Die 13jährige Lou gilt mit einem IQ von 160 als hochbegabt und hat bereits zwei Klassen übersprungen. In der Schule ist sie deswegen eine Außenseiterin, klein, schmächtig und für die älteren Mädchen gänzlich uninteressant.
Auch zu Hause hat Lou es nicht leicht. Seit dem Tod ihrer jüngeren Schwester
lebt ihre Mutter in ihrer eigenen Welt und trotz der Bemühungen des Vaters, die Normalität so gut…mehrDie 13jährige Lou gilt mit einem IQ von 160 als hochbegabt und hat bereits zwei Klassen übersprungen. In der Schule ist sie deswegen eine Außenseiterin, klein, schmächtig und für die älteren Mädchen gänzlich uninteressant.
Auch zu Hause hat Lou es nicht leicht. Seit dem Tod ihrer jüngeren Schwester lebt ihre Mutter in ihrer eigenen Welt und trotz der Bemühungen des Vaters, die Normalität so gut es geht zu wahren, ist das Familienleben der Bertignacs kaum noch als solches zu bezeichnen. Durch unzählige Experimente mit Alltagsgegenständen stillt Lou nicht nur ihren Wissensdurst, sondern verdrängt gleichzeitig auch ihren Schmerz.
Als sie für die Schule ein Referat über das Thema Obdachlosigkeit vorbereiten muss, lernt sie No kennen, die mit gerade mal 18 Jahren auf den Straßen von Paris lebt und täglich ums Überleben kämpfen muss, stets auf der Suche nach etwas Essbarem und einem trockenen und sicheren Schlafplatz.
Zunächst treffen sie sich nur aufgrund des Referats, aber bald entwickelt sich eine Freundschaft, fast schon eine Abhängigkeit zwischen den beiden und Lou beschließt, No wieder ins richtige Leben zurückzuführen. Ein Experiment mit positivem Ausgang?
«No & ich» wurde 2oo8 mit dem französischen Buchhändlerpreis ausgezeichnet und überzeugt vor allem durch seine starken Charaktere. Trotz der geringen Seitenzahl verleiht die Autorin ihren beiden tragischen Heldinnen eine enorme Tiefe und zieht den Leser damit gleich in ihren Bann. So manches Mal möchte man die beiden Mädchen gerne in den Arm nehmen, sie trösten und ihnen sagen, dass alles gut wird. Aber so einfach ist das nicht. Denn das Schicksal ist nicht immer gerecht. Das müssen Lou und No am eigenen Leib erfahren.
So erzählt Lou ihre Geschichte mal voller Hoffnung, mal zutiefst traurig, auf der einen Seite poetisch, auf der anderen wieder kindlich-amüsant. Sie lässt ihren übersprudelnden Gedanken freien Lauf und sprengt dabei sämtliche Grenzen der Grammatik. Statt einzelne Sätze mit einem Punkt zu beenden, werden sie lediglich durch Kommas getrennt und ziehen sich so über die halbe Seite. Wörtliche Rede wird ohne Anführungszeichen ebenfalls zwischen die Kommas gequetscht. Dieses Stilmittel vermittelt zwar eine klare Vorstellung davon, was in Lous Kopf vor sich geht, hemmt aber leider auch etwas den Lesefluss.
Zum schnellen Verschlingen ist das Buch aber ohnehin nicht geeignet. Dazu liegt schon das Thema zu schwer im Magen. Denn, wie kann es immer noch Menschen geben, die durch sämtliche Raster fallen und auf der Straße leben müssen? Eine unbequeme Vorstellung, die betroffen macht.
Zum Ende hin schwächelt die Erzählung allerdings etwas. Einerseits scheint der Abschluss genau richtig, andererseits bleibt aufgrund diverser Entwicklungen ein schaler Beigeschmack. Es macht eben einen Unterschied, ob man mit Sicherheitsnetz leiden kann oder nicht.
FAZIT: Eine bittersüße, eindringlich erzählte Geschichte, die durch das Ende aber etwas von ihrem Zauber verliert.