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Vor zehn Jahren ist Iris bei einem Terroranschlag schwer verletzt worden. Zwar ist sie in ihr altes Leben zurückgekehrt, sie leitet eine Schule, ihr Mann steht ihr treu zur Seite, die Kinder sind fast erwachsen, doch quälen sie Tag für Tag Schmerzen. Als sie Eitan wiederbegegnet, der Liebe ihrer Jugend, der sie vor Jahren jäh verlassen hat, wirft sie das völlig aus der Bahn. Die Wunde, die er ihr damals zufügte, ist nicht weniger tief als die, die der Selbstmordattentäter, der sich neben ihr in die Luft sprengte, riss. Und doch fühlt sich Iris, zaghaft, überrascht, erneut zu ihm hingezogen und…mehr

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Produktbeschreibung
Vor zehn Jahren ist Iris bei einem Terroranschlag schwer verletzt worden. Zwar ist sie in ihr altes Leben zurückgekehrt, sie leitet eine Schule, ihr Mann steht ihr treu zur Seite, die Kinder sind fast erwachsen, doch quälen sie Tag für Tag Schmerzen. Als sie Eitan wiederbegegnet, der Liebe ihrer Jugend, der sie vor Jahren jäh verlassen hat, wirft sie das völlig aus der Bahn. Die Wunde, die er ihr damals zufügte, ist nicht weniger tief als die, die der Selbstmordattentäter, der sich neben ihr in die Luft sprengte, riss. Und doch fühlt sich Iris, zaghaft, überrascht, erneut zu ihm hingezogen und ist versucht, ihrer Ehe zu entfliehen, die ersten Lügen zu stricken, alles aufs Spiel zu setzen.
Autorenporträt
Zeruya Shalev, 1959 in Israel geboren, studierte nach ihrer Militärzeit Bibelwissenschaften an der Hebräischen Universität Jerusalem. Sie arbeitet als Schriftstellerin und Verlagslektorin. Ihre Romane wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt. 2012 erhielt sie für ihr literarisches Gesamtwerk den "Welt"-Literaturpreis.
Seit 1993 ist sie mit dem Schriftsteller und Journalisten Eyal Megged verheiratet. Zeruya Shalev lebt mit ihrem dritten Mann, zwei Kindern aus verschiedenen Ehen und einem Adoptivkind in Jerusalem. Am 29. Januar 2004 wurde sie dort bei einem Anschlag eines Selbstmordattentäters erheblich verletzt.

Mirjam Pressler wurde 1940 in Darmstadt geboren - ein uneheliches Kind jüdischer Abstammung, das bei Pflegeeltern aufwuchs. In Frankfurt besuchte sie die Hochschule für Bildende Künste. Sie hat drei inzwischen erwachsene Töchter und fünf Enkelkinder. Die Liste der Berufe, die sie ausgeübt hat, ist lang. Ihre ersten Bücher schrieb sie nachts, neben Beruf, Familie und Hausha

lt.
Gleich für ihre ersten Roman bekam sie den Oldenburger Jugendbuchpreis. Seit vielen Jahren schreibt sie hauptberuflich für und über Kinder und ihre Probleme. Für ihre eigenen Bücher und die Übersetzungen aus dem Hebräischen und dem niederländisch-flämischen Sprachraum hat Mirjam Pressler viele Preise und Auszeichnungen erhalten, 1998 wurde sie mit dem deutschen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet, 2001 mit der Carl-Zuckmayer-Medaille für Verdienste um die deutsche Sprache und 2004 mit dem Deutschen Bücherpreis für ihr literarisches Lebenswerk. 2013 erhielt sie die Buber-Rosenzweig-Medaille.
Mirjam Pressler lebt in der Nähe von München.

Maria Schrader gehört zu den ausdruckstärksten Schauspielerinnen in Deutschland. Sie ist bekannt durch ihre Hauptrollen in Kinofilmen wie 'Väter', 'Rosenstraße', 'Aimee und Jaguar' oder 'Meschugge'. Mit Zeruya Shalevs 'Liebesleben' gab sie 2007 ihr Regiedebüt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.10.2015

Charakterfehler lösen sich nicht einfach in Luft auf
In ihrem neuen Roman "Schmerz" untersucht Zeruya Shalev sämtliche Spielarten dieser universalen Empfindung - unheikel ist das nicht

Eine ganze Weile lang sitzt man dem seltsam ernüchternden Gedanken auf, Zeruya Shalev, die seit ihrer bestsellenden Trilogie "Liebesleben", "Mann und Frau" und "Späte Familie" als Expertin für kosmopolitisch-weibliche Seelenabgründe gilt, sei sentimental geworden. Aufs Neue erzählt sie die in Israel angesiedelte Geschichte einer Ehe. Sie schildert die solide Beziehung zwischen dem irakischstämmigen Juden Micki und seiner Frau Iris, die, wie die Autorin selbst, zehn Jahre vor der Romanhandlung von der Bombe eines Selbstmordattentäters zerfetzt wurde und seither Schmerzpatientin ist.

Micki und Iris haben zwei Kinder, einen schulpflichtigen Jungen und ein erwachsenes Mädchen, das inzwischen den Militärdienst hinter sich hat und in Tel Aviv ein eigenes Leben beginnt. Iris ist im neuen Roman von Zeruya Shalev kein fragiles Frauenzimmer, das Orientierung in sadistischen Beziehungen sucht ("Liebesleben"). Sie ist eine gestandene Schulleiterin, die voller Idealismus für die Aussöhnung von Arabern und Juden kämpft und durch pädagogische Programme ("Der andere bin ich!") mit gutem Beispiel vorangeht. Was es zu ihrer Ehe zu sagen gibt, ist nach wenigen Seiten klar. Um die große Liebe scheint es sich nie gehandelt zu haben, denn da hat es einst einen Jungen namens Eitan gegeben, den liebte Iris, als sie siebzehn war. Nachdem Eitan allerdings seine brustkrebskranke Mutter beerdigt hatte, verließ er seine Freundin mit der Begründung, er müsse sich von der schmerzhaften Vergangenheit befreien.

"Schmerz" heißt der neue Roman von Zeruya Shalev, und darin werden alle Spielarten dieser universalen Empfindung durchgenommen - ohne Larmoyanz, vielmehr geht es in diesem Buch um das Erzählbarmachen jener Normalversehrungen, die das Leben uns früher oder später antut. Da ist zum einen der Initialschmerz einer frühen Seelenverletzung im Leben von Iris. Der Allerliebste hinterlässt mit seinem Verschwinden eine Lücke, die weder ein erfülltes Berufsleben noch eine halbwegs funktionierende Ehe schließen können. Als zehn Jahre nach ihrem Unfall der alte körperliche Schmerz aufs Neue auftritt, beschließt Iris, einen Palliativmediziner aufzusuchen. Und dort dann traut sie ihren Augen nicht. Der behandelnde Arzt, inzwischen ein Mittvierziger mit Vollbart, der seinen Namen von Rosenfeld auf Rosen eingekürzt hat, entpuppt sich als jener Lebensschmerz auslösende Eitan.

Natürlich erkennen sich die beiden, und sofort züngelt die Flamme der alten Liebe wieder auf. Und genau an dieser Stelle, etwa nach einem Viertel des Buchs, hat man keine Lust, sich nun seitenweise die Abwägungen einer Mutter in den besten Jahren anzutun. Soll sie ihren Mann verlassen, nur weil er inzwischen einen dicken, haarigen Bauch bekommen hat und ihr im Grunde sowieso nie genügte? Andererseits handelt es sich bei Micki ganz offensichtlich um eine treue Seele. Gelegentlich will er Sex, während sie sich vor Schmerzen kaum auf den Beinen halten kann. Man versteht, dass da nicht immer mit Fingerspitzengefühl gehandelt wird. Die Lösung heißt also Eitan, der, und das muss man der Autorin zugutehalten, allerdings auch nicht in Pastelltönen gezeichnet ist. Zwar soll es sich um Liebe handeln. Besonders scheint sich Eitan aber auch Jahrzehnte nach seiner verheerenden Fahnenflucht nicht für Iris' Leben zu interessieren. Bei einem gemeinsamen Restaurantbesuch schiebt er ihr unter Vortäuschung eines Kusses ein blutiges Stück Steak in den Mund. Wer tut einer Vegetarierin so etwas an? Gerade, weil Zeruya Shalev ihren Lesern eine kitschige Wiedervereinigung erspart, bekommt das Buch auf einmal einen Drive, den man ihm auf den ersten hundert Seiten gar nicht zugetraut hatte. Denn nun kommen ein paar neue Handlungsherde ins Spiel.

Iris' Tochter ist drauf und dran, in Tel Aviv einem Psycho-Quacksalber auf den Leim zu gehen, der sie zu einer despotischen Form von "innerer Arbeit" zwingt, die beinhaltet, sich von der eigenen Familie loszusagen. Die neue Konfliktlage also: Alte Liebe rostet nicht, einerseits; die eigene Tochter an eine Sekte verloren, andererseits. Die Fragilität des auf tönernen Füßen stehenden Konstrukts Familie scheint hiermit besiegelt. Und auf einmal entwickelt die Schmerzpatientin Iris ungeahnte Kräfte. Am erstaunlichsten: Sie widersteht dem Liebhaber. Wie Shalev hier die Kurve bekommt und ihren Lesern eben gerade keine Geschichte einer zerstörerischen Passion auftischt, sondern vielmehr eine von verpassten Chancen und Charakterfehlern, die sich, daran lässt die Autorin keinen Zweifel, auch nach einem Vierteljahrhundert nicht in Luft auflösen. Natürlich hat es eine wunderbare Ironie, dass Shalev ausgerechnet den Mann, von dem der Urschmerz ausgeht, zu ihrem Schmerztherapeuten macht. Am Ende wird Iris es aber selbst sein, die sich von ihrer Pein befreit. Denn sie hat eine Mission, die sie vorerst in ein anderes Gefühlsregister verfrachtet: nicht in das der schmachtenden Liebe zu einem Mann, sondern in das der tätigen Liebe zu einem Kind. "Wenn sie jetzt aus dem Auto steigt und ihn sieht, etwas, was sie unbedingt will, wenn sie ihr Leben in diese Richtung lenkt, hat sie nicht das Recht, von ihrer Tochter zu erwarten, dass sie die Richtung ändert. Das ist keine schwarze Magie, das ist Erziehung."

Der Roman, übersetzt von der preisgekrönten Mirjam Pressler, ist leider nicht ganz frei von Stilblüten. Man hängt sich allerdings auch nicht besonders lang daran auf. Denn ausgleichend subtil verfährt Zeruya Shalev, wenn sie die Mechanismen einer Ehe schildert, wenn sie etwa den Beginn einer Argwohn säenden Lügenspirale andeutet. Auch bleibt immer offen, ob der etwas träge Ehemann aus Ignoranz oder aus Weisheit handelt, wenn er im entscheidenden Moment seinem Verdacht nicht nachgeht: "Micki kommt auf sie zu, schwerfällig, wie ein Mondsüchtiger, er lächelt ihr auf dem Weg zur Kaffeekanne zu und stellt keine einzige Frage, vielleicht ist es kein Lächeln, sondern das freundliche Nicken des Erkennens, als würde er eine Nachbarin an der Mülltonne treffen."

Dass eine Ehe eben nicht nur von Passionen lebt, wirkt bei Zeruya Shalev gar nicht abgeschmackt, sondern irgendwie tröstlich. Und weil die Autorin Bibelwissenschaftlerin ist, kann man den an verschiedenen Stellen des Buchs auftauchenden Bezug zur Josefsgeschichte gut mit dem genealogischen Prinzip ihrer Erzählung verknüpfen. Denn nicht nur geht es ihr darum, zu zeigen, wie Menschen sich nach langer Zeit wiedererkennen, sondern auch, dass sich auf Abwege geratene Familienmitglieder wiederfinden können.

KATHARINA TEUTSCH

Zeruya Shalev: "Schmerz". Roman.

Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. Berlin Verlag, Berlin 2015. 381 S., geb., 24,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.10.2015

Die zweite Haut
Zeruya Shalevs bester Roman: „Schmerz“
Zehn Jahre ist es her, dass Iris, die Heldin des neuen Romans von Zeruya Shalev, bei einem Bombenattentat in Jerusalem schwer verletzt wurde. Die Wunden sind verheilt, die komplizierten Brüche zusammengewachsen, die grauenhaften Bilder und Schreie irgendwo im Gedächtnis vergraben. Doch ein Wort ihres Mannes genügt, und plötzlich ist alles wieder da und schleudert sie zurück in das Jahr der Operationen, der Hilflosigkeit und des Leidens, in dem sie noch keine erfolgreiche Schuldirektorin war, sondern einfach nur eine „Frau mit Schmerzen“, die sich vor den eigenen Kindern schämt.
  Wie tektonische Platten, die sich ineinanderschieben, schichtet der Roman das Leben der Heldin um. Die Vergangenheit wird nicht erinnert, sie ist lodernd präsent. Sie brennt wie der Bus, der ausgerechnet in dem Moment explodiert, als sie ihn überholt, sie brennt wie der Schmerz, der folgt, und wie das Verlangen, das sie als Siebzehnjährige für einen jungen Mann empfindet, der ihre große Liebe bleibt. Ausgerechnet er begegnet ihr nun wieder, fast dreißig Jahre später, als Chefarzt der Schmerzambulanz, bei der sie Hilfe sucht. Damals hat sie mit ihm gemeinsam seine sterbende Mutter umsorgt. Nach deren Tod trennte er sich von ihr. Er wollte ein neues Leben beginnen, ohne ständig an seine Trauer erinnert zu werden. Sie aber versank in ihrem Liebesschmerz, so haltlos, dass ihre Mutter um ihr Leben bangte.
  Nach ihrem letzten Roman, „Der Rest des Lebens“, in dem die 1959 im Kibbuz Kinneret am See Genezareth geborene Autorin zum ersten Mal in die Geschichte Israels eintauchte, nimmt „Schmerz“ den Stil wieder auf, der sie bekannt gemacht hat. Wie „Liebesleben“, „Mann und Frau“ und „Späte Familie“, die Trilogie über das Chaos der modernen Liebe, ist auch der jüngste Roman mit jener furiosen Intensität geschrieben, die sich in langen Sätzen und großen Schleifen in das Bewusstsein der Protagonistin schraubt, um ihre Zweifel, ihr Verlangen, ihren Zorn und ihre Schuldgefühle ans Licht zu befördern.
  Die Qualität dieser Prosa, die Mirjam Pressler wie stets auch auf Deutsch spürbar macht, liegt in der Übertreibung. Sie ist ihrem Charakter nach pathetisch. Dass „Liebe wehtut“, wie es die israelische Soziologin Eva Illouz formuliert, steht für Zeruya Shalev außer Frage. Sie parallelisiert den am Jahrestag des Attentats wieder aufgeflammten körperlichen Schmerz mit dem Liebesschmerz der Siebzehnjährigen und schickt ihre Heldin durchs Purgatorium ihrer wiederaufblühenden Jugendliebe. Denn Eitan hat, während er ihre Röntgenbilder studierte, anders als sie dachte, seine Patientin erkannt. Dass er Iris verlassen hat, hält er für den größten Fehler seines Lebens. Er versucht, sie wiederzugewinnen, und sie lässt sich auf ihn ein. Während sie mit Fieber zu Hause liegt, besucht er sie heimlich. Die beiden schlafen im Bett von Iris’ Tochter Alma miteinander, die nach Tel Aviv gezogen ist.
  Alles vermischt sich: die Generationen, die Lebensphasen, die Zeiten. Zeruya Shalev gönnt ihrer Heldin ein paar Tage voller Leidenschaft. Sie ist sich fast schon gewiss, dass sie Micki, ihren Mann, verlassen wird. Mehr Sorgen als um ihn, der am liebsten online Schach spielt und, wenn sie ihn anspricht, meistens murmelt, „nicht jetzt, ich bin mittendrin“, macht sie sich um ihren Sohn Omer. Er war ein schwieriges Kind, bald wird er zum Militärdienst eingezogen. Was passiert mit ihm, wenn sie seine Familie zerstört?
  Doch die Gefahr lauert anderswo. Alma ist dem Besitzer der Bar, in der sie in Tel Aviv arbeitet,völlig verfallen. Er gibt sich als Guru, will sie von ihrem Ego befreien und schickt sie mit wildfremden Männern ins Bett. Sex sei auch nur eine Dienstleistung wie Kaffeeservieren, plappert sie ihm nach. Mit dem gleichen Furor, mit dem Iris sich in die Liebe stürzte, geht sie nun die Rettung der Tochter an.
  Sieben Wochen beträgt die Erzählzeit des Romans, in ihnen kommt alles auf den Prüfstand, was das Leben der Heldin ausmacht: Hat sie Alma vernachlässigt, weil Omer so viel Aufmerksamkeit brauchte? Hat der Einsatz für ihre Schüler ihren eigenen Kindern zu viel Fürsorge geraubt? Und hat sie über Familie und Beruf die eigenen Bedürfnisse vernachlässigt? Die Fragen sind nicht originell. Aber Zeruya Shalev gibt ihnen eine Dringlichkeit, die nicht allein aus ihrem Stil kommt, sondern auch aus der israelischen Gesellschaft, die eine hohe Reibungsenergie zwischen den neuen Liebes- und Familienmodellen und traditionellen Werten erzeugt.
  Die Glorifizierung der Mutterschaft, das Verhältnis zwischen den Generationen, die Bedeutung der Familie nach dem Holocaust, die Angst vor Attentaten und der Militärzeit der Söhne, all das ist als eine Art Hintergrundrauschen in ihren Romanen präsent. In Interviews hatte Zeruya Shalev erklärt, sie wollte nicht über das Attentat schreiben, bei dem sie im Januar 2004 verletzt wurde. Das sei eine Tragödie, ihr Sujet sei dagegen der Alltag mit seinen Dramen und Krisen. Dass sie nun doch ihrer Hauptfigur etwas von der eigenen Erfahrung mitgibt, verleiht ihrem Roman Gewicht.
  „Schmerz“ erzählt von Kontrolle und Zwang, Angst und Fürsorge, Schuld und Rettung – und von den Narben, die ein Ausnahmezustand allen Familienmitgliedern zufügt. Eigentlich war Micki am Tag des Attentats an der Reihe, die Kinder zur Schule zu bringen. Doch „das System“ war abgestürzt, er musste früher ins Büro. Omer trödelte auf dem Klo, Alma wollte noch Zöpfe geflochten bekommen. Die ganze Familie fühlt sich schuldig, dass Iris zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen ist. Aber zehn Jahre lang wurde nicht darüber gesprochen.
  Am Ende der siebenwöchigen Läuterungsekstase kommt Iris zu dem Schluss, dass weder die Furcht vor der Zukunft noch die Trauer über Versäumtes ihr Leben bestimmen sollte. Es ist der Schmerz, der ihr mitteilt, dass ihr nichts anderes übrig bleibt, als sich der Gegenwart zu überantworten, mit der er zusammenfällt: „Ich bin kein Echo der Erinnerungen, ich bin keine Brücke für zukünftige Pläne, ich bin alles, was du hast, die Essenz deiner Existenz, vertraue mir, denn du hast keine andere Wahl.“ Mit „Schmerz“ kommt Zeruya Shalevs Stil in seinem ganzen Pathos zu sich selbst, es ist ihr bester Roman seit „Liebesleben“.
MEIKE FESSMANN
  
Zeruya Shalev: Schmerz. Roman. Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. Berlin Verlag, Berlin 2015. 368 Seiten, 24 Euro. E-Book 19,99 Euro.
Lange Sätze schrauben
sich in das Bewusstsein der
zweifelnden Heldin
Eine hohe Reibungsenergie
besteht zwischen alten Werten
und neuen Lebensmodellen
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»Ein Lob an die Übersetzerin Mirjam Pressler, die in immer neuen Wortfindungen den Tönen nachspürt.« Thomas Maess Evangelische Zeitung 20160327