Ulrich Rüdenauer
Gebundenes Buch
Abseits
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Ein Kind wächst heran, auf einem Hof im Süden Deutschlands. Vater? Mutter? Sind nicht da. Es muss sehen, wie es zurechtkommt, mit Menschen, die vorschreiben, was es tun soll, ohne Liebe. Wo die Mutter ist und wo der Vater, die Frage zieht sich als Geheimnis durch diese auf bittere Weise schöne Geschichte einer Kindheit im schweigenden Deutschland. Lang ist der Krieg noch nicht vorbei, die Vögel singen, die Obstbäume blühen, die Wiesen hinterm Hügel sind der sichere Ort für dieses Kind, das zu verstehen sucht, warum die Menschen - der Pfarrer, der Lehrer, Onkel, Tante, die Kinder drumhe...
Ein Kind wächst heran, auf einem Hof im Süden Deutschlands. Vater? Mutter? Sind nicht da. Es muss sehen, wie es zurechtkommt, mit Menschen, die vorschreiben, was es tun soll, ohne Liebe. Wo die Mutter ist und wo der Vater, die Frage zieht sich als Geheimnis durch diese auf bittere Weise schöne Geschichte einer Kindheit im schweigenden Deutschland. Lang ist der Krieg noch nicht vorbei, die Vögel singen, die Obstbäume blühen, die Wiesen hinterm Hügel sind der sichere Ort für dieses Kind, das zu verstehen sucht, warum die Menschen - der Pfarrer, der Lehrer, Onkel, Tante, die Kinder drumherum - so oder anders zu ihm sind. Arbeiten muss das Kind, auch, wenn die Schule ruft. Allein ein Großvater schaut von Zeit zuZeit nach dem Rechten und nimmt es an der Hand. Fast archaisch wirken die Stationen aus einem Leben im Abseits, die in diesem mit großer Einfühlsamkeit geschriebenen Romandebüt vorüberziehen.
Ulrich Rüdenauer, geboren 1971 in Bad Mergentheim, studierte Germanistik und Politikwissenschaften in Würzburg, Heidelberg und Frankfurt. Er arbeitet als Journalist für Zeitungen und Zeitschriften, als Autor und Regisseur für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ist als Kulturveranstalter tätig und lebt in Berlin sowie in Süddeutschland. 'Abseits' ist sein erster Roman.
Produktdetails
- Verlag: Berenberg Verlag GmbH
- Seitenzahl: 188
- Erscheinungstermin: 17. September 2024
- Deutsch
- Abmessung: 195mm x 132mm x 15mm
- Gewicht: 276g
- ISBN-13: 9783949203947
- ISBN-10: 394920394X
- Artikelnr.: 70311044
Herstellerkennzeichnung
Berenberg Verlag
Sophienstraße 28/29
10178 Berlin
info@berenberg-verlag.de
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Jan Wiele stößt in Ulrich Rüdenauers Debütroman auf allerhand Deutsches: Waldeinsamkeit, Geistermusik, Provinz und auf das Wunder von Bern. Allerdings werden all diese Motive, mit denen der Autor seine Coming-of-age-Geschichte in einem Nachkriegsdorf garniert, laut Wiele immer wieder gebrochen - mal durch die dunkle Historie, mal durch einen sehr gegenwärtigen Ton. Dass die Geschichte die bösen Geister der deutschen Vergangenheit ausgerechnet mit den Weltmeistern von 1954 vertreibt, hält Wiele für einen raffinierten Kniff.
© Perlentaucher Medien GmbH
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1954 in einem Dorf in Süddeutschland, der Krieg hängt den Menschen noch nach, es ist kein Platz für Sentimentalitäten und man möchte vergessen. Die (katholische?) Kirche hat leichtes Spiel mit ihrem Gefasel von Demut und Gnade, von Sünde und Erbarmen. …
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1954 in einem Dorf in Süddeutschland, der Krieg hängt den Menschen noch nach, es ist kein Platz für Sentimentalitäten und man möchte vergessen. Die (katholische?) Kirche hat leichtes Spiel mit ihrem Gefasel von Demut und Gnade, von Sünde und Erbarmen. Gottesfürchtigkeit beherrscht die Menschen. Man möchte Absolution, möchte sie verdrängen, diese Mittäterschaft, diese Mitwisserschaft in der Nazizeit. Und dann ist es ausgerechnet ein Kind, das einen täglich wieder damit konfrontiert.
Dieses Kind ist der neunjährige Richard, er wächst bei einem herrschsüchtigen Onkel, einer lieblosen Tante mit den »falschen Geschwistern« auf, die ihn alle täglich spüren lassen, dass er nicht dazugehört.
Ein strenger Lehrer, ein prügelnder Pfarrer, harte Arbeit auf dem Hof, das ist der Alltag von Richard. Er spürt, dass er lästig ist, und versucht möglichst allen aus dem Weg zu gehen. Auch wir Leser spüren, dass seine Anwesenheit die anderen wohl an etwas erinnert, dass sie lieber verdrängen würden. Nur wenige im Ort meinen es gut mit Richard, allen voran sein Großvater, dessen Besuche aber rar sind, der einzige, der in seiner Not da ist, der ihn lobt, aber auch ein Gefangener seiner Zeit ist.
»Wir sprechen miteinander wie einer, der schweigend dasitzt, mit sich selber.« S.75
Ihn könnte er fragen, was mit seinen Eltern geschehen ist. Doch die Zeit hat keinen Platz für Fragen und Richard flüchtet sich immer mehr in die eigene Welt in seinem Kopf.
1954 ist auch das Jahr, in dem die Menschen wieder Zuversicht und Stolz verspüren. Der Fußball-WM-Sieg muss ein einschneidendes Ereignis gewesen sein, vor allem für die Kinder. Da sind plötzlich wieder Ideale, denen man nacheifern kann. Ein Hoffnungsschimmer, der vielleicht auch Richard aus seinem Abseits herausführen kann?
Es ist nicht mein erstes Buch über die kollektive Sprachlosigkeit dieser Generation, die durch ihr Schweigen so tiefe Narben hinterlassen hat. Aber diese 190 Seiten habe ich nicht mal eben so in einem Rutsch durchgelesen. Jeder Satz scheint hier geschliffen und poliert, ließ mich hineingleiten in die Gefühlswelt des kleinen Jungen und dort verankern. Sätze, an denen ich hängenbleibe, die ich erneut lese, die ich nachspüre.
Es sind viele Bruchstücke, die uns der gelegentlich auftauchende Erzähler zusammensetzt, der wohl Richards Geschichte aus dessen Erinnerung aufgeschrieben hat. Auch das ist dramaturgisch mit viel Fingerspitzengefühl eingeflochten.
Aber wie findet man heraus aus so einer brutalen Welt, wo sind die kleinen Lichtblicke, damit man als sensibles Kind nicht daran zerbricht? Ab und zu platziert der Autor kleine Hoffnungsschimmer, die mich die Ungerechtigkeiten in Richards Welt dann doch ertragen lassen.
»Nichts ist vorhersagbar. Nicht das Schlechte. Aber auch das Gute nicht. Das Gute geschieht vielleicht sogar öfter, aber man muss es erkennen, und dann muss man zugreifen.« S.186
Ein Buch, das mich inhaltlich und sprachlich zutiefst berührt hat, dass ich kaum Worte dafür finde. Jedes Wort, jede Szene, ja selbst das Cover – alles verbindet sich auf meisterhafte Weise zu einem fühlbaren Ganzen, denn auch die »Stuppacher Madonna« auf dem Einband hat eine tiefe Bedeutung für Richards Sehnsucht nach Zugehörigkeit. Doch das solltet ihr selbst lesen.
Ein wunderbares Debüt, das ich aus ganzem Herzen weiterempfehle. Ich hoffe, in Zukunft noch viel von dem Autor zu lesen.
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Momentaufnahmen im Leben eines geduldeten Kindes. Sprachlich grandios!
Richard wächst bei Onkel und Tante auf einem Bauernhof in der Nachkriegszeit auf. Er ist geduldet, wurde in die Schar seiner Nicht-Brüder aufgenommen. Von Liebe keine Spur. Auch von seinen Eltern weiß Richard …
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Momentaufnahmen im Leben eines geduldeten Kindes. Sprachlich grandios!
Richard wächst bei Onkel und Tante auf einem Bauernhof in der Nachkriegszeit auf. Er ist geduldet, wurde in die Schar seiner Nicht-Brüder aufgenommen. Von Liebe keine Spur. Auch von seinen Eltern weiß Richard nichts, es wird auch nicht darüber geredet.
Sein Onkel ist ein sehr strenger Mann, arbeitsam wie alle am Hof und äußerst gottesfürchtig, sowie das ganze Dorf, am Rande zur Stadt, die in einer Stunde zu Fuß erreicht werden konnte.
Richard lernt langsam, ist aber bemüht. Er liebt seine Fibel, mit der er, wenn es die Zeit erlaubt, auf die Wiesen und in den Wald flüchtet, um zu lesen.
Einzig sein Großvater ist ihm wohlgesonnen. Dieser taucht allerdings nur sporadisch auf, hatte sich ein kleines Haus gekauft, als der den Hof an seinen Sohn übergab. Manchmal steht Großvater mitten in der Nacht an Richards Bett. Und Richard beruhigt sich wieder, wenn es ihm schlecht geht. Und dann ist Opa auch schon wieder verschwunden. Auch die Nachbarin Jolanda hat stets ein Lächeln für Richard übrig, und ist genauso flüchtig wie sein Großvater. Gerade noch hier, dann schon wieder verschwunden.
Der Lehrer ist sehr streng, aber auch etwas einsichtig mit den „Bauern“. Der Pfarrer hingegen ist ein Monster, der seine Macht allen gegenüber brutal ausübt. Besonders bei den Kindern, wenn es um den Schulunterricht geht.
Triggerwarnung für den Roman: Szenen mit expliziter Gewaltausübung an Kindern.
S.48: „Er brauchte jedes einzelne, um mit ihm seine Gemeinheiten treiben zu können. Fehlte eines, waren seine Quälereien weniger wert. Weniger Publikum, weniger Züchtigungsobjekte“.
Auch der Onkel war von seiner Bigotterie zerfressen.
S.49: „Ob die Kinder schreiben oder lesen oder rechnen konnten, das war nicht entscheidend. Aber beten, das mussten sie lernen; und sich klein machen vor Gott und seinen Vertretern auf Erden […]“.
Ist Richard mal alleine im großen Haus, so treibt ihn die Neugier um. Er inspiziert so manches Zimmer, oder einen Schrank. Und er wird fündig, beginnt sich Fragen zu stellen über seine Eltern …und auch handeln, trotz seines noch zarten Alters.
Der Autor beschreibt in wunderbaren Sätzen die Geschichte von Richard. Es sind Momentaufnahmen über einen kurzen Zeitraum. Richard, sehr eingeschüchtert, langsam sprechend, entdeckt, dass es da noch mehr gibt in seiner kleinen Welt außer Arbeit und Prügel. Die Art und Weise, wie uns Rüdenauer an Richard heranführt, ist sehr beeindruckend. Jeder Satz ist ein kleines prosaisches Wunderwerk. Einfühlsam werden Menschen und Umgebung gezeichnet, besprochen, uns näher geführt. Man lebt und leidet mit Richard mit, freut sich über seltene, kleine Lichtblicke, und ärgert sich über die Ungerechtigkeiten wie am eigenen Leib erfahren.
Der Autor beschreibt Szenen, wie sie möglicherweise tausendfach geschehen sind, über die wir schon oft gelesen haben, und dennoch der Faszination einer neuen (wenn auch grausamen) Erfahrung erliegen.
Einen wunderbaren Satz möchte ich noch gerne zitieren:
S.186: „Nichts ist vorhersagbar. Nicht das Schlechte. Aber auch das Gute nicht. Das Gute geschieht vielleicht sogar öfter, aber man muss es erkennen, und dann muss man zugreifen.“
Der Titel „Abseits“ ist nicht nur ein Begriff aus dem Fußball, der im Roman auch seine Berechtigung hat.
Sehr gerne gebe ich eine absolute Leseempfehlung für diesen wunderbaren Roman. Auch die Aufmachung des Buches ist Buchdruckkunst vom Allerfeinsten.
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Ein grandioses Debüt
Richards Kindheit ist geprägt von der offenen Ablehnung, die ihm an jeder Ecke entgegenschlägt. Onkel und Tante sehen in ihm ein notwendiges Übel, eine familiäre Verpflichtung, die man ihnen regelrecht aufgehalst hat. Auch in der Schule muss Richard …
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Ein grandioses Debüt
Richards Kindheit ist geprägt von der offenen Ablehnung, die ihm an jeder Ecke entgegenschlägt. Onkel und Tante sehen in ihm ein notwendiges Übel, eine familiäre Verpflichtung, die man ihnen regelrecht aufgehalst hat. Auch in der Schule muss Richard viel einstecken, denn die körperlichen Züchtigungen von Zuhause wiederholen sich auch im Klassenraum. Richard fühlt sich ausgegrenzt, gehört nirgends so richtig dazu und findet in der Einsamkeit des Waldes seine ganz persönliche innere Stille und Zufriedenheit. Mit dem "Wunder von Bern" scheint auch in seinem Leben etwas Glanz angekommen zu sein...
Debütromane sind immer etwas ganz Besonders und dementsprechend groß ist die Neutier auf "Abseits" von Ulrich Rüdenauer. Mit einer einfühlsamen und zugleich aufrüttelnde Schreibweise gelingt es dem Autor, die kindliche Figur Richard zum Leben zu erwecken und mit ihm zu fühlen, zu leiden und zu träumen. Ein Kind, übrig wie ein Kanten altes Brot, von allen verstoßen und ungeliebt, versucht seinen Platz im Leben und seine eigene Identität zu finden.
Nicht einfach im Nachkriegsdeutschland, im dem Schweigen und Züchtigungen an der Tagesordnung sind und eine ganze Generation prägen. Wenn Richard erzählt, werden die Szenen im Buch lebendig und die Leser;innen können sich den Hof, den alten Bauernschrank und das geheimnisvolle Kästchen sehr gut vorstellen, werden so zu Verbündeten des Jungen.
Richard ist gefangen im dörflichen Schweigen, wird dadurch zum Beobachter und verliert sich in Tagträumen. Rüdenauer lässt die Leserschaft die Welt mit Richards Augen sehen und setzt sie so schmerzhaften Erfahrungen aus. Wie kann ein Buch so weh tun und gleichzeitig von Träumen und Wünschen erzählen ? Ein mehr als gelungener Spagat , der in einem wundervollen Schluss endet.
Ein Buch zum Nachdenken, Grübeln und irgendwie auch zum Träumen - denn wie sagt Charly im Buch: "....man weiß, wenn einem das Unerwartete begegnet und es einem ein Glück beschert."
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