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Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2017
Scharfsinnig zeigt Volker Weiß die brisante Entwicklung des neuen rechten Denkens auf. Er porträtiert die wichtigsten Akteure der rechtspopulistischen Bewegungen mitsamt deren Strategien und Methoden. Eine dichte Darstellung von Geschichte und Gegenwart einer Neuen Rechten, deren Aufschwung nicht überraschend war. »Endlich eine Darstellung der deutschen Rechten, die sich nicht in billiger Polemik erschöpft, sondern gründlich, gerecht und darum vernichtend ist.« Gustav Seibt In seinem hochaktuellen Buch bietet Volker Weiß die erste…mehr

Produktbeschreibung
Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2017

Scharfsinnig zeigt Volker Weiß die brisante Entwicklung des neuen rechten Denkens auf. Er porträtiert die wichtigsten Akteure der rechtspopulistischen Bewegungen mitsamt deren Strategien und Methoden. Eine dichte Darstellung von Geschichte und Gegenwart einer Neuen Rechten, deren Aufschwung nicht überraschend war. »Endlich eine Darstellung der deutschen Rechten, die sich nicht in billiger Polemik erschöpft, sondern gründlich, gerecht und darum vernichtend ist.« Gustav Seibt In seinem hochaktuellen Buch bietet Volker Weiß die erste tiefgehende und historisch fundierte Zeitdiagnose zu den rechtspopulistischen Phänomenen Pegida, AfD & Co. Dabei beschreibt er das vielfältige Spektrum der neuen rechten Bewegungen und untersucht die Herkunft und Vernetzung ihrer Kader. Mit seinem kenntnisreichen Blick in die deutsche Geschichte zerschlägt er die zentralen Mythen der Neuen Rechten und zeigt: Gegenwärtig werden nationalistische Strömungen der Vergangenheit, die der Nationalsozialismus verdrängt hatte, wieder aufgegriffen. Volker Weiß geht den autoritären Vorstellungen nach und veranschaulicht Übergänge von Konservativismus, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Zugleich demaskiert er die antiliberalen Phrasen der Rechten und ihren Gestus als »68er von rechts«. Die frappierende Erkenntnis: »Abendländer« und Islamisten sind in ihrem Kampf gegen Selbstbestimmung Waffenbrüder. Ein aufklärerisches Buch, das die Dürftigkeit der neuen Bewegungen schonungslos entlarvt und zum Kampf gegen deren autoritäre Zumutungen aufruft.

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Autorenporträt
Volker Weiß, Dr. phil., geboren 1972. Der Historiker war viele Jahre als Fachautor für DIE ZEIT und ZEIT Geschichte, Jungle World, Frankfurter Rundschau, FAZ, Taz, Spiegel-Online tätig und schreibt heute für SZ,. Er ist einer der besten Kenner der neurechten Szene. Sein Buch "Die autoritäre Revolte. Die neue Rechte und der Untergang des Abendlandes" gilt als Standardwerk zum Thema und wurde für den Preis der Leipziger Buchmesse 2017 nominiert.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.03.2017

Waffenbrüder im Kampf gegen die Selbstbestimmung

Der Historiker Volker Weiß seziert die "Neue Rechte" und ihre Protagonisten. Und er macht deutlich, wen sie als ihren Hauptfeind ausgemacht hat.

Von Stefan Locke

Die sogenannte Neue Rechte hat es geschafft: Sie ist aus den Hinterzimmern auf die Bühnen der Republik getreten, und beim Publikum herrscht angesichts der komplizierten Gemengelage Begriffsverwirrung: Wer sind AfD, die Identitären und die Ein-Prozent-Bewegung, wie hängen Medien wie "Sezession", "Compact" und "Politically Incorrect" damit zusammen, was wollen ihre Protagonisten wie Götz Kubitschek, Michael Stürzenberger oder Björn Höcke, und worauf beziehen sie sich eigentlich?

Mit beeindruckenden Details seziert der Historiker Volker Weiß, ein ausgewiesener Kenner der neurechten Szene, diese in seinem Buch "Die Autoritäre Revolte. Die Neue Rechte und der Untergang des Abendlandes". Der Hauptgegner der selbsternannten Retter des Abendlandes, und das dürfte selbst manchen ihrer Anhänger überraschen, ist nicht der Islam, ganz im Gegenteil: Die "Neue Rechte" kämpft vor allem gegen die westliche Moderne, "Dekadenz", wie sie es nennt, also das Leben mit Frauenrechten, Achtung vor Minderheiten, sexueller Selbstbestimmung, liberalen Werten.

"Der Islam ist nicht mein Feind, unser größter Feind ist die Dekadenz", bekannte der thüringische AfD-Vorsitzende Björn Höcke. Und ganz explizit formulierte es Armin Mohler: "Jede Diktatur ist verächtlich, aber verächtlicher noch ist jede Dekadenz", schrieb der verstorbene Schweizer Publizist und Apologet der "Neuen Rechten". "Eine Diktatur kann uns morgen als Individuen vernichten. Dekadenz jedoch vernichtet unsere Überlebenschancen als Volk."

Mohler sei es auch gewesen, der nach dem Zweiten Weltkrieg den Mythos der "Konservativen Revolution" erfunden habe, um der von Nationalsozialismus, Schoa und Kriegsniederlage belasteten Rechten wieder zu einer positiven Tradition zu verhelfen, schreibt Weiß. Die Distanzierung vom "Dritten Reich" und von prügelnden Neonazis, der intellektuelle Anstrich und die europäische Orientierung seien jedoch oft nur Pose, tatsächlich stehe die "Neue Rechte" in der Tradition des radikalen Antiliberalismus der Weimarer Republik, der den Nationalsozialisten zum Aufstieg verhalf. Neu an der "Neuen Rechten" sei lediglich die Zeit, nicht das Konzept. "Im Denken der Neuen Rechten haben die ,Trägervölker' mitsamt ihrer ,Kultur' in den ihnen zugehörigen ,Räumen' zu bleiben", so Weiß. In dieser Hinsicht stünden sie auch fundamentalen Islamisten in nichts nach. "Gäbe es keine Einwanderung, so wäre für sie eine Allianz mit der islamischen Welt gegen den westlichen Materialismus denkbar."

In seinem umfassenden Überblick über die Szene und Ziele der Neuen Rechten beschreibt Weiß wohltuend sachlich, nüchtern und unpolemisch deren Protagonisten sowie ihren Werdegang nach dem Krieg, als sie jahrzehntelang in Deutschland ein Nischendasein führten. Weder die Erfolge der NPD in den sechziger Jahren der Bundesrepublik noch die deutsche Einheit verhalfen ihr zu einem wahrnehmbaren Aufstieg. In Blättern wie "Criticón", dem "Sprachrohr eines bewusst antiliberalen, demokratiekritischen Konservatismus", für das auch Alexander Gauland schrieb, habe die Szene bereits in den siebziger Jahren versucht, gegen eine "verwestlichte und verweichlichte CDU" zu opponieren.

Seit der Jahrtausendwende will der Publizist Götz Kubitschek mit dem "Institut für Staatspolitik" (IfS) auf einem Rittergut im sachsen-anhaltischen Schnellroda und der Zeitschrift "Sezession" an die Tradition anknüpfen. Doch erst Thilo Sarrazin sei es mit seinem Buch "Deutschland schafft sich ab" 2010 gelungen, der Szene den Weg in eine breite Öffentlichkeit zu ebnen. Das Diskutieren über "bestimmte Dinge" sei danach "einfacher geworden", befand etwa Kubitschek, der lange vergeblich auf eine "große Krise" gehofft hatte, um der "Neuen Rechten" zum Durchbruch zu verhelfen.

Dabei greift auch er immer wieder auch auf das Abendland-Motiv zurück, dem Weiß ein eigenes Kapitel widmet. Der Begriff werde "je nach Interessenlage äußerst variabel" verwendet, lautet sein Fazit. Dabei gebe es das Abendland weder geographisch noch kulturell, vielmehr sei es eine völlig unfundierte Fiktion, die zur Manipulation benutzt werde, etwa von Pegida, die es antieuropäisch und prorussisch interpretiere.

Weiß lenkt den Blick auch auf Verbindungen der "Neuen Rechten" zu autoritären Bewegungen in Frankreich, den Niederlanden, Russland sowie in den Vereinigten Staaten. Lange blickte Deutschlands "Neue Rechte" neidisch auf deren Etablierung, mit dem schnellen Erfolg der AfD aber fühle sie sich nun auch hierzulande am Ziel. Zwar sei die AfD nicht die "Neue Rechte", aber die "Neue Rechte" dominiere die Partei und sei so binnen kurzer Zeit fester Teil der tagespolitischen Auseinandersetzung geworden, schreibt der Autor. "Bislang Offiziere ohne Soldaten, schien die Neue Rechte in den ,besorgten Bürgern' die Armee gefunden zu haben, die ihnen so lange gefehlt hatte. Mit ihrem Einfluss auf die AfD verfügt sie nun über ein Instrument, um ihre politischen Vorstellungen in die Parlamente zu tragen. Teile der Gesellschaft bewegten sich auf ihre Positionen zu, ein Prozess der Normalisierung hatte begonnen."

Aufstieg und Normalisierung der "Neuen Rechten" aber, das verschweigt Weiß nicht, hätten auch mit einer eklatanten Schwäche ihrer Gegner zu tun. Dazu zähle besonders die Sprachlosigkeit gerade kritischer Milieus gegenüber dem fundamentalistischen Islam. Indem konfliktvermeidende liberale westliche Eliten ständig den Respekt vor angeblichen Traditionen und Identitäten betonten, verhinderten sie, dass etwa Übergriffe auf Frauen als Problem religiös-konservativer Gesellschaften gesehen würden, welche Migranten jedoch hinter sich lassen müssten, um in Europa eine Zukunft zu haben.

Für die Forderung an Migranten aber, das "Mittelmeer auch geistig zu überqueren", war etwa der algerische Intellektuelle Kamel Daoud von europäischen Eliten, vor allem in Frankreich, massiv angegriffen worden. Dass Machotum und Konservatismus freilich auch in der westlichen Welt existieren, zeige nicht zuletzt Donald Trumps Spruch "Grab them by the pussy!", der auch Schlachtruf eines "Taharrusch-schmaa'i"-Mobs sein könnte, schreibt Weiß. Die Fixierung der "Neuen Rechten" auf Verbrechen von Migranten wie zu Silvester 2015 in Köln entspringe auch der Trauer, selbst nicht mehr "so" sein zu dürfen, analysiert der Autor und urteilt scharf: Indem sie sich weniger an den Taten als an den fremden Tätern störe, zeige die "Neue Rechte", dass sie selbst kein anderes Menschenbild als die Täter habe. Islamische Fundamentalisten und "Neue Rechte" seien in ihrem Kampf gegen Selbstbestimmung quasi Waffenbrüder.

Noch aber gibt es im Westen vielfältige andere Lebensweisen, die rückwärtsgewandten Gesellschaftsentwürfen, wie sie die "Neuen Rechte" propagiert, den Weg versperren. Die Betonung in diesem hochaktuellen Buch liegt auf "noch".

Volker Weiß:

"Die autoritäre Revolte". Die Neue Rechte und der Untergang des Abendlandes.

Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2017.

304 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.03.2017

Im Maschinenraum
Die Alternative für Deutschland ist auf dem Weg in den völkisch-autoritären Nationalismus.
Vier tiefschürfende Studien beleuchten alle Facetten der Partei – und die Fehler im Umgang mit ihr
VON CLAUS LEGGEWIE
Vor gut zwei Jahren, als der Vorsitzende der Alternative für Deutschland noch ein gewisser Bernd Lucke war, wurde unter Politologen als Alarmist eingestuft, wer in der AfD von Beginn an ein großes Stück Pegida enthalten fand. Die meisten Experten sahen die Nationalkonservativen und Nationalliberalen obsiegen, unterstützt durch Mandatsträger der Partei, die nicht in die ganz rechte Ecke geschoben werden wollten. Wohin die Reise tatsächlich ging, nämlich weit nach rechts vom Euroskeptizismus zum völkisch-autoritären Nationalismus, beschreiben die investigativen Reportagen der Spiegel-Redakteurin Melanie Amann und ihres FAZ-Kollegen Justus Bender. Unabhängig voneinander sind sie tief in den Maschinenraum der Partei hinabgestiegen und haben AfDler in der Führungsetage wie in den Mannschaftsräumen nah an sich herankommen lassen. In Reaktion auf den Vorwurf „Lügenpresse“, der ihnen inflationär entgegenschallte, reflektieren sie dabei ihre eigene Rolle als Berichterstatter, Aufdecker und Projektionsfläche.
Die Ausflüge in die wichtigste neu gegründete Partei seit den Grünen haben sich gelohnt. Dicht beschreiben sie Milieu, Kommunikationsweisen, Dauerintrigen und Mobilisierungskonzepte der AfD, auch Verbindungen in rechtsintellektuelle Kreise und die sogenannten Alt-Parteien. Das widersprüchliche Gesamtbild lässt eine realistische Einschätzung zu, welche radikalen Potenziale in der AfD stecken, wo sie sich selbst ein Bein stellen kann, und welche gesellschaftlichen Stimmungslagen sie am Leben halten.
Melanie Amann beginnt ihre Betrachtung in Thilo Sarrazins Werkstatt und belegt dessen Rolle als Schrittmacher neurechten Denkens. Von Parteigründer Bernd Lucke und Parteichefin Frauke Petry, dem Abtrünnigen Michael Heendorf, der ultrakatholischen Beatrix von Storch, dem Armchair-Nationalisten Alexander Gauland und dem Provokateur Björn Höcke zeichnet sie exemplarische Persönlichkeitsprofile und ordnet ihnen jene Motive von Frust und Hazard, Paranoia und Machtstreben zu, welche die Partei stark gemacht haben. Ein Wendepunkt war der Essener Parteitag, der Lucke in die Wüste schickte und in vieler Hinsicht gescheiterte Figuren an die Macht brachte. Die „Abstauber-Partei“ profitierte vor allem von den Fehlern ihrer Gegner (darunter oberflächliche Berichterstattung) und den Zufällen der Zeitläufe (namentlich Flüchtlinge & Terror). Amann unterteilt sie in Karrieristen, Ideologen und Idealisten, deren Flügelkämpfe weniger weltanschaulich begründet sind als durch rein persönliche Animositäten. Der Report liest sich streckenweise wie ein politischer Roman, dem es an heiklen Episoden nicht mangelt. Vermutlich hat der Spiegel-Justiziar die Passagen geprüft, in denen die AfD als halbkriminelle Vereinigung erscheint, namentlich die Netzwerke der Frau von Storch, deren kaltlächelnde Verachtung für den Rest der Menschheit (und Partei) trefflich porträtiert wird.
Noch stärker wie ein selbstreflexiver Ethnologe geht Justus Bender vor, der in Ich-Form schreibt. Auch er vollzieht die Rechtsentwicklung minutiös nach, aber wer Amann gelesen hat, kann gleichwohl mit Bender weitermachen und umgekehrt, weil der AfD-Roman immer neue Facetten hat – als Schmierenkomödie, als Schurkenstück, als Ausbund an Gewöhnlichkeit. In der AfD drängt jedermann an die Macht, und genau diese Prätention macht die Partei so attraktiv für Jedermenschen, die man in der Parteienlandschaft sonst kaum noch findet. An dieser Kluft wuchs die Fantasie, die „einfachen Leute“ könnten es besser als Politiker, Professoren und Publizisten. Das Konzept der plebiszitären Demokratie stellt das Volk über das Recht.
Bender belegt den kapillaren Einfluss des neu-rechten Intellektuellen Götz Kubitschek und anderer, womit in der Partei „immer die Radikalen gewinnen“ – Identitäre, die eine ganz andere Republik im Auge haben. Hermeneutisch und ohne zu dramatisieren malt Bender aus, wie Deutschland und Europa aussähen, wenn die halbgaren Ideen der AfD Mehrheit würden. Wer Gegenargumente sucht, wird hier fündig, aber Vorsicht: Amann und Bender nehmen auch die bisher so wirkungslosen Eindämmungsversuche ins Visier und zeigen, wie naiv ein linksliberales Überlegenheitsgefühl ist und wie schwierig ein Dialog mit Leuten, die gar nicht argumentieren, sondern abstrafen und Regeln verletzen wollen. Bender hat ihre Verweigerung spieltheoretisch und tiefenpsychologisch durchdacht: „Sie können nicht bei Wählern um Vertrauen werben, die dieses Vertrauen nicht nur verloren haben, sondern es sich vorgenommen haben, das empfundene Unrecht mit einem Vertrauensentzug zu bestrafen. Sie können nicht durch eine inhaltliche Annäherung bei Wählern um Unterstützung werben, wenn diese Wähler sich vorgenommen haben, ihre Unterstützung zu verweigern, komme, was wolle. Sie können nicht Ängste nehmen, wenn die Wähler den Versuch des Angstnehmens als eine Sabotage ihrer Bestrafungsabsicht sehen. Wähler, die bestrafen wollen, sind nicht zurückzugewinnen, wenn ihre Strafe doch gerade darin bestehen soll, sich nicht zurückgewinnen zu lassen.“
Das ist die Geschäftsgrundlage, es dennoch zu versuchen, indem man die Partei an ihren eigenen Maßstäben misst und den Spieß durch Wissbegierde umdreht. Wer noch tiefer und analytischer in die Kultur der neuen Rechten vordringen will, dem sei die glänzende Studie des für den Sachbuch-Preis der Leipziger Buchmesse nominierten Historikers Volker Weiß empfohlen, der alle Facetten der autoritären Revolte und konservativen Revolution seziert und ihre Familienaufstellung auch einem weniger theoriefesten Lesepublikum nahebringen kann. Hervorzuheben ist seine Befassung mit dem von Pegida pervertierten Topos „Abendland“ und sein Hinweis auf den „Wahrheitskern“ der AfD, der ihre Kritiker aus der „Komfortzone“ herausbringt.
Ebenso tief schürft die Studie von Michael Wildt über den von der AfD zu Tode gerittenen Topos des Volkes, dessen Oszillieren zwischen Volksgemeinschaft und Demos der erfahrene NS-Forscher deutlich macht. Das Konzept der neuen Rechten ist, an solche Ambiguitäten anzuknüpfen und bequeme Konsense aufzubrechen. „Der Rückzug auf ein staatsbürgerliches Verständnis von Volk und Demokratie ist ehrenwert, verdeckt jedoch, dass die ‚völkische‘ Auffassung des Volkes möglich ist und, wenn sie vom Volk gebilligt wird, ‚demokratisch‘ legitimiert verwirklicht werden kann.“ Deswegen brauche es eine Öffnung der Diskussion um das „Volk“. Mit Hannah Arendt ist Wildts Vorschlag, „Menschen, die das Recht haben, Rechte zu haben, in den Mittelpunkt des politischen Denkens zu stellen.“ Und nicht die Zugehörigkeit zu einem Volk, das stets als Einheit in einem Kollektivsingular bestimmt wird, der ambivalent bleibt und eine völkische Radikalisierung offenlässt.
Wer diese vier ausgezeichneten Studien gelesen hat, darf später nicht behaupten, man hätte es nicht wissen können. Im Entscheidungsjahr 2017 kann man drei Szenarien aufmachen. Der beste Fall: Die AfD zerlegt sich in ihren Führungs- und Flügelkämpfen weiter und geht den Weg aller Rechtsradikalen seit 1945 – zurück in die Bedeutungslosigkeit. Sie mag im Herbst die Fünf-Prozent-Hürde überwinden, aber eine neue Regierung (besser keine Neuauflage der amtierenden Groko) kann die Rechte demokratisch marginalisieren. Das wäre die deutsche Nachkriegsgeschichte des nachhaltigen Tabus gegen rechts.
Fall zwei wäre eine europäische Normalisierung: Die AfD kann ihre hausgemachten Querelen überspielen und nährt sich durch Erfolge ihrer Bündnispartner in Den Haag, Rom und Paris so weit, dass die Bildung regierungsfähiger Koalitionen schwieriger wird. Da (einstweilen) mit der AfD niemand koalieren will (anders als in kommunalen Parlamenten), kommt es zur großen Koalition auf Dauer. Deren Selbstlähmung, auch ein der Rechten entgegenkommender Protektionismus, machen die Ränder stark und hieven die AfD in den Bereich einer Volkspartei. Wenn die AfD ihr Vokabular mäßigt und die Übernahme von Verantwortung bekundet, wird sie koalitionsfähig. Deutschland hat dann erstmals seit 1945 wieder eine im Bundestag dauerhaft verankerte Rechte.
Der schlechteste Fall: Der nach der Grenzöffnung der diktatorialen Türkei anschwellende Flüchtlingsstrom, Terroranschläge heimgekehrter IS-Kämpfer in Mitteleuropa, Marine Le Pen im Élysée, die Zerfallskrise der EU und Diadochenkämpfe in der Union nach Merkel machen die AfD im Bundestag zur stärksten Partei. Das ist das Ende der Europäischen Union, Deutschland liiert sich mit Russland, die Wirtschaft schmiert ab. „Reichsbürger“, die sich erst vom Establishment abgewandt haben und nun auch von einer regierungsunfähigen und weit korrupteren AfD betrogen fühlen, werden unkalkulierbar.
Szenarien sind keine Prognosen, und schwarze Schwäne kreuzen immer wieder den Weg. Aber wenn man weiß, mit wem man es zu tun hat, kann man den aufhaltsamen Aufstieg von Petry und Co. beenden. Wie ich im Jahr 2015 kein Alarmist war, möchte ich 2017 als Realist den Niedergang der Partei zum wahrscheinlichsten Szenario erklären.
Mit linksliberalem
Überlegenheitsgefühl kommt
man der AfD jedenfalls nicht bei
Volker Weiß:
Die autoritäre Revolte.
Die Neue Rechte und der Untergang des Abendlandes. Klett-Cotta Stuttgart
2017, 304 Seiten, 20 Euro.
E-Book: 15,99 Euro.
Michael Wildt:
Volk, Volksgemeinschaft, AfD. Hamburger Edition Hamburg 2017, 160 Seiten, 12 Euro. E-Book: 7,99 Euro.
Melanie Amann:
Angst für Deutschland.
Die Wahrheit über die AfD: wo sie herkommt, wer sie führt, wohin sie steuert. Droemer München 2017,
320 Seiten, 16,99 Euro.
E-Book: 14,99 Euro.
Justus Bender:
Was will die AfD? Eine Partei verändert Deutschland. Pantheon München 2017, 208 Seiten, 14,99 Euro.
E-Book: 11,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Im besten Sinne aufgeklärt fühlt sich Rezensent Dirk Pilz nach der Lektüre von Volker Weiß' äußerst aufschlussreicher Analyse des Denkens, Verhaltens, der Taktik und der Geschichte der Neuen Rechten in Deutschland und Europa und stimmt voller Überzeugung in dessen Warnrufe ein. Die autoritäre Rechte gibt es schon lange, lesen wir, und schon lange wird gerade ihr intellektueller Kern unterschätzt. Ziel der Neuen Rechten sei im Grunde, so eine von Weiß' Kernthesen, die Abschaffung der Demokratie und des Liberalismus, denn dieser sorge nach Ansicht der Rechten für die Zersetzung des deutschen Volkes. Auf keinen Fall darf die politische Kraft dieser Bewegung unterschätzt werden, stimmt der Rezensent dem Autor zu, denn die "Stärke der Rechten resultiert auch aus der Schwäche ihrer Gegner".

© Perlentaucher Medien GmbH
»Volker Weiß' Buch "Die autoritäre Revolte" ... sei jedem empfohlen, der sich ein genaueres Bild von den weltanschaulichen Prämissen und ideengeschichtlichen Herkünften der rechtsautoritären Bewegungen der Gegenwart machen möchte.« Ijoma Mangold, Die Zeit, 23.03.2017 »Mit beeindruckenden Details seziert der Historiker Volker Weiß, ein ausgewiesener Kenner der neurechten Szene, diese in seinem Buch "Die autoritäre Revolte".« Stefan Locke, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.03.2017 »Wer noch tiefer und analytischer in die Kultur der neuen Rechten vordringen will, dem sei die glänzende Studie des für den Sachbuch-Preis der Leipziger Buchmesse nominierten Historikers Volker Weiß empfohlen, der alle Facetten der autoritären Revolte und konservativen Revolution seziert.« Claus Leggewie, Süddeutsche Zeitung, 21.03.2017 »Volker Weiß ist einer der besten Kenner der rechten Theorie in Deutschland. Und "Die autoritäre Revolte" liest sich wie eine Geheimgeschichte des bundesrepublikanischen Denkens.« Tobias Rapp, Literatur Spiegel, April 2017 »Nüchtern und kenntnisreich analysiert der Historiker die Bewegung von AfD und Pegida über die Identitären bis zu Kubitscheks Institut für Staatspolitik, ihre Medien, darunter die Junge Freiheit und Compact, ihre historischen Vorbilder und internationale Verknüpfungen. Dabei räumt Weiß mit einigen Mythen auf ... lesenswert und anregend.« Sabine am Orde, Die Tageszeitung, 22.03.2017 »Volker Weiß liefert mit seinem Buch "Die autoritäre Revolte" eine glasklare Analyse ... Dies ist ein so wegweisendes wie erhellendes Buch. Es führt mitten hinein in die aktuellen Debatten, ist aber auf Tagespolitik nicht zu reduzieren. Es befasst sich mit Geschichte, ohne sie zur bloßen Vorgeschichte von Gegenwart herabzustufen. Es schildert Entwicklungen, stellt sie jedoch nicht als einfach kausale Zusammenhänge hin.« Dirk Pilz, Frankfurter Rundschau, 16.03.2017 »Es ist unbedingt zu empfehlen - auch weil der Autor auf die blinden Flecke vieler Linker hinweist, darauf etwa, wie sie den ultrakonservativen Kern des politischen Islam verkannt haben.« Tania Martini, Taz »Es ist eine gründliche und detaillierte Bestandsaufnahme einer Ideologie, die mit der Identitären Bewegung, mit Pegida und AfD Gesichter bekommen hat. Und deren Vertreter Deutschland zu einem anderen Land machen wollen.« Stefan Maas, Deutschlandfunk, 20.03.2017 »Volker Weiß, einer der profundesten Kenner der rechtsradikalen Szene, hat ein informatives, erhellendes und zutiefst beunruhigendes Buch geschrieben. Ein aufwühlendes Buch. Eines der Bücher der Stunde.« Günter Kaindlstorfer, Bayern 2, 09.03.2017 »Das Buch "Die autoritäre Revolte. Die Neue Rechte und der Untergang des Abendlandes" ist eine sehr klare, kühle, sachliche Beschreibung der neurechten Vorstellungen, ihrer historischen Vorbilder und internationalen Verknüpfungen.« Christian Rabhansl, Deutschlandradio Kultur, 11.03.2017 »Volker Weiß hat ein erhellendes Buch über die "autoritäre Revolte" der alten Neuen Rechten geschrieben.« Daniel Bratanovic, Junge Welt, 23.03.2017 »Ein treffliches, fesselndes, bisweilen brillantes Buch ... Nicht zuletzt liegt dies daran, dass der Autor ohne alarmistische Entrüstung und die weinerliche Betroffenheit auskommt, die viele andere Schriften "gegen rechts" ungenießbar machen. Sein Ton ist sachlich, nur gelegentlich mild ironisch.« Michael Bittner, Sächsische Zeitung, 12.05.2017 »Weiß' Analyse ist so klug, wie das, was sie zutage bringt, erschreckend ist, zeigt sie doch auch auf, wie schwierig es ist und immer bleibt, "die Seite der Emanzipation" gegen die "autoritäre Revolte" zu verteidigen.« Gitta List, schnüss, Mai 2017 »Ein nötiges, ein aufschlussreiches Buch« Wolfgang Schütz, Augsburger Allgemeine, 18.03.2017…mehr