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Top-Rezensenten Übersicht

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Libriliciouis
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 36 Bewertungen
Bewertung vom 08.09.2024
Mein drittes Leben
Krien, Daniela

Mein drittes Leben


ausgezeichnet

Daniela Krien scheut nicht vor schwierigen Themen. Das hat sie in Ihrem grandiosen Erzählungen „Die liebe im Ernstfall“ schon bewiesen. Und auch diesmal ist es ein schreckliches Schicksal. Nach dem Tod ihres einzigen Kindes, lebt die Hauptprotagonistin Linda zurückgezogen auf einem Hof im nördlichen Sachsen. Alles hat sie hinter sich gelassen den Ehemann, die Großstadt und einen erfolgreichen Beruf.
Nichts kann übersprungen werden, alles muss durchlebt werden. S.31 EBook
Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen. (Guy de Maupassant) Aber hier, in meinem dritten Leben, sind es nicht die Menschen. Es sind die Tiere und die Pflanzen und der Wind und die Bilder der Toten an den Wänden. S.25 EBook
Auch dieses Buch von Daniela Krien liest sich wunderbar, obwohl die Thematik erdrückend ist.
Ich freue mich total, dass „Mein drittes Leben“ auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis gelandet ist!

Bewertung vom 08.09.2024
Juli, August, September
Grjasnowa, Olga

Juli, August, September


ausgezeichnet

Lou, eigentlich Ludmilla, lebt mit ihrem Mann, ein Jackpot laut Schwiegermutter, einem Pianisten und deren Tochter Rosa, in Berlin. Sie sind jüdisch, aber wie bringt man es der Tochter bei, wenn man selbst noch ganz viele Fragen offen hat? Das will sie nun auf den 90.Geburtstag ihrer Tante in Gran Canaria rausfinden. Wie in all ihren Romanen geht’s es auch hier um das Thema Herkunft, Nationalität und Heimat.
Die Geschichte fängt flott an, und liest sich durch kurze Kapitel sehr schnell. In der Mitte nimmt die Geschwindigkeit etwas ab um viel zu früh zu enden. Der Schreibstiel ist wie gewohnt, flüssig und der Ton ironisch bis zynisch. Aber genau deswegen lieben wir sie ja.
An Intensität des „Der Russe ist einer, der Birken liebt“ kommt es leider nicht ran. Trotzdem hätte ich mir mehr Seiten gewünscht, um in den klugen Gedanken einer starken Frau schwelgen.
Die mehrfach ausgezeichnete Autorin Olga Grjasnowa ist in Baku in einer russisch-jüdischen Familie geboren. Sie gehört zu einer meiner Lieblingsautorinnen und meine absoluten Highlights „Der Russe ist einer, der Birken liebt“ und „Die juristische Unschärfe einer Ehe“ kann euch ans Herz legen.

Bewertung vom 08.09.2024
Der Bademeister ohne Himmel
Pellini, Petra

Der Bademeister ohne Himmel


ausgezeichnet

Sehr rührend erzählt Petra Pellini über die ungewöhnliche Freundschaft zwischen Linda und dem demenzkranken Hubert.
"Ähnlich wie Hubert: Ich suche den Ausgang und finde
ihn nicht. Ich weiß nicht, ob die anderen das mitbekom-
men. Man kann Hausaufgaben, Erledigungen, Rechenabläufe, Geburtstage vergessen, weil man vergesslich ist oder wie in meinem Fall, weil man nichts damit zu tun haben will. Weder Mama noch meine Lehrer fragen
nach, warum ich anders bin. Sie wollen nur, dass ich
funktioniere." S.62
Überragend wie leicht und humorvoll Fellini solch ein schweres Thema verpackt. Die Autorin war lange in der Pflege demenzkranker Menschen tätig. Diese Erfahrungen hat sie ganz emphatisch in dem Roman verarbeitet.
Der Schreibstil ist flüssig und hat sofort ein Lesesog erzeugt. Ein leises Buch mit ganz viel Wirkung.
Eine Empfehlung an Benedict Wells und Alina Bronsky Fans.

Bewertung vom 08.09.2024
Glück
Thomae, Jackie

Glück


gut

"Glück" hat mich durch die Leseprobe und die interessante Thematik neugierig gemacht. Wann ist der perfekte Zeitpunkt um Kinder zu bekommen? Gibt es den überhaupt, oder muss wirklich jede Frau ein Kind bekommen um vollwertig zu sein? Leider hat mir die Umsetzung nicht wirklich zugesagt. Eine der Protagonist:innen ist eine erfolgreiche Podcaster:in und genauso ist der das Buch geschrieben - ein langer Podcast - mit einer Aneinanderreihung von Gedanken, selbst die wörtliche Rede ist nicht gekennzeichnet und somit dümpelt es bis zum Ende hin. Auch die Abwechslung durch die verschiedenen Perspektiven, konnte es nicht mehr retten. Es ist ein nettes ich, was zum Schluss tatsächlich doch noch einen Hauch Spannung aufbauen kann, aber grundsätzlich kein muss in diesem Spätsommer. Es ist das erste Buch der Jackie Thomae, das ich gelesen habe. Ich war sehr überrascht, dass ihr zweiter Roman Brüder auf der Shortlist für den Deutschen Puchpreis stand und es mit dem Düsseldorfer Literaturpreis 2020 ausgezeichnet wurde.

Bewertung vom 08.09.2024
Das Pfauengemälde
Bidian, Maria

Das Pfauengemälde


weniger gut

Dieses Buch habe ich durch die Leseprobe entdeckt und hatte dadurch ganz hohe Erwartungen an die Geschichte.
"Die Briefmarken schnitt er aus, legte sie in Wasserschalen
und dann auf Zeitungspapier. Das Album mit den rumänischen
Marken war das dickste, oft sah ich ihn spät am Abend
mit der Pinzette darüber gebeugt sitzen, als könnten die bunten
Papierstücke das zurückbringen, was er verloren hatte: seine
Heimat, seinen Wohlstand, seine Anerkennung."S.9
Vermutet habe ich eine schöne oder zumindest komplizierte Vater-Tochter Geschichte mit dem Rückblick auf sein interessantes Leben in der Heimat Rumänien. Vor allem weil ich bis jetzt wenig Romane gelesen, die dort spielen . Ich wurde bitter enttäuscht. Es handelt sich leider um eine langatmige Aufzählung der Familienmitglieder. Irgendwann konnte ich auch nicht mehr folgen und bin immer wieder in meine Gedanken abgedriftet. Das ganze Buch zieht sich wie ein Kaugummi, bei der Hälfte habe ich tatsächlich mit dem Gedanken gespielt es abzubrechen. Sehr schade!

Bewertung vom 03.09.2024
Bevor es geschah
Spierer, Céline

Bevor es geschah


sehr gut

Hier haben wir die perfekte Familie Haynes - Jahrzehnte lang glücklich verheiratet, erfolgreiche Jobs, wunderschöne kluge Kinder. Und dann reicht ein jährliches Barbecue und die Fassade der perfekten Familie bröckelt. Im Inneren der Familie Hays brodelt es nämlich nur so. Die Probleme die jahrelange unter den Teppich gekehrt wurden, holen die Familienmitglieder nach und nach ein.
„Bevor es geschah“ im Original "Ertränkt" ist ein gut konstruirter Debütroman, in dem man sich ganz oft wiederfindet. Eine große Empfehlung für Fans von Famieliendramen mit kleinen alltäglichen Grausamkeiten.
Sina de Malafosse, geboren 1984, lebt als Lektorin und Literaturübersetzerin in Toulouse. Sie übersetzte für Kein & Aber bereits Victor Jestin.

Bewertung vom 15.07.2024
Was das Meer verspricht
Blöchl, Alexandra

Was das Meer verspricht


sehr gut

An dieses Buch bin ich, um ehrlich zu sein, nicht unvoreingenommen rangegangen. Denn die Autorin ist keine Unbekannte. Die Rede ist von Anne Sanders oder Lea Choplin und beides nicht ganz mein Fall. Aber die Autorin will laut Verlag „mit dem vorliegenden Roman ein neues Kapitel in ihrer schriftstellerischen Laufbahn aufschlagen. Dafür erhielt sie im Oktober 2022 das Arbeitsstipendium für Literatur der Stadt München.“
Und dann sehe ich dieses atemberaubende Cover und lese, dass es auf einer Insel, die Norden heißt, spielt und muss es versuchen!
Und was soll ich sagen, es hat meine Erwartungen total übertroffen. Alexandra Blöchl hat mich komplett überzeugt. Eine Story beginnt ganz leise und steigert sich schnell. Da es auch der Sicht der Hauptprotagonistin geschrieben ist, findet man schnell Zugang zur ihr. Was mir leider bei der Nebenfigur Marie ein wenig gefehlt hat. Hier hätte ich mir zusätzlich ihre Sicht gewünscht um etwas mehr zu erfahren.
Es ist ein stimmiger Sommerroman, den man sehr gut am Strand weglesen kann, der dennoch tiefgründig ist und mir sehr schöne Lesestunden bereitet hat.
Eine klare Empfehlung von mir!

Bewertung vom 15.07.2024
Bonjour Agneta
Hamberg, Emma

Bonjour Agneta


ausgezeichnet

Also Agneta ist ende vierzig wird gekündigt und hat Lust ihr Leben so richtig auf den Kopf zu stellen. Ihr Mann Magnus ist neuerdings ein fanatischer Sportler, der penibel auf seine Ernährung achtet. Nicht nur seine.. Agneta hat es also satt, dass sie ständig kalten Haferbrei essen muss und beschließt was ganz Verrücktes zu machen. Sie bewirbt sich auf eine Art „Au Pair-Stelle“ in Frankreich. Ab hier wird ganz wild, nicht: sie landet bei dem dementen Einar. Sie verliebt sich auf Anhieb in die kleine Stadt in der Provence, in die Menschen usw.
Sehr überraschend fand ich die Tatsache, dass Agneta, nachdem sie eigene Kinder nun großgezogen hat, Lust auf einen Job hatte, in dem sie ein weiteres Kind betreuen sollte. Alles, was danach kam, war sehr vorhersehbar…sie entdeckt sich neu in der Kleinstadt, der wunderschönen Provence, kocht, lässt Einar viel aus seinem unkonventiollen Leben erzählen. Es war mir zu viel "Eat Prey Love"
Da ich das Buch bei ca. 60% abgebrochen habe, wäre es unfair über das ganze Buch zu urteilen. Ich hoffe ihr seid nachsichtig, denn es ist mein persönlicher Eindruck.

Bewertung vom 15.07.2024
Cascadia
Phillips, Julia

Cascadia


ausgezeichnet

„Wie Aschenputtel, die Linsen aus der Asche lesen musste, verrichtete Sam eine unbedeutende Arbeit, doch kein Prinz würde sie je davon erlösen.“
"Cascadia" ist ein modernes Märchen über zwei Schwestern, ihrer Ausweglosigkeit und Träume. Als die Mutter krank wird, nimmt jede stillschweigend den Platz in der Familiendynamik ein, seitdem versuchen sie einigermaßen über die Runden zu kommen. Zusätzlich zu der bewegenden Geschichte der beiden, wird auch der Massentourismus in beliebten Region und die Auswirkungen auf die Einheimischen angeschnitten. Sehr gut geschrieben, leider nur aus einer Perspektive, wobei sich viel aus Sams Gedankengängen erschließt. Ein kurzweiliger Roman, der aber lange nachhallt. Eine Empfehlung an alle Kristina Hauff - Fans!
Das hochgelobte Debüt „Das Verschwinden der Erde“ steht schon auf meiner Wunschliste.
Aus dem Englischen von Pociao und Roberto de Hollanda.

Bewertung vom 15.07.2024
Solito
Zamora, Javier

Solito


ausgezeichnet

Javier Zamora ist neun Jahre alt und wohnt bei seinen Großeltern in El Salvador, bis er sich eines Tages, mit einem beauftragten Schlepper und völlig fremden Menschen, auf den Weg in die USA macht. Seine Eltern sind vor einigen Jahren geflohen, so dass er sich kaum mehr an ihre Gesichter erinnern kann.
„Solito“ ist ein autobiographischer Roman, der gnadenlos zeigt, wie wichtig es ist, die Menschen hinter den Zahlen und Fakten, zu sehen. Trotz der schweren Thematik, der Flucht unter menschenunwürdigen Bedingungen, habe ich Javier gern auf seiner Reise begleitet. Man kann sich schwer vorstellen, wie sich die Eltern fühlen, wenn sie dieses Buch lesen.
Ein Kritikpunkt gibt es, die hohe Anzahl der Spanischen Wörter, die sich teils nicht aus dem Kontext erschließen konnte. Das Glossar ist zusätzlich in Kapitel aufgeteilt, was aber wenig hilfreich war, weil ich nicht immer wusste, welches Kapitel ich lese.
Eine Empfehlung an "Demon Copperhead" und "Ein wenig Leben" - Leser.
Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann.