Dieses Buch beschönigt nichts, es beschreibt die tatsächliche Wahrheit über den Krebs. Es zeigt uns, an welche Abgründe der Seele es uns Menschen bringt, wenn wir Tag für Tag dagegen ankämpfen müssen, von einer Krankheit zerfressen zu werden und wie viel es kostet, das nicht zuzulassen. Als wir Evie
kennenlernen, ist sie schon ziemlich am Ende ihrer Kräfte, denn die Ärzte halten ihr überleben für…mehrDieses Buch beschönigt nichts, es beschreibt die tatsächliche Wahrheit über den Krebs. Es zeigt uns, an welche Abgründe der Seele es uns Menschen bringt, wenn wir Tag für Tag dagegen ankämpfen müssen, von einer Krankheit zerfressen zu werden und wie viel es kostet, das nicht zuzulassen. Als wir Evie kennenlernen, ist sie schon ziemlich am Ende ihrer Kräfte, denn die Ärzte halten ihr überleben für mehr als unwahrscheinlich, trotz Chemotherapie und Bestrahlungen und so beschließt sie, nicht mehr zu kämpfen. Ein mutiger Schritt für ein Mädchen in ihrem Alter und dennoch konnte ich ihn sehr gut nachempfinden.. wieso kämpfen, wenn man am Ende doch als Verlierer dasteht?
Recht schnell muss Evie erkennen, dass man als krebskranker Mensch zwar nicht alleine gelassen wird, aber dass die Verwandten und Freunde im Grunde nicht mehr viel mit einem anzufangen wissen. Sie besuchen sie, sind aber froh, wenn sie ihre Pflicht erfüllt haben und nach Hause gehen dürfen, sie sprechen mit ihr, haben im Grunde nichts zu sagen. Im Krankenhaus findet Evie gleichgesinnte und fühlt sich wesentlich besser verstanden, als von Menschen, mit denen sie ihr Leben bisher verbracht hat. Sie weiß, dass sie nicht erwarten kann, von jemandem verstanden zu werden, der nicht dasselbe durchgemacht hat und doch macht sie es besonders ihrer besten Freundin Kasey zum Vorwurf.
Eine lange Zeit begleiten wir Evie bei ihrem Leben im Krankenhaus, durchleben alle Höhen und Tiefen mit ihr und werden mit all dem Konfrontiert, wovor ein jeder versucht, die Augen zu schließen: Tod. Hoffnungslosigkeit. Angst.
Als Evie aus dem Krankenhaus entlassen wird, weiß sie nichts mit ihrem Leben anzufangen, denn alles, was ihr bisher Freude gemacht hat, erscheint ihr als sinnlos und viel zu banal. Sie flüchtet sich in die Welt der Schmerzmittelabhängigkeit und versucht so, ihren inneren Schmerz zu bekämpfen. Den Schmerz, den sie spürt, wenn sie an ihre Freunde aus dem Krankenhaus denkt, der Schmerz, der jedes Mal neuen Zunder bekommt, wenn Evie merkt, dass die Leute nicht mit dem Mädchen umgehen können, das den Krebs überlebte.
"Abschied für immer und nie" ist ein Buch, das wirklich zum nachdenken bringt. Nicht nur die Episoden im Krankenhaus sind emotional aufgewühlt und manchmal schwierig zu bewältigen, auch die Zeit danach berührt. Man sollte meinen, dass ein Mensch, der den Krebs, trotz äußerst schlechter Prognose, überstanden hat, wäre fröhlich und würde vor Energie geradezu strotzen. Doch hier sehen wir, dass das überleben nicht immer einfach ist und man manchmal das Gefühl hat, dass es den anderen lieber gewesen wäre, wenn man es nicht geschafft hätte. Evie hat Menschen um sich herum und fühlt sich trotzdem einsam, nirgends dazugehörig und hilfloser, als es zu Krebs-Zeiten der Fall gewesen wäre. Sie flüchtet in ihre Medikamentensucht und fängt an zu kiffen, weil sie hofft, ihren inneren Schmerz zu betäuben und ihrer "geheimen besten Freundin", wie sie Stella stets nennt, wieder ein Stückchen näher zu sein. Auch wenn sie versucht nach Stellas Motto "Lebe wagemutig" zu leben, so hat man das Gefühl, dass sie nicht wagemutig, sondern vielmehr leichtsinnig handelt und ihre neu gewonnene Gesundheit, ihr neues Leben, wegwirft, weil sie nicht weiß, wie sie mit diesem Geschenk umgehen soll.
Insgesamt muss ich sagen, dass ich dieses Buch nicht nur gut fand - sondern großartig. "Abschied für immer und nie" zeigt, dass das Leben nicht immer so einfach ist, wie es uns manche Bücher weiß machen wollen... dass es grausam, gemein und hinterhältig ist und man nicht immer die Erwartungen der Menschen erfüllen kann (und will), die um uns herum sind. Manchmal muss man anfangen, sein eigenes Leben zu leben und sich selbst am Allerwertesten packen, um aus dem tiefen Loch herauszukommen, in das uns das Leben höchstselbst hineinkatapultiert hat. Prädikat: äußerst lesenswert