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Wo auf der Welt wird am besten gekocht? Und wo am interessantesten gegessen? Christian Seiler probiert alles. Er berichtet aus der Spitzengastonomie, vom Marktstand und von der Feuerstelle. Die Welt ist seine Speisekarte, «Alles Gute» sein Programm. Mit vielen Rezepten und Empfehlungen zum Nachreisen und Selberprobieren. Von A wie Adelaide bis Z wie Zürich. Christian Seiler ist Journalist und Autor zahlreicher Bücher. Er schreibt für diverse Zeitschriften übers Essen, Trinken und Reisen. Er isst meistens in Wien, wo er auch wohnt. Ausser er isst auf Reisen.

Produktbeschreibung
Wo auf der Welt wird am besten gekocht? Und wo am interessantesten gegessen? Christian Seiler probiert alles. Er berichtet aus der Spitzengastonomie, vom Marktstand und von der Feuerstelle. Die Welt ist seine Speisekarte, «Alles Gute» sein Programm. Mit vielen Rezepten und Empfehlungen zum Nachreisen und Selberprobieren. Von A wie Adelaide bis Z wie Zürich. Christian Seiler ist Journalist und Autor zahlreicher Bücher. Er schreibt für diverse Zeitschriften übers Essen, Trinken und Reisen. Er isst meistens in Wien, wo er auch wohnt. Ausser er isst auf Reisen.
Autorenporträt
Christian Seiler ist Journalist und Autor zahlreicher Bücher. Er schreibt für diverse Zeitschriften übers Essen, Trinken und Reisen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.10.2019

Im Rausch
der Karotte
Immer dem guten Geschmack nach:
Christian Seiler isst sich um die Welt
VON HANS GASSER
Die Szene, wie sich der baumlange Christian Seiler in Lederschuhen, langem Arm- und Beinkleid heftig schwitzend im 40 Grad heißen Souk von Marrakesch verirrt und sich schließlich, gegen alle Peinlichkeitsbedenken, in eine kühlende Dschellaba kleidet – darunter nichts –, sagt einiges aus über die Art, wie dieser Christian Seiler über die Welt schreibt, die bei ihm vor allem eine Welt des guten Essens ist. Endlich in das kuttenartige Stoffgewand gehüllt, lässt er sich durch das Gewusel treiben, isst gefülltes Fladenbrot und hört dem Muezzin zu, in der Gewissheit, dass es hier sicher niemanden gibt, der an seiner offensichtlichen Verkleidung Anstoß nehmen könnte. Doch dann legt ihm einer seine Hand auf die Schulter und fragt: „Bist du’s, Seiler?“
„Was hätte ich antworten sollen? Ich war’s.“ Der österreichische Graf sagte: „Was soll ich sagen … sieht gut aus.“ „Sag nichts, sagte ich.“ Um der Peinlichkeit zu entgehen, fragt er den Grafen nach einem guten Restaurant, mit dem dieser dienen kann. Es folgt ein Essgelage im „Al Fassia“, bei dem sich Seiler und der Graf von der „Batterie an Vorspeisen“ über Huhn mit Oliven und Zitrone („das Wiener Schnitzel der marokkanischen Küche) und Lammschulter mit Mandeln bis zum süßen Couscous vorarbeiten: „Der Graf schlug seine Zähne in das Lamm.“
Christian Seiler schreibt mindestens in ironischer, oft auch in selbstironischer Weise über das Essen und das Reisen, mit Schmäh eben, und er hebt sich damit wohltuend ab von so vielen anderen Gastrokritikern, die mit Bierernst und pädagogischem Eifer über die neuesten Entwicklungen der Kochwelt dozieren. Dabei ist es keineswegs so, dass Seiler sich damit nicht auskennt, im Gegenteil, er ist besessen von der Materie, nicht nur, dass er Kochbücher verschlingt wie andere Romane und schon bei den meisten stilprägenden Köchen gegessen hat; zudem kocht und experimentiert er selbst, was seinem Urteil und seinen Rezeptvorschlägen ein bodenständiges, stabiles Fundament verleiht.
In „Alles Gute. Die Welt als Speisekarte“ versammelt der Wiener Autor und Kolumnist auf opulenten 800 Seiten mehr als
50 Reisereportagen, deren Hauptthema das Essen ist, allerdings meist so unterhaltsam verpackt, dass man en passant auch noch einiges über die Länder selbst lernt und über die Menschen, die Seiler dort trifft. Ergänzt werden die langen Reportagen von Kolumnen, die Seiler seit Jahren für das Schweizer Magazin schreibt. Er befasst sich darin exemplarisch mit Phänomenen des Essens und Trinkens, ob das nun die Verarbeitung von Bittergemüse ist, das Rezept für ein Estragonhuhn oder die Kunst, sich einen Rausch anzutrinken.
Der spielt in vielen Texten eine gewichtige Rolle, das Rauschhafte, Maßlose ist eines seiner liebsten Stilmittel. Er betrachte, schreibt er im Vorwort, Essen und Trinken „zutiefst als sinnlichen Ausdruck von Kultur und Zivilisation“. In ihrer stilistischen und kulinarischen Pointiertheit übertreffen seine Texte das meiste, was an Gastrokolumnen sonst auf dem Markt ist. Seilers Essenskolumnen erklären die Welt der Lebensmittel und ihrer Verarbeitung auf sehr grundlagenbasierte Art. Die häufig in die Texte eingestreuten Rezepte sind dabei kaum einmal so aufwendig, dass man schon nach einem Blick auf die Zutatenliste die Segel streicht. Seiler nimmt Anleihen bei von ihm verehrten Köchinnen und Köchen wie Samin Nosrat, Yotam Ottolenghi oder Marcella Hazan und erweitert dadurch den kulinarischen Horizont: ein Gewinn für jeden ambitionierten Esser und Alltagskoch.
Manchmal gehen mit ihm die Pferde durch, will heißen: Er erliegt ganz gezielt dem Größenwahn. So isst er an einem Tag in zwei Drei-Sterne-Lokalen in San Sebastián. Und wer die Reportage über seine – man muss das so sagen: orgiastische Fresstour – von Los Angeles nach San Francisco liest, bekommt es mit konservativ geschätzten 120 Gerichten zu tun, die er in diversen Hipster-Lokalen zu sich nimmt. Kostprobe aus dem „Manhattan House“ in L. A.: „Ich aß zum Anfangen ein Gericht namens Carrotology, eine so präzise Deklination von wohlschmeckenden Karotten durch alle möglichen Konsistenzen, dass ich mir sofort noch einmal die Karte bringen ließ, um nachzulegen (…) Ich bestellte alle Vorspeisen, die es gab. Die mit Mascarpone, Parmesan und einer Sauerampfercreme gefüllte Kürbisblüte war schlicht der Hammer. Die Burrata war echt, hausgemacht und köstlich. Die Bällchen aus gehacktem Lammfleisch kamen vom Grill und gehören in ein Museum für Comfort Food. Der Burger war mir eigentlich schon zu viel, aber ich aß ihn trotzdem.“
Das ist für den hungrigen Leser Folter, für den weniger Hungrigen manchmal etwas too much. Allerdings gelingt es Seiler, selbst solche Fressorgien, zu denen meist auch ordentlich Wein fließt, mit witzigen Erlebnissen und Beobachtungen zu garnieren, sodass es selten ermüdend wird. Etwa, wie er einen Auffahrunfall auf dem Highway in L. A. hat und, als er aussteigt und an die Scheibe des Unfallgegners klopft, einen Vampir vorfindet. Keinen echten zwar, aber einen Schauspieler, der „die ganze Nacht lang in einem Low-Budget-Horrorfilm eine Leiche verkörpert hatte“.
Man folgt dem Ich-Erzähler gerne auf seinen Ess-Kapaden in alle Welt. Denn während man sich dabei gut unterhält, gibt es auch meist etwas zu lernen oder zum Nachmachen. Ob das nun die besten Adria-Scampi sind, denen er in Mošćenička Draga, Kroatien, bei lebendigem Leib den Kopf abreißt, um ihr süßes Fleisch zu verzehren; oder ein Besuch beim schottischen Koch Jock Zonfrillo in Australien ist, der ihm die Speisen der Aborigines mit sauren grünen Ameisen und Känguru-Shoyu näherbringt; oder er auf den Azoren täglich zwei heimische Ananasse isst und mit einem befreundeten Koch einen Topf mit fünf Kilogramm Fleisch in einem Thermalwasserloch gart: Seiler ist immer auf der Suche nach solch unvergesslichen Geschmackserlebnissen, die für ihn die Währung persönlichen Glücks sind.
Falls dieses sich einmal nicht einstellt, weil etwa Hüttenköche in Bad Gastein ihm Mikrowellen-Käsespätzle auftischen oder vegane Köche in Kalifornien ihm Büffel- Mozzarella aus Nusscreme vorsetzen, kann er auch mal ansatzweise böse werden, natürlich auf eine sehr witzige Art. Es bleibt also festzuhalten: Wer gutes Essen, schöne Sprache und das Reisen liebt, wird von Seiler aufs Vortrefflichste bedient.
Christian Seiler:
Alles Gute. Die Welt
als Speisekarte.
Echtzeit Verlag, Basel 2019.
816 Seiten, 43 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.11.2019

Gutes Essen macht gute Laune
Christian Seiler schlemmt sich rund um die Welt

Kann man des guten Essens und Trinkens überdrüssig werden? Das wird man immer wieder gefragt, wenn man sich beruflich mit gutem Essen und Trinken beschäftigt, und die Antwort kann immer nur lauten: nein, natürlich nicht! Was für eine absonderliche Vorstellung ist es denn, vor einem Steinbutt zu sitzen und sich nach Fischstäbchen zu sehnen, oder ein Täubchen aus der Bresse verspeisen zu dürfen und sich dabei nach Chicken Wings aus der Tiefkühltruhe zu verzehren? Jeder Mensch von Sinn und Verstand kann von gutem Essen den Hals nicht voll bekommen, und Christian Seiler würde das Nein sogar in Versalien schreiben und rot unterstreichen. Er war einmal Kulturredakteur bei der "Weltwoche", dann Chefredakteur bei "Profil", schreibt aber am liebsten über die Feinschmeckerei in allen Facetten und reist dafür rastlos um die ganze Welt. Jetzt hat er seine besten Geschichten in einem opulenten Buch versammelt.

Die Weltreise beginnt in Adelaide und endet in Zürich, dazwischen schmaust und prasst Seiler in München und Marrakesch, Barcelona und Berlin, London und Lissabon, Kyoto und Cartagena, Saigon und Stockholm, Tokio und Tel Aviv. Er trifft Köche, schaut in Töpfe, verkostet Weine, versackt in Kneipen, treibt sich auf Märkten herum und streut immer wieder kurze Glossen mit kulinarischen Lebensweisheiten ein, etwa über die Frage, warum sehr teure Champagner ihr Geld sehr wert sind und Essen immer lauwarm auf den Tisch kommen sollte. Nie geht ihm dabei seine Lust und Leidenschaft, seine Hingabe und sein Heißhunger verloren. Nie nippt er nur am Genuss, und bei den besten Weinen und Schaumweinen des Planeten bleibt es selten bei einer Flasche.

Diese Begeisterungsfähigkeit ist der beste Schutzschild, um nicht in die Falle zu tappen, in der sich viele Gastronomiejournalisten früher oder später wiederfinden: Christian Seiler wird in keiner Sekunde zum Snob. Arroganz ist ihm völlig fremd, stattdessen hat er eine gesunde Selbstironie und ein großes Herz, in dem Platz für viele Götter ist. Er schlägt sich gleichermaßen in Dreisternehäusern und Straßenimbissen den Bauch voll, isst mit demselben Enthusiasmus Hausmannskost und Avantgardeküche. Er probiert alles, prahlt nie, rümpft nie die Nase, ist weder Egomane noch Egozentriker, obwohl er immer in der Ich-Perspektive schreibt. Ein Wahrheitssucher, der den Dingen auf den Grund gehen und den innersten Zusammenhalt der Welt entschlüsseln will, ist Seiler allerdings auch nicht. Ihm reicht es meist, wenn es gut schmeckt, und mit seiner Sprache gibt er sich selten so viel Mühe, wie es Joël Robuchon mit seinem Kartoffelpüree tat. Ein nonchalanter Plauderton, garniert mit freundlicher Süffisanz, das muss genügen.

Dass ihm bei seiner enthusiastischen Plauderei manchmal lässliche Fehler unterlaufen und er zum Beispiel Gabriel García Márquez seinen Literaturnobelpreis in Oslo, statt in Stockholm abholen lässt, fällt nicht weiter ins Gewicht. Denn Christian Seiler hat ein wunderbar optimistisches Buch geschrieben, das zeigt, dass die Welt voller gutem Essen ist, weil es immer irgendwo einen fabelhaften Koch und ein erfreuliches Restaurant gibt.

Dieser moderne Gargantua klagt nicht, mäkelt nicht, er kennt keinen Zynismus, keinen Ennui, keine Misanthropie, sondern erteilt seinen Lesern eine schöne Lektion fürs Leben: Wer gut isst und trinkt, bekommt zwangsläufig gute Laune. Und wer diesen Rat Christian Seilers befolgt, ist ohnehin auf der sicheren Seite: "Beim Trinken den Rausch vermeiden zu wollen ist ebenso kläglich, wie sich beim Hören sakraler Musik gegen das Gefühl des Erhabenen zu sperren."

JAKOB STROBEL Y SERRA.

Christian Seiler: "Alles Gute". Die Welt als Speisekarte.

Echtzeit Verlag, Basel 2019. Mit Illustrationen von Markus Roost und Roland Hausheer. 816 S., geb., 43,- [Euro].

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