Sibylle Lewitscharoff
Broschiertes Buch
Blumenberg
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Blumenberg ist nur nebenbei eine Hommage an einen großen Philosophen, vor allem ist es ein Roman voll mitreißendem Sprachwitz, ein Roman über einen hochsympathischen Weltbenenner, dem das Unbenennbare in Gestalt eines umgänglichen Löwen begegnet.Groß, gelb, gelassen: mit berückender Selbstverständlichkeit liegt eines Nachts ein Löwe im Arbeitszimmer des angesehenen Philosophen Blumenberg, die Augen ruhig auf den Hausherrn gerichtet. Der gerät, mit einiger Mühe, nicht aus der Fassung, auch nicht, als der Löwe am nächsten Tag in seiner Vorlesung den Mittelgang herabtrottet. Die Bän...
Blumenberg ist nur nebenbei eine Hommage an einen großen Philosophen, vor allem ist es ein Roman voll mitreißendem Sprachwitz, ein Roman über einen hochsympathischen Weltbenenner, dem das Unbenennbare in Gestalt eines umgänglichen Löwen begegnet.
Groß, gelb, gelassen: mit berückender Selbstverständlichkeit liegt eines Nachts ein Löwe im Arbeitszimmer des angesehenen Philosophen Blumenberg, die Augen ruhig auf den Hausherrn gerichtet. Der gerät, mit einiger Mühe, nicht aus der Fassung, auch nicht, als der Löwe am nächsten Tag in seiner Vorlesung den Mittelgang herabtrottet. Die Bänke sind voll besetzt, aber keiner der Zuhörer scheint den Löwen zu sehen. Ein raffinierter Studentenulk? Oder nicht doch viel eher eine Auszeichnung von höchster Stelle - für den letzten Philosophen, der diesen Löwen zu würdigen versteht?
Groß, gelb, gelassen: mit berückender Selbstverständlichkeit liegt eines Nachts ein Löwe im Arbeitszimmer des angesehenen Philosophen Blumenberg, die Augen ruhig auf den Hausherrn gerichtet. Der gerät, mit einiger Mühe, nicht aus der Fassung, auch nicht, als der Löwe am nächsten Tag in seiner Vorlesung den Mittelgang herabtrottet. Die Bänke sind voll besetzt, aber keiner der Zuhörer scheint den Löwen zu sehen. Ein raffinierter Studentenulk? Oder nicht doch viel eher eine Auszeichnung von höchster Stelle - für den letzten Philosophen, der diesen Löwen zu würdigen versteht?
Sibylle Lewitscharoff, 1954 in Stuttgart geboren, veröffentlichte Radiofeatures, Hörspiele, Essays und Romane. Für Pong erhielt sie 1998 den Ingeborg-Bachmann-Preis. Der Roman Apostoloff wurde 2009 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. 2013 wurde sie mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. Ihr erstes Theaterstück, Vor dem Gericht , wurde 2012 am Nationaltheater Mannheim uraufgeführt. Lewitscharoff war Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung sowie der Berliner Akademie der Künste. Sibylle Lewitscharoff verstarb am 14. Mai 2023 im Alter von 69 Jahren in Berlin.
Produktdetails
- suhrkamp taschenbuch 4399
- Verlag: Suhrkamp
- Artikelnr. des Verlages: ST 4399
- 4. Aufl.
- Seitenzahl: 216
- Erscheinungstermin: 10. Dezember 2012
- Deutsch
- Abmessung: 180mm x 108mm x 15mm
- Gewicht: 138g
- ISBN-13: 9783518463994
- ISBN-10: 3518463993
- Artikelnr.: 35728454
Herstellerkennzeichnung
Suhrkamp Verlag
Torstraße 44
10119 Berlin
info@suhrkamp.de
»Ein großes, geglücktes Ausnahmebuch.« DER SPIEGEL 20110926
»... und schon jetzt kann man sagen, dass sie in Berlin lebende Schriftstellerin damit einen der bedeutensten und wohl auch erfolgreichsten Romane in diessem herbst vorgelegt hat.«
Verwirrung in der Gelehrtenstube
Literatur und Philosophie existieren ja nicht selten in symbiotischer Form, meist in Person eines geistigen Schöpfers, als Dichter und Denker bezeichnet, der alle beiden Kulturgattungen bedient, Nietzsche sei als Beispiel genannt. Eng verbunden sind diese …
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Verwirrung in der Gelehrtenstube
Literatur und Philosophie existieren ja nicht selten in symbiotischer Form, meist in Person eines geistigen Schöpfers, als Dichter und Denker bezeichnet, der alle beiden Kulturgattungen bedient, Nietzsche sei als Beispiel genannt. Eng verbunden sind diese Disziplinen aber auch dadurch, dass alle Denkergebnisse irgendwie fixiert werden müssen, sollen sie für die Nachwelt erhalten bleiben, und damit werden sie zwangsläufig zu Literatur. Im vorliegenden Roman bildet die philosophische Wissenschaft den reizvollen Hintergrund für eine raffiniert aufgebaute, komplexe Geschichte, die schon durch ihren Titel als Hommage an den Professor gleichen Namens gedeutet werden darf.
Die Autorin bindet einen Löwen in ihre Handlung ein, den der Gelehrte zunächst als Hirngespinst oder Studentenulk ansieht, der sich in seiner Symbolträchtigkeit jedoch immer mehr als Trostspender und gedanklicher Ruhepol erweist. Mit viel Komik und gekonntem Sprachwitz wird munter fabuliert in diesem ungewöhnlichen Roman mit seinem gewagten Titel, der ja suggeriert, hier stehe der gleichnamige Philosoph und sein Denksystem im Mittelpunkt, was manche Leser mutlos machen könnte. Keine Sorge! Äußerst elegant und schwungvoll führt Lewitscharoff durch ihre originelle Geschichte, und auch wenn man, wie ich, nicht jeden Hintersinn, jede Andeutung versteht als blutiger Laie in Sachen Philosophie, liest man dieses Buch gleichwohl mit geistigem Gewinn, vom geradezu königlichen Lesespaß ganz abgesehen.
Im Milieu professoraler Gelehrsamkeit erleben wir Blumenberg in seinem Arbeitszimmer und in der Vorlesung, einer, der fleißig seine Wissenschaft betreibt und hohe Anerkennung genießt bei seinen ehrfürchtigen, von ihm aber kaum wahrgenommenen Studenten. Vier von ihnen, ergänzt um eine wundersame Nonne, sind die anderen Protagonisten, die ihn in einer Collage von kunstvoll verschachtelten Geschichten umkreisen. Alle Figuren sind liebevoll und eindringlich beschrieben, sie stehen dem Leser beinahe plastisch gegenüber, sind greifbar nahe in dieser zweiten Erzählebene. Ergänzend sind zwei köstliche Kapitel eingeschoben, in denen der Erzähler auf sehr unterhaltsame Weise über Inhalte und Konstruktion seines Textes nachdenkt. «Ob der Erzähler wirklich wissen kann, was einem Selbstmörder zuletzt in den Sinn kommt, ist fraglich» heißt es da. Das Buchstabenleben des Romans und seine Gedankenwelt wird hier verschmitzt hinterfragt. Aber dass man einen Selbstmord so absolut unpathetisch schildern kann hat mir denn doch den Atem verschlagen.
Nach dem Tode aller Protagonisten treffen sie im Jenseits wieder zusammen, auch der Löwe ist zur Stelle. Mit ihrem rätselhaften Bericht aus einer Höhle (wem dämmert da was?) eröffnet die Autorin reichlich Raum für Interpretationen, mit denen man noch beschäftigt ist, lange nachdem man das Buch zu Ende gelesen hat. Was dem Atheisten Blumenberg und den anderen Figuren widerfährt, das langsame Verlöschen ihrer Existenzen, deutet für mich jedenfalls darauf hin, dass dieser Ort eine Vorstufe zum Nirwana ist, Himmel und Hölle existieren ja nicht. Dieses Buch ist ein meisterhaft geschriebener, wunderbar geistreicher Roman, der im wahrsten Sinne des Wortes bereichernd ist, ein selten zu findendes, intellektuell anspruchsvolles Lesevergnügen obendrein.
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Sibylle Lewitscharoff ist nicht irgendwer, sondern eine der angesehensten deutschen Autorinnen. Am Sonntag hat die aktuelle Büchner-Preisträgerin im Staatsschauspiel Dresden gesprochen. Im Rahmen der traditionsreichen Reihe der "Dresdner Reden". Nicht irgendwer, nicht …
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Sibylle Lewitscharoff ist nicht irgendwer, sondern eine der angesehensten deutschen Autorinnen. Am Sonntag hat die aktuelle Büchner-Preisträgerin im Staatsschauspiel Dresden gesprochen. Im Rahmen der traditionsreichen Reihe der "Dresdner Reden". Nicht irgendwer, nicht irgendwo.
Als Thema hatte sie sich "Die wissenschaftliche Bestimmung über Geburt und Tod" ausgewählt, überschrieben mit dem Titel "Von der Machbarkeit". Stattdessen hielt die Autorin einen wirren Vortrag, in dem sie die Praxis der künstlichen Befruchtung „absolut widerwärtig nannte, lesbische Paare mit Kinderwunsch "grotesk", ein Kind von einer Leihmutter austragen zu lassen "grauenerregend" - und Kinder, die auf einem der genannten Wege entstanden sind, als "Halbwesen", als "zweifelhafte Geschöpfe" herabwürdigte. Platz für einen Nazi-Vergleich war auch noch.
Hätte ich am Sonntag im Staatsschauspiel gesessen, ich hätte meine Wut kaum im Zaum halten können. Angeblich blieb es ruhig. Vielleicht hat ja das Publikum vor Ort dasselbe empfunden wie ich bei der ruhigen Lektüre des Manuskripts. Nämlich, dass es sich hier weniger um eine christofaschistische Kampfrede handelt, als um ein Dokument geistiger Zerrüttung. Nun sollen ja Wahnsinnige schöne Gedichte geschrieben haben. Sibylle Lewitscharoff mag ihre vielen Literaturpreise also völlig zu Recht erhalten haben.
Aber selbst wenn sich Lewitscharoff im Nachhinein entschuldigt: Diese Rede war keine literarische Stilübung. Sondern eine gezielte, öffentliche - nicht irgendwo, nicht von irgendwem - Diffamierung von Menschen, die ihr ästhetisch nicht ins Weltbild passen. "Meine Abscheu ist in solchen Fällen größer als meine Vernunft", rechtfertigt sie die ungeheuerlichen Sätze, mit denen sie Kinder zu unwertem Leben erklärt. Das Reich, in dem ihr Abscheu Gesetz ist, liegt wohl weit außerhalb dieser Gesellschaft. Es ist ihre Privat-Hölle.
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