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Friedrich Ganse war immer ein Mann mit Prinzipien. Pflichten haben ihn sein ganzes Leben lang angetrieben. Nie war er mit sich und seinen Leistungen zufrieden, immer verzweifelt über seine vergeblichen Versuche den Menschen in Tanganjika das Evangelium nahezubringen. Er versteht diese Menschen, ihre Sprache und ihr Verhalten einfach nicht. Doch nun, in einer verzweifelten Situation, ist der Missionar gerade auf diese Menschen angewiesen ...

Produktbeschreibung
Friedrich Ganse war immer ein Mann mit Prinzipien. Pflichten haben ihn sein ganzes Leben lang angetrieben. Nie war er mit sich und seinen Leistungen zufrieden, immer verzweifelt über seine vergeblichen Versuche den Menschen in Tanganjika das Evangelium nahezubringen. Er versteht diese Menschen, ihre Sprache und ihr Verhalten einfach nicht. Doch nun, in einer verzweifelten Situation, ist der Missionar gerade auf diese Menschen angewiesen ...
Autorenporträt
Hermann Schulz, geboren 1938 in Nkalinzi in Tansania als Sohn eines deutschen Missionars. Er lebt seit 1960 in Wuppertal und leitete von 1967 bis 2001 den Peter Hammer Verlag. Reisen führten ihn in mehr als sechzig Länder, vor allem in Afrika und Lateinamerika. Roman-Veröffentlichungen. Auszeichnung 2001 mit dem Kunst- und Kulturpreis für internationale Verständigung.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.05.2006

Band 35
Ein afrikanisches Abenteuer
Hermann Schulz: „Auf dem Strom”
In diesem Buch wuschelt nichts, es ist eines ohne Skurrilitäten; es ist ein wunderbar zartes, ernstes, sinnliches und poetisches Buch, ein Buch, das von Heilung handelt und heilen kann: Es ist ein Buch über die heilende Kraft des Erzählens. Es spielt in Afrika, an und auf einem Fluss, auf dem ein Vater mit seiner Tochter fünf Tage lang um deren Leben paddelt und ihr dabei Geschichten erzählt, die seine Geschichte sind. Zuerst sind es Selbstgespräche, er hält seine Tochter für bewusstlos. Später erst merkt er, dass sie ihm zuhört; sie lernt ihn dabei wohl verstehen. Am Ziel angekommen gibt es das Hospital, das sie suchen, gar nicht mehr; aber das ist auch nicht wichtig: Die Tochter ist gesund.
Auf dieser Reise und deren Abenteuern, durch die der Vater seine Tochter manövriert, hat sich das Verhältnis zwischen dem Vater und seiner Tochter geändert - sein Verhältnis zu den Afrikanern im übrigen auch. Der Mann ist nämlich Missionar, ein sehr frommer Mann, der seinem Beruf stets mit Verbissenheit nachgegangen war. Nach einer Überlandfahrt zu seiner Missionsstation zurückgekehrt, fand er seine Frau tot und seine Tochter lebensgefährlich erkrankt. Das ist der Beginn des Buches. Er muss seinen Schmerz zurückdrängen, nur die Fahrt zum Hospital kann der Tochter das Leben retten; die Dorfbewohner helfen ihm. Und dem Missionar Friedrich Ganse kommen auf dieser Reise Zweifel an seinem Beruf, er legt sein Sendungsbewusstsein und seine europäische Arroganz ab. Nun, da er Hilfe braucht, Hilfe erfährt und die Tochter rettet, kommt er Afrika näher als in all den Jahren zuvor.
Man muss sich nicht sorgen: Es handelt sich nicht um Erbauungs- oder Erweckungsliteratur, nicht um ein Traktat über ein afrikanisches Saulus-Paulus-Erlebnis, nicht um tropische Melancholie. Dafür schreibt Hermann Schulz, der als Sohn eines deutschen Missionars in Tansania geboren wurde, zu gerade heraus. Und wenn auch der Autor mit seinem Missionar Friedrich Ganse nicht bloß durch allerlei Gefahren, sondern auch durch die Probleme Afrikas reist - Stammesstrukturen, Kolonialvergangenheit, das schwierige Verhältnis christlicher Missionare zur traditionellen Zauberwelt - ist das Buch nicht belehrend.
Eigentlich hatte Johannes Rau dieses Buch hier vorstellen wollen. Der Leser mag schmunzeln und im Angedenken an den verstorbenen Bundespräsidenten a. D. sagen: Ja, ja, der selige Bruder Johannes - das Missions-Sujet passt zu ihm. Das stimmt: Aber nicht nur, weil Johannes Rau der Sohn eines Predigers war; sondern auch deswegen, weil der Autor, Hermann Schulz, Johannes Raus Kollege und Freund war; mit ihm zusammen hat einst Rau den Peter Hammer Verlag gegründet; und 1967 wurde Schulz als Nachfolger von Rau Verlagsleiter.
Wichtiger ist etwas anderes: Von „Auf dem Strom”, das Jugend- und Väterbuch ist, geht eine stille Kraft aus. Deshalb ist es ein Zauberbuch.
HERIBERT PRANTL
Fünf Tage auf dem Fluss
Illustration: Enno Kleinert
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.11.1998

Flußfahrt im Fieber
Eine Heilung in Afrika: "Auf dem Strom" von Hermann Schulz

Eine seltene Mischung aus Abenteuergeschichte und nüchternem Bericht, spannend bis zuletzt, voller Weisheit und existentieller Erfahrung: "Auf dem Strom" ist ein wunderbares Buch. Der Autor, Hermann Schulz, ist in Tansania geboren, dem Schauplatz seiner Erzählung, und kennt Afrika wie den Vorderen Orient oder Südamerika von vielen Reisen. Es ist das erste Jugendbuch des sechzig Jahre alten Leiters des renommierten Peter Hammer Verlages. Wolf Erlbruch hat die Erzählung sparsam illustriert. Die Zeichnungen auf körnigem sandgrauen Grund erinnern an archaische Felsenbilder.

Was der Missionar Friedrich Ganse auf seiner Fahrt flußabwärts in einem Einbaum erlebt, ist tatsächlich ein archaisches Afrika, noch kaum berührt von europäischer Kultur. Es ist zugleich ein Wettlauf mit dem Tod, dem seine Frau bereits erlegen ist, und vor dem er die kleine Tochter zu retten versucht. So wie der ihm verhaßte Medizinmann in seinem Dorf die Initiative ergriffen und alles für die gefährliche Reise vorbereitet hat, so sind es nun die Frauen in den verschiedenen Siedlungen am Fluß, die Ganse abends erschöpft erreicht. Obwohl er sich kaum verständlich machen kann, wissen sie, was zu tun ist, versorgen das fiebernde Kind wie ihn selbst nach den Regeln ihrer Gastfreundschaft und Heilkunst, ehe sie ihn am nächsten Morgen, gestärkt und mit Proviant versehen, zum Flußufer begleiten.

Stromschnellen und Krokodilen kann Ganse mit letzter Kraft ausweichen, tropische Gewitter überfallen ihn mit ihrer Gewalt. Dann wieder treibt das Boot fast geruhsam flußabwärts, und der Vater erzählt seinem schlummernden Kind von seiner Jugend auf einem Bauernhof in Niedersachsen, aber auch von seinem - wie er meint - Scheitern in Afrika: Kaum einer in seinem Missionsgebiet ließ sich taufen; nur als Jäger und Lehrer wird er geschätzt.

Auf der vorletzten Station seiner Reise begegnet er der schwarzen Krankenschwester Anima (das wäre eine neue Geschichte!). Sie erklärt ihm, was die Hühnerkralle bedeutet, die der Medizinmann dem Kind um den Hals gebunden hat: afrikanischer Hahnentod, so heißt die Krankheit. Die Kralle war die Information für die heilkundigen Frauen. Sie rät ihm aber auch, weiter mit dem Kind zu sprechen, es mit Worten ins Leben zurückzuholen. Ganse erreicht die Stadt, er hat seine Tochter gerettet und sich mit seinem Schicksal ausgesöhnt. Die Zukunft ist ungewiß, aber er hat neue Zuversicht gewonnen.

Hermann Schulz läßt seine Geschichte aus den dreißiger Jahren in einem Afrika spielen, das wir heute kaum noch finden würden. Er zweifelt am Fortschritt, den die Kolonialmächte der schwarzen Welt gebracht haben. Aber er polemisiert nicht; seine Überzeugungen hat er in eindringliche Bilder umgesetzt, die haftenbleiben und nachdenklich machen. MARIA FRISÉ

Hermann Schulz: "Auf dem Strom". Mit Bildern von Wolf Erlbruch. Carlsen Verlag, Hamburg 1998. 128 S., geb., 24,- DM. Ab 14 J.

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Eine unter die Haut gehende Geschichte erzählt Hermann Schulz in 'Auf dem Strom'. Passauer Neue Presse 20200508