Flughäfen sind die Kathedralen unserer Gegenwart. Nachts sind die erleuchteten Landebahnen selbst vom Weltall aus zu sehen. Ihre Terminals sind Orte von Abschied und Ankunft, ihre Besucher träumen von Ferne, und jeder Luxus scheint duty free.
Alain de Botton lebte als erste 'writer in residence' eine Woche lang in London Heathrow. Doch in Terminal 5 entdeckte er weniger Warten und Transit, als ein Brennglas unserer Gegenwart. In unzähligen Geschichten und Begegnungen entwickelt er das rasende Standbild unseres Lebens, ein leuchtendes Kapitel seiner Philosophie des Alltags.
Eine Woche Heathrow - die Sehnsucht des Reisens und das Glück der Ankunft
Alain de Botton lebte als erste 'writer in residence' eine Woche lang in London Heathrow. Doch in Terminal 5 entdeckte er weniger Warten und Transit, als ein Brennglas unserer Gegenwart. In unzähligen Geschichten und Begegnungen entwickelt er das rasende Standbild unseres Lebens, ein leuchtendes Kapitel seiner Philosophie des Alltags.
Eine Woche Heathrow - die Sehnsucht des Reisens und das Glück der Ankunft
"Ein Flughafen ist für die Mehrzahl seiner Nutzer kaum mehr als ein Ort, an dem sie auf dem Weg nach irgendwo einige Stunden verbringen", bemerkt der britische Erfolgsautor Alain de Botton in seinem neuem Buch "Airport". Er selbst hingegen verbrachte eine Woche im Terminal 5 von London-Heathrow. Dort stellte er seinen Schreibtisch auf und beobachtete, der Fotograf Richard Baker hielt das Geschehen im Terminal auf melancholischen Farbfotos fest. Dort wurden sie zu Zeugen von Abschieden und Wiedersehen, Anfällen von Fernweh und Einkaufsorgien im Duty free. Wohlhabende führen oft kaum Gepäck bei sich, dabei lässt sich im Prinzip alles verpacken - solche Details sind es, die de Botton Anlass zu seiner philosophischen Betrachtung der Gegenwart geben. Eine Frau mit einem Gehirntumor verreist das letzte Mal; ein Mann ist auf dem Weg zu seiner zweiten Familie, von der die erste nichts weiß; die Putzfrau entpuppt sich als eine ausgebildete Opernsängerin. So wird de Botton zum Beichtvater und erlebt statt der erwarteten Langeweile in den Wartehallen eine ganz eigene Welt, die er kurzweilig und voller Wärme schildert. Eine Welt, die sich ganz ohne Reise entdecken lässt, und insofern ist dieses Buch ein ideales Notfallgepäckstück in Zeiten von spontanen Luftraumsperrungen. (Alain de Botton: "Airport". Roman. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2010. 128 S., geb., 16,95 [Euro].) kiwa
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Christopher Schmidt ist Alain de Botton fasziniert in den Terminal 5 des Londoner Flughafens Heathrow gefolgt, in dem der Schriftsteller als eine Art moderner "Turmschreiber" vom Betreiber für eine Woche eingeladen worden war. Bei de Botton werden offenbar nicht nur so rätselhafte Fragen geklärt, wie die, warum der Mensch nirgends so viel Tomatensaft trinkt wie im Flugzeug. Der Flughafen entpuppt sich unter der Feder des Autors auch als "Ort voller Wunder und Geheimnisse", wie der staunende Rezensent wissen lässt. Als "Gefäß für die fragilsten Momente des Lebens", nämlich Abschied, Ankunft, Wiederkehr, verführt der Flughafen den "Writer-in-Residence" offenbar mitunter durchaus zum Pathos, zum Glück für den Rezensenten aber wird der "Schwarmgeist" de Botton immer wieder durch die Menschen, die ihm dort begegnen, auf den Boden geholt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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