Max Annas
Gebundenes Buch
Berlin, Siegesallee
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Das Reich im Sommer 1914: Der Völkermord in Deutsch-Südwest liegt Jahre zurück, in den Kolonien herrscht Ruhe, und überhaupt lebt man in prächtigen Zeiten. Da lernen sich in Steglitz bei Berlin drei junge Männer kennen. Joseph Ayang, Sohn eines Kameruner Kolonialbeamten, will Theologie studieren. Friedrich Smith ist der im Reich geborene Sohn eines Schwarzen Amerikaners. Ernst, der dritte, wurde von seinem Herrn aus Südwest mitgebracht. Die drei beschließen, dass etwas getan werden muss, um die Verbrechen in den Kolonien zu rächen: Sie bringen nachts Soldaten um, erst einen, dann zwei...
Das Reich im Sommer 1914: Der Völkermord in Deutsch-Südwest liegt Jahre zurück, in den Kolonien herrscht Ruhe, und überhaupt lebt man in prächtigen Zeiten. Da lernen sich in Steglitz bei Berlin drei junge Männer kennen. Joseph Ayang, Sohn eines Kameruner Kolonialbeamten, will Theologie studieren. Friedrich Smith ist der im Reich geborene Sohn eines Schwarzen Amerikaners. Ernst, der dritte, wurde von seinem Herrn aus Südwest mitgebracht. Die drei beschließen, dass etwas getan werden muss, um die Verbrechen in den Kolonien zu rächen: Sie bringen nachts Soldaten um, erst einen, dann zwei. Ohne Wirkung.
Die Fabrikantentochter Florentine vom Baum hält es nicht aus in einer Gesellschaft, in der Frauen unfrei sind. Als sie über ihren Bruder die drei Männer kennenlernt, bietet sie ihnen ihre Hilfe an. Und die vier fassen einen ungeheuerlichen Plan: Der Kaiser soll sterben.
Ein Roman darüber, was Menschen dazu treibt, Gewalt anzuwenden. Er spielt in einer Vergangenheit, deren Wirkungen wir heute noch spüren.
Die Fabrikantentochter Florentine vom Baum hält es nicht aus in einer Gesellschaft, in der Frauen unfrei sind. Als sie über ihren Bruder die drei Männer kennenlernt, bietet sie ihnen ihre Hilfe an. Und die vier fassen einen ungeheuerlichen Plan: Der Kaiser soll sterben.
Ein Roman darüber, was Menschen dazu treibt, Gewalt anzuwenden. Er spielt in einer Vergangenheit, deren Wirkungen wir heute noch spüren.
Max Annas, geboren 1963, arbeitete lange als Journalist, lebte in Südafrika und wurde für seine Romane Die Farm (2014), Die Mauer (2016), Finsterwalde (2018) und Morduntersuchungskommission (2019) sowie zuletzt Morduntersuchungskommission: Der Fall Melchior Nikoleit(2020) fünfmal mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet. Bei Rowohlt erschienen außerdem Illegal (2017), Der Hochsitz (2021) und Morduntersuchungskommission: Der Fall Daniela Nitschke(2022)
Produktdetails
- Verlag: Rowohlt, Hamburg
- 1. Auflage
- Seitenzahl: 283
- Erscheinungstermin: 30. Januar 2024
- Deutsch
- Abmessung: 211mm x 132mm x 30mm
- Gewicht: 389g
- ISBN-13: 9783498003166
- ISBN-10: 349800316X
- Artikelnr.: 67695154
Herstellerkennzeichnung
Rowohlt Verlag GmbH
Kirchenallee 19
20099 Hamburg
produktsicherheit@rowohlt.de
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Rezensent Tobias Gohlis lässt sich von Max Annas in und durch das Berlin des Kaiserreiches kurz vor dem ersten Weltkrieg führen - und zwar mit Gewinn. So realistisch und so anschaulich beschreibt der Autor die historische Kulisse, und vor allem: das Leben in dieser Kulisse - die wilhelminische Gesellschaft, dass Gohlis fast das Laub rauschen hören kann auf den Straßen, auf denen die Protagonisten sich bewegen. Drei schwarze Männer und eine Suffragette - diese Protagonisten vereint vor allem eines: ihr Hass gegen den Deutschen Militarismus und Kolonialismus, der aus ihren vielfältigen Diskriminierungs- und Unterdrückungserfahrungen resultiert, lesen wir. Ihre Antwort auf diese Erfahrungen lautet: Rache. Vom Rachefeldzug dieser vier ungleichen Kameraden erzählt Annas auf äußert spannende, elegante und wunderbar bösartige Weise, findet Gohlis. Das Setting mag zwar historisch sein und die Sprache entsprechend antiquiert, doch ist dieser Roman mit seinen "höchst aktuellen Anspielungen" eindeutig ein heutiger, so der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Praktische Vernunft
Krimis in Kürze: Marcel Häußler, Max Annas, Chris Lloyd
Ein Philosophieseminar ließe sich so ankündigen - und zugleich auch wieder ironisch unterlaufen: "Kant und das Leben nach dem Tod" (Heyne, 304 S., br., 16,- Euro). Für einen Kriminalroman ist das ebenfalls kein schlechter Titel, dessen Hauptfigur ein Kommissar mit dem Namen des Vernunftkritikers ist und der von alten Menschen erzählt, die Rente beziehen, ordnungsgemäß gemeldet, aber längst verstorben sind.
Marcel Häußler hat seinen Kommissar, den er zum dritten Mal losschickt, auch wegen der Irritation so getauft, aber ihm mehr als das auf den Weg gegeben. Kant ermittelt in München, er hat Probleme mit seiner erwachsenen Tochter,
Krimis in Kürze: Marcel Häußler, Max Annas, Chris Lloyd
Ein Philosophieseminar ließe sich so ankündigen - und zugleich auch wieder ironisch unterlaufen: "Kant und das Leben nach dem Tod" (Heyne, 304 S., br., 16,- Euro). Für einen Kriminalroman ist das ebenfalls kein schlechter Titel, dessen Hauptfigur ein Kommissar mit dem Namen des Vernunftkritikers ist und der von alten Menschen erzählt, die Rente beziehen, ordnungsgemäß gemeldet, aber längst verstorben sind.
Marcel Häußler hat seinen Kommissar, den er zum dritten Mal losschickt, auch wegen der Irritation so getauft, aber ihm mehr als das auf den Weg gegeben. Kant ermittelt in München, er hat Probleme mit seiner erwachsenen Tochter,
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die ausziehen will, sein langjähriger Partner will in den Vorruhestand, als ein Arm unweit der Autobahn entdeckt wird. Und bald dann auch noch eine Hüfte. Die Spur führt dahin, wo München sehr trist ist, in eine Hochhaussiedlung im Stadtteil Hasenbergl.
Häußler hat einen angenehm unprätentiösen Tonfall, er kann das graue Sozialbauelend anschaulich schildern und das Schicksal der alten Leute, die einfach unsichtbar werden. Niemand kümmert es, wenn schon lange kein Lebenszeichen mehr aus einer Wohnung dringt. Auch das Team um Kant ist gut und sinnvoll zusammengesetzt, ohne zwanghaft skurrile Typen. Und wie Häußler den Fall langsam entwickelt, aus dem dann mehrere Fälle werden, wie Kants praktische Vernunft sie auch ohne metaphysische Grundlegung löst, ist unbedingt lesenswert.
Max Annas ist mittlerweile in der oberen Gewichtsklasse der deutschen Krimiautoren angekommen. Er hat seinen eigenen, klaren und schnörkellosen Stil entwickelt, ob er nun über Südafrika schreibt oder über Morde in der DDR. Und zu diesem Habitus gehört, dass er auch immer wieder etwas Neues ausprobiert. "Berlin, Siegesallee" (Rowohlt, 288 S., geb., 22,- Euro) spielt im Juni 1914, kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Joseph und Friedrich, zwei junge schwarze Männer, Ernst, ein etwas älterer schwarzer Mann, und die junge weiße Florentine aus gutem Hause bilden ein unwahrscheinliches, aber überzeugendes Quartett.
Der angehende Theologe, der Bote für einen Herrenausstatter, der Gärtner und die Suffragette bringen kaiserliche Soldaten um, die in den Kolonien gedient haben, beim Genozid an den Herero und Nama oder in Ostafrika. Und wundern sich, dass die öffentliche Resonanz auf die Morde ausbleibt. Ein Leutnant ermittelt zusätzlich zur Polizei, aber auch er erreicht nicht viel im damals noch gutbürgerlichen Villenvorort Steglitz. Und die Vier wollen dann höher hinaus: ein Attentat auf den Kaiser, ein Anschlag auf das Schloss.
Der Roman kontrastiert die anarchistischen Aktionen im Sommer 1914 immer wieder mit Briefen aus Kamerun, die bis ins Jahr 1941 führen und von einem der Vier stammen, der Florentines Bruder schreibt. So erfährt man, dass er davongekommen ist - aber nicht, wie oder was aus dem großen Coup geworden ist. Der Schluss bleibt offen, da ist weniger die typische Closure eines Kriminalromans als ein Gedankenspiel: Was wäre gewesen, wenn eine kleine rebellische Gruppe mit ihren gewalttätigen Plänen Erfolg gehabt hätte?
"Paris Requiem" (Suhrkamp, 447 S., br., 18,- Euro) von Chris Lloyd beschert uns ein Wiedersehen mit Eddie Giral. Vor knapp drei Jahren haben wir ihn in "Die Toten vom Gare d'Austerlitz" kennengelernt, einen weitgehend machtlosen Inspecteur im besetzten Paris des Jahres 1940. Seinen Aktionsradius bestimmen die deutsche Abwehr und die Gestapo. Lebensmittel sind knapp, er macht sich Sorgen um seinen Sohn, der nach Südfrankreich geflohen ist, und weiß nicht, wie entschlossen er ermitteln darf, als ein Toter gefunden wird, der eigentlich im Gefängnis hätte sitzen sollen und dessen Mund zugenäht wurde.
Giral beherrscht die Kunst des Lavierens und Durchmogelns, er ist listig und hat eine einschlägige Vergangenheit im Milieu von Montmartre, die eine bessere Schule war als jede Polizeiausbildung. Er ist ein gebrochener Held in harten Zeiten, in denen die moralischen Maßstäbe sich verschoben haben. Und Chris Lloyd hat ihn sehr gekonnt und nahtlos mit den historischen Ereignissen verwoben. Gegen einen weiteren Auftritt von Eddie Giral wäre nichts einzuwenden. PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Häußler hat einen angenehm unprätentiösen Tonfall, er kann das graue Sozialbauelend anschaulich schildern und das Schicksal der alten Leute, die einfach unsichtbar werden. Niemand kümmert es, wenn schon lange kein Lebenszeichen mehr aus einer Wohnung dringt. Auch das Team um Kant ist gut und sinnvoll zusammengesetzt, ohne zwanghaft skurrile Typen. Und wie Häußler den Fall langsam entwickelt, aus dem dann mehrere Fälle werden, wie Kants praktische Vernunft sie auch ohne metaphysische Grundlegung löst, ist unbedingt lesenswert.
Max Annas ist mittlerweile in der oberen Gewichtsklasse der deutschen Krimiautoren angekommen. Er hat seinen eigenen, klaren und schnörkellosen Stil entwickelt, ob er nun über Südafrika schreibt oder über Morde in der DDR. Und zu diesem Habitus gehört, dass er auch immer wieder etwas Neues ausprobiert. "Berlin, Siegesallee" (Rowohlt, 288 S., geb., 22,- Euro) spielt im Juni 1914, kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Joseph und Friedrich, zwei junge schwarze Männer, Ernst, ein etwas älterer schwarzer Mann, und die junge weiße Florentine aus gutem Hause bilden ein unwahrscheinliches, aber überzeugendes Quartett.
Der angehende Theologe, der Bote für einen Herrenausstatter, der Gärtner und die Suffragette bringen kaiserliche Soldaten um, die in den Kolonien gedient haben, beim Genozid an den Herero und Nama oder in Ostafrika. Und wundern sich, dass die öffentliche Resonanz auf die Morde ausbleibt. Ein Leutnant ermittelt zusätzlich zur Polizei, aber auch er erreicht nicht viel im damals noch gutbürgerlichen Villenvorort Steglitz. Und die Vier wollen dann höher hinaus: ein Attentat auf den Kaiser, ein Anschlag auf das Schloss.
Der Roman kontrastiert die anarchistischen Aktionen im Sommer 1914 immer wieder mit Briefen aus Kamerun, die bis ins Jahr 1941 führen und von einem der Vier stammen, der Florentines Bruder schreibt. So erfährt man, dass er davongekommen ist - aber nicht, wie oder was aus dem großen Coup geworden ist. Der Schluss bleibt offen, da ist weniger die typische Closure eines Kriminalromans als ein Gedankenspiel: Was wäre gewesen, wenn eine kleine rebellische Gruppe mit ihren gewalttätigen Plänen Erfolg gehabt hätte?
"Paris Requiem" (Suhrkamp, 447 S., br., 18,- Euro) von Chris Lloyd beschert uns ein Wiedersehen mit Eddie Giral. Vor knapp drei Jahren haben wir ihn in "Die Toten vom Gare d'Austerlitz" kennengelernt, einen weitgehend machtlosen Inspecteur im besetzten Paris des Jahres 1940. Seinen Aktionsradius bestimmen die deutsche Abwehr und die Gestapo. Lebensmittel sind knapp, er macht sich Sorgen um seinen Sohn, der nach Südfrankreich geflohen ist, und weiß nicht, wie entschlossen er ermitteln darf, als ein Toter gefunden wird, der eigentlich im Gefängnis hätte sitzen sollen und dessen Mund zugenäht wurde.
Giral beherrscht die Kunst des Lavierens und Durchmogelns, er ist listig und hat eine einschlägige Vergangenheit im Milieu von Montmartre, die eine bessere Schule war als jede Polizeiausbildung. Er ist ein gebrochener Held in harten Zeiten, in denen die moralischen Maßstäbe sich verschoben haben. Und Chris Lloyd hat ihn sehr gekonnt und nahtlos mit den historischen Ereignissen verwoben. Gegen einen weiteren Auftritt von Eddie Giral wäre nichts einzuwenden. PETER KÖRTE
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So liefert das Buch vor allem einiges an Erkenntnisgewinn und hilft, so manche heutige Debatten besser zu verstehen. Goslarsche Zeitung 20240610
Rezensent Tobias Gohlis lässt sich von Max Annas in und durch das Berlin des Kaiserreiches kurz vor dem ersten Weltkrieg führen - und zwar mit Gewinn. So realistisch und so anschaulich beschreibt der Autor die historische Kulisse, und vor allem: das Leben in dieser Kulisse - die wilhelminische Gesellschaft, dass Gohlis fast das Laub rauschen hören kann auf den Straßen, auf denen die Protagonisten sich bewegen. Drei schwarze Männer und eine Suffragette - diese Protagonisten vereint vor allem eines: ihr Hass gegen den Deutschen Militarismus und Kolonialismus, der aus ihren vielfältigen Diskriminierungs- und Unterdrückungserfahrungen resultiert, lesen wir. Ihre Antwort auf diese Erfahrungen lautet: Rache. Vom Rachefeldzug dieser vier ungleichen Kameraden erzählt Annas auf äußert spannende, elegante und wunderbar bösartige Weise, findet Gohlis. Das Setting mag zwar historisch sein und die Sprache entsprechend antiquiert, doch ist dieser Roman mit seinen "höchst aktuellen Anspielungen" eindeutig ein heutiger, so der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Drei junge Männer lernen sich im Frühjahr des Jahres 1914 in Berlin kennen, gemeinsam eint sie die Hautfarbe und der Wille, die Verbrechen der Deutschen in den Kolonien zu rächen. Jeder von ihnen hat einen Grund für seinen Hass, gemeinsam schmieden sie Pläne. Florentine vom …
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Drei junge Männer lernen sich im Frühjahr des Jahres 1914 in Berlin kennen, gemeinsam eint sie die Hautfarbe und der Wille, die Verbrechen der Deutschen in den Kolonien zu rächen. Jeder von ihnen hat einen Grund für seinen Hass, gemeinsam schmieden sie Pläne. Florentine vom Baum wächst behütet auf, als zweites Kind eines reichen Fabrikanten fühlt sie sich als Frau nicht frei genug und begehrt auf. Als sie die drei Männer kennenlernt, bietet sie ihnen ihre Hilfe an. Das Quartett bringt nachts Soldaten um, aber als eine Reaktion ausbleibt, ändern sie ihren Plan: Der Kaiser ist es, der sterben muss!
«Führten sie denn nicht sehr unterschiedliche Leben? Er selbst, auf eine Laufbahn als Geistlicher wartend, die er nicht wirklich anstrebte, dann die junge Frau kurz vor der Verheiratung, der Diener des so kaiserbegeisterten Künstlers und schließlich Friedrich hier, der Bote von Herrenoberbekleidung. Ein einziges Mal nur hatten sie sich in dieser Zusammensetzung getroffen, damals im Botanischen Garten, als sie beschlossen hatten, den jungen Soldaten zu töten.« (Seite 74)
Der Völkermord der deutschen Kolonialherren vor über 110 Jahren in Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, stellt den Rahmen für die vorliegende Geschichte. Ich muss zugeben, dass ich bis dato zwar nicht völlig ahnungslos, aber doch kaum unterrichtet darüber war, was damals geschehen ist. Wenn ich bisher an Kolonien dachte, dann waren es meistens englische, französische und spanische Kolonialmächte, die mir in den Sinn kamen. Die Ergebnisse meiner Recherchen jedoch zeigten mir ein Bild, das abscheulicher und menschenunwürdiger nicht sein könnte. Man braucht dieses Vorwissen aber nicht unbedingt, um den Roman von Max Annas verstehen und der Geschichte folgen zu können.
Das Geschehen im Buch spielt sich nur über wenige Monate, genauer gesagt von März 1914 bis Juni desselben Jahres, ab. Die Handlung aber überschneidet sich und wird zusätzlich durch Briefe eines der jungen Beteiligten unterbrochen, die aus späteren Zeiten stammten. Dies hat mich zu Beginn etwas irritiert, war aber überraschenderweise stimmig, passte vorzüglich zu dem beschriebenen Jahrhundert und befeuerte die Spannung ungemein. Je weiter die Geschichte voranschritt, desto aufgeregter wurde ich, weil ich so neugierig darauf war, worauf das Ganze hinsteuert. Das letzte Drittel war so spannend, dass aus einem Kriminalroman fast ein Thriller wurde. Hätte ich dem Buch nicht zugetraut, als ich den Klappentext gelesen hatte, aber der Mix aus historischen Fakten und der fiktiven Erzählung eines Mordkomplotts war, besonders wegen der authentischen und interessanten Charaktere, einfach großartig. Gerne spreche ich eine Leseempfehlung aus.
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Antworten 7 von 7 finden diese Rezension hilfreich
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Dieser Roman hat mich ziemlich ratlos zurückgelassen. Was er mir erzählen wollte, blieb unklar, ebenso, welches das eigentliche Thema war.
Die Handlung selbst lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Vier Menschen, die sich mehr oder weniger zufällig begegnen, planen, den …
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Dieser Roman hat mich ziemlich ratlos zurückgelassen. Was er mir erzählen wollte, blieb unklar, ebenso, welches das eigentliche Thema war.
Die Handlung selbst lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Vier Menschen, die sich mehr oder weniger zufällig begegnen, planen, den Kaiser zu ermorden.
Bei diesen vier Menschen handelt es sich um Friedrich, ein in Deutschland geborener Sohn eines schwarzen Amerikaners, um Erich, Diener eines Malers, der ihn aus Deutsch-Südwest mitgebracht hat, um Joseph, ein Kameruner Theologiestudent. Und um Florentine, Tochter aus gutem Hause.
Letztere, ob aus wirklicher Leidenschaft oder eher aus Langeweile, wünscht sich mehr Rechte für Frauen, wünscht sich, dass Frauen mehr zu erwarten haben als eine gute Partie. Die drei Männer erfahren, es ist das Jahr 1914, immer wieder Ausgrenzung, offenen oder latenten Rassismus. In Gesprächen entsteht der Plan, Männer zu töten, die, vor allem als Militärangehörige, in die Unterdrückung der Bewohner der Kolonien involviert sind. Als die Morde nicht die gewünschte Aufmerksamkeit erregen, gehen sie einen großen Schritt weiter und wollen ein Attentat auf den deutschen Kaiser verüben.
Diese Inhaltsangabe verheißt einen spannenden Roman, einen Krimi vielleicht, einen Roman, der sich dem Thema Rassismus annimmt. Doch es funktioniert nicht. Weder wird dieses Thema vorrangig noch ausführlich behandelt, noch wird es wirklich deutlich. Dazu kommen die anderen Themen, die angerissen, aber nicht zu Ende erzählt werden, wie Frauenrechte, die Verbrechen in den Kolonien, die Arbeit der Polizei, die Obrigkeitsgläubigkeit gegenüber dem Militär und noch einige andere.
Dazu kommt, dass sich mir die eigentlichen Motive der vier Menschen für ihre Taten nicht deutlich zeigen. Die Gespräche zwischen ihnen sind meist halbherzig, versanden in Andeutungen, sind inhaltsleer und nichtssagend. Auch die Darstellung der verschiedenen Lebenssituationen dieser vier Personen, die so unterschiedlich sind in Charakter, Geschichte und Hintergrund, ist eher blass, es entstehen bei der Lektüre keine Bilder, man bekommt kein Gefühl für die Figuren.
Sehr störend sind auch die eingeschobenen Briefe, die Joseph in den folgenden Jahren und Jahrzehnten schreibt, adressiert an seinen Freund Theodor, Florentines Bruder. Er sendet sie aus der Heimat Kamerun, sie beginnen 1914, gehen bis zum Jahr 1941 und wirken seltsam beziehungslos zur laufenden Handlung. Welchen Zweck der Autor damit erreichen will, ist mir unklar geblieben. Zusätzlich stören sie erheblich die Spannung, denn sie verraten, dass die Attentäter offensichtlich ungeschoren blieben.
Manche Ansätze sind vielversprechend, wie die Schilderung der Völkerschau, wo Menschen aus den Kolonien wie Puppen ausgestellt werden, doch auch das versandet, ohne wirklich eine Aussage zu formulieren.
Insgesamt konnte mich der Roman weder unterhalten noch überzeugen.
Max Annas – Berlin, Siegesallee
Rowohlt, Hundert Augen, Januar 2024
Gebundene Ausgabe, 285 Seiten, 22,00 €
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