“Bilde dir niemals ein, dass du anderen anders erscheinen könntest als so, wie du ihnen hättest erscheinen können, wenn du verschieden von dem gewesen wärst, was sie von dir gehalten hätten.” “Das würde ich, glaube ich, besser verstehen, sagte Alice höflich, wenn ich es aufgeschrieben sähe. Wenn sie
es sagen, kann ich ihren Worten kaum folgen.” “Das ist noch gar nichts gegen das, was ich sagen…mehr“Bilde dir niemals ein, dass du anderen anders erscheinen könntest als so, wie du ihnen hättest erscheinen können, wenn du verschieden von dem gewesen wärst, was sie von dir gehalten hätten.” “Das würde ich, glaube ich, besser verstehen, sagte Alice höflich, wenn ich es aufgeschrieben sähe. Wenn sie es sagen, kann ich ihren Worten kaum folgen.” “Das ist noch gar nichts gegen das, was ich sagen könnte, wenn ich wollte! erwiderte die Herzogin geschmeichelt”.
Wer “Alice im Wunderland” liest, sieht alles aufgeschrieben vor sich und dennoch fällt das Verstehen manchmal schwer. Es geht in diesem Kinderbuchklassiker wohl auch nicht um das Verstehen sondern um dessen genaues Gegenteil. Was Alice im Land der verrückten Herzkönigin erlebt, geht weit über die Grenzen des rationalen Verständnisses hinaus. Der vernunftbegabten Alice begegnet an diesem “traumhaften” Nachmittag so viel wunderliches, dass sie an ihrer eigenen Identität zu zweifeln beginnt. Mit einer Mischung aus kindlichem Ernst und spielerischer Neugier begegnet sie all den unglaublichen Mysterien und versucht aus dem sie umgebenden Unsinn schlau zu werden.
Ohne Nachzudenken ist sie dem sprechenden Kaninchen in seinen Bau gefolgt. Sie landet in einem unterirdischen Tunnel und folgt dem Weg in eine Halle mit unzähligen, verschlossenen Türen. Nur eine lässt sich öffnen und führt in einen wunderschönen Garten. Aber Alice ist viel zu groß um durch die winzige Tür zu passen. Wie durch Zauberhand erscheinen Tränke und Kuchen, die sie abwechselnd schrumpfen und wachsen lassen. Zunächst zaghaft, dann immer entschlossener probiert sie diese. Zu groß, dann wieder zu klein, findet sie keinen Weg aus ihrem Gefängnis bis der Strom ihrer eigenen Tränen sie hinaus ins “Wunderland” trägt.
Es folgen Begegnungen mit sprechenden Tieren, wie der altklugen Raupe oder der weisen Grinsekatze, eine verrückte Teegesellschaft mit dem Märzhasen, dem Hutmacher und der schläfrigen Haselmaus, die bewegende Geschichte der Suppenschildkröte oder die launige Weise der Hummerquadrille. Am Ende gelangt Alice doch noch in dem wunderschönen Garten der Herzkönigin. Dort gehen die Abenteuer allerdings erst richtig los und am Ende muss das Mädchen sogar um ihren eigenen Kopf fürchten.
Ich hatte “Alice im Wunderland” zum Vorlesen für meine “Lesepatenkinder” der Grundschule ausgewählt. Schön war, dass die Kinder der Geschichte auch fast 150 Jahre nach ihrem erstmaligen Erscheinen (und unzähligen Verfilmungen und Hörbuchversionen) noch mit Interesse zuhören. Ich spürte, dass sie den Zauber der Erzählung nachfühlen können. Wichtig ist aber auch, nicht zu übersehen, dass die Handlung sehr komplex und an vielen Stellen erklärungsbedürftig ist, nicht nur was Sprache und Wortwahl betrifft (siehe Einleitung oben).
Zum Vorlesen eignet sich “Alice im Wunderland” meines Erachtens für Kinder ab etwa 9 Jahren (dritte Grundschulklasse). Älteren Kindern kann man das Buch zum alleinigen Erkunden in die Hand geben. Ich hatte meiner Tochter (11 Jahre) probehalber daraus vorgelesen und sie nahm es gleich, um es alleine fertig zu lesen. Mit inbrünstiger Begeisterung sagte sie nach Ende der Lektüre “in diesem Buch stehe von vorne bis hinten nur Unsinn”, was sie als Kompliment verstanden wissen wollte. “Aber das ist noch gar nichts gegen das, was ich sagen wollte, wenn ich könnte” hätte ich (im Sinne der Herzogin) schmunzelnd erwidern können.