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When people think of Russian food they generally think either of opulent luxury, signified above all by caviar, or of poverty and hunger of cabbage and potatoes and porridge. Both of these visions have a basis in reality, but both of them are incomplete. The history of food and drink in Russia includes hunger and it includes plenty, it includes scarcity and, for some, at least, abundance. It includes dishes that came out of the northern, forested regions and ones that incorporate foods from the wider Russian Empire and later from the Soviet Union. Cabbage and Caviar places Russian food and…mehr

Produktbeschreibung
When people think of Russian food they generally think either of opulent luxury, signified above all by caviar, or of poverty and hunger of cabbage and potatoes and porridge. Both of these visions have a basis in reality, but both of them are incomplete. The history of food and drink in Russia includes hunger and it includes plenty, it includes scarcity and, for some, at least, abundance. It includes dishes that came out of the northern, forested regions and ones that incorporate foods from the wider Russian Empire and later from the Soviet Union. Cabbage and Caviar places Russian food and drink in the context of Russian history, and shows off the incredible (and largely unknown) variety of Russian food.
Autorenporträt
Alison K. Smith is professor in and chair of the Department of History at the University of Toronto. She is the author of Recipes for Russia: Food and Nationhood under the Tsars and For the Common Good and Their Own Well-Being: Social Estates in Imperial Russia.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.02.2022

Zum Schwanenbraten bitte eine Extraportion Salzgurken
Wer will, kann mitkochen: Alison K. Smith erzählt die Geschichte Russlands entlang der Entwicklung seiner Küche und versammelt dazu auch Rezepte

Die russische Küche beruht auf widerstandsfähigen Ingredienzen, die im osteuropäischen Kontinentalklima gedeihen, wie Buchweizen, Kohl, Knoblauch und Pilzen. Ihre Gerichte spiegeln aber zugleich die Ausdehnung des Landes nach Süden, Handelskontakte mit dem Westen sowie dem Imperium einverleibte Fremdkulturen, was die Speisekarte bereicherte und traditionelle Rezepte überformte. Die in Toronto lehrende Historikerin Alison K. Smith, die der Esskultur des vorrevolutionären Russlands exemplarische Studien gewidmet hat, veranschaulicht in ihrem jüngsten Buch "Cabbage and Caviar" tausend Jahre russischer Geschichte durch das Prisma von Zwängen, Leiden und Freuden der Ernährung.

Das Buch vereint den historischen Panoramablick mit schönen Illustrationen, einem instruktiven Glossar, einer wissenschaftlichen Bibliographie sowie ausgewählten Rezepten zum Nachkochen. Smith lässt Geschichte anhand von Herausforderungen des Wetters, Hungersnöten, agrarwirtschaftlichen und kulinarischen Neuerungen gleichsam geerdet nacherleben. Außerdem berichtet sie zwar von Luxusmenüs - Schwanenbraten oder Ananas aus der Orangerie -, kehrt selbst jedoch dort ein, wo die mäßig begüterte Intelligenzia isst, in schlichten Restaurants, im häuslichen Freundeskreis oder in der Cafeteria der Moskauer Leninbibliothek.

Da es eine russische Mittelklasse die meiste Zeit nicht gab, berichten russische Autoren oder europäische Russlandreisende über Jahrhunderte von Schwarzbrot, der Krautsuppe Schtschi und Buchweizenbrei als frugal monotonen Hauptbestandteilen des nationalen Speisezettels. Dazu kamen Zwiebeln, Knoblauch sowie Pilze und Gurken, Letztere vorzugsweise mariniert. Der niederländische Russlandreisende Nicolaes Witsen, später ein Mentor von Zar Peter dem Großen, notierte im siebzehnten Jahrhundert, selbst moskowitische Hofköche würden Fleisch mit einer derartigen Menge von Zwiebeln, Knoblauch und Salzgurken zubereiten, dass es für Zungen wie die seine ungenießbar sei.

Das Volk ernährte sich noch im neunzehnten Jahrhundert vor allem von Brot, vorzugsweise aus gesäuertem Roggenteig, das mit Salz bestreut und mit dem milchsauren Brotgetränk Kwass genossen wurde. Der britische Missionar und Russlandreisende Robert Pinkerton bezeugte um 1830, dass schwer arbeitende Bauern und Soldaten praktisch von nichts anderem lebten. Eine Abwandlung noch bis in sowjetische Zeit war die Tjurja, wobei man Brotbrocken mit Kwass und etwas Leinöl begoss und mit Zwiebeln garnierte. Im Sommer war und bleibt Kwass die Grundlage für kalte Suppen mit Gurken und Dill (Okroschka) oder Rote-Bete-Blättern (Botwinja). Für Brei und Suppen war das geröstete Hafermehl Tolokno geschätzt, das derzeit eine Renaissance erlebt, ebenso wie für Salat und Suppen Löwenzahn, Brennnesseln und Sauerampfer.

Auf Adelsgütern wurden seit dem achtzehnten Jahrhundert auch Spargel, Artischocken und die erwähnte Ananas gezogen, weshalb der konservative Fürst Michail Schtscherbatow schon unter Katharina der Großen eine "Korruption" der Elite durch ihren Hang zum Luxus anprangerte. Der gebildete Schtscherbatow war ein entschiedener Verteidiger der Leibeigenschaft, doch er war besorgt, dass die um sich greifende Mode eines anspruchsvollen Lebensstils die Hungergefahr auf dem Land verstärken würde.

Die Entwicklung einer feineren Küche vollzog sich unter französischem Einfluss. So kreierte um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts der Petersburger Restaurantchef Lucien Olivier den nach ihm benannten, mit Mayonnaise angemachten Salat aus gekochten Kartoffeln, Auerhahn, Krebsfleisch und mariniertem Gemüse, der mit erschwinglicheren Zutaten im vorigen Jahrhundert zum obligaten Bestandteil russischer Festtafeln wurde. Die ebenfalls berühmte "Vinaigrette" bestand ursprünglich aus Fleischresten, Kartoffeln, Roter Bete und Salzgurken, angemacht mit Essig und Öl, ist aber, da seit der Sowjetzeit das Fleisch weggelassen wurde, heute eine vegetarische Vorspeise.

Auch die Expansion des Imperiums erweiterte die kulinarische Kultur, etwa um Kefir aus dem Kaukasus oder die gesäuerte Stutenmilch Kumys aus Zentralasien. Ab der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts verzeichneten russische Kochbücher auch Rezepte für kaukasisches Schaschlik oder das würzige zentralasiatische Reistopfgericht Plow. Seit dem zwanzigsten Jahrhundert kamen die bis heute hochgeschätzten Gerichte Georgiens hinzu mit ihrer Vorliebe für Walnüsse, frische Würzkräuter und Granatapfel. Zu Recht legendär sind das frischkäsegefüllte Brot Chatschapuri, das heiß gegessen wird, oder das kalte Huhn- oder Putengericht mit raffinierter Walnusssoße namens Saziwi.

Die Sowjetmacht verstaatlichte, um den großen Industrialisierungssprung zu schaffen, per Zwangskollektivierung die Lebensmittelproduktion, was Millionen Bauern in der Ukraine, in Kasachstan und in Russland selbst das Leben kostete. Der dann unter Stalin propagierte "Überfluss" (Isobilie) blieb durch ein hierarchisches Verteilungssystem der Elite in den großen Städten vorbehalten. Doch ab den Fünfzigerjahren konsumierte auch der einfache Sowjetbürger vermehrt Kartoffeln, Sonnenblumenöl, Eiscreme und vor allem Wurst, den Inbegriff des guten Lebens, weshalb ein legendäres Lied die "Sowjetische Wurst" besang. Nach dem wirtschaftlichen Einbruch der Neunzigerjahre ist Russland wieder ein großer Getreideexporteur, freilich müssen die Bürger - auch aufgrund der Sanktionen und Gegensanktionen, etwa gegen Käse aus Europa - mehr Geld für Essen von geringerer Qualität ausgeben.

Die aus dem neunzehnten bis ins zwanzigste Jahrhundert datierenden Rezepte erlauben dem Leser, kulinarische Geschichte am häuslichen Herd nachzukochen. Russlands stolze Suppenküche ist mit sieben Varianten der "Ursuppe" Schtschi sowie jeweils drei von Soljanka und Borschtsch vertreten. Es sagt viel über den Charakter dieses Buches, dass man kein Boeuf Stroganoff darin findet, dafür aber neben klassischen Teigtaschen wie Piroggen und Pelmeni sowie Bliny-Pfannkuchen in vier Spielarten sogar eine Anleitung zum Backen von rauem russischen Roggenbrot. KERSTIN HOLM

Alison K. Smith: "Cabbage and Caviar." A History of Food in Russia.

Reaktion Books, London 2021. 352 S., Abb., geb., 24,99 Euro.

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