, die wahre Geschichte zu kennen. Und sie ist eine Spiegelung der Mittel, zu denen Salomon griff.
Es gibt auch Passagen, die verrutschen. Foenkinos etwa schildert, wie er die Geschichte recherchiert, nach Südfrankreich fährt, um den Ort zu sehen, wo Salomon Unterschlupf fand. Die einstige Villa einer amerikanischen Mäzenin wurde jedoch abgerissen, eine Luxusvilla errichtet. Die heutige Besitzerin weist den Schriftsteller unfreundlich ab. "Doch immerhin", schreibt er, "ließ diese Frau mich einen Hauch von 1943 spüren." Leben wie die von Charlotte Salomon oder auch Anne Frank ziehen häufig die Überidentifikation der Bewunderer nach sich. Einen solchen vermessenen Satz, so wünscht man sich, hätte jedoch ein Lektor streichen müssen.
Niemand wird behaupten, dass dieser Roman wie Salomons Malerei ein Jahrhundertwerk ist. Auch Foenkinos läge es fern, das zu beanspruchen. Er stellt sich in den Dienst, er versucht nicht zu konkurrieren. Es ist aber die beste Erzählung über das Leben der Künstlerin, die wir haben. Man wünscht diesem Buch Glück. Möge es sich, so oft es nur geht, vervielfältigen.
JULIA VOSS
David Foenkinos: "Charlotte". Roman. DVA, 240 Seiten, 17,99 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Nun ist ein Roman erschienen, der das ändern könnte. Wie die meisten Romane ist auch dieser bilderlos, Buchstaben lassen sich schnell und günstig vermehren. Noch dazu heißt der Autor David Foenkinos, ein französischer Schriftsteller, der für "Charlotte" bereits den Prix Goncourt des lycéens erhielt, der von Schülern vergeben wird. Foenkinos' Bücher waren sagenhafte Bestseller. "Nathalie küsst" von 2009, eine Geschichte, die er selbst mit Audrey Tautou in der Hauptrolle verfilmte, verkaufte sich allein in Frankreich mehr als eine Million mal. Foenkinos kann also als Meister der Vervielfältigung gelten, als kaum zu übertreffender Impresario seiner Werke. Allerdings: Seinen Büchern eilt der Ruf voraus, leicht zu sein, unbeschwert, verspielt, dabei auch klug, aber eben keine schwere Kost.
Sein jüngster Roman "Charlotte" stellt Leser vor eine unangenehme Frage. Wie liest man nämlich eine Erzählung, die im Konzentrationslager endet? Über eine Person noch dazu, die nicht fiktiv ist, sondern wirklich lebte und 1943 in Auschwitz umgebracht wurde? Da war sie, die 1917 in Berlin geborene Künstlerin Charlotte Salomon, sechsundzwanzig Jahre alt und im fünften Monat schwanger. Dieses Ende ist der dunkle Magnet dieses Buchs, jedes Wort, jede Zeile steht in seinem Sog, von Anfang an. Die traurigen Ereignisse in Salomons Leben werden noch trauriger, weil es diesen Mord geben wird. Die schönen, lustigen, feierlichen, mondänen, zärtlichen sind auch traurig, deswegen.
Für den Autor stellt sich die Frage natürlich noch viel drängender. Wie lässt sich der Respekt wahren in einer solchen Erzählform? Wie viel darf ausgeschmückt oder erfunden werden? Die erste Antwort, die Foenkinos darauf gibt, sieht jeder, der das Buch aufschlägt und vielleicht einen Schreck bekommt. Was dem Leser ins Auge springt, sieht so aus:
Der Text ist nicht in Blocksatz verfasst.
Sondern in Flattersatz.
Es gibt fast nur Hauptsätze.
Jeder erhält eine Zeile.
Mit vielen Absätzen.
So werden Gedichte gesetzt.
In einzelnen Strophen.
Das kann man, im ersten Augenblick, für eine Anmaßung halten. Was glaubt er, wer er ist, Shakespeare? Aber es ist eben kein Hochmut, auch keine Attitüde, sondern der Versuch, sich Salomons Werk zu nähern, eine literarische und formale Entsprechung dafür zu finden, wie sie malte. Ein "Singespiel" nannte sie ihren Bildzyklus, der Titel lautet "Leben? Oder Theater?". Entstanden ist es in nur zwei Jahren, in einer rastlosen Produktion zwischen 1940 und 1942. Salomon lebte in Südfrankreich, sie war auf der Flucht vor den Nationalsozialisten, die sie als Jüdin verfolgten. Mit allen Sinnen, zum Teil nur in der Vorstellung, schuf sie ein Gesamtkunstwerk. Das Singspiel ist ein Vorläufer der Operette, ein Musikstück mit Strophen und Akten. Salomon schrieb Texte zu ihren Bildern, zum Teil mitten hinein, und vermerkte, welche Musik dazu gespielt werden sollte. Die Geschichte ist ihre eigene. Die Namen aber änderte sie.
Die operettenhafte Form hat sich Foenkinos zum Vorbild genommen, wenn auch er in Strophen erzählt und die Geschichte in neun Teile gliedert. Bei Salomon wie bei Foenkinos beginnt es mit dem Selbstmord der Tante Charlotte, nach der die Künstlerin benannt wurde, der Schwester der Mutter. "Die Geschichte wiederholte sich", schreibt Foenkinos, "unaufhörlich wie der Refrain eines Totengesangs". Denn umbringen werden sich auch noch Charlottes Mutter und weitere Familienmitglieder. Als die Großmutter sich im Exil in Südfrankreich aus dem Fenster stürzt, im Jahr 1940, fällt Charlotte einen Entschluss. "Sie sah", schreibt nun die Künstlerin in ihrem Singspiel, "sich vor die Frage gestellt, sich das Leben zu nehmen oder etwas ganz Verrückt-Besonderes zu tun". Wenige Seiten darauf folgt das Schlussbild ihres Stücks, das sie vor dem leuchtend blauen Mittelmeer im Badeanzug zeigt, von hinten, einen Pinsel in der Hand, ein noch leeres Bild auf dem Schoß. Wie in einem Loop beginnt damit die Geschichte von vorne: Denn die junge Künstlerin, die sich im französischen Exil abbildet, in Villefranche-sur-Mer, wird nun eben ihr Singspiel verfassen, das Verrückt-Besondere, das mit dem Selbstmord der Tante beginnt.
Der Schluss von Charlotte Salomons Singspiel ließe sich fast ein Happy End nennen. Der Vorhang fällt in dem Moment, als sie die Kraft findet, sich aus dem "Kreis der Strohhalmsucher", wie sie die Geflohenen und Verzweifelten in Frankreich nennt, herauszuziehen, das "Leben zu nehmen". Trotz aller Schrecken, trotz der Selbstmorde, des Antisemitismus und des NS-Terrors handelt dieser Zyklus von Liebe: Die unendliche Liebe zu ihrer Mutter, mit der sie, winzig klein, zu Beginn in einem riesigen Bett liegt. Der Liebe zu der gefeierten Opernsängerin, die ihr Vater in zweiter Ehe heiratet und der die Welt zu Füßen liegt, bis sie als Jüdin Auftrittsverbot erhält. Und vor allem die Liebe zu dem viel älteren Musikpädagogen Alfred Wolfsohn, in der Geschichte genannt Amadeus Daberlohn. Er wird ihr erster Geliebter. Er ist aber vor allem ihr Zeuge. Denn Daberlohn ist unzuverlässig, launisch, ein wenig verrückt. Aber er ist derjenige, der ihre Kunst am meisten verehrt. "Mögest du nie vergessen", sagt er auf einem von Salomons Bildern, "dass ich an dich glaube". Foenkinos übernimmt diesen Satz.
Im Roman kann es kein Happy End geben. Aber bis Foenkinos den Punkt erreicht, an dem er über das hinausgehen muss, was Salomon in ihrem autobiographischen Stück erzählt, versucht er, ihr so treu wie möglich zu bleiben. Dabei entwickelt die stilistische Entscheidung für den eigentümlichen Textsatz ihre Qualitäten. Die Erzählung hat durch ihn einen eigenen Rhythmus, sie jagt durch die Zeiten, von Hauptsatz zu Hauptsatz, im Präsens.
Die Künstlerin wie der Schriftsteller schaffen mit der Geschichte das Gegenteil des traditionell erzählten Romans. Dieser vertieft sich in das Gefühlsleben seiner Helden, deren Gefühle und Gedanken die Handlung vorgeben. Salomon und Foenkinos rasen aber weiter, ihr Strom fließt reißend wie der von Moritatensängern. Charlotte Salomons Stärke, ihr Genie, liegt darin, die größten Umbrüche in einem einzigen Bild fassen zu können. Bei ihren besten Gemälden ist es so, als ob die Großen der Moderne aus lauter Zuneigung zu diesem begabten jungen Geschöpf einfach mithalfen, ein bisschen van Gogh, ein wenig Munch oder Matisse, der deutsche Expressionismus, dazu das Glitzern eines Opernabends, das Tempo des Kinos.
Foenkinos findet immer wieder einzelne Sätze, die alles sagen und keinen weiteren brauchen. Ein Beispiel: Als Charlottes Mutter über den Selbstmord der Schwester fast wahnsinnig wird, was niemand in der Familie wahrnimmt, bringt Foenkinos ihr Alleinsein, die einsame Trauer, mit einer Beobachtung auf den Punkt. Charlottes Mutter hat einen Menschen verloren, wie eine Witwe oder eine Waise. Aber: "Wie sagt man, wenn man seine Schwester verloren hat? Es gibt gar kein Wort, man sagt gar nichts."
Eine zweite Tugend besitzt die Erzählweise in Strophen außerdem. Sie sieht aus wie ein Gedicht, und jeder Seite haftet damit etwas Fiktives an. Tatsachenberichte stehen im Blocksatz, etwa die Biographie, die 1997 die amerikanische Historikerin Mary Lowenthal Felstiner veröffentlichte und die leider nicht ins Deutsche übersetzt wurde. Sie trägt den Titel "To Paint Her Life. Charlotte Salomon in the Nazi Era".
Foenkinos will aber eben nicht nur Salomons Leben erzählen, sondern dem Geschriebenen die Schönheit verleihen, die Salomons Bilder auszeichnen. Dafür muss er die Sprache ausschöpfen. Die Form ist eine Respektbekundung, mit der deutlich wird, dass der Erzähler nicht beansprucht, die wahre Geschichte zu kennen. Und sie ist eine Spiegelung der Mittel, zu denen Salomon griff.
Es gibt auch Passagen, die verrutschen. Foenkinos etwa schildert, wie er die Geschichte recherchiert, nach Südfrankreich fährt, um den Ort zu sehen, wo Salomon Unterschlupf fand. Die einstige Villa einer amerikanischen Mäzenin wurde jedoch abgerissen, eine Luxusvilla errichtet. Die heutige Besitzerin weist den Schriftsteller unfreundlich ab. "Doch immerhin", schreibt er, "ließ diese Frau mich einen Hauch von 1943 spüren." Leben wie die von Charlotte Salomon oder auch Anne Frank ziehen häufig die Überidentifikation der Bewunderer nach sich. Einen solchen vermessenen Satz, so wünscht man sich, hätte jedoch ein Lektor streichen müssen.
Niemand wird behaupten, dass dieser Roman wie Salomons Malerei ein Jahrhundertwerk ist. Auch Foenkinos läge es fern, das zu beanspruchen. Er stellt sich in den Dienst, er versucht nicht zu konkurrieren. Es ist aber die beste Erzählung über das Leben der Künstlerin, die wir haben. Man wünscht diesem Buch Glück. Möge es sich, so oft es nur geht, vervielfältigen.
JULIA VOSS
David Foenkinos: "Charlotte". Roman. DVA, 240 Seiten, 17,99 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Foenkinos, David: Charlotte
Penguin-Verlag 2016, 237 Seiten
Ein
berührendes
Buch.
Ein Buch, das den Schalter der Erwartung umlegt, wenn die ersten Seiten verflogen sind. Will der Leser wie gewohnt möglichst schnell …
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Foenkinos, David: Charlotte
Penguin-Verlag 2016, 237 Seiten
Ein
berührendes
Buch.
Ein Buch, das den Schalter der Erwartung umlegt, wenn die ersten Seiten verflogen sind. Will der Leser wie gewohnt möglichst schnell und tief in eine neue Geschichte eintauchen, wird er hier be-hindert, ihm wird Zeit abgefordert und des Lesers Ungeduld verliert Satz für Satz an Gewicht. Jeder Satz eine Zeile, 237 Seiten lang.
Jede Zeile braucht nur wenige Wörter und mit jedem Wort will das Buch erobert werden. Dieser eher lyrische Weg des Erzählens entwickelt einen unglaublichen Sog, weil Füllwörter, die überflüssig geworden sind, fehlen. Das Wesentliche bekommt in seiner sprachlichen Schlichtheit Gewicht und das, was ungesagt bleibt, lässt Bildern Raum.
Die Lebensgeschichte der Malerin Charlotte Salomon ist nicht mit anderen Biografien bekannter Künstler zu vergleichen. Der Autor hat sich in die Gemälde und Zeichnungen dieser unbekannten Künstlerin verliebt und es sich zur Aufgabe gemacht, die wenigen hinterlassenen Dokumente dieses jungen Lebens zu sichten und das Leben dahinter nachzuspüren. Er bringt sich mit seiner Suche und Begegnungen mit Zeitzeugen in den Roman ein, schafft Nähe zu Vergangenem und macht mit dieser Unmittelbarkeit betroffen.
Die Jüdin Charlotte lebt mit ihrer Familie in Berlin, das sie vor 1940 verlässt, um in Südfrankreich dem Nazi- Schrecken zu entgehen. Sie ist eine begnadete Künstlerin, die so anders ist als andere junge Frauen ihres Alters, was zum Einen an einer gefährlichen Melancholie in ihrer Familie liegt, zum Anderen an ihrer eigenwilligen Begabung als Malerin. Das Familienschicksal der Salomons gleicht dem vieler jüdischer Familien und ist doch so anders.
Da man um die Grausamkeiten der Nazi-Schergen weiß, scheint auch dieses Schicksal kein gutes Ende zu nehmen. Der Autor streut im Laufe des Romans entsprechende Hinweise, die den Leser hilflos zurücklassen. Aber das ist so gewollt. Die Vergangenheit ist gegenwärtig und beschönigt nichts.
Tolles Buch!
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Gebundenes Buch
C’est toute ma vie
Dem französischen Schriftsteller David Foenkinos ist mit seinem jüngsten Roman «Charlotte» ein Bestseller gelungen, der mit dem von Schülern vergebenen Prix Goncourt de lycéens geehrt wurde und auch in Deutschland prompt auf der …
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C’est toute ma vie
Dem französischen Schriftsteller David Foenkinos ist mit seinem jüngsten Roman «Charlotte» ein Bestseller gelungen, der mit dem von Schülern vergebenen Prix Goncourt de lycéens geehrt wurde und auch in Deutschland prompt auf der Spiegel-Bestsellerliste landete. Seine Bücher gelten nicht gerade als schwere Kost, was angesichts der Thematik, um die es hier geht, denn doch Zweifel aufkommen lässt, ob der ebenso sensible wie anspruchsvolle Stoff bei ihm in den richtigen Händen gelegen hat. Denn es geht um nicht weniger als die tragische Biografie der jüdischen Berliner Malerin Charlotte Salomon, die 1943 in Auschwitz ermordet wurde. Über sie zu schreiben sei dem Autor, wie er einräumt, geradezu eine Obsession geworden.
Mit den Worten «Das ist mein ganzes Leben» übergibt die 26jährige schwangere Künstlerin einem befreundeten Arzt in ihrem südfranzösischen Zufluchtsort einen Koffer zur Aufbewahrung, bevor sie in ein Lager der Nazis abtransportiert wird. Darin befindet sich in einem Konvolut von Zeichnungen auch ein von ihr als Singspiel bezeichneter Bilderzyklus «Leben? Oder Theater?», eine im Sinne Wagners als Gesamtkunstwerk gedachte, mit Texten und zu unterlegender Musik komplettierte Autobiografie. An diesem Werk entlang, das heute im Jüdischen Museum in Amsterdam aufbewahrt ist, erzählt Foenkinos seine fiktional angereicherte Geschichte. Zwischendurch berichtet er immer wieder mal auch von seiner Spurensuche, beginnend bei den Stolpersteinen im Pflaster vor dem Wohnhaus in Berlin-Charlottenburg und endend in Südfrankreich, wo statt der alten Villa, die ihr einst als Unterschlupf gedient hatte, nun eine protzige neue Villa steht, deren Bewohner keinerlei Verständnis für seine Recherche zeigen.
Er sucht Spuren von Charlotte, in deren Familie sich die Selbstmorde häuften, deren Jugend vom aufkommenden Nationalsozialismus überschattet wurde, die immer wieder den schikanösen Pressionen gegen die Juden ausgesetzt war. Ihre Eltern sind anfangs noch optimistisch über die weitere Entwicklung in Nazideutschland. Bei «optimistisch» fügt Foenkinos eine jener für ihn typischen Fußnoten ein, die da lautet: «Die Optimisten kamen nach Auschwitz, die Pessimisten nach Beverly Hills, meinte Billy Wilder». Wie wir im Epilog lesen, überlebten die Eltern im holländischen Untergrund, die zu den Großeltern geflüchtete Charlotte tragischerweise eben nicht! Erzählt wird diese Tragödie in einer stilistisch eigenwilligen Form, in extrem kurzen, niemals über eine Buchzeile hinausreichenden Einzelsätzen nämlich, was Flattersatz bedeutet, im Seitenlayout also eher wie Lyrik wirkt statt wie Prosa. Dieser nebensatzarme Stil erzeugt einen abgehackten, stakkatoartigen Rhythmus beim Lesen, das durchgängig verwendete Präsens unterstreicht noch diese stereotyp anmutende Diktion. Am Ende des dritten von acht Kapiteln lesen wir dazu:
«
Ich verspürte ständig das Verlangen, eine neue Zeile zu beginnen.
Um durchatmen zu können.
Irgendwann begriff ich, dass ich das Buch genau so schreiben musste.
»
Peinlich wird das Ganze, wenn der Autor vermeintlich authentische Gefühle seiner Figur beschreibt, die Liebe zum Beispiel, und dann die romantischen Gefühle seiner Heldin zynisch mit Männern konterkariert, deren unbeholfene Distanziertheit derartige Gefühle als Trugbilder entlarven sollen. Ein Gschmäckle, wie der Schwabe sagt, hat auch die in der Familie als immanent dargestellte Todesverfallenheit in Hinblick auf Charlottes Tod, gleich im ersten Satz heißt es darauf anspielend: «An einem Grabstein lernt Charlotte ihren Namen lesen.» Ein ebenso wenig entschuldbarer Fauxpas ist der voyeuristische Blick in die Gaskammern von Auschwitz. Folgt nun «Anne», werden auch die Tagebücher Anne Franks demnächst ebenso impertinent ausgeschlachtet? Mir erscheint der Autor unsensibel wie Paparazzi auf der Jagd nach Sensationen, sein Roman gleicht stilistisch genau dieser Boulevardpresse, er ist einfach nur auf dem Grauen der Nazizeit basierender Kitsch!
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Gebundenes Buch
Das Leben der Charlotte Salomon auf besondere Art erzählt
Cover:
---------------
Das Cover zeigt einen Ausschnitt des Selbstporträts von der Malerin Charlotte Salomon. Sie schaut den Leser direkt ins Gesicht, man fühlt sich somit direkt angesprochen und passt sehr gut zum Inhalt, …
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Das Leben der Charlotte Salomon auf besondere Art erzählt
Cover:
---------------
Das Cover zeigt einen Ausschnitt des Selbstporträts von der Malerin Charlotte Salomon. Sie schaut den Leser direkt ins Gesicht, man fühlt sich somit direkt angesprochen und passt sehr gut zum Inhalt, der von
ihrem Leben handelt.
Inhalt:
-----------
Der Autor David Foenkinos wandelt in dem Roman auf den Lebensspuren der jüdischen Malerin Charlotte Salomon, ausgehend von ihrem Werk "Leben? oder Theater?". Ihr Leben stand von vorneherein unter keinem guten Stern, sie hat aber bis zu ihrer Ermordung im KZ immer wieder gekämpft und dabei in der Entdeckung der Malerei halt gefunden.
Mein Eindruck:
----------------------
Das Buch überwältigt einen vollkommen und ist daher schwer in Worten zu beschreiben, ich versuche es hier und hoffe, dass es mir ansatzweise gelingt.
Der Schreibstil des Autors mutet anfangs sehr sonderbar an. Er schreibt in kurzen knappen Sätzen, die oft sehr abgehackt sind. Er schreibt selber in dem Buch über seine Schreibweise, dass er beim Schreiben
oft stockte. Dabei verwendet er oft Metaphern oder poetisch anmutende Satzkonstruktionen. Kurz: es ist der ungewöhnlichste Schreibstil, der mir bisher untergekommen ist. Dennoch: Ich habe mich schnell daran
gewöhnt, fand ihn sogar extrem gut. Man muss allerdings sehr genau und konzentriert lesen, stellenweise geht der Autor von der Geschichte in der Vergangenheit fließend in die Gegenwart über, in der er sich
auf Charlottes Spurensuche befindet. Dadurch empfand ich mich als Betrachter, wie bei französischen Filmen mit "Off-Kommentaren", wie im Film "Die Welt der Amelie" zum Beispiel. Dadurch fühlte ich mich auf
angenehme Weise an der Hand genommen vom Erzähler und im "Schwung der Geschichte". Für mich ist genau dieser Stil sehr lesefördernd, ich muss aufpassen, dass ich dadurch nicht zu sehr durchrase, sondern ab und an mal innehalte und die Poesie in der Sprache genieße. Der Stil ist schwer mit Worten beschreibbar, man muss sich einfach drauf einlassen.
Die Lebensstationen der Charlotte Salomon sind sehr einfühlsam geschrieben, man merkt daran, wie sehr der Autor die Malerin innerlich verehrt. Der Leser erfährt bei der Lektüre sowohl etwas über das Leben
der Malerin, nebenbei aber auch über die Recherche des Autors für seine Biographie. Durch den erzählerischen Übergang von ihrer Vergangenheit in Foenkinos Gegenwart, wird Foenkinos praktisch auch ein Teil ihres Lebens.
Was Charlotte Salomon in ihrem Leben widerfahren ist, ist so tragisch, das wünscht man niemandem. Es berührt, macht traurig und stellenweise wütend. Man wünscht sich ein gutes Ende, das es nicht geben wird -
leider. Und doch bewundert man auch ihre Stärke, immer wieder weiterzumachen und wie sie es schafft, durch die Malerei einen gewissen inneren Halt zu finden.
Foenkinos ist auf sehr außergewöhnliche Weise gelungen, eine bewegende und gleichzeitig informative Biographie über eine jüdische Malerin zu schreiben, die mittlerweile etwas in Vergessenheit geraten ist und
somit wieder neugierig auf Ihre Werke zu machen. Sie führt einem jedoch auch schonungslos die Grausamkeiten zu Zeiten der Weltkriege vor Augen und regt so zusätzlich zum Nachdenken an.
Fazit:
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Schwer einzuordnen und zu beschreiben, aber toll, unbedingt lesen!
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