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Mein Vetter Christian hatte wirklich schon mit zwanzig Jahren seine schönen blauen Augen; und doch behaupteten die Mädchen, Hand aufs Herz, daß sie ihnen völlig ungefährlich seien. Das aber kam daher, weil derzeit, was allerdings in solchem Alter selten vorkommt, die Elektrizität derselben noch gebunden war; und die Ursache hiervon lag wiederum darin, daß nach des Vaters frühem Tode der Vetter zwischen zwei so überwiegend energischen Frauennaturen aufgewachsen und nach kurzen und fleißig benutzten Universitätsjahren wieder in ihre Obhut zurückgekehrt war. Die eine derselben, seine Mutter Gott…mehr

Produktbeschreibung
Mein Vetter Christian hatte wirklich schon mit zwanzig Jahren seine schönen blauen Augen; und doch behaupteten die Mädchen, Hand aufs Herz, daß sie ihnen völlig ungefährlich seien. Das aber kam daher, weil derzeit, was allerdings in solchem Alter selten vorkommt, die Elektrizität derselben noch gebunden war; und die Ursache hiervon lag wiederum darin, daß nach des Vaters frühem Tode der Vetter zwischen zwei so überwiegend energischen Frauennaturen aufgewachsen und nach kurzen und fleißig benutzten Universitätsjahren wieder in ihre Obhut zurückgekehrt war. Die eine derselben, seine Mutter Gott habe sie selig! meine gute Tante Jette, hat auch mich als Knaben einmal unter ihrer rührigen Hand gehabt, als Christian und ich uns von ihren großen Schattenmorellen eine Limonade gegen den heißen Sommerdurst bereitet hatten; der anderen verstand ich kunstvoll aus dem Wege zu gehen. Es war dies »die alte Karoline«, welche in schon betagter Jungfräulichkeit als Kindsmagd bei dem kleinen Christian ihren Dienst im Hause angetreten, sich hier nach unbekannt gebliebenen sonstigen Versuchen noch zweimal, wiewohl ohne den gewöhnlich dabei beabsichtigten Erfolg, verlobt hatte und schließlich, nach des Hausherrn Tode, als Magd für alles in der Familie hängengeblieben war. Die Auflösung jener Verlöbnisse sollte lediglich durch die allzu große Tüchtigkeit der Braut herbeigeführt sein, wovor, trotz des annehmlichen und bekannten Barvermögens derselben, sowohl der letzte als der vorletzte Bräutigam zurückgeschreckt waren, welche aber demnächst bei ihrer Herrin eine desto dauerhaftere und erhebendere Anerkennung gefunden hatte.
Autorenporträt
Hans Theodor Woldsen Storm ( 14. September 1817 in Husum, Herzogtum Schleswig; ¿ 4. Juli 1888 in Hanerau-Hademarschen) war ein deutscher Schriftsteller. Mit seiner Lyrik und Prosa gehört er zu den bedeutendsten Vertretern des Poetischen Realismus. Storm ist vor allem für seine Novellen bekannt, empfand sich allerdings in erster Linie als Lyriker und sah die Gedichte als Ursprung seiner Erzählungen. Für ihn war das Erlebnis das Fundament seiner Gedichte, während er der Gedankenlyrik fernstand. Einige Verse und Novellen richten sich gegen den Adel und kritisieren die Beamtenhierarchie sowie die Verbindung weltlicher und geistlicher Kräfte. Neben den frühen lyrisch-stimmungsbetonten Werken wie Immensee und Angelica finden sich in der Novellistik seiner mittleren und späten Jahre weitere Themen und Impulse. Zu ihnen gehören religions- und sozialkritische Ideen wie in Veronica, Im Schloß oder Ein Doppelgänger. Mit Kunstmärchen und unheimlichen Novellen wie Draußen im Heidedorf und Renate, Eekenhof und schließlich Der Schimmelreiter steht sein Werk in einem Spannungsverhältnis zu Vorgaben des Realismus.