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Kein Wort zu viel und trotzdem alles gesagt: Die letzten Erzählungen vom Meister der kurzen Form
Richard Yates gilt als einer der bedeutendsten Schriftsteller der US-amerikanischen Nachkriegsgeneration, für manche ist er der »missing link« zwischen Tennessee Williams und Raymond Carver. Der Band Eine letzte Liebschaft versammelt die neun letzten noch nicht auf Deutsch veröffentlichten Erzählungen des Autors. Ganz gleich, ob er das unterdrückte Begehren einer Hausfrau in der Vorstadt thematisiert, die Verzweiflung eines Büroangestellten in Manhattan oder das gebrochene Herz einer…mehr

Produktbeschreibung
Kein Wort zu viel und trotzdem alles gesagt: Die letzten Erzählungen vom Meister der kurzen Form

Richard Yates gilt als einer der bedeutendsten Schriftsteller der US-amerikanischen Nachkriegsgeneration, für manche ist er der »missing link« zwischen Tennessee Williams und Raymond Carver. Der Band Eine letzte Liebschaft versammelt die neun letzten noch nicht auf Deutsch veröffentlichten Erzählungen des Autors. Ganz gleich, ob er das unterdrückte Begehren einer Hausfrau in der Vorstadt thematisiert, die Verzweiflung eines Büroangestellten in Manhattan oder das gebrochene Herz einer alleinerziehenden Mutter - niemand porträtiert die Alltagshoffnungen und -enttäuschungen seiner Figuren so schonungslos, doch mitfühlend wie Richard Yates.
Autorenporträt
Richard Yates wurde 1926 in Yonkers, New York, geboren und lebte bis zu seinem Tod 1992 in Alabama. Obwohl seine Werke zu Lebzeiten kaum Beachtung fanden, gehören sie heute zum Wichtigsten, was die amerikanische Literatur des 20. Jahrhunderts zu bieten hat. Wie Ernest Hemingway prägte Richard Yates eine Generation von Schriftstellern. Die DVA publiziert Yates' Gesamtwerk auf Deutsch, zuletzt erschien der Roman "Cold Spring Harbor". Das Debüt "Zeiten des Aufruhrs" wurde 2009 mit Leonardo DiCaprio und Kate Winslet in den Hauptrollen von Regisseur Sam Mendes verfilmt. In dem Band "Eine letzte Liebschaft" sind die letzten neun noch nicht veröffentlichten Erzählungen des Autors versammelt.
Rezensionen
Im Glanz der Speichen des Rollstuhls

Er war der illusionslose Porträtist Amerikas. Nun erscheinen die letzten auf Deutsch noch unpublizierten Geschichten von Richard Yates.

Von Verena Lueken

Es ist immer dasselbe. Nach ein paar Seiten von Richard Yates denkt man, die Welt wäre ein besserer Ort, wenn jedes Buch mit dieser Sorgfalt fürs Detail, für jedes Motiv geschrieben wäre, für die Wörter und Sätze, aus denen schließlich Figuren werden, und in Szenen und Geschichten kumulieren, mal wie ein Sketch, mal in Essig und Öl.

Um nicht missverstanden zu werden: Einige dieser Geschichten sind zum Heulen. Weil sie von Menschen handeln, die zwar immer noch die letzte Hoffnung auf etwas Glück im Leben nicht aufgegeben haben, deren Scheitern selbst an den schon heruntergedimmten Träumen wir aber von den ersten Sätzen an ahnen. "An dem Tag, nachdem ihn seine Frau verlassen hatte, ging George Pollock, Rechnungsprüfer der American Bearing Company, zum ersten Mal seit zwanzig Jahren im Restaurant frühstücken. Bei dem Versuch, eine Papierserviette unversehrt aus dem festen Griff des Spenders zu ziehen, zerfetzte er die ersten drei, und als er verhindern wollte, dass ihm die Aktentasche im Schoß rutschte, hätte er fast ein Glas Wasser umgestoßen." So beginnt "Der Rechnungsprüfer und der wilde Wind". Jeder Anflug von Komik verlässt die Phantasie, wenn man weiterliest, von dem schlabberigen Frühstücksei und später dem unbeholfenen Versuch, mit der Kellnerin anzubandeln. Was bleibt, ist eine düstere Traurigkeit. Nicht nur darüber, wie die Welt diesen George Pollock behandelt, sondern auch darüber, dass sie Männer wie ihn hervorbringt.

In dem Band "Eine letzte Liebschaft" sind jene Geschichten von Richard Yates (der von 1926 bis 1992 lebte) versammelt, die zu seinen Lebzeiten nicht veröffentlicht wurden. Jedenfalls nicht in Buchform. Zwei der Geschichten erschienen in den siebziger Jahren im Literaturmagazin "Ploughshares" und wurden mit den anderen "uncollected stories" 2001 als letzter Teil des großen Geschichtenbands "The Collected Stories of Richard Yates" beim amerikanischen Henry Holt Verlag herausgebracht. In Deutschland kümmert sich die DVA um das Werk von Yates und legt nach zwei früheren Erzählbänden und den Romane nun diesen mit den neun letzten Geschichten vor.

Wer ein wenig mit dem Leben des Autors vertraut ist, kann sich vorstellen, in welchem Zustand er sie geschrieben hat. Sein Werk fand kaum Resonanz, sein Verlag interessierte sich nicht für ihn. Yates war seit langem krank. Alkoholiker. Geplagt von mehreren Hernien und einem Emphysem. Arm, Kettenraucher, der Verwahrlosung nah. Abhängig von Menschen, die ihm auf die Straße halfen, seinen Rollstuhl schoben, aufpassten, dass er mit seiner Zigarette nicht den Sauerstofftank explodieren ließ, den er hinter sich her zog oder neben sich stehen hatte.

Und dieser Mann setzt sich täglich an seinen Schreibtisch, um zu schreiben - von Frauen, die an die falschen Männer geraten, weil die eigenen langweilig oder nicht da sind; von Partys, auf denen Ehepaare, die voneinander kaum etwas wissen, beieinander stehen, zu viele Martinis trinken und mit fragwürdigen Heldentaten aus dem Krieg prahlen, dem sie entkommen sind; von Veteranen, die kriegsversehrt in Lazaretten liegen und sich nachts durch die hintere Latrinentür in die nächste Dorfkneipe schleichen oder vom Eheglück mit einer der Schwestern träumen oder immer wieder, während sie sich an den Rand des Erstickungstods husten, Geschichten aus Kämpfen erzählen, die sie einst noch kämpfen konnten.

Yates widmet diesen Menschen seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Der Beschreibung ihrer zerschundenen Körper und Seelen gibt er alles, was er sprachlich aufzubieten hat. In der Geschichte "Diebe" klingt das so: "Nach dem Wegbringen der Tabletts, wenn die Sonne lange gelbe Streifen auf den Fußboden unter den westlichen Fenstern warf und auf ihrem Weg die silbernen Speichen der Rollstühle erglänzen ließ, entstand auf der Tuberkulosestation stets eine Pause; in dieser Zeit versammelten sich die meisten der dreißig Männer, die auf der Station lebten, in kleinen Gruppen, um sich zu unterhalten oder Karten zu spielen." Yates schreibt "after the wheeling-out of supper trays", da ist "nach dem Wegbringen" in der ansonsten fast immer sicheren Übersetzung von Thomas Gunkel eine der weniger gelungenen Formulierungen, und auch die "Pause" könnte, da Yates sie "a lull" (was eher eine Flaute ist, sinnlicher vorstellbar), etwas weniger nüchtern daherkommen. Aber die Szene behält auch so ihre Poesie, weil man spürt, wie die Männer, die gerade weder essen noch behandelt werden noch sprechen, ihren Gedanken nachhängen und dabei im Augenblick nicht verzweifelt sind.

Yates kannte Veteranenkrankenhäuser wie das, von dem er hier erzählt. Er wurde selbst viele Male dort behandelt, so dass er verfügte, seinen letzten Roman, den er nicht mehr vollenden konnte ("Uncertain Times"), den Frauen und Männern aus der Veteranenbetreuung zu widmen, "in Dankbarkeit für ihre Liebenswürdigkeit und Freundlichkeit sowie ihre medizinische Versorgung".

Zwei der letzten neun Geschichten ereignen sich in Hospitälern für Soldaten, in zwei weiteren spielt der Krieg eine Rolle, und in der allerletzten geht es um einen Mann, der sich nach einem Krankenhausaufenthalt zu Hause erholen soll. In all diesen Geschichten ist der Autor in einer Weise präsent, in der die Zeit, in der er schrieb und in der die Geschichten spielen, zusammenschnurrt zu einer Raum der spezifisch amerikanischen Einsamkeit - voller Selbsttäuschungen, aber ohne Hoffnung.

Bis auf den Schluss. Da kommt zwischen Bill, einem kranken Mann, und seiner Frau Jean ein glückliches Ende zustande. Bill hat eine Tasse zerschlagen, und während er auf seine Frau wartet, gibt er sich Phantasien darüber hin, wie er das wiedergutmachen könnte. Wie er als ganzer Mann aus dieser Situation herauskäme. Wie er, statt schwach und krank, attraktiv und selbstbewusst die Szene, die er erwartet, meistern würde. Das ist brillant komponiert, jedes Szenario in Bills Phantasie ein eigener Kurzgeschichtenentwurf, jede Figur, zu der Bill sich in seiner Vorstellung macht, ein typischer Yates-Held. Und dann das Ende: in einer Szene, die weder Bill noch der Leser sich je hätte träumen lassen.

Richard Yates: "Eine letzte Liebschaft". Short Storys.

Aus dem Englischen von Thomas Gunkel. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2016. 208 S., geb., 19,99 [Euro].

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»Yates zu lesen ist immer ein Gewinn.« Süddeutsche Zeitung